Kommunale Holding-GmbH muss keinen paritätisch besetzten Aufsichtsrat bilden

Kommunale Holding-GmbH muss keinen paritätisch besetzten Aufsichtsrat bilden

Kernaussage
Das Mitbestimmungsgesetz gewährleistet und regelt in Deutschland die Aufnahme von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat eines Unternehmens. Das Gesetz erfasst u. a. Unternehmen in der Rechtsform einer AG oder GmbH mit in der Regel über 2000 Mitarbeitern, in denen die paritätische Besetzung des Aufsichtsrats Pflicht ist, d. h. Arbeitnehmer und Kapitaleigner entsenden jeweils die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder. Hierzu entschied das Düsseldorfer Oberlandesgericht aktuell am Beispiel der Bielefelder Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs-GmbH (BBVG), dass kommunale Holding-Gesellschaften nicht immer einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat bilden müssen.

Sachverhalt
Die BBVG hält sämtliche Anteile der Stadtwerke Bielefeld GmbH, verfügt aber nur über 6 eigene Mitarbeiter. Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, die mehr als 2.000 Mitarbeiter der Stadtwerke seien der BBVG als herrschendem Unternehmen zuzurechnen. Eigentliche Entscheidungsträgerin bei beiden Gesellschaften sei die Stadt Bielefeld. Da diese aber als Körperschaft des öffentlichen Rechts nach den aktienrechtlichen Vorschriften nicht mitbestimmungspflichtig sei, müsse der paritätisch besetzte Aufsichtsrat „eine Ebene tiefer“, nämlich bei der BBVG angesiedelt werden. Durch die somit gebotene Berücksichtigung der Mitarbeiter der Stadtwerke erreiche die BBVG eine Arbeitnehmerzahl, bei der ein je zur Hälfte aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern bestehender Aufsichtsrat gebildet werden müsse. Die BBVG wandte dagegen ein, als Holding- oder Beteiligungsgesellschaft keinerlei Leitungsmacht über die Stadtwerke auszuüben. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies schließlich den Antrag auf Bildung eines paritätisch besetzten Aufsichtsrates bei der BBVG zurück.

Entscheidung
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der Vernehmung von 6 Zeugen und des Geschäftsführers der BBVG stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die BBVG zwar als herrschendes Unternehmen einzustufen ist, jedoch weder sie noch die Stadt Bielefeld den Stadtwerken Bielefeld GmbH gegenüber Weisungen erteilt und Leitungsmacht ausübt. Die gesetzliche Vermutung, dass bei einer derartigen Unternehmensstruktur die Unternehmen einen „von oben geführten“ Konzern bildeten, war daher nach Auffassung der Richter widerlegt, so dass die zur Bildung eines paritätisch besetzten Aufsichtsrats notwendige Beschäftigtenzahl bei der BBVG nicht erreicht wurde.

Konsequenz
Hier kam es zu einer so genannten „Umkehr der Beweislast“: Nicht der antragstellende Betriebsrat musste die behauptete Leitungsmacht beweisen, sondern die Gesellschaft musste zur Entkräftung der widerleglichen gesetzlichen Vermutung den Gegenbeweis führen, nämlich dass gerade kein „von oben geführter Konzern“ vorlag. Dies gelang, denn das Gericht war nach der Beweisaufnahme voll vom Vorliegen des Gegenteils überzeugt.