Geplante Steuerfreiheit für Mehrarbeitszuschläge: DStV warnt vor Praxistücken und Wettbewerbsverzerrung

Koalitionsvorhaben zur Förderung freiwilliger Mehrarbeit stößt auf Skepsis – Bürokratie und Fehlanreize befürchtet

Die Bundesregierung plant, Zuschläge für Mehrarbeit steuerfrei zu stellen, um Arbeitnehmer zu freiwilliger Mehrarbeit zu motivieren und so dem Fachkräftemangel zu begegnen. Was auf den ersten Blick wie eine willkommene Entlastung klingt, wird vom Deutschen Steuerberaterverband (DStV) kritisch beurteilt – vor allem mit Blick auf die betriebliche Praxis, die Tarifstruktur und die drohende Bürokratie.


⚖️ Was sieht die Koalition konkret vor?

  • Zuschläge für Mehrarbeit sollen steuerfrei gestellt werden – über die reguläre Vollzeit hinaus.
  • Als Vollzeit gelten künftig:
    • bei Tarifbindung: ab 34 Wochenstunden,
    • ohne Tarifbindung: ab 40 Wochenstunden.
  • Die Regelung soll mit den Sozialpartnern ausgestaltet werden.

🧾 DStV: Steuerfreiheit schafft mehr Probleme als Lösungen

Der DStV erkennt zwar den politischen Willen zur Förderung freiwilliger Mehrarbeit an, sieht aber erhebliche praktische und systemische Probleme:

🔹 1. Gefahr für bewährte Arbeitszeitmodelle

  • In vielen Branchen – gerade bei Freiberuflern und KMU – sind Arbeitszeitkonten üblich.
  • Steuerfreie Zuschläge könnten dazu führen, dass Überstunden sofort ausbezahlt statt gutgeschrieben werden müssen.
  • Das gefährdet die Flexibilität von Betrieben und Beschäftigten.

🔹 2. Fehlanreize und Gestaltungsmodelle

  • Tarifparteien könnten Arbeitszeiten künstlich absenken, um durch steuerfreie Zuschläge Nettovorteile zu schaffen – ohne Mehrarbeit im eigentlichen Sinn.
  • Das Ziel, mehr Arbeitsleistung zu generieren, würde ins Leere laufen.

🔹 3. Wettbewerbsnachteile für kleinere Unternehmen

  • KMU und Freie Berufe, die häufig keine Tarifbindung haben, müssten über 40 Wochenstunden hinausgehen, bevor Zuschläge steuerfrei werden.
  • Dies benachteiligt gerade kleinere Betriebe im Kampf um qualifizierte Mitarbeiter.

🔹 4. Erheblicher bürokratischer Mehraufwand

  • Arbeitgeber müssten genau dokumentieren:
    • ab wann Überstunden beginnen,
    • ob sie angeordnet oder freiwillig sind,
    • ob bei mehreren Jobs die Wochenarbeitszeit überschritten wird.
  • Besonders bei flexiblen oder geteilten Arbeitsverhältnissen droht große Rechtsunsicherheit.

💬 DStV-Fazit: Gute Idee, aber unausgereifte Umsetzung

DStV-Präsident StB Torsten Lüth bringt es auf den Punkt:
„Die Steuerfreiheit von Mehrarbeitszuschlägen klingt attraktiv. Doch sie gefährdet flexible Arbeitszeitmodelle, erhöht die Bürokratie und benachteiligt gerade kleinere Arbeitgeber. Was wir brauchen, sind einfache und gerechte Lösungen – keine weiteren Belastungen.“


Fazit für Mandanten: Steuerfreiheit klingt gut – doch Vorsicht bei der Umsetzung

Arbeitgeber und Personalverantwortliche sollten die angekündigte Regelung kritisch im Blick behalten. Der Verwaltungsaufwand könnte am Ende größer sein als der Vorteil – und für KMU besteht das Risiko, im Wettbewerb um Fachkräfte weiter ins Hintertreffen zu geraten.

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Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V. – Mitteilung vom 22.05.2025