Lange erwartet: Entwurf eines BMF-Anwendungsschreibens zu § 8d KStG liegt auf dem Tisch

Das BMF plant, zur Anwendung des § 8d KStG ein umfangreiches Anwendungsschreiben zu veröffentlichen. Mit konkreten Ausführungen zur Antragsgestaltung sowie zum unbestimmten Begriff des Geschäftsbetriebs soll der von Rechtsunsicherheiten geprägten Norm „Leben eingehaucht“ werden. Der DStV hat sich das Entwurfsschreiben angeschaut und einige konstruktive Hinweise an das BMF adressiert.

Die Neuerungen zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag nach § 8d KStG sind auf Anteilserwerbe mit Wirkung ab dem 01.01.2016 anwendbar. Bisher tappte die Praxis weitestgehend im Dunkeln, welche Vorgaben die Finanzverwaltung zugrunde legt. Durch den vom BMF vorgelegten Entwurf einer Verwaltungsanweisung gewinnt die Norm an Kontur: Bereits auf den ersten Blick fällt dem Deutschen Steuerberaterverband e.V. (DStV) vor allem die Vielzahl von Anwendungsbeispielen sehr positiv ins Auge.

Bislang dürften die eher restriktiven Regelungen tatsächlich aber nur von wenigen betroffenen Unternehmen genutzt worden sein. Nach Auffassung des DStV bleibt es daher – auch nach Veröffentlichung eines BMF-Schreibens – unabdingbar, dass vor allem der Gesetzgeber zur weiteren „Verschlankung“ der komplexen Vorschriften zum Untergang bzw. Erhalt von Verlustvorträgen noch einmal den Rotstift ansetzt. Doch dies steht auf einem anderen Papier.

Was das vorliegende BMF-Entwurfsschreiben betrifft, hat der DStV u. a. folgende Punkte und offene Fragestellungen in seiner Stellungnahme S 10/20 aufgegriffen:

Kompliziertes Zusammenspiel zwischen § 8c KStG und § 8d KStG

Im Rahmen des sog. Jahressteuergesetzes 2018 wurde der in § 8c KStG geregelte anteilige Verlustuntergang bei Übertragungen von mehr als 25 % bis zu 50 % der Anteile komplett gestrichen. Doch welche Nachwehen ergeben sich daraus für die betroffenen Unternehmen? Gerade in Fällen, in denen der beantragte fortführungsgebundene Verlustvortrag nach § 8d KStG auf einem verfassungswidrigen quotalen Verlustuntergang beruht, wäre ein Hinweis im BMF-Schreiben zum weiteren Prozedere wünschenswert.

Ein weiterer kritischer Punkt ergibt sich aus dem Wahlrecht zwischen der Anwendung der Stillen-Reserve-Klausel nach § 8c KStG oder einem Antrag nach § 8d KStG. Reichen bei Anwendung der Stillen-Reserve-Klausel die stillen Reserven nicht aus, gehen die nicht genutzten Verluste unter. Die Zwangsschraube für die Unternehmen bleibt damit auch an dieser Stelle fest angezogen. Dabei wäre eine gewisse Entkrampfung denkbar. Der DStV schlägt vor, dass ein Nachholen des § 8d-KStG-Antrags in einem solchen Fall zulässig ist.

Freud’ und Leid beim unbestimmten Begriff des Geschäftsbetriebs

Gemäß § 8d Abs. 1 Satz 3 KStG wird der Geschäftsbetrieb als „die von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft“ definiert. Er bestimmt sich nach qualitativen Merkmalen. Das BMF-Schreiben legt diesen Begriff – u. E. nicht ganz unproblematisch – „tätigkeitsbezogen“ unter Rückgriff auf den gewerbesteuerlichen Begriff des Gewerbebetriebs aus.

Liegen z. B. mehrere Geschäftsbetriebe vor, ist gemäß dem Entwurfsschreiben der Anwendungsbereich des § 8d KStG nicht eröffnet. Eine kräftige Einschränkung für den Gebrauch des § 8d KStG. Zugleich fehlt es an einer Abbildung der dynamischen Entwicklungen von Geschäftsbetrieben – etwa, wenn das Unternehmen einen Bereich seiner Tätigkeiten nach und nach reduziert und so möglicherweise in den Anwendungsbereich des § 8d KStG hineinwächst. Hier erwartet der DStV, dass deutlich mehr Spielraum für die Unternehmen geschaffen wird.

Ist zwischen mehreren selbständigen Betätigungen ein gegenseitiger Förder- und Sachzusammenhang gegeben, können diese als einheitlicher Geschäftsbetrieb qualifiziert werden. Das BMF führt hierzu beispielhaft ein Autohaus und eine Kfz-Werkstatt an. Fraglich bleibt jedoch, ob ein solch enger Förderungs- und Ergänzungszusammenhang ggf. auch im „fachfremden“ Bereich (Autohaus/Kantine) auftreten kann. Weitere Ausführungen hierzu wären hilfreich.

Ebenfalls nicht explizit geregelt wird die Frage, ob bei mehreren Geschäftsbetrieben mit einem gegenseitigen Förder- und Sachzusammenhang z. B. der Verkauf eines Geschäftsbetriebs oder die Einbringung eines Geschäftsbetriebs in eine Tochter-Gesellschaft eine Ruhendstellung darstellt. Auch an dieser Stelle sind nach Auffassung des DStV weitere Hinweise förderlich.

Immerhin: Nach Auffassung des BMF steht eine zusätzlich ausgeübte wirtschaftlich geringfügige Betätigung einem einheitlichen Geschäftsbetrieb nicht entgegen. Diese soll dann nicht ins Gewicht fallen, wenn die Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse und den Betrag von 24.500 Euro im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen.

Diese prozentuale und betragliche Begrenzung ist nachvollziehbar, verdeutlicht jedoch zugleich, dass einer unschädlichen geringfügigen Tätigkeit überaus enge Grenzen gesetzt sind. Insbesondere angesichts der gegenwärtigen Corona-Krise und den damit in vielen Unternehmen einhergehenden Umsatzrückgängen kann eine bisweilen wirtschaftlich geringfügige Betätigung ggf. prozentual schneller ins Gewicht fallen. Die Betrachtung eines Drei-Jahres-Zeitraums könnte nach Auffassung des DStV diesem negativen Effekt entgegenwirken.

Fortführungsgebundener Verlustvortrag weiterhin in Gefahr

Als nach wie vor äußerst problematisch für die betroffenen Körperschaften erachtet der DStV die fehlende zeitliche Beschränkung in Bezug auf schädliche Ereignisse, die nach der Feststellung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags eintreten (vgl. DStV-Stellungnahme S 12/16). Ab diesem Zeitpunkt müssen die Unternehmen faktisch zeitlich unbegrenzt mit der Gefahr leben, ihren fortführungsgebundenen Verlustvortrag doch noch zu verlieren. Diese Gefahr gilt es zu bannen und den Unternehmen durch eine zeitliche Begrenzung deutlich mehr Sicherheit für ihre wirtschaftliche Entwicklung zu geben.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 11.09.2020