Wann hat ein Gläubiger Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners?

Wann hat ein Gläubiger Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners?

Kernaussage

Eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners zur Gläubigerbenachteiligung kannte. Dabei kommt den Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und der Inkongruenz der von ihm erbrachten Leistung besondere Bedeutung zu. Eine Kenntnis wird dann vermutet, wenn der Anfechtungsgegner um die Willensrichtung des Schuldners weiß und nach allgemeiner Erfahrung eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung zugrunde liegen muss. Unerheblich ist, ob er über den genauen Hergang des Zahlungsflusses unterrichtet war.

Sachverhalt

Wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge pfändete die Beklagte das Konto der Schuldnerin. Mangels Zahlung stellte sie im September 2008 sodann gegen die Schuldnerin einen Insolvenzantrag. Daraufhin bewirkte die Schuldnerin eine Zahlung auf das Konto, weshalb die Bank die rückständigen Beiträge an die Beklagte zahlte. Diese erklärte ihren Insolvenzantrag für erledigt. Im Juli 2009 wurde für die Schuldnerin erneut ein Insolvenzantrag gestellt. Der Kläger ist Insolvenzverwalter und verlangt im Wege der Insolvenzanfechtung Erstattung der an die Beklagte bewirkten Zahlung. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Kläger Recht.

Entscheidung

Anfechtbar ist die Rechtshandlung der Schuldnerin zur Auffüllung des gepfändeten Kontos, die erst das Pfandrecht werthaltig machte und eine Befriedigung der Beklagten ermöglichte. Mit der Zahlung aus dem eigenen Vermögen hat die Schuldnerin ihre Gläubiger vorsätzlich benachteiligt, was die Beklagte erkannt hat. Im Streitfall ist die Kontenpfändung mangels Deckung fehlgeschlagen. Eine Befriedigung konnte, nachdem die Beklagte einen Insolvenzantrag stellte, nur noch aufgrund der Rechtshandlung des Schuldnerin eintreten, die offensichtlich zur Vermeidung der Verfahrenseröffnung vorgenommen wurde. Anhaltspunkte für die Zahlung eines Dritten waren nicht ersichtlich.

Konsequenz

Das Urteil zeigt die Grenzen bei fehlgeschlagenen Zwangsvollstreckungsversuchen auf. Selbst im Falle von sanierungswilligen Schuldnern bedarf es zum Ausschluss von Anfechtungsrechten eines schlüssigen Sanierungskonzepts.