Neue Verwaltungsauffassung zur Besteuerung von Einkünften auf hoher See – Änderung nach über 45 Jahren

📅 BMF-Schreiben vom 15.04.2025


Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat in einem aktuellen Schreiben vom 15. April 2025 die bisherige Verwaltungsauffassung zur Besteuerung von Einkünften aus Tätigkeiten auf Seeschiffen im internationalen Verkehr grundlegend geändert. Dies betrifft insbesondere die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).


Was ändert sich?

🚢 Keine „schwimmenden Gebietsteile“ mehr

Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Oktober 1977 (BStBl II 1978 S. 50) hatte entschieden, dass Schiffe auf hoher See als Gebietsteile des Flaggenstaats anzusehen seien. Diese Sichtweise wird nun für die Zwecke der Anwendung von DBA ausdrücklich aufgegeben.

Nach der neuen Verwaltungsauffassung gilt:

Ein Schiff auf hoher See ist nicht mehr als Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats anzusehen, dessen Flagge es führt – es sei denn, das jeweilige DBA sieht ausdrücklich etwas anderes vor.


Welche DBA-Regelungen sind nun maßgeblich?

🔹 DBA mit Regelung nach Artikel 15 Absatz 3 OECD-MA 2014

→ Besteuerungsrecht liegt beim Staat der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens, das die Schifffahrt betreibt.

🔹 DBA mit Regelung nach Artikel 15 Absatz 3 OECD-MA 2017

→ Besteuerungsrecht liegt beim Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers.

🔹 DBA ohne spezielle Regelung

→ Es gelten die allgemeinen Bestimmungen (Artikel 15 Absätze 1 und 2 OECD-MA):

  • Arbeit an Bord eines Schiffes zählt nicht als Tätigkeit im Tätigkeitsstaat (z. B. Flaggenstaat),
  • das Besteuerungsrecht verbleibt beim Ansässigkeitsstaat, sofern keine abweichenden DBA-Regelungen bestehen.

Praktische Auswirkungen für die Lohnbesteuerung

🛠️ Arbeitsausübung auf hoher See

Arbeitstage auf einem Schiff auf hoher See stellen keine Arbeitstage im Tätigkeitsstaat dar. Sie gelten für steuerliche Zwecke nicht als im anderen Staat ausgeübt, selbst wenn dieser Staat der Flaggenstaat ist.

📅 Anwendungszeitpunkt

Die neue Verwaltungsauffassung gilt erstmals für:

  • Veranlagungszeiträume ab 2026
  • Lohnzahlungszeiträume ab dem 1. Januar 2026

Was bleibt bestehen?

Die völkerrechtlich anerkannte Praxis, dass sich die Staatsangehörigkeit und Rechtsordnung eines Schiffes nach seiner Beflaggung richtet, bleibt unberührt. Die Änderung betrifft ausschließlich die abkommensrechtliche Zurechnung für Steuerzwecke.


Fazit: Bedeutung für Arbeitgeber in der internationalen Schifffahrt

Diese Änderung betrifft insbesondere:

  • Reedereien und Schifffahrtsunternehmen mit international tätigem Bordpersonal
  • Arbeitnehmer, die auf Schiffen im internationalen Verkehr beschäftigt sind
  • Lohnsteuerabzugspflichtige Stellen, insbesondere bei DBA-Anwendung und Aufteilung der Arbeitstage

💡 Unternehmen sollten ihre DBA-Prüfung und Lohnabrechnungssysteme bis Ende 2025 auf die geänderte Sichtweise anpassen – insbesondere bei Grenzgängern und Seefahrtsbeschäftigten mit internationalem Bezug.


📌 Quelle: BMF-Schreiben vom 15.04.2025
Fundstelle: IV B 2 – S 1301/01408/007/001
📖 Hinweis auf ergänzendes BMF-Schreiben vom 12.12.2023 (BStBl I S. 2179)


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