Mehrwertsteuerbetrug: Rat einigt sich darauf, eine befristete generelle Umkehrung der Steuerschuldnerschaft zu gestatten

Am 2. Oktober hat der Rat einem Vorschlag zugestimmt, der befristete Ausnahmen von den normalen MwSt-Regeln vorsieht.

Dank der vorgeschlagenen Richtlinie können die Mitgliedstaaten, die am stärksten von Mehrwertsteuerbetrug betroffen sind, eine befristete generelle Umkehrung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft anwenden.

Dieses sogenannte „Reverse-Charge“-Verfahren beinhaltet die Verlagerung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft vom Lieferer bzw. Dienstleister auf den Erwerber. Die Kommission hat den Vorschlag im Dezember 2016 auf Ersuchen der besonders von Mehrwertsteuerbetrug betroffenen
Mitgliedstaaten vorgelegt.

„Diese Richtlinie wird eine Lösung für Mitgliedstaaten bieten, die mit weitverbreitetem Karussellbetrug konfrontiert sind“, sagte Hartwig Löger, Minister der Finanzen Österreichs, das derzeit den Ratsvorsitz innehat. „Es handelt sich um eine – befristete – Ausnahmeregelung, die sich als effiziente Methode zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs erweisen könnte.“

Die Mitgliedstaaten werden die generelle Umkehrung der
Steuerschuldnerschaft nur auf inländische Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen oberhalb eines Schwellenwerts von 17 500 € je Umsatz, nur bis zum 30. Juni 2022 und unter sehr strengen technischen Voraussetzungen anwenden können. Insbesondere muss in einem Mitgliedstaat, der diese Maßnahme anzuwenden wünscht, der Anteil des Karussellbetrug an der Mehrwertsteuerlücke 25 % betragen. Dieser Mitgliedstaat muss unter anderem angemessene und effiziente elektronische Berichtspflichten für alle Steuerpflichtigen einrichten, insbesondere für diejenigen, auf die das Verfahren angewandt wird.

Die generelle Umkehrung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft kann nur dann von einem Mitgliedstaat angewandt werden, wenn er die einschlägigen Kriterien erfüllt und wenn sein Antrag vom Rat genehmigt wurde. Die Anwendung dieser Maßnahme unterliegt zudem strengen Schutzvorkehrungen der EU.

Schwachstellen im Mehrwertsteuersystem machen die Mitgliedstaaten anfällig für Betrug, was manchmal ernste Folgen für die Staatshaushalte hat. Dies gilt insbesondere für grenzüberschreitende Umsätze.

Eine häufige Betrugsform ist der „Karussell-“ oder „Missing-Trader“-Betrug, bei dem Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen gekauft und weiterverkauft werden, ohne dass Mehrwertsteuer entrichtet wird.

Das „Reverse-Charge“-Verfahren kann bereits vorübergehend, jedoch nicht generell angewandt werden. Nach den geltenden Vorschriften ist es auf eine im Voraus festgelegte Liste von Sektoren beschränkt. Es darf nur von einem Mitgliedstaat angewandt werden, der einen spezifischen Antrag gestellt und die Genehmigung des Rates dafür erhalten hat.

Die Richtlinie wird eine kurzfristige Lösung für die Eindämmung von Betrug durch die am stärksten davon betroffenen Mitgliedstaaten bieten, solange die Beratungen über ein neues und endgültiges Mehrwertsteuersystem , bei dem Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen im Bestimmungsland besteuert würden, noch andauern. Die Kommission hat kürzlich die Vorschläge vorgelegt, die auf die Ersetzung der derzeitigen „übergangsweise geltenden“ Mehrwertsteuerregelungen durch ein
endgültiges Mehrwertsteuersystem abstellen.

Verfahren

Auf einer Tagung des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ wurde eine Einigung erzielt. Die Richtlinie wird voraussichtlich ohne Aussprache angenommen, sobald das Europäische Parlament Stellung genommen hat.
Nach Anhörung des Europäischen Parlaments kann der Rat die Richtlinie nur einstimmig annehmen. (Rechtsgrundlage: Artikel 113 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.)

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Quelle: Rat der EU, Pressemitteilung v. 02.10.2018 (Ls)