Niedrige Grunderwerbsteuer fördert Neubau

Eine niedrige Grunderwerbsteuer macht sich bezahlt. Sie führt zu einem vermehrten Wohnungsbau der Privatwirtschaft, der die Länder günstiger kommt, als über höhere Grunderwerbsteuersätze staatlichen Neubau in gleichem Umfang zu finanzieren. Dies zeigt eine Analyse des IfW Kiel anhand der beiden Bundesländer Bayern und Sachsen, die ihre Grundsteuer im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern bislang noch nie erhöht haben. „Eine Reduktion der Grunderwerbsteuersätze dürfte die Wohnungsbautätigkeit anregen, die derzeit angesichts der Zinswende ins Stocken geraten ist“, sagt Autor Jens Boysen-Hogrefe.

Laut einem Kiel Policy Brief („Zum Einfluss der Grunderwerbsteuer auf den Wohnungsneubau in Deutschland“) werden in Bayern und Sachsen mit ihren niedrigen Grunderwerbsteuern deutlich mehr neue Wohnungen gebaut als in vergleichbaren Ländern mit höheren Sätzen. Über die Jahre 2011 bis 2020 lagen die Bauinvestitionen in Bayern durchschnittlich um 8 Prozent, in Sachsen um 11 Prozent höher. Seit die Länder seit 2007 selbst über die Höhe der Grundsteuer entscheiden können, haben Bayern und Sachsen als einzige ihre Sätze nicht angehoben, sondern auf 3,5 Prozent belassen.

Aus methodischen Gründen dient als Vergleich ein fiktives Bundesland, zusammengesetzt aus jeweils strukturell ähnlichen Ländern mit höheren Grunderwerbsteuersätzen. Im Fall von Bayern sind dies Baden-Württemberg (Grunderwerbsteuer 5 %), Niedersachsen (5 %) und Nordrhein-Westfalen (6,5 %), im Fall von Sachsen sind es Brandenburg (6,5 %), Mecklenburg-Vorpommern (6 %), Sachsen-Anhalt (5 %) und Thüringen (6,5 %).

Die Differenz bei den Bauinvestitionen folgt mit etwas Verzögerung der Differenz bei der Grunderwerbsteuer zwischen Bayern bzw. Sachsen und ihren Vergleichsländern, die die Sätze im Lauf der Jahre immer weiter angehoben haben. Der höhere Abstand der sächsischen Bauinvestitionen gegenüber Bayern korreliert mit den insgesamt höheren Grunderwerbsteuersätzen der sächsischen Vergleichsländer.

„Die Bautätigkeit war in den beiden Ländern mit weiterhin niedriger Grunderwerbsteuer merklich höher. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Anhebung der Grunderwerbsteuersätze in den Vergleichsländern die private Wohnungsbautätigkeit belastet hat“, sagt Autor Jens Boysen-Hogrefe, stv. Direktor des Forschungszentrums Konjunktur und Wachstum am IfW Kiel.

Länderfinanzausgleich setzt Anreiz für hohe Grunderwerbsteuer

Die Analyse zeigt außerdem, dass Mehreinnahmen durch eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer in der Regel bei Weitem nicht ausreichen, um damit in dem Umfang staatlichen Wohnungsbau zu finanzieren, wie er durch die Erhöhung privatwirtschaftlich verloren geht.

Hätten Bayern und Sachsen ihre Grunderwerbsteuersätze im gleichen Ausmaß erhöht wie die Vergleichsländer, um so den in diesen Jahren privat geschaffenen Wohnraum staatlich zu finanzieren, hätten die Steuermehreinnahmen nur 2012 (Bayern, Sachsen) bzw. 2016 (Bayern) dafür ausgereicht.

In den übrigen Jahren klafft eine teilweise erhebliche Lücke zwischen Steuermehreinnahmen und nötigen Bauinvestitionen. Bayern etwa hätte 2020 0,7 Mrd. Euro mehr Steuermehreinnahmen gehabt, aber über 10 Mrd. Euro Bauinvestitionen tätigen müssen.

„Der positive Einfluss niedriger Steuern auf Immobilientransaktionen insgesamt ist bekannt, offenbar ist eine Reduktion der Grunderwerbsteuer aber auch ein effektives Mittel, um speziell den Wohnungsneubau voranzutreiben und könnte der Bauwirtschaft in Zeiten steigender Zinsen und Preise aus der Krise helfen“, so Boysen-Hogrefe.

„In der Praxis wird dieses Instrument allerdings durch die Ausgestaltung des Länderfinanzausgleichs konterkariert, weil darin die Einnahmen aus Immobilientransaktionen zu Durchschnittssätzen aller Bundesländer abgerechnet werden, sodass Anreize bestehen, die eigenen Steuersätze über den Durchschnitt zu heben. Dieser Mechanismus bedarf daher dringend einer Überarbeitung.“

Quelle: IfW Kiel, Mitteilung vom 06.03.2023

BVerfG-Vorlage zur Verfassungswidrigkeit der Rückwirkung von Neuregelungen zum Unterschiedsbetrag bei der Tonnagesteuer

Mit Beschluss vom 24. November 2022 (Az. 6 K 68/21) hat das Finanzgericht Hamburg das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu der Frage angerufen, ob § 52 Abs. 10 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes (AbzStEntModG) vom 2. Juni 2021 (BGBl. I 2021, 1259) insoweit verfassungswidrig ist, als darin die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 Sätze 5 bis 7 EStG in der Fassung des AbzStEntModG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1998 beginnen, angeordnet wird (siehe dazu die Pressemitteilung 2/22). Inzwischen liegt die Begründung der Entscheidung vor.

Sachverhalt

Die Klägerin erhielt im Jahr 2005 einen Anteil an einer Schiffskommanditgesellschaft von ihrem Vater geschenkt. Diese Gesellschaft war Anfang 1999 zur Gewinnermittlung nach der Tonnage (§ 5a EStG) gewechselt, sodass für das Schiff ein sog. Unterschiedsbetrag (Differenz zwischen Buch- und Teilwert) gemäß § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG festgestellt worden war. Dieser Betrag war durch einen Feststellungsbescheid des Finanzamtes dem Vater als damaligen Kommanditisten anteilig zugewiesen worden. Im Streitjahr 2012 fand ein Rückwechsel der Schiffsgesellschaft zur normalen Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG) statt und in 2013 übertrug die Klägerin ihre Anteile auf eine andere Gesellschaft. Deshalb soll der Unterschiedsbetrag nach Auffassung des Finanzamtes in diesen Jahren gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1, 3 EStG gewinnerhöhend für die Klägerin aufgelöst werden. Es ist der Ansicht, dass der Unterschiedsbetrag im Jahre 2005 im Wege der Schenkung auf die Klägerin übergegangen sei und daher seinerzeit nicht aufzulösen gewesen sei. Dazu beruft es sich auf eine rückwirkende Anwendung von § 5a Abs. 3 Sätze 5 und 6 EStG durch § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG in der Fassung des AbzStEntModG. Die Klägerin ist dagegen der Ansicht, dass diese Rückwirkung verfassungswidrig sei und das FA daher den Unterschiedsbetrag bereits im Jahre 2005 infolge der Schenkung bei ihrem Vater hätte auflösen müssen.

Entscheidung

Der 6. Senat des FG Hamburg ist davon überzeugt, dass § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG verfassungswidrig ist, weil diese Regelung eine unzulässige echte Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) von § 5a Abs. 4 Sätze 5, 6 und 7 EStG zu Lasten der Steuerpflichtigen bewirke und keine Rechtfertigung für die rückwirkende Anwendung vorliege.

Es handelt sich nach Ansicht des vorlegenden Gerichts um eine echte Rückwirkung, denn die gesetzliche Regelung sei konstitutiv. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe ab 2019 in ständiger Rechtsprechung entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden, dass der Besteuerungstatbestand des Ausscheidens eines Mitunternehmers aus einer Schiffsgesellschaft (§ 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG) weit zu verstehen sei und auch unentgeltliche Übertragungen im Wege der Schenkung oder eines Erbfalls umfasse (BFH, Urteil vom 28. November 2019, IV R 28/19, BFHE 266, 305). Diese Rechtslage habe der Gesetzgeber rückwirkend zu Lasten der Klägerin geändert. Damit ordnet das vorlegende Gericht die Rückwirkung anders ein, als das FG Schleswig-Holstein in drei Entscheidungen vom 27. April 2022 (Az. 5 K 46/21, EFG 2022, 1438; 5 K 47/21, 5 K 48/21, Revisionen anhängig unter IV R 12, 13, 14/22). Dieses geht, ebenso wie der Beklagte, lediglich von einer unechten Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) aus und verneint die Verfassungswidrigkeit der Vorschrift.

Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts liegt keine der vom BVerfG anerkannten Fallgruppen zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der (echten) Rückwirkung vor. Die ursprüngliche Gesetzeslage sei weder unklar noch verworren gewesen. Es lägen auch keine überragenden Belange des Gemeinwohls oder sonstige Gründe für eine Rechtfertigung der echten Rückwirkung vor.

Es komme vorliegend nicht auf das Vertrauen der Klägerin in eine konkrete Rechtslage an, sondern vornehmlich auf die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Es sei Aufgabe der Gerichte, das Recht auszulegen. Vom Vertrauensschutz sei es grundsätzlich auch umfasst, in den Genuss einer günstigeren Rechtsposition aufgrund einer höchstrichterlichen Auslegung einer Rechtsnorm zu kommen, wenn dies verfahrensrechtlich möglich sei.

Quelle: FG Hamburg, Pressemitteilung vom 03.03.2023 zum Beschluss 6 K 68/21 vom 24.11.2022

Union: Ermäßigte Umsatzsteuer in Restaurants soll bleiben

Der Verzehr von Speisen in Restaurants soll dauerhaft mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent besteuert werden. Dieses Ziel verfolgt der von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (20/5810). Die Senkung des Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken von 19 Prozent auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent war zum 1. Juli 2020 vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie eingeführt und mehrfach verlängert worden, zuletzt bis Ende 2023. Nach Angaben der CDU/CSU-Fraktion wurde die Verlängerung mit durch die Corona-Pandemie eingetretenen Verhaltensänderungen begründet. Es wurde angenommen, dass die Verbraucher verstärkt geliefertes oder mitgenommenes Essen konsumieren würden, das dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliege. Mit der Senkung sollten Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.

Die Entfristung und dauerhafte Anwendung des ermäßigten Satzes in der Gastronomie führt nach Ansicht der CDU/CSU-Fraktion zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Gastronomie angesichts steigender Belastungen vor allem durch hohe Energie- und Einkaufspreise. Dies gelte unabhängig von Verhaltensänderungen. Insbesondere im ländlichen Raum seien Restaurants und Wirtshäuser unverzichtbare Treffpunkte. Eine lebendige und vielfältige Restaurantkultur trage wesentlich zur Lebens- und Standortqualität sowie zur Attraktivität als Reiseziel für in- und ausländische Gäste bei. Außerdem weist die CDU/CSU-Fraktion darauf hin, dass ein Auslaufen des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes eine grundsätzliche Wettbewerbsbenachteiligung innerhalb Europas bedeute. 23 der 27 EU-Mitgliedstaaten würden ihrer Gastronomie einen ermäßigten Steuersatz gewähren. Die ab dem Jahr 2024 zu erwartenden Umsatzsteuer Mindereinnahmen gibt die Fraktion mit jährlich rund 3,3 Milliarden Euro an.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 02.03.2023

Inflationsrate im Februar 2023 voraussichtlich +8,7 %

Die Inflationsrate in Deutschland wird im Februar 2023 voraussichtlich +8,7 % betragen. Gemessen wird sie als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat. Wie das Statistische Bundesamt nach bisher vorliegenden Ergebnissen weiter mitteilt, steigen die Verbraucherpreise gegenüber Januar 2023 voraussichtlich um 0,8 %.

Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine sind insbesondere die Preise für Energie und Nahrungsmittel merklich angestiegen und beeinflussen die Inflationsrate erheblich. Im Februar 2023 stiegen die Preise für Nahrungsmittel im Vergleich zum Vorjahresmonat mit +21,8 % überdurchschnittlich. Dagegen gibt es bei den Energiepreisen eine leichte Entspannung. Um den Preisauftrieb bei Energieprodukten einzudämmen, wurden Maßnahmen des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung beschlossen, die im Verbraucherpreisindex abgebildet werden. Trotz der Entlastungsmaßnahmen sind die Energiepreise im Februar 2023 um 19,1 % höher als im Vorjahresmonat. …

Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 01.03.2023

77,68 Prozent aller Grundsteuer-Erklärungen abgegeben

Bis Ende Februar sind 77,68 Prozent aller Grundsteuer-Erklärungen abgegeben worden. Dies berichtete die Bundesregierung in der Sitzung des Finanzausschusses im Bundestag am 01.03.2023 unter Leitung des Vorsitzenden Alois Rainer (CSU). Die Frist zur Abgabe der Grundsteuer-Erklärung war allerdings bereits Ende Januar abgelaufen – nur in Bayern wurde eine dreimonatige Verlängerung gewährt.

Nach Angaben der Bundesregierung werden die Grundeigentümer, die bisher keine Erklärung abgegeben haben, von den Finanzbehörden jetzt zur Abgabe aufgefordert. Die Reform der Grundsteuer war nach einem Verfassungsgerichtsurteil notwendig geworden. Mit ihr soll die Grundsteuer als bedeutende Einnahmequelle für die Städte und Gemeinden gesichert werden. Zur Reform gehört, dass alle rund 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Mehrere Bundesländer machten von einer Öffnungsklausel Gebrauch und setzten eigene Grundsteuermodelle um.

In der Aussprache des Ausschusses erklärte die SPD-Fraktion, es zeige sich, dass es eine hohe Akzeptanz für die Reform gebe. Man müsse auch sehen, dass Länder mit eigenen Regelungen wie Bayern und Baden-Württemberg, die sich für ihre angeblich einfachen Lösungen rühmen würden, bisher die geringsten Abgabequoten verzeichnen würden. Die Grundsteuer-Reform sei seinerzeit von der Großen Koalition beschlossen worden, und man könne stolz auf dieses Projekt sein.

Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, es sei eine notwendige Reform gut auf den Weg gebracht worden. Mit Blick auf Bayern erklärte die Fraktion, das Selbstlob der Staatsregierung, man habe das beste und einfachste Modell, sei vor dem Hintergrund niedriger Abgabezahlen nicht nachvollziehbar.

Die FDP-Fraktion wunderte sich ebenfalls, warum gerade in Bayern und Baden-Württemberg der Rücklauf an Erklärungen so niedrig sei. Auf die Frage der FDP-Fraktion nach Gerichtsverfahren erklärte die Regierung, es gebe zwei Verfassungsgerichtsverfahren gegen Ländermodelle und bereits viele Klagen vor den Finanzgerichten.

Die CDU/CSU-Fraktion zeigte sich verwundert, dass mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ausgerechnet eine Bundesbehörde eine Verlängerung der Abgabefrist beantragt und nicht das Ziel gehabt habe, die Grundsteuer-Erklärung pünktlich abzugeben. Dass der Bund die Fristen nicht einhalte, die er selbst gesetzt habe, sei sehr peinlich.

Grundsätzliche Kritik übte die AfD-Fraktion, die sich wunderte, wie die Fraktionen der damaligen Großen Koalition von einem gelungenen Gesetz sprechen könnten. Es seien vielmehr alle Befürchtungen wahr geworden, die die AfD-Fraktion seinerzeit vorgebracht habe. Man habe vor dem „bürokratischen Wahnsinn“ gewarnt, der jetzt zu erleben sei. Die Finanzbehörden kämen mit der Bearbeitung der Anträge nicht mehr nach. 36 Millionen Liegenschaftsbesitzer würden mit dem Gesetz zu Erfüllungsgehilfen der Verwaltung gemacht. Die Grundsteuer-Reform mit den Länder-Öffnungsklauseln sei ein Rückfall in die Kleinstaaterei.

Es sei nicht gelungen, zu einer gerechten Bewertung der Grundstücke zu kommen, kritisierte die Fraktion Die Linke. Das gelte für das Bundesmodell wie für die Ländermodelle. Hochwertige Immobilien würden unterbewertet. Die Fraktion kritisierte auch, dass der Bund nicht in der Lage sei, seine eigenen Fristen einzuhalten.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 01.03.2023

Rückenwind für Start-ups: High-Tech Gründerfonds IV wird rund 500 Millionen Euro groß

Aufsichtratsgremium wird paritätisch besetzt

Der High-Tech Gründerfonds schloss am 01.03.2023 seinen vierten Fonds mit einem Gesamtvolumen von 493,8 Millionen Euro. Damit ist der High-Tech Gründerfonds IV (HTGF) die größte Fondsgeneration seit Bestehen des Seed-Investors. Das BMWK führt mit dem vierten Fonds die Erfolgsgeschichte des High-Tech Gründerfonds fort und steht innovativen Start-ups in einem sich wandelnden Marktumfeld weiter beiseite. Es setzt damit eine weitere Maßnahme der Start-up-Strategie der Bundesregierung erfolgreich um.

Dr. Anna Christmann, Beauftragte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz für die Digitale Wirtschaft und Start-ups: „Mit knapp 500 Mio. Euro Investitionsvolumen stellt der High-Tech Gründerfonds mit seinem vierten Fonds mehr Geld als je zuvor für das Frühphasensegment des deutschen Wagniskapitalmarktes bereit. In einer herausfordernden Zeit steht der Fonds damit als wichtiger Stabilisator zur Verfügung. Unsere Start-ups können sich weiterhin auf den High-Tech Gründerfonds als starken Partner verlassen. Bislang sind die Finanzierungsbedingungen noch gut, doch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gestalten die Finanzierung für Start-ups zunehmend schwieriger. Deshalb bin ich froh, dass wir als Bundesregierung für den nötigen Rückenwind sorgen.“

Nachdem bei den Investitionskomitees des High-Tech Gründerfonds IV, die über die Investitionen des HTGF entscheiden, bereits 2022 das Ziel einer geschlechterparitätischen Besetzung für die BMWK-Vertretung erreicht wurde, wird nun auch der Investorenbeirat des High-Tech Gründerfonds IV als Aufsichtsgremium geschlechterparitätisch besetzt. Damit folgt das BMWK seiner Zielsetzung im Rahmen der Initiative „Frauen in Mittelstand, Handwerk, Gründungen und Start-ups“ sowie in der Start-up-Strategie, die Rolle von Frauen im Wagniskapitalmarkt zu stärken.

Der High-Tech Gründerfonds ist ein Frühphasenfonds für innovative, technologie-orientierte Unternehmen, die nicht älter als drei Jahre sind. Die Voraussetzungen für eine Finanzierung sind erfolgversprechende Forschungsergebnisse, eine innovative technologische Basis und eine aussichtsreiche Marktsituation. Neben der Unterstützung bei Fragen der Finanzierung steht der High-Tech Gründerfonds jungen Unternehmen auch mit seinem Netzwerk sowie seinem technologischen und betriebswirtschaftlichen Know-how beiseite.

Quelle: BMWK, Pressemitteilung vom 01.03.2023

Bundeskabinett beschließt Rechtsverordnung zum Differenzbetrag in den Energiepreisbremsen

Das Bundeskabinett hat am 01.03.2023 die von dem Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz vorgelegte Verordnung zur Anpassung der Berechnung des Differenzbetrages nach dem Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) und dem Strompreisbremsegesetz (StromPBG) für ausgewählte Kundengruppen (Differenzbetragsanpassungsverordnung) beschlossen. Die Änderung der Energiepreisbremsen betrifft Unternehmen mit einer Entlastungssumme von mehr als 2 Millionen Euro. Zudem soll durch den Beschluss des Kabinetts der beihilferechtliche Vorbehalt in der KWK-Ausschreibungsverordnung.

Mit der Differenzbetragsanpassungsverordnung setzt die Bundesregierung eine beihilferechtliche Anforderung an die Energiepreisbremsen um. Sie ergänzt die Regelung zur Berechnung des sogenannten Differenzbetrags für ausgewählte Kundengruppen. Der Differenzbetrag ist eine zentrale Stellschraube, um die Höhe der Entlastungen der Strom-, Erdgas- und Wärmekunden durch die Energie-Preisbremsen zu ermitteln. Er ergibt sich aus der Differenz zwischen dem – in der Regel vertraglich – vereinbarten Arbeitspreis der Kundinnen und Kunden mit ihrem Energieversorgungsunternehmen und den in den Preisbremsen-Gesetzen festgelegten Referenzpreisen für Strom, Gas oder Wärme.

Der Entwurf regelt die Höhe des maximalen Differenzbetrages für Unternehmen, die eine Entlastungssumme von über 2 Mio. Euro durch die Energiepreisbremsen und weitere Beihilfen nach dem Befristeten Krisenrahmen der Europäischen Kommission (Temporary Crisis Framework (TCF)) erhalten. Für sie soll künftig ein maximal zulässiger Differenzbetrag gelten. Die Höhe dieses maximalen Differenzbetrages (Arbeitspreis minus Referenzpreis) beträgt 8 Cent pro Kilowattstunde bei Erdgas und Wärme/Dampf sowie 24 Cent pro Kilowattstunde bei Strom. Die Höhe des Differenzbetrages wurde ermittelt, indem auf Basis unterschiedlicher Beschaffungsstrategien und -zeitpunkte marktgängige Preisniveaus berechnet wurden. Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Beschaffungskosten von Energieversorgungsunternehmen, die den Endkundenpreis maßgeblich prägen, sehr unterschiedlich ausfallen, ohne dass missbräuchliches oder wettbewerbsverzerrendes Verhalten unterstellt werden kann.

Mit der Anpassung des Differenzbetrages soll einerseits der Preiswettbewerb zwischen den Energieversorgungsunternehmen (EVU) sichergestellt bleiben und andererseits potentieller Missbrauch durch Letztverbraucher oder EVU eingeschränkt werden. Gleichzeitig sollen Kundinnen und Kunden weiterhin vor einer finanziellen Überlastung durch zu hohe Energiepreise geschützt bleiben.

Die Verordnung soll ab dem 1. Mai 2023 gelten. Die Begrenzung des Differenzbetrages soll auf aktuelle Marktentwicklungen Rücksicht nehmen. Eine erste Überprüfung der Anpassung der Berechnung des Differenzbetrages erfolgt deshalb spätestens zum 15. Juni 2023. Eine Anpassung der maximalen Höhe des Differenzbetrages kann bereits vorher erfolgen, sollte dies die Markt- und Datenlage nahelegen. Anschließend findet eine Überprüfung alle drei Monate statt, um auf die aktuellen Marktentwicklungen und Verbesserungen der Datenlage eingehen zu können. Der Bundestag muss Änderungen der Differenzanpassungsverordnung zustimmen.

Mit dem beschlossenen Verordnungsentwurf wird außerdem ein in der KWK-Ausschreibungsverordnung geregelter beihilferechtlicher Vorbehalt aufgehoben, nachdem die europäische Kommission zugestimmt hat, dass die davon umfassten Änderungen durch das sogenannte Osterpaket nicht notifizierungsbedürftig sind. Damit können die Änderungen des Osterpakets bei den KWK-Ausschreibungen – allesamt Erleichterungen für die Marktteilnehmer – nunmehr vollzogen werden.

Beispielrechnungen für einen Letztverbraucher mit einem Entlastungskontingent von 50 GWh (70 % des Jahresverbrauchs 2021 von ca. 71 GWh), der im Jahr 2023 40 GWh Gas verbraucht.

Beispiel 1) Der Verbraucher hat einen Nettoarbeitspreis von 12 ct/kWh – sein Differenzbetrag beträgt somit 5 ct/kWh (12 ct/kWh – 7 ct/kWh). Da dieser die Begrenzung von 8 ct/kWh nicht übersteigt, wird er voll entlastet. Ihm steht eine Entlastung von 50 GWh × 5 ct/kWh = 2,5 Mio. Euro zu. Für seinen Verbrauch von 40 GWh zahlt er inklusive Entlastung 2,3 Mio. Euro (12 ct/kWh × 40 Mio. kWh – 2,5 Mio. Euro).

Beispiel 2) Der Letztverbraucher hat einen Arbeitspreis von 18 ct/kWh. Sein Differenzbetrag würde ohne Begrenzung 11 ct/kWh (18 ct/kWh – 7 ct/kWh) betragen. Ihm stünde dann eine Entlastung von 50 GWh × 11 ct/kWh = 5,5 Mio. Euro zu. Er würde für seinen Verbrauch somit lediglich (18 ct/kWh × 40 Mio. kWh – 5,5 Mio. Euro) 1,7 Mio. Euro zahlen. Er hätte keinen Anreiz zu einem günstigeren Versorger zu wechseln. Durch die Einführung der Begrenzung von 8 ct/kWh ändert sich das Kalkül: Der Verbraucher erhält pro kWh nun nicht 11 ct/kWh, sondern nur 8 ct/kWh. Seine Entlastung beträgt 50 GWh × 8 ct/kWh = 4 Mio. Euro. Durch die Begrenzung erhält er 1,5 Mio. Euro weniger Entlastung. Er würde für seinen Verbrauch somit 18 ct/kWh × 40 Mio. kWh – 4 Mio. Euro = 3,2 Mio. Euro zahlen. Der Verbraucher würde von einem niedrigen Arbeitspreis direkt profitieren. Entsprechend steigen die Anreize, einen günstigeren Anbieter zu suchen.

Für Strom, Wärme und Dampf sind die Mechanismen äquivalent anwendbar.

Quelle: BMWK, Pressemitteilung vom 01.03.2023

EuGH: Online-Plattformen und Erhebung der Mehrwertsteuer

Online-Plattformen und Erhebung der Mehrwertsteuer: Der Rat hat seine Durchführungbefugnisse nicht überschritten, indem er klargestellt hat, dass eine Vermutung dafür besteht, dass der Betreiber einer Plattform wie Only Fans der Erbringer der angebotenen Dienstleistungen ist.

Fenix International, eine für Mehrwertsteuerzwecke im Vereinigten Königreich registrierte Gesellschaft, betreibt im Internet eine Plattform für ein soziales Netzwerk, die unter dem Namen „Only Fans“ bekannt ist. Diese Plattform wird „Nutzern“ aus der ganzen Welt angeboten, die in „Gestalter“ und „Fans“ unterteilt sind. Fenix stellt nicht nur die Only-Fans-Plattform bereit, sondern auch die Anwendung, die den Einzug und die Verteilung der von den Fans geleisteten Zahlungen ermöglicht. Sie behält 20 % aller an einen Gestalter gezahlten Beträge ein und stellt diesem den entsprechenden Betrag in Rechnung. Auf diesen Betrag erhebt sie Mehrwertsteuer zu einem Satz von 20 %, die in den von ihr ausgestellten Rechnungen ausgewiesen ist.

Die Steuer- und Zollverwaltung des Vereinigten Königreichs richtete an Fenix Bescheide über die Mehrwertsteuer, die für einen Zeitraum in den Jahren 2017 bis 2020 zu entrichten war. Dabei vertrat sie die Auffassung, dass Fenix als im eigenen Namen tätig anzusehen sei. Folglich müsse sie die Mehrwertsteuer auf den gesamten von einem Fan erhaltenen Betrag abführen und nicht nur auf die 20 % dieses Betrags, die sie als Vergütung einbehalte.

Fenix erhob bei einem Gericht des Vereinigtes Königreich eine Klage. Mit dieser stellt sie im Wesentlichen die Gültigkeit der Rechtsgrundlage der Steuerbescheide in Frage, d. h. einer Bestimmung der Durchführungsverordnung des Rates der EU, mit der die Mehrwertsteuerrichtlinie präzisiert werden soll. Das von Fenix angerufene Gericht richtete vor dem Ende des Übergangszeitraums, der auf den Brexit folgte, eine Vorlagefrage an den Gerichtshof, der für deren Beantwortung daher weiterhin zuständig ist. Das Gericht möchte wissen, ob die streitige Bestimmung ungültig ist, weil der Rat die Mehrwertsteuerrichtlinie ergänzt oder geändert und somit die ihm übertragenen Durchführungsbefugnisse überschritten hat.

Nach der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt ein Steuerpflichtiger, der im Rahmen von Dienstleistungen als Vermittler im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt, als Erbringer dieser Dienstleistungen. In Anbetracht der Entwicklung des Mehrwertsteuersystems und um eine unionsweite einheitliche Anwendung dieser Regelung sicherzustellen, ist nach der Durchführungsverordnung des Rates, wenn elektronisch erbrachte Dienstleistungen über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal wie einen Appstore erbracht werden, „davon auszugehen …, dass ein an dieser Erbringung beteiligter Steuerpflichtiger im eigenen Namen, aber für Rechnung des Anbieters dieser Dienstleistungen tätig ist“.

Diese Vermutung kann widerlegt werden, wenn der Anbieter von dem Steuerpflichtigen ausdrücklich als Leistungserbringer genannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt.

Dagegen wird stets davon ausgegangen, dass ein an der Erbringung beteiligter Steuerpflichtiger im eigenen Namen, aber für Rechnung des Anbieters dieser Dienstleistungen tätig ist, so dass er selbst als Erbringer dieser Dienstleistungen gilt, wenn er die Abrechnung mit dem Dienstleistungsempfänger autorisiert, ihre Erbringung genehmigt oder die allgemeinen Bedingungen der Erbringung festlegt.

Hierzu stellt der Gerichtshof fest, dass ein Steuerpflichtiger, der sich an der Erbringung einer elektronischen Dienstleistung beteiligt (indem er beispielsweise eine Online-Plattform für ein soziales Netzwerke betreibt) und dem es dabei gestattet ist, die Erbringung der Dienstleistungen zu genehmigen oder ihre Abrechnung zu autorisieren oder auch die allgemeinen Bedingungen ihrer Erbringung festzulegen, die Möglichkeit hat, einseitig wesentliche Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Dienstleistung festzulegen, und zwar ihre Durchführung und den Zeitpunkt, zu dem sie stattfindet, oder die Bedingungen, unter denen die Gegenleistung fällig wird, oder auch die Regeln, die den allgemeinen Rahmen für diese Dienstleistung bilden. Unter diesen Umständen und in Anbetracht der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität, die sich in ihnen widerspiegelt, ist der Steuerpflichtige mit Recht als Dienstleistungserbringer im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie anzusehen.

Nach Abschluss seiner Prüfung entscheidet der Gerichtshof, dass der Rat, indem er die streitige Bestimmung der Durchführungsverordnung erlassen hat, sich darauf beschränkt hat, die Mehrwertsteuerrichtlinie zu präzisieren, ohne sie zu ergänzen oder zu ändern. Die Prüfung der Vorlagefrage hat folglich nichts ergeben, was die Gültigkeit der streitigen Bestimmung der Durchführungsverordnung berühren könnte.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 28.02.2023 zum Urteil C-695/20 vom 28.02.2023

BFH: Veräußerungsgewinne bei Kryptowährungen steuerpflichtig

Veräußerungsgewinne, die ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Jahres aus dem Verkauf oder dem Tausch von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Monero erzielt, unterfallen der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14.02.2023 – IX R 3/22 – entschieden.

Im Streitfall hatte der Kläger verschiedene Kryptowährungen erworben, getauscht und wieder veräußert. Im Einzelnen handelte es sich um Geschäfte mit Bitcoins, Ethereum und Monero, die der Steuerpflichtige privat tätigte. Im Streitjahr 2017 erzielte er daraus einen Gewinn in Höhe von insgesamt 3,4 Millionen Euro.

Mit dem Finanzamt kam es zum Streit darüber, ob der Gewinn aus der Veräußerung und dem Tausch von Kryptowährungen der Einkommensteuer unterliegt. Die vom Steuerpflichtigen beim Finanzgericht erhobene Klage war ganz überwiegend erfolglos.

Der BFH hat die Steuerpflicht der Veräußerungsgewinne aus Bitcoin, Ethereum und Monero bejaht. Bei Kryptowährungen handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die bei einer Anschaffung und Veräußerung innerhalb eines Jahres der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterfallen.

Virtuelle Währungen (Currency Token, Payment Token) stellen nach Auffassung des BFH ein „anderes Wirtschaftsgut“ i. S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar. Der Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen. Er umfasst neben Sachen und Rechten auch tatsächliche Zustände sowie konkrete Möglichkeiten und Vorteile, deren Erlangung sich ein Steuerpflichtiger etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer gesonderten selbständigen Bewertung zugänglich sind. Diese Voraussetzungen sind bei virtuellen Währungen gegeben. Bitcoin, Ethereum und Monero sind wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel anzusehen. Sie werden auf Handelsplattformen und Börsen gehandelt, haben einen Kurswert und können für direkt zwischen Beteiligten abzuwickelnde Zahlungsvorgänge Verwendung finden. Technische Details virtueller Währungen sind für die Eigenschaft als Wirtschaftsgut nicht von Bedeutung. Erfolgen Anschaffung und Veräußerung oder Tausch der Token innerhalb eines Jahres, unterfallen daraus erzielte Gewinne oder Verluste der Besteuerung.

Das ist nach Ansicht des BFH auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein sog. strukturelles Vollzugsdefizit, das einer Besteuerung entgegensteht, liegt nicht vor. Es sind weder gegenläufige Erhebungsregelungen vorhanden, die einer Besteuerung entgegenstehen, noch liegen Anhaltspunkte vor, dass seitens der Finanzverwaltung Gewinne und Verluste aus Geschäften mit Kryptowährungen nicht ermittelt und erfasst werden können. Dass es in Einzelfällen Steuerpflichtigen trotz aller Ermittlungsmaßnahmen der Finanzbehörden (z. B. in Form von Sammelauskunftsersuchen) beim Handel mit Kryptowährungen gelingt, sich der Besteuerung zu entziehen, kann ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht begründen.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 13/23 vom 28.02.2023 zum Urteil IX R 3/22 vom 14.02.2023

BFH: Keine Erbschaftsteuer bei Erwerb durch ausländisches Vermächtnis

In Deutschland belegene Immobilien können steuerfrei vermacht werden, wenn der Erblasser dem Begünstigten die Immobilie durch ausländisches Vermächtnis zuwendet. Dies hat der Budesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 23.11.2022 – II R 37/19 – entschieden. Voraussetzung ist jedoch, dass weder der Erblasser noch der Begünstigte Deutsche sind und beide im Ausland leben.

Die im Jahr 2013 verstorbene Erblasserin hatte bis zu ihrem Tod in der Schweiz gewohnt. Sie vermachte ihrer in den USA lebenden Nichte, der Klägerin, eine Immobilie in München. Im Jahr 2014 wurde das Vermächtnis erfüllt und die Klägerin wurde als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Finanzamt verlangte von ihr Erbschaftsteuer für diesen Immobilienerwerb. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, sie schulde aufgrund ihres ausländischen Wohnsitzes und ihrer dadurch nur beschränkten Steuerpflicht in Deutschland keine Steuer.

Der BFH bestätigte diese Auffassung. Wendet ein im Ausland lebender Erblasser einer ebenfalls im Ausland lebenden Person durch Vermächtnis inländischen Grundbesitz zu, muss der ausländische Begünstigte hierauf keine deutsche Erbschaftsteuer bezahlen. Anders als deutsche Staatsangehörige und Personen mit Wohnsitz oder dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland sind ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer nur in beschränktem Umfang steuerpflichtig. Sie zahlen Erbschaftsteuer ausschließlich für den Eigentumserwerb an bestimmten gesetzlich definierten Vermögenswerten, darunter grundsätzlich inländische Immobilien. Werden sie jedoch im Testament des Erblassers durch Vermächtnis mit solchen Immobilien bedacht, bleibt dies ausnahmsweise steuerfrei. Insoweit besteht eine Gesetzeslücke. Grund dafür ist, dass beim Vermächtnis der Begünstigte nicht die Immobilie selbst, sondern nur einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dieser Immobilie erwirbt. Die Eigentumsumschreibung muss dann noch separat im Anschluss erfolgen und bedarf der notariellen Beurkundung. Anders verhält es sich, wenn ausländische Erben im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge inländischen Grundbesitz erhalten. Denn dann geht das Eigentum an der inländischen Immobilie direkt mit dem Tod des ausländischen Erblassers auf den ebenfalls ausländischen Erben über. Darauf fällt deutsche Erbschaftsteuer an.

Nach der Bestätigung durch den BFH kann die Praxis den steuerfreien Erwerb inländischer Immobilien durch ausländische Vermächtniseinsetzung als legales Gestaltungsmodell nutzen. Seit 2015 und dem Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung ist bei Erbfällen im EU-Ausland allerdings Vorsicht geboten: In bestimmten EU-Ländern, z. B. Polen, entfaltet ein Vermächtnis direkte Wirkung. Das bedeutet, dass auch die durch Vermächtnis begünstigte Person direkt das Eigentum an dem inländischen Grundvermögen erbt. Ein steuerfreier Erwerb inländischer Immobilien ist dann nicht möglich.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 14/23 vom 28.02.2023 zum Urteil II R 37/19 vom 23.11.2022

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