Schenkungsteuerliche Folgen von Einlagen in Kapitalgesellschaften – aktuelle BFH-Rechtsprechung

Einlagen in Kapitalgesellschaften sind nicht nur gesellschafts- und ertragsteuerlich relevant – sie können auch schenkungsteuerliche Folgen haben. Hintergrund ist § 7 Abs. 8 ErbStG: Danach wird eine Schenkung fingiert, wenn durch die Leistung eines Gesellschafters die Anteile anderer Gesellschafter im Wert steigen.

Mit Urteilen aus April 2024 und Juni 2025 sowie einem Beschluss im Juni 2025 hat der BFH erstmals ausführlich Stellung zu dieser Vorschrift genommen.


Was regelt § 7 Abs. 8 ErbStG?

  • Leistung eines Gesellschafters (z. B. Einlage, Abtretung, Verzicht) → führt zu einer Werterhöhung der Anteile anderer Gesellschafter.
  • Das Gesetz fingiert hier eine Schenkung, auch wenn kein Zuwendungswille vorliegt.
  • Die Werterhöhung wird nach § 11 BewG bewertet.
  • Steuerbefreiungen nach §§ 13a, 13b ErbStG greifen nicht, da es sich nicht um eine Übertragung von Anteilen handelt, sondern lediglich um eine Werterhöhung.

Erste BFH-Urteile (2024/2025)

  • BFH, Urteile v. 10.4.2024 – II R 22/21 und II R 23/21:
    • Bestätigung: Zuwendungswille nicht erforderlich.
    • Leistung i. S. d. § 7 Abs. 8 ErbStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das zur Hingabe von Vermögen führt.
    • Auch verdeckte Einlagen oder schuldrechtliche Vereinbarungen fallen darunter.
  • Das FG Münster hatte zuvor anders entschieden und einen Zuwendungswillen verlangt – dieser Ansicht hat der BFH eine klare Absage erteilt.

Aktuelle Entwicklung: BFH-Beschluss vom 6.6.2025

In einem AdV-Verfahren (II B 43/24) zeigt sich der BFH zurückhaltender:

  • Zweifel, ob Leistungen in die Kapitalrücklage einer GmbH automatisch eine steuerbare Werterhöhung bei Mitgesellschaftern auslösen.
  • Wesentlich: Haben die Gesellschafter vereinbart, dass die Einzahlungen dem jeweils leistenden Gesellschafter zugeordnet werden, liegt keine Schenkung vor.
  • Der BFH hält es für möglich, dass Kapitalgesellschaften eine personenbezogene Kapitalrücklage bilden – ggf. erfordert dies eine satzungsmäßige Grundlage („Öffnungsklausel“).

Damit bestätigt der BFH auch seine Urteile vom 19.6.2024 (II R 40/21 und II R 41/21): Eine klare Zuordnung der Einlage zum einzahlenden Gesellschafter kann die Schenkungsteuerpflicht verhindern.


Praxisfolgen

Für Gesellschafter und Gesellschaften ergeben sich wichtige Konsequenzen:

  • Einlagen klar regeln: Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern sollten ausdrücklich festlegen, wem die Einlage zugerechnet wird.
  • Satzungsregelung prüfen: Eine „Öffnungsklausel“ in der Satzung kann helfen, personenbezogene Kapitalrücklagen rechtssicher zu bilden.
  • Gestaltungsrisiken beachten: Ohne klare Zuordnung besteht die Gefahr, dass das Finanzamt eine Schenkung an die Mitgesellschafter annimmt.
  • Steuerliche Beratung einbeziehen: Einlagen können ungewollt Schenkungsteuer auslösen – sorgfältige Gestaltung ist unverzichtbar.

Fazit

Die BFH-Entscheidungen bringen mehr Klarheit, aber auch neue Fragen. Einerseits steht fest: Ein Zuwendungswille ist nicht erforderlich. Andererseits hat der BFH klargestellt, dass durch eine personenbezogene Zuordnung von Einlagen eine Schenkungsteuerpflicht verhindert werden kann.

👉 Für die Praxis heißt das: Gesellschaftsverträge prüfen und Einlagen sauber dokumentieren. Wer hier sorgfältig vorgeht, kann unnötige Schenkungsteuerbelastungen vermeiden.

Abzinsungszinssätze nach § 253 Abs. 2 HGB – was Unternehmen wissen müssen

Unternehmen, die in ihrer Bilanz Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr ausweisen, müssen diese nach den Vorgaben des Handelsgesetzbuchs (HGB) abzinsen. Maßgeblich sind die in § 253 Abs. 2 HGB geregelten Abzinsungszinssätze, die von der Deutschen Bundesbank ermittelt und monatlich veröffentlicht werden.


Gesetzliche Grundlage

Nach § 253 Abs. 2 HGB gilt:

  • Altersversorgungsverpflichtungen → Abzinsung mit dem 10-Jahres-Durchschnitt der entsprechenden Marktzinssätze
  • Sonstige Rückstellungen → Abzinsung mit dem 7-Jahres-Durchschnitt

Diese Zinssätze werden monatlich von der Bundesbank bekanntgegeben. Grundlage ist die sogenannte Null-Kupon-Euro-Swapkurve, die als Referenz für die Ermittlung dient.


Warum das wichtig ist

Der Abzinsungssatz hat direkten Einfluss auf die Höhe der Rückstellungen und damit auf das Eigenkapital und das Jahresergebnis:

  • Sinkende Zinssätze → führen zu höheren Rückstellungen → drücken das Ergebnis.
  • Steigende Zinssätze → entlasten die Rückstellungen → verbessern das Ergebnis.

👉 Besonders betroffen sind Unternehmen mit:

  • Pensionsverpflichtungen
  • langfristigen Rückstellungen, z. B. für Prozessrisiken oder Sanierungsverpflichtungen.

Veröffentlichung durch die Bundesbank

  • Die aktuellen Abzinsungszinssätze werden monatlich auf der Website der Deutschen Bundesbank veröffentlicht.
  • Es gibt sowohl Tabellen als auch Zeitreihen.
  • Hinweis: Die Zeitreihenschlüssel haben sich geändert. Eine Gegenüberstellung der alten und neuen Schlüssel stellt die Bundesbank als PDF bereit.

Fazit & Praxistipps

Die Abzinsungszinssätze nach § 253 Abs. 2 HGB sind ein zentraler Bilanzierungsfaktor und können das Ergebnis erheblich beeinflussen. Unternehmen sollten:

  • die aktuellen Werte monatlich im Blick behalten,
  • frühzeitig Szenarien berechnen, wie sich Änderungen auswirken,
  • insbesondere Pensionsrückstellungen in ihre Finanzplanung einbeziehen.

💡 Tipp: Steuerberater und Wirtschaftsprüfer helfen bei der korrekten Anwendung der Zinssätze und zeigen rechtzeitig auf, wie sich diese auf Bilanz und GuV auswirken.

Berlin: Körperschaftsteuerbescheide jetzt auch elektronisch über ELSTER

Die Digitalisierung der Steuerverwaltung schreitet weiter voran. Ab dem 1. September 2025 können in Berlin nun auch Körperschaftsteuerbescheide elektronisch über das Online-Portal ELSTER zugestellt werden.


Bisher schon möglich: Einkommensteuer und Gewerbesteuer

Bislang konnten Steuerpflichtige in Berlin Steuerbescheide zur Einkommensteuer und Gewerbesteuer online empfangen. Diese Möglichkeit wird nun auf die Körperschaftsteuer ausgeweitet.


Neuer Service für Unternehmen und Steuerberater

Die elektronische Zustellung richtet sich vor allem an:

  • Unternehmen, die Körperschaftsteuererklärungen abgeben müssen
  • Steuerberater und steuerberatende Berufe, die ihre Mandanten digital betreuen

Damit ist nicht nur die Abgabe von Körperschaftsteuererklärungen elektronisch möglich, sondern auch der Bescheiderhalt. Das erleichtert die digitale Weiterverarbeitung der Daten und spart Zeit.


Voraussetzungen

  • Einwilligung: Die elektronische Zustellung erfolgt nur, wenn die Beteiligten ausdrücklich zustimmen.
  • ELSTER-Konto: Ein Benutzerkonto bei ELSTER ist zwingend notwendig. Aktuell sind bereits über 23 Millionen Nutzerkonten registriert.

Zahlen & Ausblick

  • Allein im Jahr 2024 wurden über ELSTER fast drei Millionen Steuerbescheide elektronisch zugestellt.
  • Ziel der Steuerverwaltungen von Bund und Ländern ist es, das digitale Angebot weiter auszubauen und nach und nach weitere Bescheidarten elektronisch verfügbar zu machen.

Fazit

Mit der elektronischen Zustellung von Körperschaftsteuerbescheiden in Berlin wird ein weiterer Schritt in Richtung papierlose Steuerverwaltung gemacht. Für Unternehmen und Steuerberater bedeutet dies:

  • Schnellere Verfügbarkeit von Bescheiden
  • Digitale Archivierung und Weiterverarbeitung
  • Weniger Papierpost und Verwaltungsaufwand

💡 Tipp: Wer noch kein ELSTER-Konto hat, sollte sich frühzeitig registrieren. Die Einrichtung kann bis zu zwei Wochen dauern.

BFH zur Anerkennung von Ehegatten-Mietverhältnissen: Einlagen in den Betrieb des Ehepartners sind kein Scheingeschäft

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil (v. 22.07.2025, VIII R 23/23, NV) entschieden, dass ein Mietvertrag zwischen Ehegatten steuerlich anzuerkennen sein kann, auch wenn Mietzahlungen über gemeinsame Konten wieder in den Betrieb des Mieter-Ehegatten zurückfließen.

Damit stärkt der BFH die steuerliche Anerkennung von Ehegatten-Mietverhältnissen und grenzt klar zwischen Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO), Angehörigenverträgen und möglicher Liebhaberei ab.


Der Streitfall

  • Ein Rechtsanwalt mietete Kanzleiräume von seiner Ehefrau.
  • Die monatliche Miete (ca. 3.400 €) wurde vom Kanzleikonto an die Ehefrau überwiesen.
  • Von ihrem Konto flossen wiederum Beträge auf ein gemeinsames „Familienkonto“, von dem wiederum Einlagen in die Kanzlei des Anwalts geleistet wurden.
  • Das Finanzamt wertete dies als Scheingeschäft: Die Mieten seien nie endgültig in das Vermögen der Ehefrau geflossen.
  • Folge: Betriebsausgabenabzug versagt, Mieteinnahmen der Ehefrau nicht anerkannt.

Das Finanzgericht bestätigte diese Sichtweise.


Die Entscheidung des BFH

Der BFH hob die Entscheidung auf und stellte klar:

  • Kein Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO):
    Das Mietverhältnis wurde tatsächlich durchgeführt – die Miete wurde gezahlt und verbucht. Die späteren Einlagen der Ehefrau in die Kanzlei waren ein eigenständiger Vorgang und lassen nicht auf einen Gesamtplan schließen, die Mietzahlungen von vornherein rückgängig zu machen.
  • Fremdvergleich:
    Zwar sind Ehegattenverträge stets am Fremdvergleich zu messen, doch kleinere formale Unstimmigkeiten führen nicht automatisch zur steuerlichen Nichtanerkennung. Entscheidend ist die ernsthafte Durchführung des Vertrags.
  • Liebhaberei:
    Bei dauerhaft verlustbringender Tätigkeit des Mieter-Ehegatten (hier: Rechtsanwaltskanzlei) kann im Einzelfall eher eine Liebhaberei angenommen werden – dies betrifft aber die Einkünfteerzielungsabsicht und nicht die Anerkennung des Mietvertrags an sich.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil zeigt erneut, wie wichtig die Abgrenzung zwischen Scheingeschäft, Fremdvergleich und Liebhaberei ist:

  1. Scheingeschäft: Nur wenn von vornherein klar ist, dass die wirtschaftlichen Folgen eines Vertrags nicht eintreten sollen, liegt ein Scheingeschäft vor.
  2. Angehörigenverträge: Ehegattenverträge sind steuerlich anzuerkennen, wenn sie fremdüblich vereinbart und tatsächlich durchgeführt werden.
  3. Liebhaberei: Dauerhafte Verluste im Betrieb eines Ehegatten können zu Liebhaberei führen – dies ist aber ein eigenständiger Prüfungspunkt.

Fazit

Das BFH-Urteil stärkt die Position von Steuerpflichtigen:

  • Mietverträge zwischen Ehegatten sind auch dann anzuerkennen, wenn über gemeinsame Konten wieder Mittel in den Betrieb des Mieter-Ehegatten zurückfließen.
  • Entscheidend ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags.
  • Finanzämter dürfen die Anerkennung nicht vorschnell mit dem Argument des Scheingeschäfts verweigern.

💡 Praxis-Tipp: Wer Ehegattenverträge schließt (Miete, Darlehen etc.), sollte diese stets schriftlich dokumentieren, marktüblich ausgestalten und konsequent durchführen. So wird die steuerliche Anerkennung sichergestellt.

Anlage EÜR 2025: Neue Vordrucke für die Einnahmenüberschussrechnung veröffentlicht

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 29. August 2025 die neuen Vordrucke für die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) 2025 bekanntgegeben. Grundlage ist ein koordinierter Ländererlass (Az. IV C 6 – S 2142/00023/010/001).

Damit liegt nun die amtlich vorgeschriebene Version der Anlage EÜR sowie der Sonder- und Ergänzungsrechnungen für Mitunternehmerschaften vor.


Elektronische Übermittlung Pflicht

Die EÜR ist nach § 60 Abs. 4 EStDV in Verbindung mit § 87a Abs. 6 AO elektronisch an die Finanzverwaltung zu übermitteln.

  • Der amtlich vorgeschriebene Datensatz wird über www.elster.de bereitgestellt.
  • Für die Übermittlung ist eine Authentifizierung mit Zertifikat notwendig, die ebenfalls über ELSTER beantragt wird (Bearbeitungszeit: bis zu zwei Wochen).

Wichtige Anlagen

  • Anlage AVEÜR: verpflichtender Bestandteil der Einnahmenüberschussrechnung
  • Anlage SZ: muss bei Schuldzinsen über 2.050 € eingereicht werden (sofern die Zinsen nicht auf Investitionen ins Anlagevermögen entfallen)
  • Anlage LuF: für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, inkl. pauschaler Betriebsausgaben nach § 51 EStDV und Richtbeträgen im Weinbau
  • Mitunternehmerschaften: müssen Sonder- und Ergänzungsrechnungen zusätzlich übermitteln

Für Körperschaften gilt: Einnahmen und Ausgaben werden bis Zeile 75 auf der Anlage EÜR erfasst; die Gewinnermittlung erfolgt weiter in der Anlage GK zur Körperschaftsteuererklärung.


Härtefallregelung

Auf Antrag kann das Finanzamt in unbilligen Härtefällen auf die elektronische Übermittlung verzichten (§ 150 Abs. 8 AO). In diesem Fall sind die Papier-Vordrucke der Anlage EÜR zu verwenden.


Fazit für Unternehmer und Selbstständige

  • Ab 2025 sind die neuen Vordrucke der Anlage EÜR verbindlich.
  • Die elektronische Abgabe über ELSTER ist Standard – eine frühzeitige Registrierung spart Zeit und Nerven.
  • Prüfen Sie rechtzeitig, ob zusätzliche Anlagen (AVEÜR, SZ, LuF) notwendig sind.

💡 Tipp: Wer Schuldzinsen oberhalb der 2.050-€-Grenze hat oder in einer Mitunternehmerschaft tätig ist, sollte die zusätzlichen Pflichten genau im Blick behalten.

Das vollständige BMF-Schreiben sowie die neuen Vordrucke finden Sie auf der Website des Bundesfinanzministeriums.

Checkliste: Welche Anlagen brauche ich in der EÜR 2025?

Damit Sie bei der Abgabe der Einnahmenüberschussrechnung nichts vergessen, finden Sie hier eine Übersicht der wichtigsten Anlagen:

Anlage EÜR – immer erforderlich (Grundvordruck für alle Einnahmen und Ausgaben)

Anlage AVEÜR – immer erforderlich (zusätzliche Angaben, z. B. zu Abschreibungen und privaten Nutzungsanteilen)

Anlage SZ – erforderlich, wenn Schuldzinsen über 2.050 € im Wirtschaftsjahr anfallen (Ausnahme: Schuldzinsen für Investitionen in Anlagevermögen)

Anlage LuF – für Land- und Forstwirtschaft, z. B. Weinbaubetriebe oder bei pauschalen Holznutzungen nach § 51 EStDV

Sonder- und Ergänzungsrechnungen – bei Mitunternehmerschaften (z. B. GbR, OHG, KG) verpflichtend

Körperschaften – geben die EÜR bis Zeile 75 ab, danach erfolgt die Gewinnermittlung in der Anlage GK zur Körperschaftsteuererklärung


💡 Tipp: Wer unsicher ist, welche Anlagen im Einzelfall notwendig sind, sollte frühzeitig Rücksprache mit dem Steuerberater halten. So lassen sich Nachforderungen oder Verzögerungen beim Finanzamt vermeiden.

Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 01. September 2025 (IV D 2 – S 0316/00090/019/030) Änderungen am Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) bekanntgegeben. Grundlage ist ein koordinierter Ländererlass in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder.

Was wurde geändert?

Die Anpassungen betreffen insbesondere die Verweise auf das BMF-Schreiben vom 28.11.2019 zur Kassenführung, das zuletzt durch Schreiben vom 14.07.2025 (BStBl I S. 1502) geändert wurde.

Betroffen sind die AEAO-Regelungen zu:

  • § 146 AO (ordnungsmäßige Buchführung und Aufzeichnungen)
  • § 146a AO (elektronische Aufzeichnungssysteme / Kassenführung)
  • § 147 AO (Aufbewahrung von Unterlagen)
  • § 147a AO (digitale Unterlagen im Ausland)

Ein wesentlicher Punkt ist die Neufassung von Nr. 2.1.6 AEAO zu § 146 AO:
Bei Ausfall einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) von elektronischen Kassensystemen wird nun ausdrücklich auf die einschlägigen Vorschriften des AEAO zu § 146a verwiesen (Nr. 1.14, 2.7, 3.6 und 4.6).

Bedeutung für die Praxis

  • Steuerpflichtige und Berater sollten prüfen, ob ihre Kassensysteme weiterhin den aktuellen Vorgaben entsprechen.
  • Bei einem Ausfall der TSE gelten nun klarere Bezugnahmen auf andere Vorschriften, wodurch mehr Rechtssicherheit entsteht.
  • Die Änderungen betreffen im Wesentlichen redaktionelle Anpassungen und die Angleichung an das jüngste BMF-Schreiben vom 14.07.2025.

Das aktuelle Schreiben wird im Bundesteuerblatt Teil I veröffentlicht und ist damit verbindliche Verwaltungsanweisung.


👉 Fazit: Für die Praxis ergeben sich keine neuen materiellen Pflichten, wohl aber Klarstellungen im Hinblick auf Kassenführung und Dokumentationspflichten. Unternehmer sollten ihre Systeme weiterhin aktuell halten und auf eine funktionierende TSE achten.

Einkommensteuererklärung 2024: Frist abgelaufen – jetzt noch mit Steuerberater Zeit bis 30. April 2026

Die Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung 2024 ist am 31. Juli 2025 bereits verstrichen. Wer verpflichtet war, seine Erklärung selbst einzureichen, hat diesen Termin nun versäumt.

👉 Aber es gibt eine gute Nachricht: Wer seine Steuererklärung durch einen Steuerberater erstellen lässt, hat automatisch Zeit bis zum 30. April 2026. Das bedeutet: Sie können Ihre Erklärung immer noch fristgerecht abgeben – wenn Sie sich rechtzeitig beraten lassen.


Wer muss eine Steuererklärung abgeben?

Eine Pflicht zur Abgabe besteht u. a. in folgenden Fällen:

  • Ehepaare mit Steuerklassenkombination III/V oder IV/IV mit Faktor
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Lohnersatzleistungen (z. B. Elterngeld, Krankengeld, Kurzarbeitergeld) erhalten haben
  • Steuerpflichtige mit Nebeneinkünften über 410 € jährlich, z. B. aus Vermietung, Verpachtung oder Nebenjobs
  • Personen mit mehreren Arbeitgebern gleichzeitig oder einem Steuerklassenwechsel im Jahr 2024

Wer ausschließlich Arbeitslohn nach Steuerklasse I oder IV bezieht und keine weiteren Einkünfte hat, ist in der Regel nicht verpflichtet.


Vorteile der Abgabe über den Steuerberater

  • Fristverlängerung bis 30. April 2026
  • Individuelle Beratung: Prüfung, ob eine freiwillige Abgabe trotz fehlender Pflicht lohnenswert ist
  • Optimierungsmöglichkeiten durch Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen
  • Sichere digitale Abgabe über ELSTER durch den Steuerberater

Checkliste: Diese Unterlagen sollten Sie bereithalten

  • Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers
  • Bescheinigungen der Kranken- und Rentenversicherung
  • Nachweise über Lohnersatzleistungen (z. B. Elterngeld, Kurzarbeitergeld, Krankengeld)
  • Belege zu Werbungskosten (z. B. Fahrten, Arbeitsmittel, Fortbildungskosten)
  • Spendenquittungen
  • Unterlagen zu Versicherungen (z. B. Haftpflicht, Vorsorgeaufwendungen)
  • Nachweise zu weiteren Einkünften (Vermietung, Nebentätigkeiten, Kapitaleinkünfte)
  • Bescheide über gezahlte Kirchensteuer
  • Bankverbindung für Steuererstattung

Fazit

Auch wenn die allgemeine Frist am 31. Juli 2025 abgelaufen ist, können Sie mit Unterstützung eines Steuerberaters noch fristgerecht bis zum 30. April 2026 abgeben. Wer rechtzeitig aktiv wird, spart nicht nur mögliche Verspätungszuschläge, sondern kann auch von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten profitieren.

💡 Mein Tipp: Warten Sie nicht bis kurz vor Fristende. Je früher Sie Ihre Unterlagen einreichen, desto schneller kann auch die Steuererstattung erfolgen.

Kinderbetreuungskosten: Kein Abzug für Ferienlager

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat aktuell entschieden: Aufwendungen für ein Ferienlager sind nicht als Kinderbetreuungskosten absetzbar, wenn nicht die Betreuung, sondern die Freizeitgestaltung im Vordergrund steht. Anlass genug für ein Update zum steuerlichen Abzug von Kinderbetreuungskosten – und einen Blick auf die Neuerungen ab 2025.

1. Grundsätze zum Sonderausgabenabzug

  • Abziehbar sind Kinderbetreuungskosten für Kinder unter 14 Jahren (Ausnahme: behinderte Kinder).
  • Abzugsfähig sind 80 % der Aufwendungen, höchstens 4.800 € je Kind und Jahr (ab 2025; bis 2024: 2/3, max. 4.000 €).
  • Unabhängig davon, ob die Betreuung aus privaten oder beruflichen Gründen erfolgt.
  • Voraussetzung: Rechnung + unbare Zahlung (Überweisung).

2. Nicht begünstigt

Nicht abzugsfähig sind Aufwendungen für:

  • Unterricht (z. B. Nachhilfe, Musikschule),
  • Vermittlung besonderer Fähigkeiten (z. B. Sprachkurse, Sporttraining),
  • sportliche und andere Freizeitbetätigungen.

Genau hier setzt das aktuelle BFH-Urteil an: Ein Ferienlager gilt steuerlich regelmäßig als Freizeitveranstaltung. Auch wenn eine gewisse Betreuung stattfindet, tritt diese gegenüber der sportlichen oder kulturellen Aktivität in den Hintergrund.

👉 Fazit des BFH: Kosten für Ferienlager sind nicht als Sonderausgaben abzugsfähig.

3. Sonderfälle: Betreuung durch Angehörige

  • Großeltern: Honorare für die reine Betreuung sind nicht absetzbar, da es sich meist um unentgeltliche Gefälligkeiten handelt.
  • Fahrtkostenerstattung: Wird den Großeltern aber z. B. 0,30 €/km für Fahrten zur Betreuung erstattet, können diese Aufwendungen als Kinderbetreuungskosten geltend gemacht werden – wenn eine Rechnung vorliegt und die Zahlung überwiesen wird.

4. Alternative steuerliche Entlastungen

Neben dem Sonderausgabenabzug kommen weitere Steuervergünstigungen in Betracht:

  • § 35a EStG (haushaltsnahe Dienstleistungen): Abzug von 20 % der Kosten, max. 4.000 €, wenn die Betreuung im Haushalt erfolgt.
  • Steuerfreie Arbeitgeberleistungen (§ 3 Nr. 33 EStG): Arbeitgeber können Kinderbetreuungskosten (z. B. Kita-Beiträge) zusätzlich zum Arbeitslohn steuerfrei übernehmen. Auch Verpflegungskosten sind begünstigt.
  • Kurzfristige Notbetreuung (§ 3 Nr. 34a EStG): Bis zu 600 € jährlich steuerfrei, wenn die Betreuung aus zwingenden beruflichen Gründen notwendig ist.

5. Praxistipp

  • Ferienlager: Für Eltern steuerlich nicht abziehbar. Nur wenn Betreuungsanteile gesondert ausgewiesen sind (z. B. bei sehr jungen Kindern), kann ein kleiner Teil berücksichtigt werden.
  • Großelternmodell: Fahrtkostenerstattungen sind ein legaler und oft übersehener Steuersparansatz.
  • Ab 2025: Höhere Absetzbarkeit (80 % statt 2/3). Eltern sollten ihre Nachweise und Belege entsprechend sorgfältig aufbewahren.

Fazit

Das neue BFH-Urteil stellt klar: Die reine Freizeitgestaltung wird steuerlich nicht gefördert. Entscheidend ist, ob die tatsächliche Betreuung im Vordergrund steht. Gleichzeitig eröffnen sich neue Spielräume durch die Anhebung der Absetzbarkeit ab 2025 sowie durch steuerfreie Arbeitgeberleistungen.

Spekulationsgeschäft: BFH bejaht Veräußerungsgewinn bei Grundstücksübertragung mit Schuldenübernahme

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat ein wichtiges Urteil gefällt: Wird ein Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung übertragen und übernimmt der Erwerber die darauf lastenden Schulden, liegt ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft vor. Damit widerspricht das Gericht der steuerzahlerfreundlichen Auffassung des FG Niedersachsen.

Hintergrund: Streit um teilentgeltliche Übertragungen

Das Niedersächsische FG hatte 2023 entschieden: Bei teilentgeltlichen Übertragungen sei § 23 EStG nicht anwendbar, solange das Entgelt die historischen Anschaffungskosten nicht übersteigt. Ein fiktiver Veräußerungsgewinn ohne realen Mittelzufluss verletze das Leistungsfähigkeitsprinzip.

Der BFH sieht das anders und wendet die strenge Trennungstheorie an. Danach wird eine Übertragung stets in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt – im Verhältnis von Gegenleistung zu Verkehrswert.

Der entschiedene Fall

  • Vater kauft Grundstück für 150.000 € (davon teils fremdfinanziert).
  • Fünf Jahre später überträgt er das Grundstück (Wert 200.000 €) an seine Tochter.
  • Die Tochter übernimmt Schulden in Höhe von 100.000 €.
  • Ergebnis: 50 % entgeltlicher Erwerb (Schuldenübernahme), 50 % Schenkung.

Das Finanzamt setzte für den entgeltlichen Teil ein privates Veräußerungsgeschäft an. Der BFH bestätigte:

  • Entgeltlicher Teil = 100.000 €
  • Anteilig zuzurechnende Anschaffungskosten = 75.000 €
  • Veräußerungsgewinn = 25.000 € (steuerpflichtig nach § 23 EStG).

Konsequenzen für Erwerber

  • Für den entgeltlichen Teil entstehen neue Anschaffungskosten (z. B. AfA-Bemessungsgrundlage bei Vermietung).
  • Für den unentgeltlichen Teil tritt der Erwerber in die Fußstapfen des Rechtsvorgängers (§ 11d EStDV). Es entstehen zwei AfA-Reihen.

Übertragbar auf andere Wirtschaftsgüter

Der BFH stellt klar: Die Grundsätze gelten nicht nur für Grundstücke, sondern auch für andere Wirtschaftsgüter – etwa GmbH-Anteile nach § 17 EStG.

Praxis-Tipp

  • Schenkungen mit Schuldübernahme sind steuerlich riskant: Sie können teilweise als steuerpflichtige Veräußerung gewertet werden, wenn die 10-Jahres-Frist nicht abgelaufen ist.
  • Dokumentation ist entscheidend, um die Aufteilung in entgeltlichen/unentgeltlichen Teil nachvollziehbar darzustellen.
  • Prüfen Sie vor Übertragungen stets, ob die Spekulationsfrist nach § 23 EStG eingehalten ist – oder ob eine steueroptimierte Gestaltung (z. B. spätere Übertragung) sinnvoll ist.

Fazit

Mit der Entscheidung zur strengen Trennungstheorie bestätigt der BFH die Linie der Finanzverwaltung: Teilentgeltliche Übertragungen lösen im entgeltlichen Teil ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft aus, auch wenn das Entgelt die historischen Anschaffungskosten nicht erreicht.

Gewerblicher Grundstückshandel: BFH verneint bei Veräußerung von 13 Objekten nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat ein Urteil des FG Münster bestätigt und entschieden: Auch der Verkauf zahlreicher Immobilien nach Ablauf von fünf Jahren begründet nicht zwingend einen gewerblichen Grundstückshandel. Entscheidend sind die besonderen Umstände des Einzelfalls.

Hintergrund: Drei-Objekt-Grenze und Fünfjahreszeitraum

Nach ständiger Rechtsprechung wird ein gewerblicher Grundstückshandel regelmäßig angenommen, wenn mehr als drei Objekte innerhalb von fünf Jahren nach Anschaffung oder Errichtung veräußert werden.

  • Der Fünfjahreszeitraum ist dabei keine starre Grenze.
  • Werden Objekte erst nach Ablauf von mehr als fünf Jahren verkauft, können zusätzliche Beweisanzeichen auf eine bereits beim Erwerb bestehende Veräußerungsabsicht hindeuten.

Der Streitfall

  • Klägerin war eine GmbH innerhalb einer Immobilienkonzernstruktur.
  • Nach Erwerb mehrerer Vermietungsobjekte (2007) verstarb einer der Gesellschafter-Geschäftsführer 2012 überraschend im Alter von 55 Jahren.
  • Im Folgejahr wurden 13 Immobilien veräußert – also erst im sechsten Jahr nach Anschaffung.
  • Hintergrund: Die Erbin wollte die Bankbürgschaften des Verstorbenen nicht übernehmen, eine Haftungsfreistellung wurde abgelehnt.
  • Das Finanzamt sah dennoch einen gewerblichen Grundstückshandel und versagte die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Entscheidung von FG Münster und BFH

Das FG Münster verneinte einen gewerblichen Grundstückshandel. Allein die hohe Anzahl an Verkäufen im sechsten Jahr lasse nicht auf eine bereits beim Erwerb bestehende Veräußerungsabsicht schließen.

Der BFH bestätigte diese Sichtweise:

  • Besondere Umstände – hier der überraschende Todesfall – rechtfertigten den Verkauf.
  • Innerhalb des Fünfjahreszeitraums gab es keine vorbereitenden Maßnahmen oder Anhaltspunkte für eine geplante Veräußerung.
  • Daher durfte die GmbH die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen.

Wichtig für die Praxis

  • Innerhalb des Fünfjahreszeitraums: Werden mehr als drei Objekte verkauft, sind persönliche oder finanzielle Beweggründe unerheblich. Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt regelmäßig vor.
  • Außerhalb des Fünfjahreszeitraums: Besondere Gründe für eine Veräußerung (z. B. Todesfall, Zwangsverwertung) können entscheidend sein und den gewerblichen Grundstückshandel entkräften.
  • Eine Einzelfallprüfung ist unerlässlich. Dokumentation der Beweggründe erhöht die Chancen, die erweiterte Kürzung zu behalten.

Fazit

Das BFH-Urteil stärkt die Rechtssicherheit für Immobiliengesellschaften:
➡️ Nicht jede Massenveräußerung außerhalb des Fünfjahreszeitraums führt automatisch zu einem gewerblichen Grundstückshandel.
Entscheidend sind die tatsächlichen Umstände – und diese können im Einzelfall steuerzahlerfreundlich wirken.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin