Markenrecht: Welcher Zeitpunkt gilt bei Prüfung der Unterscheidungskraft?

Markenrecht: Welcher Zeitpunkt gilt bei Prüfung der Unterscheidungskraft?

Kernaussage
Auch Slogans und Wortfolgen können als Marke Schutz beanspruchen, wenn sie die erforderliche Unterscheidungseignung besitzen, als Herkunftszeichen wahrgenommen werden und nicht als bloße Werbeaussage zu verstehen sind. Vorliegend wurde die Wortfolge „Aus Akten werden Fakten“ während der Dauer des Eintragungsverfahrens (3 Jahre) in der Branche des IT-gestützten Vertragsmanagements zu einer branchenüblichen Aussage. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied nunmehr entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung, dass bei der Prüfung der Unterscheidungskraft von Marken allein der Zeitpunkt der Anmeldung maßgeblich ist.

Sachverhalt
Die Anmelderin hat im September 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortfolge „Aus Akten werden Fakten“ als Marke für den Bereich des IT-gestützten Vertragsmanagements beantragt. Das Amt hat die Anmeldung im August 2009 wegen Fehlens der Unterscheidungskraft zurückgewiesen, denn im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung werde die Wortfolge vom angesprochenen Publikum als werbeübliche Anpreisung verstanden. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg. Der BGH sah das allerdings anders.

Entscheidung
Nach bisheriger Rechtsprechung ist für die Unterscheidungskraft sowohl im Eintragungs- als auch im Nichtigkeitsverfahren auf das Verkehrsverständnis im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung des Zeichens als Marke abzustellen. Nach neuerer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Gemeinschaftsmarkenverordnung ist dagegen allein der Zeitpunkt der Anmeldung maßgeblich. Der Anmelder muss danach weder im Eintragungsverfahren noch im Nichtigkeitsverfahren eine nach dem Zeitpunkt der Anmeldung eingetretene nachteilige Veränderungen der Marke, wie den Verlust der Unterscheidungskraft oder ihre Umwandlung in eine gebräuchliche Bezeichnung, gegen sich gelten lassen. Der BGH hält im Hinblick auf diese EuGH-Rechtsprechung nicht mehr an seiner bisherigen Beurteilung fest. Bei der Prüfung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist deshalb allein auf den Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen.

Konsequenz
Das Urteil ist zu begrüßen. Es entspricht dem Interesse des Anmelders, durch die Dauer des Eintragungsverfahrens keine Nachteile zu erleiden. Zudem ist dem Allgemeininteresse an der grundsätzlichen einheitlichen Auslegung des Markenrechts und den Regelungen der Gemeinschaftsmarkenverordnung genüge getan.