Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben angespannt: Nach den langfristigen Folgen der Corona-Pandemie wirken sich weiterhin der Ukraine-Krieg, stark gestiegene Energiepreise, hohe Inflation und die anhaltende Rezession spürbar auf Unternehmen aus. Diese Entwicklungen hinterlassen deutliche Spuren in der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vieler Betriebe.
In dieser Lage kommt dem Jahresabschluss 2024 eine noch größere Bedeutung zu als sonst – nicht nur für Investoren und Gesellschafter, sondern auch für Banken und andere Kreditgeber, die ihre Vergaberichtlinien zunehmend verschärfen.
1. Going Concern – Fortführungsprognose im Fokus
Grundlage jeder Bilanzierung nach HGB ist die Annahme, dass das Unternehmen auch künftig fortgeführt wird. Zweifel daran entstehen, wenn abzusehen ist, dass ein Unternehmen innerhalb der nächsten zwölf Monate seine Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann.
In diesem Fall müssen Sanierungsmaßnahmen (z. B. neue Kredite, Gesellschaftereinlagen oder der Verkauf von Vermögenswerten) konkret geplant und belastbar sein. Andernfalls ist keine Fortführungsbilanzierung mehr möglich – mit erheblichen Auswirkungen auf die Bewertung von Vermögenswerten.
Hinweis:
Besteht eine wesentliche Unsicherheit in Bezug auf die Fortführung, sollte im Anhang und Lagebericht ein entsprechender Hinweis erfolgen, um Einschränkungen im Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers zu vermeiden.
2. Abgrenzung von Herstellungs- und Erhaltungsaufwand
Gerade im Hinblick auf Investitionen in den Klimaschutz (z. B. energetische Sanierungen) stellt sich die Frage: Müssen Aufwendungen sofort als Aufwand verbucht werden oder dürfen sie aktiviert und über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden?
Neu gefasste Hinweise des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) ermöglichen es, bestimmte energetische Modernisierungen bereits im Abschluss 2024 als Herstellungskosten zu aktivieren – das verbessert Bilanz und Ergebnis nachhaltig.
Tipp:
Je nach Bilanzpolitik kann eine konservative Einordnung als sofort abzugsfähiger Aufwand auch sinnvoll sein, z. B. zur Bildung stiller Reserven oder zur Steuerminimierung.
3. Komponentenansatz – Sachanlagen differenzierter bilanzieren
Der sogenannte Komponentenansatz erlaubt es, langlebige Vermögensgegenstände wie Gebäude oder Maschinen in einzelne Bestandteile (z. B. Heizung, Fenster, Gebäudestruktur) aufzuteilen, die unterschiedlich abgeschrieben werden.
Vorteil:
Teure Ersatzinvestitionen wie ein Fensteraustausch nach 15 Jahren belasten dann nicht sofort das Ergebnis, sondern können wie eine Neuanschaffung über die neue Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Gerade bei Immobilien und Anlagen von mittelständischen Unternehmen kann dies erheblichen Einfluss auf Bilanz und GuV haben.
4. Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften
Steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie geopolitische Unsicherheiten können dazu führen, dass bestehende Verträge (z. B. Lieferverträge mit Festpreisen) künftig Verluste verursachen.
Hier müssen Drohverlustrückstellungen gebildet werden – aber nur für den Teil, der nicht bereits durch notwendige Abschreibungen auf bestehende Aktivwerte abgedeckt ist.
Auch bei Miet- oder Leasingverträgen kann eine Rückstellung erforderlich sein, wenn ein Verlustgeschäft absehbar ist.
Wichtig:
Bei der Bewertung sind Rückgriffsansprüche gegen Dritte zu berücksichtigen – allerdings nur, wenn deren Durchsetzbarkeit realistisch ist.
Fazit
Die Erstellung des Jahresabschlusses 2024 wird für viele Unternehmen keine Routinetätigkeit sein.
Unsichere wirtschaftliche Rahmenbedingungen, strengere Anforderungen der Kreditwirtschaft und neue bilanzielle Möglichkeiten erfordern eine sorgfältige und vorausschauende Bilanzpolitik.
Besonders der Anhang und der Lagebericht werden oft komplexer ausfallen als in den Vorjahren.
Unser Tipp:
Nutzen Sie diese Gelegenheit, um Ihre Bilanzierung neu auszurichten – nicht nur für 2024, sondern als Blaupause für die kommenden Jahre.
Und nicht vergessen:
Weil steuerliche Gewinnermittlungsvorschriften häufig von den handelsrechtlichen Vorgaben abweichen, ist für das Finanzamt eine separate Steuerbilanz oder eine Überleitungsrechnung (§ 60 Abs. 2 EStDV) erforderlich.