Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Unternehmenszersplitterung

FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 30.09.2024 zum Urteil 4 K 75/23 vom 14.03.2024 (nrkr – BFH-Az.: XI R 12/24)

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat am 14. März 2024 (Az. 4 K 75/23) entschieden, dass keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Abs. 1a UStG vorliegt, wenn ein Unternehmen aufgeteilt und an mehrere Erwerber veräußert wird.

Hintergrund des Falls

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, betrieb auf gepachteten Flächen einen Solarpark. Den produzierten Strom speiste sie in das öffentliche Netz ein und erhielt dafür eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Im Jahr 2014 veräußerte die Klägerin die Photovoltaikanlage in räumlich abgegrenzten Teilen an insgesamt zehn Kommanditgesellschaften. Dabei blieb die zentrale Infrastruktur bei der Klägerin und wurde den Erwerberinnen zur Nutzung überlassen.

Nach der Veräußerung wurde der Strom von den Erwerberinnen produziert, wobei ihre Produktionskapazitäten zwischen 8,5 % und 12,5 % der ursprünglichen Gesamtkapazität der Klägerin betrugen. Die Klägerin behielt ihre vertraglichen Beziehungen zur Netzbetreiberin und der Direktvermarkterin bei. Die Erwerberinnen lieferten den gesamten produzierten Strom an die Klägerin, die diesen in das Netz einspeiste und die Vergütung vereinnahmte. Anschließend rechnete sie mit den Erwerberinnen entsprechend den produzierten Strommengen ab. Die Klägerin war der Ansicht, dass es sich bei den Veräußerungen um Geschäftsveräußerungen im Ganzen handele, die gemäß § 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbar seien.

Entscheidung des Gerichts

Der 4. Senat des Finanzgerichts folgte dieser Auffassung nicht und wies die Klage ab. Das Gericht stellte fest, dass zwar eine Mehrzahl von Erwerbern nicht zwingend schädlich für die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen ist, jedoch müsse die Prüfung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG für jeden Erwerber einzeln erfolgen. Im vorliegenden Fall verneinte der 4. Senat das Vorliegen dieser Voraussetzungen für alle zehn Veräußerungsgeschäfte.

Die zentrale Begründung lag in der fehlenden Vergleichbarkeit der Tätigkeiten der Erwerberinnen mit denen der Veräußerin. Durch die Aufteilung des Unternehmens auf zehn Erwerber und die damit verbundene Zersplitterung der Produktionstätigkeit sei diese Vergleichbarkeit nicht gegeben. Insbesondere der Unterschied in den Produktionskapazitäten, bei denen die Erwerberinnen lediglich 8,5 % bis 12,5 % der ursprünglichen Kapazität erbringen konnten, sei maßgeblich. Auf solche Fälle der „Unternehmenszersplitterung“ sei § 1 Abs. 1a UStG nicht anwendbar, da dies dem Sinn und Zweck der Vorschrift widersprechen würde.

Ausblick

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, und das Verfahren ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. XI R 12/24 anhängig.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Newsletter II/2024