Gestellung von Sicherheiten: Individueller Steuersatz statt Abgeltungsteuer für Kapitalerträge

Neues Urteil des BFH:
Das Entgelt für die Bereitstellung von Sicherheiten durch Privatpersonen ist nicht als Kapitalertrag zu werten. Es handelt sich vielmehr um sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG – mit der Folge, dass der normale Einkommensteuertarif und nicht die 25 %-Abgeltungsteuer gilt.

Der Fall: Sicherheiten für ein Bauvorhaben

Eine Steuerpflichtige stellte einer GmbH – zu der sie weder beteiligt noch persönlich verbunden war – Sicherheiten zur Verfügung:

  • Verpfändung eines Bankguthabens
  • Bereitstellung eines Abrufdarlehens (im Streitjahr nicht abgerufen)

Für diese Leistungen erhielt sie ein pauschales Entgelt in Höhe von 50.000 €.

Das Finanzamt unterwarf dieses Entgelt dem regulären Einkommensteuersatz. Die Klägerin wollte dagegen die günstigere Abgeltungsteuer anwenden lassen – und klagte erfolglos bis zum Bundesfinanzhof (BFH).

Die Entscheidung: Keine Einkünfte aus Kapitalvermögen

Der BFH bestätigte:

  • Keine Kapitalüberlassung:
    Bei der Verpfändung eines Kontoguthabens bleibt der Vermögenswert bei der Klägerin. Es wird kein Kapital zur Nutzung überlassen, sondern lediglich eine Sicherheit gestellt.
  • Bereitstellung statt Nutzung:
    Auch beim Abrufdarlehen lag (im Streitjahr) noch keine tatsächliche Kapitalnutzung durch die GmbH vor. Das Entgelt bezog sich auf die bloße Bereithaltung, nicht auf die Überlassung von Kapital.
  • Folge:
    Das Entgelt unterliegt nicht der Abgeltungsteuer nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern ist als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) zum normalen Einkommensteuersatz zu versteuern.

Hintergrund: Keine doppelte Nutzung von Kapital

Nach der BFH-Rechtsprechung kann ein Kapitalwert nicht gleichzeitig:

  • dem Eigentümer zur weiteren Zinserzielung erhalten bleiben
  • und gleichzeitig dem Schuldner als Kapitalüberlassung dienen.

Würde jede Sicherheitenstellung als Kapitalüberlassung gelten, könnten sonst steuerliche Vorteile entstehen, die nicht dem Gesetzeszweck entsprechen (z.B. Werbungskosten zum normalen Steuersatz und Einnahmen nur zum pauschalen Abgeltungssatz).

Fazit und Praxishinweis

Wichtig für die Beratung:
Erhält ein Mandant Entgelte für die Bereitstellung von Sicherheiten (z.B. Bürgschaften, Verpfändungen, Kreditzusagen), ist sorgfältig zu prüfen:

  • Liegt eine tatsächliche Kapitalüberlassung vor?
  • Oder handelt es sich nur um eine Sicherheitsgestellung?

Nur echte Überlassungen lösen Kapitaleinkünfte mit Abgeltungsteuer aus. Andernfalls gilt der individuelle Steuersatz.