Der Boom bei Solar- und Photovoltaikanlagen wirft nicht nur energiewirtschaftliche, sondern auch steuerliche Fragen auf – insbesondere, wenn eine Immobilie mit einer bereits installierten Anlage verkauft wird.
Eine aktuelle Verfügung des Finanzministeriums Sachsen-Anhalt (v. 16.7.2025, 43-S 4521-45), die auf einer Bund-Länder-Abstimmung beruht, bringt hierzu mehr Klarheit.
1. Grundsätze zur Grunderwerbsteuer
Nach § 1 GrEStG unterliegen Rechtsvorgänge an inländischen Grundstücken der Grunderwerbsteuer.
Zum Grundstück zählen grundsätzlich alle wesentlichen Bestandteile, also z. B.:
- das Gebäude selbst,
- fest eingebaute Heizungsanlagen,
- sanitäre Installationen,
- Dacheindeckung und
- baulich fest verbundene Anlagen.
Nicht zu den Grundstücksbestandteilen gehören dagegen sogenannte Betriebsvorrichtungen – also Anlagen, die unmittelbar einem betrieblichen Zweck dienen und nicht der Gebäudenutzung als solcher.
2. Thermische Solaranlagen und Solarkraftwerke
Thermische Solaranlagen, die der Wärmeerzeugung dienen (z. B. für Warmwasser oder Heizungsunterstützung), gelten als Gebäudebestandteil.
Sie ergänzen die Heizungsanlage und sind fest mit dem Gebäude verbunden.
Folge:
➡️ Der Kaufpreisanteil für eine thermische Solaranlage gehört zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.
Das heißt: Beim Erwerb eines Hauses mit einer solchen Anlage erhöht sich die Grunderwerbsteuer um den entsprechenden Anteil.
3. Photovoltaikanlagen – Differenzierung nach Nutzung
Die steuerliche Beurteilung von Photovoltaikanlagen ist komplexer und hängt entscheidend von deren Zweckbestimmung ab.
Auf Bund-Länder-Ebene wurde hierzu folgende dreistufige Einordnung beschlossen:
a) Eigenversorgung des Grundstücks
Wenn die Photovoltaikanlage ausschließlich der Stromversorgung des Gebäudes dient (z. B. zur Deckung des Eigenbedarfs):
Die Anlage ist Gebäudebestandteil oder Zubehör.
Folge:
➡️ Die Zahlungen für die Anlage sind in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen.
b) Gewerbliche Stromerzeugung (Einspeisung ins Netz)
Wird der erzeugte Strom vollständig oder überwiegend in das öffentliche Stromnetz eingespeist, liegt ein gewerblicher Betrieb vor.
In diesem Fall handelt es sich bei der Photovoltaikanlage um eine Betriebsvorrichtung.
Folge:
➡️ Der Kaufpreisanteil für die PV-Anlage ist nicht grunderwerbsteuerpflichtig.
Die Anlage wird getrennt vom Grundstück behandelt – es handelt sich nicht um einen Bestandteil des Gebäudes.
c) Photovoltaikanlage als Bestandteil der Gebäudehülle
Wenn die Photovoltaikanlage baulich anstelle der Dacheindeckung oder Fassade angebracht wird, also integraler Bestandteil der Gebäudehülle ist (sog. „Indach-Anlage“ oder PV-Fassade):
Die Anlage ist unmittelbarer Bestandteil des Bauwerks.
Folge:
➡️ Der Kaufpreis für die Anlage unterliegt der Grunderwerbsteuer, unabhängig von der Art der Nutzung (Eigenverbrauch oder Einspeisung).
4. Übersicht: Steuerliche Behandlung nach Nutzung
Art der Anlage | Nutzung | Steuerliche Einordnung | Grunderwerbsteuerpflicht |
---|---|---|---|
Thermische Solaranlage | Wärmegewinnung für Gebäude | Gebäudebestandteil | ✅ Ja |
Photovoltaikanlage (Eigenversorgung) | Strom für Eigenbedarf | Zubehör/Gebäudebestandteil | ✅ Ja |
Photovoltaikanlage (gewerbliche Einspeisung) | Stromverkauf an Netzbetreiber | Betriebsvorrichtung | ❌ Nein |
Indach-/Fassaden-PV | Bestandteil der Gebäudehülle | Gebäudebestandteil | ✅ Ja |
5. Praxistipp für Immobilienkäufer und Steuerberater
Beim Erwerb einer Immobilie mit Photovoltaikanlage sollte vertraglich genau aufgeschlüsselt werden,
welcher Teil des Kaufpreises auf das Grundstück und welcher auf die Anlage entfällt.
Dadurch lässt sich klar abgrenzen, welcher Anteil der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Fehlt eine solche Aufteilung, kann das Finanzamt den gesamten Kaufpreis der Steuer unterwerfen – zum Nachteil des Käufers.
Empfehlung: Lassen Sie den Wert der Photovoltaikanlage ggf. durch ein Gutachten oder durch Herstellerangaben nachvollziehbar beziffern.
6. Fazit
Die steuerliche Behandlung von Solar- und Photovoltaikanlagen im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuer hängt maßgeblich von der Nutzung und baulichen Einbindung ab:
- Thermische Solaranlagen und PV-Anlagen zur Eigenversorgung → grunderwerbsteuerpflichtig
- PV-Anlagen zur Netzeinspeisung → nicht steuerpflichtig (Betriebsvorrichtung)
- Integrierte PV-Systeme (Indach/Fassade) → grunderwerbsteuerpflichtig
Diese differenzierte Sichtweise der Finanzverwaltung schafft Rechtssicherheit – und zeigt, wie wichtig eine präzise Vertragsgestaltung beim Immobilienkauf ist.