FG Hessen, Urteil vom 22.10.2025 – 10 K 162/24 (Pressemitteilung vom 02.12.2025)
Revision beim BFH anhängig: III R 39/25
Der Betrieb einer Photovoltaikanlage kann steuerliche Vorteile bieten – unter anderem durch den Investitionsabzugsbetrag (IAB) nach § 7g EStG. Doch dieser Vorteil setzt voraus, dass die Photovoltaikanlage (fast) ausschließlich betrieblich genutzt wird. Das Hessische Finanzgericht hat nun entschieden: Wer den erzeugten Strom überwiegend privat verbraucht, kann keinen Investitionsabzugsbetrag geltend machen.
Der Fall: 90 % Eigenverbrauch statt „betrieblichen“ Stromverkaufs
Der Kläger wollte im Jahr 2021 einen Investitionsabzugsbetrag bilden – 50 % der geplanten Anschaffungskosten einer Photovoltaikanlage auf seinem Einfamilienhaus. Die Anlage ging 2022 in Betrieb. Allerdings:
- Die Familie nutzte über 90 % des Stroms privat.
- Eine Einspeisung ins Netz fand nur in geringem Umfang statt.
- Weitere Investitionen oder betriebliche Aktivitäten gab es nicht.
Das Finanzamt lehnte den IAB ab:
- wegen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG
- wegen Zweifeln an der Gewinnerzielungsabsicht
Die Entscheidung: Keine fast ausschließlich betriebliche Nutzung → kein IAB
Der 10. Senat des FG Hessen bestätigte die Auffassung des Finanzamts:
Ein IAB setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut nahezu ausschließlich betrieblich genutzt wird.
Für Photovoltaikanlagen bedeutet das konkret:
- Die betriebliche Nutzung bemisst sich nach dem Stromverbrauch.
- Wird der Strom nicht zu mindestens 90 % eingespeist oder verkauft,
liegt keine begünstigte betriebliche Nutzung vor.
Da der Kläger 90 % des erzeugten Stroms privat verbrauchte, war die betriebliche Nutzung zu gering – und damit der Investitionsabzugsbetrag ausgeschlossen.
Warum ist die Entscheidung wichtig?
Der Fall hat große praktische Relevanz für alle Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen, besonders seit Einführung der steuerfreien Einspeisung nach § 3 Nr. 72 EStG ab 2023. Das Gericht zeigt klar:
👉 Private PV-Anlagen, die überwiegend der Eigenversorgung dienen, sind für Investitionsabzugsbeträge nicht geeignet.
Der IAB ist ein Instrument für „echte“ gewerbliche Tätigkeiten – nicht für private Energienutzung.
BFH-Revision anhängig
Der Fall wurde wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung dem Bundesfinanzhof vorgelegt. Dort ist er unter dem Aktenzeichen III R 39/25 anhängig.
Der BFH könnte insbesondere klären:
- Welche Rolle der private Stromverbrauch für den IAB spielt
- Ob die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG Einfluss auf bestehende IAB hat
- Welche Anforderungen an die Gewinnerzielungsabsicht kleiner PV-Anlagen zu stellen sind
Hintergrund: Investitionsabzugsbetrag bei PV-Anlagen
Nach § 7g EStG können bis zu 50 % der geplanten Anschaffungskosten einer PV-Anlage vorab steuerlich geltend gemacht werden. Das lohnt sich nur, wenn:
- die Anlage dem Betriebsvermögen zugeordnet ist,
- sie nahezu ausschließlich betrieblich genutzt wird,
- eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt.
Gerade bei Photovoltaikanlagen auf Wohnhäusern ist dies regelmäßig problematisch, weil der private Eigenverbrauch häufig überwiegt.
Fazit für die Praxis
- Wer den Strom überwiegend selbst nutzt, sollte keinen IAB geltend machen.
- Für ein begünstigtes Wirtschaftsgut ist meist eine Einspeisung von mindestens 90 % erforderlich.
- Die steuerliche Behandlung von PV-Anlagen ist komplex – insbesondere seit der Steuerbefreiung für kleinere Anlagen.
- Eine fachkundige Prüfung lohnt sich, um spätere Steuerrisiken zu vermeiden.
Quelle: Hessisches Finanzgericht Kassel