Lieferung von Abfall im Sinne der Abfallrahmenrichtlinie unterliegt der Umsatzsteuer

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 14.03.2024 (1 K 11/24) entschieden, dass die Lieferung von unentgeltlich erworbenen Gegenständen, die vom Unternehmer zur Wiederverwendung aufbereitet und verkauft werden, umsatzsteuerpflichtig ist. Dies gilt auch dann, wenn es sich um Gegenstände handelt, die gemäß der Abfallrahmenrichtlinie als Abfall eingestuft werden.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein selbstständiger Unternehmer, der im Bereich der Hausratverwertung tätig ist. Er sammelt ausrangierte Bürostühle, repariert diese und verkauft sie weiter. Für das Jahr 2020 beantragte er beim Finanzamt, seine Umsätze aus dem Verkauf dieser Bürostühle wegen deren Status als Abfall von der Umsatzsteuer zu befreien. Er argumentierte, dass es sich bei den Bürostühlen um Abfall im Sinne der Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) handelt und dass deren Lieferung bereits der Umsatzsteuer unterlegen habe. Eine erneute Besteuerung würde daher zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung führen, was sowohl gegen die Mehrwertsteuersystemrichtlinie als auch gegen Art. 20a des Grundgesetzes (GG) verstoßen würde, der den Staat verpflichtet, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen.

Gerichtliche Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass die Lieferung von Abfall im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG) der Umsatzsteuer unterliegt, wenn diese Gegenstände vom Unternehmer zur Wiederverwendung aufbereitet und gegen Entgelt verkauft werden.

Umsatzsteuerpflicht für wiederverwendete Gegenstände

Das Gericht stellte fest, dass auch die Gegenstände, die der Kläger zur Wiederverwendung vorbereitet, als Gegenstände im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gelten. Der Verkauf dieser Gegenstände stellt daher eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung dar. Das Gericht betonte, dass weder die Abfallrahmenrichtlinie noch Art. 20a GG etwas an dieser Rechtslage ändern.

Keine Doppelbesteuerung

In Bezug auf die vom Kläger angenommene Doppelbesteuerung verwies das Gericht darauf, dass der Kläger die ihm berechnete Umsatzsteuer in der Regel gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuer abziehen kann. Auch der Verweis auf die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG führte zu keinem anderen Ergebnis, da der Kläger die Stühle und anderen Gegenstände unentgeltlich erhalten hatte.

Fazit

Das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg stellt klar, dass die Lieferung von aufbereiteten Abfallgegenständen umsatzsteuerpflichtig ist, auch wenn diese Gegenstände ursprünglich unentgeltlich erworben wurden und als Abfall im Sinne der Abfallrahmenrichtlinie gelten. Unternehmen, die mit solchen Gegenständen handeln, müssen daher sicherstellen, dass sie ihre Umsätze ordnungsgemäß der Umsatzsteuer unterwerfen.

Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg, Newsletter 1/2024