Ist Begleichung von Verbindlichkeiten einer insolventer GmbH durch den Geschäftsführer gläubigerbenachteiligend?

Ist Begleichung von Verbindlichkeiten einer insolventer GmbH durch den Geschäftsführer gläubigerbenachteiligend?

Kernaussage

Die Falle der Gläubigerbenachteiligung ist eine für viele Schuldner nicht sichtbare. Eine solche liegt immer dann vor, wenn die Insolvenzgläubiger durch eine Rechtshandlung des Insolvenzschuldners objektiv beeinträchtigt werden. Von einer Gläubigerbenachteiligung ist also schon dann auszugehen, wenn die Zugriffsmöglichkeiten auf das Schuldnervermögen beeinträchtigt sind. Die betreffende Rechtshandlung ist nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung anfechtbar; das Vermögen muss zur Masse zurückgeführt werden. Dazu entschied der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich, dass die späteren Insolvenzgläubiger nicht benachteiligt werden, wenn der – hierzu nicht verpflichtete – Geschäftsführer der insolventen Gesellschaft deren Verbindlichkeiten aus eigenen Mitteln begleicht.

Sachverhalt

Mit notarieller Urkunde aus 2004 bekannte die Schuldner-GmbH, dem Beklagten einen Betrag von rd. 470.000 EUR zu schulden. Der Geschäftsführer der GmbH verbürgte sich für die Rückzahlung. Zur Sicherung der Bürgschaftsforderung gab er persönlich ein notarielles Schuldanerkenntnis ab und unterwarf sich der Zwangsvollstreckung in sein Vermögen. Zwischen April und Juli 2005 zahlte die GmbH rd. insgesamt 34.550 EUR an den Beklagten. In der Folgezeit wurden bis Januar 2006 jeweils Beträge von 20.000 EUR von einem Konto des Geschäftsführers an den Beklagten überwiesen, ferner wurde einmalig ein Betrag von 20.000 EUR von einem Konto der Ehefrau des Geschäftsführers überwiesen. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem im Oktober 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH. Er verlangte ursprünglich im Wege der Insolvenzanfechtung Rückgewähr von rd. 169.550 EUR und gewann. Auf die Berufung des Beklagten wurde das Urteil teilweise aufgehoben. Der Kläger verlangt nun noch 35.000 EUR nebst Zinsen und zog vor den BGH.

Entscheidung

Die BGH-Richter verwiesen den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurück und gaben folgendes zu bedenken: Wird ein Darlehen eigens zur Begleichung einer bestimmten Schuld aufgenommen und gewährt, schließt die hierin liegende treuhänderische Bindung des Darlehensnehmers eine Gläubigerbenachteiligung und damit eine Insolvenzanfechtung nicht aus. Wird die Forderung eines Gläubigers beglichen, der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzgläubiger wäre, benachteiligt dies die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger, weil die hierfür aufgewandten Mittel zu deren Befriedigung nicht mehr zur Verfügung stehen. Das gilt auch dann, wenn der Schuldner sich diese Mittel durch Aufnahme eines Darlehens verschafft hat. Der Anspruch auf Auszahlung eines Darlehens ist auch dann der (späteren) Insolvenzmasse zuzurechnen, wenn er wegen einer vereinbarten Zweckbindung zunächst unpfändbar ist. Ob das Darlehen nach der Vereinbarung der Parteien des Darlehensvertrages einem bestimmten Zweck, insbesondere der Rückführung einer bestimmten Schuld dienen soll, ist anfechtungsrechtlich unerheblich. Die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger wird aber dann nicht benachteiligt, wenn ein Dritter eine Verbindlichkeit des späteren Insolvenzschuldners mit Mitteln begleicht, die nicht in dessen haftendes Vermögen gelangt sind. Bei einer Zahlung des Schuldners durch Einschaltung eines Dritten ist zwischen der Anweisung auf Schuld und der Anweisung auf Kredit zu unterscheiden. Im ersten Fall tilgt der Angewiesene mit der Zahlung an den Empfänger eine eigene, gegenüber dem Anweisenden bestehende Verbindlichkeit. Demgegenüber nimmt der Angewiesene im zweiten Fall die Zahlung an den Empfänger ohne eine Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden vor, so dass er infolge der Zahlung zum Gläubiger des Anweisenden wird.

Konsequenz

Handelt es sich um eine Anweisung auf Schuld, führt die Zahlung durch den Angewiesenen zu einer Gläubigerbenachteiligung, weil der Schuldner mit der Zahlung an den Dritten seine Forderung gegen den Angewiesenen verliert. Liegt dagegen eine Anweisung auf Kredit vor, scheidet eine Gläubigerbenachteiligung grundsätzlich aus, weil es durch die Zahlung lediglich zu einem Gläubigerwechsel in der Person des Angewiesenen kommt. Die Belastung der Masse mit dem Rückgriffsanspruch des Angewiesenen wird hier durch die Befreiung von der Schuld des Zahlungsempfängers ausgeglichen.