Kosten für Schlichtungsverfahren als außergewöhnliche Belastungen abziehbar?

Kosten für Schlichtungsverfahren als außergewöhnliche Belastungen abziehbar?

Kernaussage

Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anrufung einer Schlichtungsstelle (hier: Bergschaden in NRW) sind auch dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn es sich bei dem Schlichtungsverfahren nicht um eine Rechtswegbeschreitung „im engeren Sinne“ handelt. Das Finanzgericht Düsseldorf stellte in einer aktuellen Entscheidung klar, dass Schichtungsverfahren als „Vorstufe“ zum Zivilprozess anzusehen sind und damit eine Maßnahme zur Beschreitung des Rechtswegs im weiteren Sinne darstellen.

Sachverhalt

Streitig war die Berücksichtigung von Kosten für ein Schlichtungsverfahren als außergewöhnliche Belastung. Der Kläger ist Eigentümer eines Zweifamilienhauses, das sich in einem ehemaligen Bergbaugebiet befindet. In seiner Einkommensteuererklärung für 2010 machte der Kläger Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Bergbauschaden an dem Objekt in Höhe von insgesamt 5.388 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Hierbei handelte es sich um Rechtsanwaltsgebühren für die Vertretung in einem Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsstelle Bergschaden in NRW sowie um Gutachterkosten. Hintergrund der Aufwendungen war, dass der Kläger 2009 einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem zuständigen Bergbauunternehmen geltend gemacht und vor der Schlichtungsstelle schließlich einen Vergleich erwirkt hatte. Das Finanzamt versagt den Abzug der Kosten mit der Begründung, dass ein Schlichtungsverfahren ein freiwilliges Verfahren sei. Dies se anders zu beurteilen, als ein Zivilprozess, dem sich ein Steuerpflichtiger nicht entziehen könne.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus 2011 können Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Zur Begründung hat der BFH ausgeführt, dass die Auffassung, der Steuerpflichtige übernehme das Prozesskostenrisiko „freiwillig“, verkenne, dass streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren seien. Dies folge aus dem Rechtsstaatsgrundsatz. Demgemäß waren dem Kläger die streitgegenständlichen Aufwendungen aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Zwar handelt es sich bei der Anrufung der Schlichtungsstelle Bergschaden in NRW nicht um die Beschreitung des Rechtsweges im engeren Sinne. Gleichwohl ist im Schlichtungsverfahren eine „Vorstufe“ zum Zivilprozess und damit eine Maßnahme zur Beschreitung des Rechtswegs im weiteren Sinne zu sehen. Die Durchführung des Schlichtungsverfahrens ist ebenfalls Ausdruck des staatlichen Gewaltmonopols.

Konsequenz

Das Finanzgericht konnte keine tragfähigen Gründe erkennen, die eine Differenzierung zwischen zivilgerichtlichen Verfahren und Schlichtungsverfahren im Anwendungsbereich der außergewöhnlichen Belastungen rechtfertigen könnten. Auch wenn das Schlichtungsverfahren aus Sicht der Betroffenen allein eine kostengünstige Maßnahme zur Streitbeilegung darstellt, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Es kann dem Steuerpflichtigen aus steuerlicher Sicht nicht zum Nachteil gereichen, wenn er aus wirtschaftlichen Gründen nicht den Weg zu den Zivilgerichten beschreitet, sondern ein Schlichtungsverfahren einleitet. Das letze Wort hat nun der BFH; die Revision wurde zugelassen.