Niedersächsische Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung unwirksam

Mit Urteilen vom 12 KN 174/14 hat der 12. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in vier Normenkontrollverfahren (Az. 12 KN 174/14, 12 KN 175/14, 12 KN 176/14 und 12 KN 177/14) die vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und vom Niedersächsischen Finanzministerium erlassene Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung vom 14. Februar 2012 (Nds. GVBl. Nr. 3/2012 S. 22) für unwirksam erklärt.

Die Antragstellerinnen führen Schwerlast- und Großraumtransporte auf öffentlichen Straßen durch. Für deren Benutzung mit besonders schweren oder großen Fahrzeugen benötigen sie eine Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO sowie die Genehmigung einer Ausnahme von den Vorschriften über Höhe, Länge oder Breite von Fahrzeug oder Ladung (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StVO). Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden sind in der Regel die Straßenverkehrsämter der Landkreise, kreisfreien Städte und selbständigen Gemeinden. Sie holen für die Bearbeitung solcher Genehmigungsanträge eine Stellungnahme der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr zur Frage ein, ob der für den Transport beantragte Fahrweg ohne Beeinträchtigung der Verkehrsbauwerke (Straßen, Brücken und Tunnel) befahren werden kann. Die im Streit stehende Gebührenordnung wurde auf Anregung des Niedersächsischen Landesrechnungshofs mit dem Ziel erlassen, den im bundesrechtlichen Rahmen vorgesehenen Höchstbetrag der Gebühr von 767 Euro auf 850 Euro zu erhöhen (§ 1) sowie abweichend vom Bundesrecht eine Beteiligung des Landes an den an die Genehmigungsbehörden zu entrichtenden Gebühren vorzusehen (§ 2).

Der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit den heutigen Urteilen entschieden, dass die Gebührenordnung unwirksam ist, weil die Voraussetzungen für ihren Erlass nicht vorlagen. Eine vom Bundesrecht abweichende Regelung der Gebühren ist gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG) möglich, wenn eine bundesrechtlich geregelte Gebühr nicht den Aufwand deckt. Anhand der vom Antragsgegner vorgelegten Zahlen hat der Senat nicht feststellen können, dass bei Schaffung der Verordnung diese landesrechtliche Voraussetzung erfüllt war. § 2 der Gebührenordnung, der die Gebührenbeteiligung des Landes für die Mitwirkung der Landesbehörde an dem Genehmigungsverfahren vorsieht und auf § 4 Abs. 2 NVwKostG gestützt ist, kann für sich ohne den unwirksamen § 1 keinen Bestand haben.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen.

Normen

Gebührenordnung für Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen für übermäßige Straßenbenutzung vom 14. Februar 2012 (Nds. GVBl S. 22).

§ 1

(1) Für die Entscheidung über eine Erlaubnis für eine übermäßige Straßenbenutzung nach § 29 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung (StVO) und für die Entscheidung über die Genehmigung einer Ausnahme von den Vorschriften über Höhe, Länge oder Breite von Fahrzeug oder Ladung (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StVO) wird eine Gebühr erhoben. Für die Höhe der Gebühr ist der erforderliche Zeitaufwand für die Entscheidung maßgebend; es sind jedoch mindestens 10 und höchstens 850 Euro zu erheben. § 1 Abs. 4 Sätze 3 bis 5 der Allgemeinen Gebührenordnung gilt entsprechend. Eine Mitwirkung der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr bei der Vorbereitung der Entscheidung wird nicht nach den Sätzen 2 und 3 berücksichtigt; bei Mitwirkung der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr erhöht sich die Gebühr nach den Sätzen 2 und 3 um 30 Euro.

(2) Ist eine Gebühr nach Absatz 1 zu erheben, so finden die Gebühren-Nummern 263 und 264 der Anlage der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 25. Januar 2011 (BGBl. I S. 98) keine Anwendung.

(3) Für die Erhebung einer Gebühr nach Absatz 1 ist das Verwaltungskostenrecht des Bundes anzuwenden.

§ 2

Hat die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr bei der Vorbereitung einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 mitgewirkt, so ist das Land an der vereinnahmten Gebühr mit 30 Euro zu beteiligen.

§ 3

Diese Verordnung tritt am 1. April 2012 in Kraft.

Niedersächsisches Verwaltungskostengesetz:

§ 3

(2) 1Die Gebühren sollen den Aufwand der an der Amtshandlung beteiligten Stellen decken, der durchschnittlich für die Amtshandlung anfällt. 2Sie sind nach dem Maß des Verwaltungsaufwandes oder nach dem Wert des Gegenstandes der Amtshandlung zu bemessen.

(4) 1Deckt eine bundesrechtlich geregelte Gebühr nicht den Aufwand (Abs. 2 Satz 1) oder ist für eine Amtshandlung die Erhebung einer Gebühr bundesrechtlich ausgeschlossen, so kann in der Gebührenordnung für diese Amtshandlung eine vom Bundesrecht abweichende Regelung getroffen werden. 2Für die Erhebung einer nach Satz 1 geregelten Gebühr findet dieses Gesetz Anwendung, wenn nicht die Gebührenordnung bestimmt, dass das Verwaltungskostenrecht des Bundes anzuwenden ist.

§ 4 …

(2) Das Finanzministerium kann im Einvernehmen mit den beteiligten Ministerien, auch in Bezug auf bundesrechtlich geregelte Kosten, durch Verordnung bestimmen, dass an den vereinnahmten Kosten diejenigen Körperschaften beteiligt werden, deren Dienststellen bei der Vorbereitung der Amtshandlung wesentlich mitgewirkt haben.

Quelle: OVG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 23.04.2015 zu den Urteilen 12 KN 174/14, 12 KN 175/14, 12 KN 176/14 und 12 KN 177/14 vom 23.04.2015