DSA: Leitlinien für Meldepflichten von Online-Plattformen/Suchmaschinen

Das Gesetz über digitale Dienste (DSA) gibt Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen noch bis zum 17. Februar Zeit, die Zahl ihrer aktiven Endnutzer zu veröffentlichen. Danach müssen mindestens einmal alle sechs Monate Nutzerzahlen gemeldet werden. Die EU-Kommission hat jetzt unverbindliche Leitlinien veröffentlicht, um die Unternehmen bei der Umsetzung dieser Pflicht zu unterstützen.

Mit der Meldepflicht soll festgestellt werden, ob Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen zu den „sehr großen Online-Plattformen“ (VLOP) oder „sehr großen Online-Suchmaschinen“ (VLOSE) gehören. Liegt die gemeldete Nutzerzahl über 10 Prozent der EU-Bevölkerung oder 45 Millionen Menschen, greifen zusätzliche Verpflichtungen. Dazu gehören eine Risikobewertung und das Ergreifen entsprechender Risikominderungsmaßnahmen.

Schutz für die Nutzer, Rechtssicherheit für Unternehmen

Das Gesetz über digitale Dienste ist im November 2022 in Kraft getreten. Es gilt für alle digitalen Dienste, die den Verbrauchern Waren, Dienstleistungen oder Inhalte vermitteln. Das reicht von einfachen Websites bis hin zu Internetinfrastruktur-Diensten und Online-Plattformen. Das können Online-Marktplätze sein, soziale Netzwerke, Plattformen für das Teilen von Inhalten, App-Stores oder auch Plattformen, die online Reisen und Unterkünfte vermitteln.

Das Gesetz schafft umfassende neue Pflichten, die Anbieter müssen sich nun um die Schadensbegrenzung und Risikobewältigung im Internet kümmern. Der DSA führt einen starken Schutz der Nutzerrechte im Internet ein und stellt digitale Plattformen in einen einzigartigen neuen Rahmen für Transparenz und Rechenschaftspflicht.

Hintergrund

Am 15. Dezember 2020 legte die Kommission ihren Vorschlag für ein Gesetz über digitale Dienste (DSA) zusammen mit dem Vorschlag für ein Gesetz über digitale Märkte (DMA) als umfassenden Rahmen zur Gewährleistung eines sichereren und faireren digitalen Raums für alle vor. Das Gesetz über digitale Märkte trat am 1. November 2022 in Kraft.

Weitere Informationen:

Gesetz über digitale Dienste in Kraft getreten (16.11.2022)Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufen

Fragen und Antworten zum Gesetz über digitale DiensteDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufen

Faktenseite zum Gesetz über digitale DiensteDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufen

Legislativpaket über digitale Dienste

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 01.02.2023

Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft (USt M 2) 

Das BMF hat das „Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft“ – USt M 2 (Stand Januar 2023) herausgegeben.

Das neue Merkblatt soll Unternehmer über die wichtigsten Grundsätze der Umsatzbesteuerung von Bauleistungen unterrichten.

In erster Linie ist es für Bauunternehmer bestimmt, die Umsätze ausführen, für die der Leistungsempfänger die Steuer nicht nach § 13b Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) schuldet.

Das BMF-Schreiben vom 12. Oktober 2009, BStBl I S. 1292, wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 – S-7270 / 20 / 10002 :001 vom 27.01.2023

Kein Geld trotz Sparbuchs

Eine Bankkundin aus dem Großraum Baden-Baden kann von ihrem Geldinstitut trotz Vorlage eines Sparbuchs keine Auszahlung einer Spareinlage von 70.100 Euro verlangen. Mit einem am 01.02.2023 veröffentlichten Urteil vom 20. Dezember 2022 hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe die Berufung gegen ein entsprechendes klageabweisendes Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 4. März 2021 zurückgewiesen.

Im Jahr 1992 hatte die Klägerin bei der beklagten Bank ein Sparkonto eröffnet. Als letzte Eintragung in ihrem Sparbuch ist am 21. März 1997 eine Zinsgutschrift von 2.639,72 DM zum 30. Dezember 1996, eine Bareinzahlung von 33.193,41 DM sowie ein Guthaben von 100.000 DM ausgewiesen. Die Klägerin hatte im Januar 2020 den Sparvertrag gekündigt, der Bank das nicht entwertete Sparbuch vorgelegt und die Auszahlung von 70.100 Euro verlangt. Die beklagte Bank hatte dagegen geltend gemacht, sie habe das Sparbuch am 16. April 1998 auf telefonische Weisung des dazu bevollmächtigten Ehemannes der Klägerin aufgelöst, das damalige Guthaben samt aufgelaufener Zinsen auf dem ebenfalls bei ihr geführten Girokonto der Klägerin als Bareinzahlung verbucht und den Betrag anschließend für die Klägerin und ihren Ehemann jeweils hälftig als Festgeld angelegt.

Das Landgericht wies die Klage nach Vernehmung der damals tätigen Bankmitarbeiter ab, weil es sich davon überzeugt hatte, dass das Guthaben am 16. April 1998 ausgezahlt und damit der Anspruch der Klägerin aus dem Sparvertrag erfüllt wurde.

Die gegen das Urteil des Landgerichts erhobene Berufung der Klägerin hatte vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg. Wie der Senat im Einzelnen ausgeführt hat, darf eine Bank zwar nicht schon deshalb die Auszahlung des in einem Sparbuch dokumentierten Guthabens verweigern, weil lange Zeit keine Eintragungen in dem Sparbuch vorgenommen wurden und die handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten abgelaufen sind. Vielmehr muss das Kreditinstitut auch in solchen Fällen beweisen, dass die Auszahlung des Sparbetrags bereits erfolgt ist. Die Unrichtigkeit eines Sparbuchs kann die Bank dabei nicht allein mit ihren internen Unterlagen nachweisen. Kommen jedoch weitere Umstände hinzu, kann dies zum Beweis genügen. Dazu gehört im jetzt entschiedenen Fall insbesondere der Eingang eines Betrages, der exakt der auf dem Sparkonto einschließlich Zinsen vorhandenen Sparsumme entspricht, auf einem anderen Konto der Berechtigten. Die von der Klägerin geäußerte Vermutung, diese auf ihrem Konto verbuchte Bareinzahlung vom 16. April 1998 stamme aus gesammelten Bareinnahmen des damals von den Eheleuten betriebenen Obsthandels, hat nicht zu Zweifeln des Senats an den von der Bank zu den Buchungsvorgängen vorgelegten Unterlagen geführt. Außerdem haben Zeugen, nämlich die damaligen Bankmitarbeiter, die Richtigkeit der bankinternen Dokumente bestätigt. Danach hatte der von der Klägerin bevollmächtigte Ehemann telefonisch die Auflösung des Sparbuchs, die Auszahlung auf das Girokonto und die anschließende Anlage als Festgeld beauftragt. Eine erneute Auszahlung des Geldes kann nicht verlangt werden.

Das Urteil des Oberlandesgerichts ist nicht rechtskräftig. Zwar hat der Senat die Revision nicht zugelassen. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin jedoch Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof erhoben.

Quelle: OLG Karlsruhe, Pressemitteilung vom 01.02.2023 zum Urteil 17 U 151/21 vom 20.12.2022 (nrkr)

Steuerliche Behandlung von Photovoltaik-Anlagen

Details bei der steuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen aufgrund der Änderungen im Zuge des Jahressteuergesetzes 2022 will die CDU/CSU-Fraktion mit einer Kleinen Anfrage (20/5428) klären. So soll die Bundesregierung unter anderem die Frage beantworten, wie viele Kilowattstunden (kW) eine 30 kWp-Anlage durchschnittlich produzieren kann und wie hoch die durchschnittlichen Erträge aus einer solchen Anlage sind, die künftig steuerfrei gestellt werden sollen. Außerdem wollen die Abgeordneten wissen, ob es sich bei der im Einkommensteuergesetz genannten Grenze von 100 kW um eine Freigrenze oder um einen Freibetrag handelt. Gefragt wird auch, ob es sich bei den steuerbefreiten Photovoltaikanlagen um Betriebsvermögen oder Privatvermögen handelt und ob es sich beim Betrieb einer solchen Photovoltaikanlage um sogenannte „Liebhaberei“ handeln kann. Wie die Abgeordneten in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage schreiben, ergeben sich aus den Änderungen im Jahressteuergesetz weitreichende Konsequenzen für die Besteuerung von Erträgen aus Photovoltaik-Anlagen.

Quelle: Deutscher Bundestag, Meldung vom 31.01.2023

Grundsteuer: Abgabefrist beendet – Kulanzzeit schließt sich an

Die offizielle Frist für die Grundsteuer B ist gestern zu Ende gegangen. Bis dahin sind in Baden-Württemberg 68 Prozent der Erklärungen bei den Finanzämtern abgegeben worden. Insgesamt rund 94 Prozent digital.

Eine Abgabe der Grundsteuererklärung ist auch nach dem Fristende noch möglich. Elster steht selbstverständlich weiterhin zur Verfügung. Wer seine Erklärung noch nicht abgegeben hat, kann das also noch nachholen.

Als nächster Schritt folgt eine Erinnerung vom Finanzamt, voraussichtlich im ersten Quartal. Solange haben alle Eigentümerinnen und Eigentümer, die die Frist verpasst haben, keine negativen Folgen zu befürchten. Das Finanzamt ist zunächst kulant. Einen Antrag auf Fristverlängerung braucht es deshalb nicht. Die Regelung betrifft private Eigentümerinnen und Eigentümer sowie sogenannte „Großkunden“ gleichermaßen. Großkunden besitzen tausende Grundstücke und können die Kulanzphase nutzen, um ihre Menge an Erklärungen abzugeben.

Abgabefrist Grundsteuer A

Bei der Grundsteuer A ist für die Abgabe noch Zeit bis zum 31. März 2023. Die Informationsschreiben hierfür sind erst im Januar versendet worden. Nach Ablauf der Frist folgt ebenfalls eine Erinnerung. Für die Grundsteuer A sind bislang rund zehn Prozent der Erklärungen eingereicht worden.

So geht es weiter

Diejenigen, die ihre Erklärung abgegeben haben, erhalten den Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheid sobald das Finanzamt die Erklärung bearbeitet hat. Bearbeitung und Versand der Bescheide erstrecken sich noch bis ins Jahr 2024. Die neue Grundsteuer gilt dann ab dem Jahr 2025.

Weitere Infos und Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen (FAQ) gibt es auf www.grundsteuer-bw.de. Auch Unterstützungsangebote zur Abgabe der Erklärung sind dort zu finden – wie Ausfüllhilfen, Erklärvideos und Beispielfälle. Die jeweils zuständigen Finanzämter sind bei Einzelfragen zur Grundsteuererklärung ebenfalls zu erreichen.

Quelle: FinMin Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 01.02.2023

Steuergeheimnis – Mitteilungen der Finanzbehörden zur Durchführung dienstrechtlicher Maßnahmen bei Beamten und Richtern

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 12. Januar 2018, IV A 3 – S 0130/08/10006, BStBl I S. 201, mit sofortiger Wirkung wie folgt geändert:

Die bisherigen Nummern 2.3 bis 2.5 werden durch folgende neue Nummern 2.3 bis 2.6 ersetzt:

„2.3 Eine Offenbarung ist insbesondere geboten, wenn ein Beamter oder Richter – innerhalb oder außerhalb des Dienstes – seine Verfassungstreuepflicht nachhaltig verletzt. Dies kann z. B. vorliegen, wenn er das Bestehen der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig leugnet (Urteil des BVerwG vom 02.12.2021, Az. 2 A 7/21, NVwZ 2022, S. 1379).

2.4 Bei einem Beamten der Finanzverwaltung oder einem Richter stellt eine Steuerstraftat in eigener Sache ein Dienstvergehen dar, das eine Weitergabe der Daten an die für die Durchführung eines Disziplinarverfahrens oder sonstiger dienstrechtlicher Maßnahmen zuständige Stelle nach § 30 Abs. 4 Nr. 1a und § 29c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 AO oder nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO rechtfertigen kann. Ein Dienstvergehen stellt auch die unerlaubte Hilfeleistung in Steuersachen durch Beamte der Finanzverwaltung dar.

2.6 Bei den unter Nr. 2.1 bis 2.5 genannten Sachverhalten ist zu prüfen, ob ein schweres Dienstvergehen vorliegt. Die Regelungen in Nr. 1.5 und 1.6 gelten entsprechend. Ist dies zur Überzeugung der mitteilenden Stelle nicht der Fall, ist eine Offenbarung der in einem Verfahren nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO bekannt gewordenen Daten nicht zulässig.“

Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0130 / 23 / 10001 :001 vom 13.01.2023

Urlaubsabgeltung – Tarifvertragliche Ausschlussfrist

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, kann nach Maßgabe einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Endete das Arbeitsverhältnis vor der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 6. November 2018* und oblag es dem Arbeitnehmer aufgrund der gegenläufigen Senatsrechtsprechung nicht, den Anspruch innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend zu machen, begann die Ausschlussfrist erst mit der Bekanntgabe des Urteils.

Die Beklagte, ein Zeitungsverlag, beschäftigte den Kläger seit dem 1. April 2007 zunächst auf der Grundlage eines sog. Vertrags für Pauschalisten, sodann als angestellten Online-Redakteur. Nach § 18 Nr. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen (MTV) sind nicht erfüllte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen. Während seiner Tätigkeit als Pauschalist vom 1. April 2007 bis zum 30. Juni 2010 erhielt er keinen Urlaub. Das Arbeitsverhältnis endete am 30. September 2014. Im August 2018 forderte der Kläger die Beklagte auf, insgesamt 65 Arbeitstage Urlaub aus den Jahren 2007 bis 2010 abzugelten. Die Forderung in Höhe von 14.391,50 Euro brutto wies die Beklagte mit der Begründung zurück, ein etwaiger Anspruch des Klägers aus der Zeit seiner Tätigkeit als Pauschalist sei verfallen und verjährt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte beim Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann der Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubs als reiner Geldanspruch tariflichen Ausschlussfristen unterfallen. Daran hält der Senat fest. Die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses bildet eine Zäsur. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist anders als der Urlaubsanspruch nicht auf Freistellung von der Arbeitsverpflichtung zu Erholungszwecken unter Fortzahlung der Vergütung gerichtet, sondern auf dessen finanzielle Kompensation beschränkt. Die strukturell schwächere Stellung des Arbeitnehmers, aus der der EuGH die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers bei der Inanspruchnahme von Urlaub ableitet, endet mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger war bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. September 2014 nicht gehalten, seinen Anspruch auf Abgeltung des bis dahin nicht gewährten Urlaubs aus den Jahren 2007 bis 2010 der Beklagten gegenüber i. S. d. Ausschlussfristenregelung geltend zu machen. Der Senat ging zu diesem Zeitpunkt noch davon aus, dass Urlaubsansprüche mit Ablauf des Urlaubsjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums unabhängig von der Erfüllung von Mitwirkungsobliegenheiten automatisch verfielen. Erst nachdem der EuGH mit Urteil vom 6. November 2018* neue Regeln für den Verfall von Urlaub vorgegeben hatte, oblag es dem Kläger, Urlaubsabgeltung zu verlangen.

Der von dem Kläger erhobene Abgeltungsanspruch ist vor diesem Zeitpunkt auch nicht verjährt. Zwar steht der Anwendung der Verjährungsvorschriften der unabdingbare Schutz, den der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub genießt, nicht entgegen. Nach den vom Senat mit Urteil vom 31.01.2023 (- 9 AZR 456/20 -Pressemitteilung Nr. 5/23) entwickelten Grundsätzen lief die Verjährungsfrist nicht vor dem Ende 2018. Der Kläger wahrte die gesetzliche Verjährungsfrist, indem er die Beklagte im Jahr 2018 auf Zahlung von Urlaubsabgeltung gerichtlich in Anspruch nahm.

Dennoch kann der Senat nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend darüber befinden, ob die Beklagte Urlaubsabgeltung schuldet. Das Landesarbeitsgericht wird nach der Zurückverweisung aufzuklären haben, ob der Kläger in den Jahren 2007 bis 2010, in denen er als Pauschalist redaktionelle Aufgaben für die Beklagte wahrnahm, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig war.

Fußnote

*EuGH vom 6. November 2018 – C-684/16 – [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften]

Quelle: BAG, Pressemitteilung vom 31.01.2023 zum Urteil 9 AZR 244/20 vom 31.01.2023

Urlaubsabgeltung – Verjährung

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, unterliegt der Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt in der Regel mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Endete das Arbeitsverhältnis vor der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 6. November 2018* und war es dem Arbeitnehmer nicht zumutbar, Klage auf Abgeltung zu erheben, konnte die Verjährungsfrist nicht vor dem Ende des Jahres 2018 beginnen.

Die Beklagte betreibt eine Flugschule. Sie beschäftigte den Kläger seit dem 9. Juni 2010 als Ausbildungsleiter, ohne ihm seinen jährlichen Urlaub von 30 Arbeitstagen zu gewähren. Unter dem 19. Oktober 2015 verständigten sich die Parteien darauf, dass der Kläger in der Folgezeit als selbstständiger Dienstnehmer für die Beklagte tätig werden sollte. Mit der im August 2019 erhobenen Klage verlangte der Kläger u. a. Abgeltung von Urlaub aus seiner Beschäftigungszeit vor der Vertragsänderung. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte beim Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg, soweit er die Beklagte auf Abgeltung von Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2014 in Höhe von 37.416,50 Euro in Anspruch nimmt. Bezogen auf Urlaubsabgeltung für das Jahr 2015 blieb sie erfolglos.

Der Senat hat am 20. Dezember 2022 (- 9 AZR 266/20 – Pressemitteilung Nr. 48/22) entschieden, dass Urlaubsansprüche verjähren können, die dreijährige Verjährungsfrist jedoch erst am Ende des Kalenderjahres beginnt, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch informiert und ihn im Hinblick auf Verfallfristen aufgefordert hat, den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Hat der Arbeitgeber diesen Mitwirkungsobliegenheiten nicht entsprochen, kann der nicht erfüllte gesetzliche Urlaub aus möglicherweise mehreren Jahren im laufenden Arbeitsverhältnis weder nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen noch nach § 195 BGB verjähren und ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt seinerseits der Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist für den Abgeltungsanspruch beginnt in der Regel am Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es auf die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten ankommt. Die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses bildet eine Zäsur. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist anders als der Urlaubsanspruch nicht auf Freistellung von der Arbeitsverpflichtung zu Erholungszwecken unter Fortzahlung der Vergütung gerichtet, sondern auf dessen finanzielle Kompensation beschränkt. Die strukturell schwächere Stellung des Arbeitnehmers, aus der der EuGH die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers bei der Inanspruchnahme von Urlaub ableitet, endet mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Bei einer verfassungs- und unionsrechtskonformen Anwendung der Verjährungsregelungen kann die Verjährungsfrist nicht beginnen, solange eine Klageerhebung aufgrund einer gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zumutbar ist.

Von dem Kläger konnte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 19. Oktober 2015 nicht erwartet werden, seinen Anspruch auf Abgeltung des bis dahin nicht gewährten Urlaubs aus den Jahren 2010 bis 2014 gerichtlich durchzusetzen. Der Senat ging zu diesem Zeitpunkt noch davon aus, dass Urlaubsansprüche mit Ablauf des Urlaubsjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums unabhängig von der Erfüllung von Mitwirkungsobliegenheiten automatisch verfielen. Erst nachdem der EuGH mit Urteil vom 6. November 2018* neue Regeln für den Verfall von Urlaub vorgegeben hatte, war der Kläger gehalten, Abgeltung für die Urlaubsjahre von 2010 bis 2014 gerichtlich geltend zu machen.

Demgegenüber ist der Anspruch des Klägers auf Abgeltung von Urlaub aus dem Jahr 2015 verjährt. Schon auf Grundlage der früheren Rechtsprechung musste der Kläger erkennen, dass die Beklagte Urlaub aus diesem Jahr, in dem das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, abzugelten hatte. Die dreijährige Verjährungsfrist begann deshalb Ende des Jahres 2015 und endete mit Ablauf des Jahres 2018. Der Kläger hat die Klage erst im Jahr 2019 erhoben.

Fußnote

*EuGH vom 6. November 2018 – C-684/16 – [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften]

Quelle: BAG, Pressemitteilung vom 31.01.2023 zum Urteil 9 AZR 456/20 vom 31.01.2023

Unstimmigkeitsmeldungen zum Transparenzregister: Wichtige Übergangsregelung läuft zum 1. April 2023 aus

Steuerberater müssen im Rahmen der ihnen obliegenden Pflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) beachten, dass eine besondere Übergangsregelung zur Abgabe sog. Unstimmigkeitsmeldungen zum 01.04.2023 ausläuft. Darauf weist aktuell der Rechts- und Berufsrechtsausschuss des DStV hin. Betroffen sind alle Fälle, für die eine Meldung zum Transparenzregister nach alter, bis 2021 geltender Rechtslage entbehrlich war, wenn die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten bereits aus anderen Registern ersichtlich waren.

Nach der besonderen Übergangsregelung des § 59 Abs. 10 GwG sind nur noch bis zum 01.04.2023 Unstimmigkeitsmeldungen wegen Fehlens einer Eintragung im Transparenzregister nicht zu erstatten, wenn hierfür die sogenannte Meldefiktion nach § 20 Abs. 2 GwG in der bis zum 31. Juli 2021 geltenden Fassung Anwendung findet. Danach galt die Meldepflicht an das Transparenzregister als erfüllt, wenn die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten bereits dem Handels-, Partnerschafts-, Genossenschafts-, Vereins- oder Unternehmensregister zu entnehmen waren.

Mit Ablauf der Übergangsfrist müssen Steuerberater nun ausnahmslos und einheitlich nach § 23a Abs. 1 GwG alle Unstimmigkeiten melden, die sie beim Abgleich der Eintragungen im Transparenzregister zum wirtschaftlich Berechtigten mit den ihnen zur Verfügung stehenden Angaben und Erkenntnissen feststellen.

Die Meldungen haben unverzüglich gegenüber dem Bundesanzeiger als registerführende Stelle zu erfolgen, und zwar online über die Webseite des Transparenzregisters unter www.transparenzregister.de.

Wichtig aus Beratersicht bleibt: Eine zielgerichtete, aktive Suche nach möglichen Unstimmigkeiten im Sinne einer Prüfpflicht ist mit § 23a GwG nicht verbunden. Es geht nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drs. 19/13827) lediglich um eine Verbesserung der Datenqualität des Transparenzregisters, indem gemeldet werden soll, wenn etwa bei der Identitätsüberprüfung wirtschaftlich Berechtigter konkrete Abweichungen von der vorgelegten Gesellschafterliste festgestellt werden. Die Identitätsprüfung dient der Erfüllung der allgemeinen geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten und gilt bei allen Neumandaten, bei laufenden Mandaten allerdings nur auf risikobasierter Grundlage, wenn der Berater etwa Informationen darüber erhält, dass sich die maßgeblichen Umstände beim Mandanten geändert haben (vgl. § 10 Abs. 3a GwG).

Eine weitergehende rechtliche Beratungspflicht, insbesondere hinsichtlich der rechtlichen Frage, wer wirtschaftlich Berechtigter ist und ob es entsprechende Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister gibt, besteht hingegen nicht. Dies wird regelmäßig eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 RDG darstellen. Ob es sich möglicherweise um eine erlaubte Nebenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 RDG handeln könnte, wird bislang eher zweifelhaft gesehen und ist von der Rechtsprechung nicht geklärt (vgl. Stbg. 2021, 377 ff.). Mandanten mit einem weitergehenden rechtlichen Beratungsbedarf sollten daher an Rechtsanwälte verwiesen werden.

Weitergehende Hinweise unter anderem zur Frage der Unstimmigkeitsmeldungen sind in einem FAQ-Katalog zum Transparenzregister auf den Seiten des Bundesverwaltungsamtes unter www.bva.bund.de abrufbar.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 31.01.2023

BFH zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags

Die Erhebung des Solidaritätszuschlags war in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht verfassungswidrig. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 17.01.2023 – IX R 15/20 entschieden.

Die Kläger wenden sich gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021. Das Finanzamt hatte für das Jahr 2020 einen Bescheid über 2.078 Euro und für das Jahr 2021 einen Vorauszahlungsbescheid über insgesamt 57 Euro Solidaritätszuschlag erlassen. Vor dem Finanzgericht hatte das klagende Ehepaar keinen Erfolg. Mit ihrer beim Bundesfinanzhof eingelegten Revision brachten sie vor, die Festsetzung des Solidaritätszuschlags verstoße gegen das Grundgesetz. Sie beriefen sich auf das Auslaufen des Solidarpakts II und damit der Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer im Jahr 2019 sowie die damit zusammenhängende Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Der Solidaritätszuschlag dürfe als Ergänzungsabgabe nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden. Sein Ausnahmecharakter verbiete eine dauerhafte Erhebung. Auch neue Zusatzlasten, die etwa mit der Coronapandemie oder dem Ukraine-Krieg einhergingen, könnten den Solidaritätszuschlag nicht rechtfertigen. Die Erhebung verletze sie zudem in ihren Grundrechten. Bei dem Solidaritätszuschlag handele es sich seit der im Jahr 2021 in Kraft getretenen Gesetzesänderung um eine verkappte „Reichensteuer“, die gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoße.

Der BFH ist dem nicht gefolgt. Beim Solidaritätszuschlag handelte es sich in Jahren 2020 und 2021 um eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe; eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht ist daher nicht geboten.

Eine Ergänzungsabgabe (Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes) hat die Funktion, einen zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes ohne Erhöhung der übrigen Steuern zu decken. Die Abgabe muss nicht von vornherein befristet werden und der Mehrbedarf für die Ergänzungsabgabe kann sich auch für längere Zeiträume ergeben. Allerdings ist ein dauerhafter Finanzbedarf regelmäßig über die auf Dauer angelegten Steuern und nicht über eine Ergänzungsabgabe zu decken. Deshalb kann eine verfassungsgemäß beschlossene Ergänzungsabgabe dann verfassungswidrig werden, wenn sich die Verhältnisse, die für ihre Einführung maßgeblich waren, grundsätzlich ändern oder wenn eine dauerhafte Finanzierungslücke entstanden ist.

Der Solidaritätszuschlag sollte bei seiner Einführung im Jahr 1995 der Abdeckung der im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung entstandenen finanziellen Lasten dienen.
Mit dem Auslaufen des Solidarpakts II und der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs zum Jahresende 2019 hat der Solidaritätszuschlag seine Rechtfertigung als Ergänzungsabgabe nicht verloren.

Eine zwingende rechtstechnische Verbindung zwischen dem Solidarpakt II, dem Länderfinanzausgleich und dem Solidaritätszuschlag besteht nicht. Zudem bestand in den Streitjahren 2020 und 2021 nach wie vor ein wiedervereinigungsbedingter Finanzbedarf des Bundes. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung auf diesen fortbestehenden Bedarf, der unter anderem im Bereich der Rentenversicherung und des Arbeitsmarkts gegeben war, hingewiesen. Er hat weiterhin schlüssig dargelegt, dass die Einnahmen aus dem ab 2021 fortgeführten Solidaritätszuschlag zukünftig die fortbestehenden wiedervereinigungsbedingten Kosten nicht decken werden.

Dass sich diese Kosten im Laufe der Zeit weiter verringern werden, hat der Gesetzgeber mit der ab dem Jahr 2021 in Kraft tretenden Beschränkung des Solidaritätszuschlags auf die Bezieher höherer Einkommen und der damit verbundenen Reduzierung des Aufkommens in Rechnung gestellt. Aus dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags wird daher deutlich, dass der Gesetzgeber diesen nicht unbegrenzt erheben will, sondern nur für eine Übergangszeit. Ein finanzieller Mehrbedarf des Bundes, der aus der Bewältigung einer Generationenaufgabe resultiert, kann auch für einen sehr langen Zeitraum anzuerkennen sein. Dieser Zeitraum ist beim Solidaritätszuschlag jedenfalls 26 bzw. 27 Jahre nach seiner Einführung noch nicht abgelaufen.

Da der ursprüngliche Zweck für die Einführung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht entfallen war, kommt es auf eine mögliche Umwidmung des Zuschlags für die Finanzierung der Kosten der Coronapandemie oder des Ukraine-Krieges nicht an.

Der Solidaritätszuschlag verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes). Ab dem Jahr 2021 werden aufgrund der erhöhten Freigrenzen nur noch die Bezieher höherer Einkommen mit Solidaritätszuschlag belastet. Die darin liegende Ungleichbehandlung ist aber gerechtfertigt. Bei Steuern, die wie die Einkommensteuer und damit auch der Solidaritätszuschlag an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig. Daher kann auch der Gesetzgeber beim Solidaritätszuschlag, der im wirtschaftlichen Ergebnis eine Erhöhung der Einkommensteuer darstellt, sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen und diesen auf Steuerpflichtige mit hohen Einkünften beschränken. Vor diesem Hintergrund ist die ab 2021 bestehende Staffelung des Solidaritätszuschlags mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes gerechtfertigt.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 7/23 vom 30.01.2023 zum Urteil IX R 15/20 vom 17.01.2023

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