Kein Untergang des Verlustvortrags bei Übertragung eines gesamten Betriebes in eine Kapitalgesellschaft

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat erneut klargestellt, dass der gewerbesteuerliche Verlustvortrag nicht untergeht, wenn ein Betrieb im Wege des Asset Deals oder der Anwachsung von einer Personengesellschaft (PersG) in eine Kapitalgesellschaft (KapG) übergeht. Dieses Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung zur Sicherung von Verlustvorträgen und gibt klare Leitlinien für die Praxis.


Sachverhalt

Im zugrundeliegenden Fall verfügte die X-GmbH & Co. KG zum 31.12.2010 über einen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag von über 34 Mio. EUR. Durch die Verschmelzung der Komplementär-GmbH auf die Y-GmbH und die anschließende Anwachsung ging das Betriebsvermögen der X-KG auf die Y-GmbH über.

2013 veräußerte die Y-GmbH das operative Geschäft zu Buchwerten an eine andere Gesellschaft (Asset Deal) und änderte gleichzeitig ihren Unternehmensgegenstand auf „Halten und Verwalten von Beteiligungen“.

Das Finanzamt verneinte die Unternehmensidentität und damit die Möglichkeit, die Verluste der X-KG bei der Y-GmbH weiter zu nutzen. Das FG und der BFH gaben jedoch der Y-GmbH Recht und stellten fest, dass der Verlustvortrag nicht untergegangen ist.


Entscheidungsgründe

  1. Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag gemäß § 10a GewStG:
    Der Abzug von gewerbesteuerlichen Verlusten erfordert:
    • Unternehmeridentität: Der Verlustträger und der Verlustnutzer müssen identisch sein.
    • Unternehmensidentität: Der den Verlust verursachende und der Verlust nutzende Gewerbebetrieb müssen identisch sein.
  2. Unternehmensidentität bei Kapitalgesellschaften:
    Bei Kapitalgesellschaften gilt jede Tätigkeit in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Daher bleibt die Unternehmensidentität erhalten, auch wenn:
    • der Unternehmensgegenstand geändert wird,
    • das operative Geschäft veräußert wird,
    • die Tätigkeit auf die Verwaltung von Beteiligungen beschränkt wird.
  3. Keine Sonderregeln bei übernommenen Verlusten von Personengesellschaften:
    Der Ursprung des Verlusts in einer Personengesellschaft spielt für die Verlustnutzung durch die übernehmende Kapitalgesellschaft keine Rolle. Es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage, die die Verlustnutzung von der Fortführung des ursprünglichen Betriebs abhängig machen würde.

Relevanz für die Praxis

  1. Verlustvorträge bleiben bei Kapitalgesellschaften erhalten:
    Ein bei einer Kapitalgesellschaft festgestellter Verlustvortrag kann auch dann genutzt werden, wenn die Gesellschaft:
    • ihren Unternehmensgegenstand ändert,
    • keine operative Tätigkeit mehr ausübt und nur noch Vermögensverwaltung betreibt.
  2. Asset Deals innerhalb eines Konzerns:
    Insbesondere in Konzernstrukturen können durch die Übertragung von Betrieben im Wege von Asset Deals oder Anwachsungen gewerbesteuerliche Verlustvorträge erhalten bleiben, sofern sie auf eine Kapitalgesellschaft übergehen.
  3. Wegfall der Unternehmensidentität bei Personengesellschaften:
    Anders als bei Kapitalgesellschaften erfordert die Verlustnutzung bei Personengesellschaften die Fortführung des ursprünglichen Gewerbebetriebs. Hier ist bei geplanten Umstrukturierungen besondere Vorsicht geboten.

Fazit

Das Urteil des BFH unterstreicht die rechtliche Sicherheit bei der Nutzung gewerbesteuerlicher Verlustvorträge durch Kapitalgesellschaften. Es zeigt, dass die Unternehmensidentität bei Kapitalgesellschaften nur eine untergeordnete Rolle spielt, selbst wenn der Verlust ursprünglich von einer Personengesellschaft herrührt.

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