Insolvenzanfechtung: Rückforderung von Arbeitsvergütung

Insolvenzanfechtung: Rückforderung von Arbeitsvergütung

Kernaussage

Eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, ist anfechtbar. Soweit Gehaltszahlungen des Arbeitgebers für Arbeitsleistungen der dem Insolvenzantrag vorausgehenden 3 Monaten gezahlt werden, unterliegen sie als Bargeschäft nicht der Anfechtung. Anders verhält es sich allerdings, wenn der Arbeitnehmer im Wege der Zwangsvollstreckung seine Arbeitsvergütung erlangt. In diesem Fall kann ein Insolvenzverwalter grundsätzlich die Rückzahlung des Arbeitsentgelts zur Masse verlangen. Der Rückforderungsanspruch unterliegt auch keinen tariflichen Ausschlussfristen.

Sachverhalt

Die Klägerin hat in den letzten 3 Monaten vor dem Insolvenzantrag durch Forderungspfändungen rückständiges Arbeitsentgelt erlangt. Fast 3 Jahre später hat der Insolvenzverwalter die Zahlungen angefochten. Mit der Widerklage verlangt er die Rückzahlung an die Masse. Das Arbeitsgericht gab der Widerklage statt, das Landesarbeitsgericht (LAG) wies sie wegen der Versäumung tariflicher Ausschlussfristen ab. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Insolvenzverwalter grundsätzlich Recht und verwies die Sache zurück.

Entscheidung

Eine im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung ist nicht „in der Art“, wie sie der Gläubiger zu beanspruchen hat, erfolgt. Es liegt eine sog. inkongruente Deckung vor. Liegen die übrigen Anfechtungsvoraussetzungen vor, kann der Insolvenzverwalter daher die Rückzahlung von Arbeitsvergütung zur Masse verlangen. Ferner sind tarifliche Ausschlussfristen auf die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln nicht anwendbar. Die Tarifvertragsparteien dürfen in die Insolvenzregelungen nicht eingreifen. Diese sind zwingendes Recht. Das LAG wird zu klären haben, ob die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses bereits vorlag.

Konsequenz

Mit dem vorliegenden Urteil hat das BAG die rechtliche Stellung des Insolvenzverwalters gestärkt. Wurde die rückständige Arbeitsvergütung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt, ist verstärkt mit der Insolvenzanfechtung zu rechnen.