Kausalität ist auch bei unseriösen Kapitalmarktinformationen notwendig

Kausalität ist auch bei unseriösen Kapitalmarktinformationen notwendig

Kernaussage
Auf den Nachweis der konkreten Kausalität einer Kapitalmarktinformation für den Willensentschluss des jeweiligen Anlegers kann im Rahmen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nicht verzichtet werden.

Sachverhalt
Die Beklagte, eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft, verkaufte ab dem Jahr 1990 an Teile der türkisch-stämmigen Bevölkerung Firmenanteile, wobei sie weitgehend von Mund-zu-Mund Propaganda damit warb, dass es sich um eine mit islamischen Glaubensgrundsätzen konforme Alternative zu herkömmlichen, verzinslichen Geldanlagen handle. Zudem sollten die Anleger die Teilhaberschaft jederzeit mit einer Frist von drei Monaten kündigen können; die Anteile würden dann zurückgenommen und der Anlegerbetrag würde zurückgezahlt. Diese Information enthielt auch einen Geschäftsbericht aus dem Jahr 1994. Bis zum Jahr 2001 wurden die Anteilskäufe auf Verlangen der Teilhaber von der Beklagten rückabgewickelt. Danach stellte die Beklagte die Zahlung von Ausschüttungen und die Rückzahlung angelegter Gelder ein. Im Jahr 2007 wurde Insolvenz angemeldet. Die Klägerin erwarb im Jahr 2000 Anteilsscheine an der Beklagten. Sie sieht sich getäuscht. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht gab ihr statt. Der Bundesgerichtshof (BGH) teilte schließlich die Auffassung des Landgerichts.

Entscheidung
Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Organe der Beklagten von vornherein in dem Bewusstsein einer möglichen Anlegerschädigung systematisch Gelder einsammeln wollten. Insbesondere muss bei einer unternehmerischen Beteiligung mit Verlusten bis zum Totalverlust des Kapitals gerechnet werden. Im Rahmen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung kann zudem auf den Nachweis der konkreten Kausalität einer Kapitalmarktinformation für den Willensentschluss des jeweiligen Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet werden. Insofern ist das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen auf die Erfüllung der in die Anlage gesetzten Erwartungen nicht ausreichend. Eine „generelle“ Kausalität einer falschen Werbeaussage erscheint unter Schutznormaspekten unvertretbar, denn im Sinne einer „Dauerkausalität“ würde sie auf unabsehbare Zeit jedem beliebigen Erwerber der Anteile kenntnisunabhängig zugutekommen. Eine dadurch bewirkte Ausdehnung der Haftung ist im Hinblick auf den schwer wiegenden Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung rechtlich unvertretbar.

Konsequenz
Werden Chancen falsch dargestellt, Risiken verschwiegen oder unternehmerischen Verflechtungen verschleiert, können Anleger in die Irre geführt werden. Diese Irreführung muss allerdings Einfluss auf die Anlageentscheidung haben.