FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 30.09.2024 zum Urteil 5 K 71/23 vom 27.03.2024 (nrkr – BFH-Az.: III R 20/24)
Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat mit Urteil vom 27. März 2024 (Az. 5 K 71/23) entschieden, dass eine analoge Anwendung von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG auf Fälle, bei denen der Zeitraum zwischen zwei Ausbildungsabschnitten aufgrund der Corona-Pandemie 16 Monate beträgt, nicht möglich ist. Es fehle an einer planwidrigen Regelungslücke. Zudem sei die Ausbildungswilligkeit im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen.
Sachverhalt
Der Kläger machte Kindergeld für seinen Sohn geltend, der seit dem 1. August 2019 eine Ausbildung zum Hotelfachmann absolvierte. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde das Ausbildungsverhältnis auf Betreiben des Ausbildungsbetriebes vorzeitig zum 30. April 2021 beendet. Der Kläger argumentierte, dass es wegen der pandemiebedingten Einschränkungen keinen Sinn ergeben habe, unmittelbar einen neuen Ausbildungsbetrieb in der gleichen Branche zu suchen. Der Sohn meldete sich für kurze Zeit arbeitssuchend und nahm dann eine Aushilfstätigkeit in der Schweiz an. Nachdem seine Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen war, kehrte er nach Deutschland zurück und begann am 1. August 2022 eine neue Ausbildung in einem Dachdeckerbetrieb. Die Familienkasse setzte das Kindergeld ab Mai 2021 aus und forderte Rückzahlungen.
Entscheidung des Gerichts
Die Klage gegen die Aufhebung des Kindergeldes blieb erfolglos. Das Gericht entschied, dass die Voraussetzungen gemäß § 32 Abs. 4 EStG nicht erfüllt waren. Eine analoge Anwendung von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG für den 16-monatigen Zeitraum scheitere an einer fehlenden Regelungslücke, da das Gesetz eine klare Viermonatsfrist normiere.
Zwar könnte in Fällen, in denen die Ausbildung aus objektiven Gründen, wie einer Krankheit oder Mutterschutz, unterbrochen wird, ein Anspruch auf Kindergeld nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG bestehen. Dies könnte auch auf pandemiebedingte Unterbrechungen angewendet werden. Im vorliegenden Fall jedoch nahm der Sohn den Aufhebungsvertrag aus eigenem Entschluss an. Zudem bestand die Möglichkeit, die Ausbildung aufgrund des unkündbaren Ausbildungsvertrags fortzusetzen.
Fehlender Nachweis der Ausbildungswilligkeit
Das Gericht stellte fest, dass die Ausbildungswilligkeit des Sohnes des Klägers nicht ausreichend nachgewiesen wurde. Der Sohn meldete sich nicht bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend, sondern lediglich als arbeitssuchend. Darüber hinaus bemühte er sich nicht ernsthaft um einen neuen Ausbildungsplatz, da er die Chancen aufgrund der Pandemie als unrealistisch einschätzte.
Revision
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, das Verfahren wird beim Bundesfinanzhof unter dem Az. III R 20/24 geführt.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Newsletter II/2024