Tierhalterhaftung erfasst auch erst durch helfendes Eingreifen des Menschen verursachte Schäden

Der Halter eines Tieres haftet nicht nur für unmittelbar durch das Tier verursachte Verletzungen. Die Tierhalterhaftung erfasst vielmehr auch Fälle, in denen ein Mensch sich aufgrund der vom Tier herbeigeführten Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit am 30.01.2023 veröffentlichter Entscheidung den Halter eines Hundes dem Grunde nach zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt, da dieser den Kater der Klägerin angegriffen hatte. Beim Versuch, die Tiere zu trennen, stürzte die Klägerin.

Die Parteien sind Nachbarn. Sie räumten im Januar 2017 gleichzeitig Schnee von ihren Grundstücken. Unter dem Neuschnee hatte sich auf dem klägerischen Grundstück eine vereiste Fläche gebildet. Der Hütehund des Beklagten gelangte während der Räumarbeiten auf das Grundstück der Klägerin. Ob die Klägerin nachfolgend stürzte, da der Hund des Beklagten den Kater der Klägerin angegriffen hatte, ist zwischen den Parteien streitig. Das Landgericht hatte nach Beweisaufnahme die auf Schmerzensgeld und Feststellung der Einstandspflicht für weitere Schäden gerichtete Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin stellte das OLG dagegen fest, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zustehe.

Der Beklagte hafte nach den Grundsätzen der sog. Tiergefahr, begründete das OLG seine Entscheidung. Nach der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Klägerin gestürzt sei, da sich der Hund auf ihren Kater gestürzt und diesen am Kopf gepackt habe. Die Klägerin habe die Tiere mit ihrem Besen trennen wollen. Sowohl die Angaben der Klägerin als auch die des Beklagten deckten diesen Geschehensablauf. Der Beklagte hatte im Rahmen seiner Anhörung klargestellt, dass er lediglich gesehen habe, „dass sein Hund Schläge bezogen habe“. Die Sicht auf das weitere Geschehen sei dagegen verdeckt gewesen. Es spreche nichts dafür, dass die Klägerin den Hund „ohne jeden Grund geschlagen haben sollte“. Die Klägerin habe den Hund vielmehr schon lange gekannt und in der Vergangenheit regelmäßig mit ihm gespielt. Das vom Beklagten berichtete Schlagen lasse sich „ohne Weiteres in Übereinstimmung bringen mit der Schilderung der Klägerin, sie habe versucht, mit dem Besen die Tiere zu trennen“. Die Angaben der Klägerin seien auch von den Zeuginnen bestätigt worden. Aus der ärztlichen Stellungnahme ergebe sich zweifelsfrei, dass die Klägerin in der fraglichen Zeit Verletzungen am Hand- und Kniegelenk erlitten habe.

Als Halter des Hundes habe der Beklagte damit für die erlittenen Schäden einzustehen. Die verschuldensunabhängige Haftung des Tierhalters bestehe bereits, wenn eine Verletzung „adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen ist“. Es komme nicht auf eine unmittelbar durch das Tier bewirkte Verletzung an. Ausreichend sei, „wenn sich ein Mensch durch die von dem Tier herbeigeführte Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht“, betont das OLG. So liege es hier. Die Klägerin habe sich durch den Angriff des Hundes dazu veranlasst gesehen, dem Kater zur Hilfe zu eilen. Auch wenn es angesichts der winterlichen Verhältnisse aus objektiver Sicht unklug gewesen sei, sich schnell auf die Tiere zuzubewegen, sei es doch eine völlig naheliegende Reaktion gewesen.

Der Höhe nach ist über die erlittenen Verletzungen noch Beweis zu erheben, sodass das OLG zunächst nur die Haftung dem Grunde nach festgestellt hat.

Die Anfechtbarkeit der Entscheidung hängt von der Wertfestsetzung des Revisionsgerichts ab.

Quelle: OLG Frankfurt, Pressemitteilung vom 30.01.2023 zum Teil- und Grundurteil 4 U 249/21 vom 18.01.2023

Europäischer Datenschutztag: Fünf Tipps für mehr Schutz im Netz

Der 28. Januar steht jedes Jahr im Zeichen des europäischen Datenschutzes. Hier finden Sie fünf Maßnahmen, wie Sie ihre privaten Daten im Internet schützen können.

Seit 2007 macht der Europäische Datenschutztag jedes Jahr auf den hohen Stellenwert des Datenschutzes innerhalb der EU aufmerksam. Ziel ist es, für den Umgang mit den eigenen Daten zu sensibilisieren.

1.Passwörter

Wählen Sie komplexe Passwörter – je komplexer, desto sicherer.

Solch ein Passwort beinhaltet Groß- und Kleinschreibung, Zahlen und Sonderzeichen, also z. B. Km§&?*!. Es sollte in keinem Zusammenhang mit persönlichen Sachen oder nahestehenden Personen sein. Nach Möglichkeit sollten Sie mehrere Passwörter vergeben und diese regelmäßig wechseln.

2.Anhänge

Erhalten Sie Dateien oder Anhänge von einem unbekannten Absender, dann öffnen Sie sie nicht. Wenn Sie Spam- und Phishing-Emails erhalten, antworten Sie darauf nicht. Wenn Sie eine E-Mail als Betrugsversuch identifiziert haben, klicken Sie nicht auf Links und öffnen Sie keine Dateianhänge. Löschen Sie die E-Mail und sperren Sie die Absenderadresse. Phishing-Emails können Sie auch hier der Polizei melden.

Halten Sie das Virenschutzprogramm, den Browser und das Betriebssystem stets auf aktuellem Stand.

3. Geräte

Richten Sie Zugangssperren zum Beispiel in Form von Bildschirm-Kennwörtern ein, sodass nur autorisierte Personen zugreifen können. In der Regel kann dieses nur mit Expertenwissen umgangen werden. Vermeiden Sie dabei einfache Zahlenkombinationen wie beispielsweise die Wiederholung einer einzelner Zahl („0000“) oder „1234“. Außerdem sollten Sie die SIM-Karte ihres Mobiltelefons ebenfalls mit einem Kennwort bzw. einer PIN schützen. Wird die SIM-Karte aus dem Smartphone oder Tablet entfernt, bleibt der Zugriff auf die SIM-Karte ohne Kennwort weiterhin gesperrt. Nutzen Sie auch hier unterschiedliche Passwörter für Ihre verschiedenen Geräte.

4. Zwei-Faktoren-Authentifizierung

Um insbesondere sensiblen Daten zu schützen, setzen mittlerweile viele Firmen auf die Zwei-Faktoren-Autentifizierung. Um Daten vor unbefugten Zugriffen zu schützen, wird Ihr Account durch eine weitere Abfrage abgesichert. Je nach Unternehmen erhalten Sie den Code über die zugehörige App, ein alternatives Programm oder per SMS. Die Zwei-Faktor-Authentifizierung macht Ihren Account somit wesentlich sicherer. Sollte es Hackern gelingen, Ihre Login-Daten auszuspähen, benötigen diese ebenfalls Ihr Smartphone, um den Code zu erhalten. Aufgrund einer EU-Richtline für den Zahlungsverkehr sind europäische Kreditinstitute dazu verpflichtet, ihren Kundinnen und Kunden diese Authentifizierung anzubieten.

5. Systemupdates

Wenn Sie Benachrichtigungen von Ihrem Computer oder Smartphone über neue Softwareupdates erhalten, dann ignorieren Sie diese nicht. Durch Systemupdates können eventuelle Sicherheitslücken geschlossen und Ihre Privatsphäre besser geschützt werden. Denn durch mögliche Lücken können Hacker an Daten wie Fotos, E-Mails, SMS usw. gelangen. Durch die Installation von Updates kann ein Datenklau verhindert werden.

Quelle: Bundesregierung, Mitteilung vom 28.01.2023

Niedersächsische Bauaufsichtsbehörden können die Beseitigung von Schottergärten anordnen

Der 1. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 17. Januar 2023 den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 12. Januar 2022 (Az. 4 A 1791/21) abgelehnt, mit dem dieses die Klage gegen eine auf die Beseitigung von Kies aus zwei Beeten gerichtete bauaufsichtliche Verfügung der Stadt Diepholz abgewiesen hat (Az. 1 LA 20/22). Damit hat sich das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht erstmals mit der bauordnungsrechtlichen Unzulässigkeit von Schottergärten befasst.

Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Stadtgebiet Diepholz. Im Vorgarten haben sie zwei insgesamt etwa 50 m² große Beete angelegt. Diese sind mit Kies, in den einzelne Pflanzen eingesetzt sind, bedeckt.

Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob es sich bei den Beeten um Grünflächen im Sinne des § 9 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) handelt. Nach dieser Vorschrift müssen die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind. Die Grundstückseigentümer machen geltend, bei den Beeten handele es sich aufgrund der Anzahl und der Höhe der eingesetzten Pflanzen um Grünflächen. Jedenfalls sei ihr Garten unter Berücksichtigung der hinter dem Wohnhaus befindlichen Rasenflächen und Anpflanzungen insgesamt ein ökologisch wertvoller Lebensraum.

Dieser Argumentation ist der 1. Senat ebenso wie zuvor das Verwaltungsgericht Hannover nicht gefolgt. Die Bauaufsichtsbehörde könne einschreiten, wenn nicht überbaute Flächen von Baugrundstücken nicht den Anforderungen des § 9 Abs. 2 NBauO genügten. Dies sei hier der Fall. Bei den Beeten der klagenden Grundstückeigentümer handele es sich nicht um Grünflächen, die durch nicht übermäßig ins Gewicht fallenden Kies ergänzt würden, sondern um Kiesbeete, in die punktuell Koniferen und Sträucher sowie Bodendecker eingepflanzt seien. Grünflächen würden durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene Flächen geprägt. Wesentliches Merkmal einer Grünfläche sei der „grüne Charakter“. Dies schließe Steinelemente nicht aus, wenn sie nach dem Gesamtbild nur untergeordnete Bedeutung hätten, was eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich mache. Dass die insgesamt nicht überbauten Flächen eines Baugrundstückes nur „überwiegend“ Grünflächen sein müssten, so dass die Grünflächen hinter dem Haus der Kläger die Kiesbeete im Vorgarten erlauben würden, sei § 9 Abs. 2 NBauO nicht zu entnehmen. Ein solches Verständnis widerspreche auch der Intention des Gesetzgebers, die „Versteinerung der Stadt“ auf das notwendige Ausmaß zu beschränken.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle: OVG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 18.01.2023 zum Beschluss 1 LA 20/22 vom 17.01.2023

Zur Haftung eines Parkhausbetreibers für Beschädigung von bei ihm abgestellten Autos

Muss ein Parkhausbetreiber Vorsorge dafür treffen, dass die bei ihm abgestellten Autos nicht von Unbekannten beschädigt werden?

Das Landgericht Köln hatte einen Fall zu entscheiden, in dem zwei unbekannte Personen auf der Motorhaube eines im Parkhaus abgestellten Pkw Geschlechtsverkehr hatten und dabei das Auto beschädigten.

Der Kläger hatte seinen Mercedes in dem Parkhaus der Beklagten am Kölner Hauptbahnhof am Abend des 20.07.2021 abgestellt und das Parkhaus gegen 18.00 Uhr verlassen.

Als er mit dem Wagen am nächsten Morgen gegen 8.00 Uhr zur Arbeit fahren wollte, musste er feststellen, dass sein Auto verschiedene Beschädigungen aufwies. An der Beifahrertür war der Lack an einer Stelle abgeplatzt, zudem waren auf der Motorhaube weitere Lackkratzer sowie leichte Eindellungen. Schließlich war auch der rechte Blinker des Pkw beschädigt und die am Außenspiegel befindliche Blinkerabdeckung abgesprungen.

Auf dem Video der Überwachungskamera des Parkhauses konnte man erkennen, dass zwei unbekannte Personen nachts in das Parkhaus gekommen waren und auf der Motorhaube des Pkw des Klägers Sex hatten. Im Anschluss daran verließen die beiden Personen das Parkhaus unbemerkt und ohne identifiziert werden zu können. Dem Kläger ist durch das Treiben auf seinem Fahrzeug ein Sachschaden in Höhe von 4.676,36 Euro entstanden. Zudem begehrt er von der Beklagten die Feststellung, dass auch zukünftige Schäden ersetzt werden, sowie die entstandenen Rechtsanwaltsgebühren.

Der Kläger ist der Meinung, dass es Aufgabe des Parkhausbetreibers und seiner Mitarbeiter gewesen sei, die Videoaufzeichnungen, die im ganzen Parkhaus gemacht werden, durchgehend zu beobachten und so ein solches Treiben direkt zu unterbinden. Wenigstens hätte die Beklagte so aufmerksam sein und die Polizei sofort rufen müssen, damit die Identität der Unbekannten hätte festgestellt werden können.

Das Landgericht hat nun entschieden, dass dem Kläger kein Schadensersatz zusteht. Zwar entstehen aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Fahrzeugeinstellvertrag verschiedene Pflichten. Allerdings gehen die Nebenpflichten eines Parkhausbetreibers nicht so weit, dass er die von ihm installierten Überwachungskameras ununterbrochen beobachten lassen müsste, um etwaige Verstöße gegen die Sicherheit und Ordnung im Parkhaus lückenlos bemerken oder gar verhindern zu können. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Kameras mehr zu repressiven als zu präventiven Zwecken eingesetzt werden; das heißt, für den Fall, dass ein Fahrzeughalter bei Rückkehr zu seinem Fahrzeug neue Beschädigungen feststellt, kann er auf die Beklagte zukommen, diese kann entsprechend bei den Aufnahmen nachforschen und ggf. bei der Aufklärung des Schadenfalls helfen. Im Normalfall wird dies auch erfolgreich sein, da bei „Parkremplern“ regelmäßig das Kennzeichen des Unfallgegners zu sehen und die Tat entsprechend dokumentiert sein dürfte.

Auf dem Videofilm ist allerdings lediglich ein Zeitraum von 9 Minuten dokumentiert, in dem das unbekannte Paar auf der Motorhaube aktiv war. Das Gericht sah daher keine Pflichtverletzung des Parkhausbetreibers darin, eine mögliche Beschädigung durch Unbekannte in diesem kurzen Zeitraum nicht erkannt und unterbunden zu haben. Es sei auch fraglich, wie das Personal der Beklagten die Täter ohne Eigengefährdung hätte stellen oder ob die hypothetisch hinzugerufene Polizei hätte schnell genug vor Ort sein können. Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen habe, dass die Vorgänge um seinen Pkw mehrere Stunden angehalten haben sollen, hat das Gericht dies als verspätet zurückgewiesen. Der Kläger hätte dies früher, spätestens auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts vortragen müssen.

Die Entscheidung vom 09.01.2023 zum Az. 21 O 302/22 ist nicht rechtskräftig.

Quelle: LG Köln, Mitteilung vom 27.01.2023 zum Urteil 21 O 302/22 vom 09.01.2023 (nrkr)

Nichtumsetzung von EU-Rechtsvorschriften: Kommission leitet Schritte zur Gewährleistung der vollständigen und fristgerechten Umsetzung von EU-Richtlinien ein

Die EU-Kommission leitet eine Reihe von Vertragsverletzungsverfahren gegen verschiedene Mitgliedstaaten ein, die keine Mitteilung über Maßnahmen zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht gemacht haben. Dabei sendet die Kommission zunächst ein Aufforderungsschreiben an die Mitgliedstaaten, die keine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien gemeldet haben, deren Umsetzungsfrist vor Kurzem abgelaufen ist. Im vorliegenden Fall haben 25 Mitgliedstaaten noch keine vollständige Umsetzung von vier EU-Richtlinien in den Bereichen Steuern und Zollunion, Justiz sowie öffentliche Gesundheit mitgeteilt. Die betroffenen Mitgliedstaaten haben nun zwei Monate Zeit, um auf die Aufforderungsschreiben zu antworten und die Umsetzung der Richtlinien abzuschließen; anderenfalls kann die Kommission beschließen, mit Gründen versehene Stellungnahmen zu übermitteln.

Bekämpfung von Steuerhinterziehung: neue Vorschriften für die Verwaltungszusammenarbeit zwischen Steuerbehörden im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Plattformen durch Steuerpflichtige

Im März 2021 hat der Rat mit der Richtlinie (EU) 2021/514 („DAC7“) eine Änderung der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden angenommen. Im Rahmen der DAC7 müssen digitale Plattformen wie Websites und mobile Apps, die es Steuerpflichtigen ermöglichen, Waren zu verkaufen, online und offline persönliche Dienstleistungen anzubieten oder Immobilien und Verkehrsmittel zu vermieten, diese Steuerpflichtigen und ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten melden. Die übermittelten Informationen sollen den Steuerbehörden in den Mitgliedstaaten jener Steuerpflichtigen dabei helfen, zu verhindern, dass digitale Plattformen für Steuerhinterziehung oder falsche Angaben genutzt werden. Sämtliche Mitgliedstaaten mussten die Richtlinie bis zum 31. Dezember 2022 in nationales Recht umsetzen und dies der Kommission melden. Die folgenden Mitgliedstaaten haben keine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der DAC7 mitgeteilt oder nur einen Teil der erforderlichen Maßnahmen gemeldet und erhalten daher heute ein Aufforderungsschreiben: Belgien, Estland, Griechenland, Spanien, Kroatien, Italien, Zypern, Lettland, Litauen, Luxemburg, Polen, Portugal, Rumänien und Slowenien.

Verbraucherschutz: Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucherinnen und Verbraucher durch Verbandsklagen

Die Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen soll sicherstellen, dass die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher die Rechte, die ihnen gemäß dem Unionsrecht zustehen, uneingeschränkt wahrnehmen können. Die Richtlinie gibt qualifizierten Einrichtungen die Möglichkeit, Verbandsklagen im Namen von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu erheben, und es werden stärkere Sanktionsbefugnisse für die Verbraucherschutzbehörden der Mitgliedstaaten eingeführt. Mit der Verbandsklage kann eine qualifizierte Einrichtung wie ein Verbraucherverband im Namen einer Gruppe von Personen, die durch unlautere Geschäftspraktiken geschädigt wurden, Rechtsmittel einlegen und beispielsweise eine Entschädigung, Nachbesserung oder Ersatz verlangen. Die Richtlinie ist im Dezember 2020 in Kraft getreten, und die Mitgliedstaaten hatten zwei Jahre Zeit, um sie in nationales Recht umzusetzen und die Kommission darüber zu unterrichten. Zwar wird in den meisten Mitgliedstaaten derzeit an der Verabschiedung entsprechender Rechtsvorschriften gearbeitet, zahlreiche Mitgliedstaaten haben es jedoch versäumt, bis zum 25. Dezember 2022 nationale Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie mitzuteilen. Daher werden die folgenden Länder Aufforderungsschreiben erhalten: Belgien, Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Deutschland, Estland, Irland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Kroatien, Italien, Zypern, Lettland, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Finnland und Schweden.

EU-Vorschriften für Pflanzen: Bedingungen für die Prüfung bestimmter landwirtschaftlicher Pflanzen- und Gemüsesorten

Im Juni 2022 wurden mit der Richtlinie (EU) 2022/905 die Bedingungen für die Prüfung bestimmter landwirtschaftlicher Pflanzen- und Gemüsesorten und die Merkmale, die Gegenstand dieser Prüfungen sind, geändert. Die Mitgliedstaaten hatten bis zum 31. Dezember 2022 Zeit, um die erforderlichen nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu erlassen. Zypern und die Slowakei haben die Richtlinie nicht innerhalb dieser Frist in nationales Recht umsetzt und erhalten daher ein Aufforderungsschreiben.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 27.01.2023

Stellungnahme: Schärfere Sanktionierung von Verstößen gegen restriktive EU-Maßnahmen

Die Europäische Kommission führt zurzeit eine Konsultation zu dem Entwurf einer Richtlinie zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union durch. Nach Auffassung der Kommission weicht die Einstufung eines Verstoßes gegen das europäische Recht über restriktive Maßnahmen der Europäischen Union als Straftatbestand in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten erheblich voneinander ab. Dies und die Höchstdauer der Freiheitsstrafen und Geldbußen sollen nun harmonisiert werden.

WP/vBP sind zurzeit betroffen aufgrund des Verbotes zur Erbringung von Abschlussprüfungs-, Buchhaltungs- und Steuerberatungsleistungen bei russischen Unternehmen nach Art. 5n der Verordnung (EU) 833/2014.

Auch das BMWK hat zu diesem Richtlinienentwurf konsultiert. Dies nahm die WPK zum Anlass, sich gegen eine verschärfte Haftung für WP/vBP und eine zusätzliche Sanktionierung nach der EU-Geldwäscherichtline auszusprechen.

Keine verschärfte Haftung für WP/vBP

Nach Art. 3 Abs. 3 des Richtlinienentwurfs sollen künftig auch grob fahrlässig begangene Handlungen als Straftat geahndet werden. Zusätzlich soll nach Art. 8 b) als erschwerender Umstand berücksichtigt werden, wenn eine Straftat von einem professionellen Dienstleister unter Verletzung seiner beruflichen Pflichten begangen wurde. Zudem soll das Strafmaß, das für den Berufsstand im Fall eines Verstoßes anzuwenden wäre, deutlich angehoben werden.

Dies würde eine Verschärfung der Haftung für WP/vBP bedeuten. Zur Verdeutlichung ist das Beispiel des Verstoßes gegen das Verbot zur Erbringung von Steuerberatungs-, Buchhaltungs- oder Abschlussprüfungsleistungen bei russischen Unternehmen zu nennen. Nach deutschem Recht greift bei Vorsatz ein Straftatbestand, bei Fahrlässigkeit stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b), § 19 Abs. 1 Nr. 1 AWG).

Die WPK hat in ihrer Stellungnahme die Sinnhaftigkeit einer solchen mehrfach verschärften Haftung für WP/vBP in Frage gestellt.

Keine zusätzliche Sanktionierung nach der Geldwäscherichtlinie

Art. 17 des Richtlinienentwurfs soll den in der Geldwäscherichtlinie vorgesehenen Vortatenkatalog um Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union erweitern. Hiergegen hat sich die WPK ebenfalls ausgesprochen, zumal mit einem Verstoß gegen ein Dienstleistungsverbot nicht zwangsläufig auch ein Verstoß gegen Geldwäschevorschriften verbunden ist.

Quelle: WPK, Mitteilung vom 27.01.2023

Aktualisierte Bescheinigungen für die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung

Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden (§ 35c EStG) – Bescheinigung des ausführenden Fachunternehmens – Bescheinigung für Personen mit Ausstellungsberechtigung nach § 88 Gebäudeenergiegesetz (GEG) – Neufassung des BMF-Schreibens vom 15. Oktober 2021 (BStBl I S. 2026)

Mit der Steuerermäßigung des § 35c Einkommensteuergesetz werden energetische Maßnahmen an zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden gefördert. Das BMF-Schreiben enthält Muster für die hierfür von Fachunternehmen und Personen mit Ausstellungsberechtigung nach § 88 Gebäudeenergiegesetz (GEG) auszustellenden Bescheinigungen.

Für energetische Maßnahmen, mit denen nach dem 31. Dezember 2020 begonnen wurde, ersetzt dieses Schreiben das BMF-Schreiben vom 15. Oktober 2021 (BStBl I S. 2026). Bescheinigungen, die bis zum Tag der Veröffentlichung des vorliegenden BMF-Schreibens für nach dem 31. Dezember 2020 begonnene energetische Maßnahmen auf Grundlage der Muster des BMF-Schreibens vom 15. Oktober 2021 ausgestellt wurden, behalten ihre Gültigkeit.

Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-2296-c / 20 / 10003 :006 vom 26.01.2023

Gesetzliche Neuregelungen im Februar 2023

Mehr Trinkbrunnen im öffentlichen Raum, keine Maskenpflicht im Fernverkehr mehr, Hausgrillen als Lebensmittel zugelassen – und bei der Wahl des Europaparlaments dürfen in Deutschland künftig auch 16- und 17-Jährige ihre Stimme abgeben. Diese und weitere Regelungen treten im Februar in Kraft.

Gesundheit

Maskenpflicht im Fernverkehr entfällt

Ab dem 2. Februar müssen Reisende in Zügen und Bussen des öffentlichen Fernverkehrs keine Coronaschutz-Maske mehr tragen.

Corona: Änderungen Arbeitsschutz, Krankschreibung, Grundsicherung

Die Corona-Arbeitsschutzverordnung läuft zum 2. Februar vorfristig aus. Der erleichterte Zugang zu Grundsicherung und die telefonische Krankschreibung sind weiterhin möglich.

Corona-Testpflicht für Einreisende aus China

Mit Blick auf die Infektionswelle in China hat das Bundeskabinett eine Änderung der Coronavirus-Einreiseverordnung beschlossen. Unter anderem gilt seit dem 7. Januar 2023 für Einreisende aus China eine Testpflicht.

Umwelt

Künftig mehr Trinkwasserbrunnen in der Öffentlichkeit

Allen Bürgerinnen und Bürgern soll im öffentlichen Raum der Zugang zu qualitativ hochwertigem Trinkwasser ermöglicht werden – das ist Ziel der EU-Trinkwasser-Richtlinie. Sofern technisch machbar und dem lokalen Bedarf entsprechend, sollen Kommunen Trinkwasserbrunnen aufstellen – beispielsweise in Parks, Fußgängerzonen und in Einkaufspassagen. Das Gesetz ist am 12. Januar 2023 in Kraft getreten.

Ende von Energiesparlampen mit Quecksilber

Quecksilber darf seit über 15 Jahren nicht mehr in Elektro- oder Elektronikgeräten verwendet werden. Bisher gab es noch Ausnahmen für einige Typen von Leuchtstofflampen. Ab 2023 verbietet das EU-Recht nun endgültig die weitere Produktion dieser Lampen. Vorhandene Lagerware darf noch verkauft und erworben werden.

Rente

Härtefallfonds – Einmalzahlungen beantragen

Der Härtefallfonds richtet sich an einige Rentnerinnen und Rentner aus Ostdeutschland, Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie an jüdische Zuwanderinnen und Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Betroffene mit geringen Renten können eine Einmalzahlung von 2.500 Euro erhalten: Die Antragsformulare sind online verfügbar.

Verbraucherschutz

Hausgrille als Lebensmittel zugelassen

Zu Pulver verarbeitete Hausgrillen dürfen seit kurzem und Larven des Getreideschimmelkäfers ab dem 26. Januar 2023 im Essen enthalten sein. Wenn Insekten verwendet werden, muss das auf der Zutatenliste der Produkte gekennzeichnet sein.

Energie

Mehr Windenergie für Deutschland

Bis 2030 soll sich die Strommenge aus erneuerbaren Energien verdoppeln. Dabei spielt die Windkraft eine wichtige Rolle. Das „Wind-an-Land-Gesetz“ schreibt verbindliche Flächenziele für die Bundesländer vor. Planungs- und Genehmigungsverfahren werden beschleunigt. Es tritt am 1. Februar 2023 in Kraft.

Wahlrecht

Ab 16 Europa-Parlament wählen

Bei der Wahl des Europaparlaments dürfen in Deutschland künftig auch 16- und 17-Jährige ihre Stimme abgeben. Die nächste Europawahl findet bereits im Frühjahr 2024 statt.

Wirtschaft

Die meisten Zölle zwischen der EU und Kanada fallen weg

Durch das CETA-Freihandelsabkommen (umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen) zwischen EU und Kanada können Unternehmen ihre Produkte auf beiden Märkten leichter anbieten und verkaufen. Dafür sind zum Beispiel knapp 98 Prozent der Zölle zwischen beiden Volkswirtschaften weggefallen. Die positiven Effekte des neuen Abkommens: robustere Lieferketten, ein besserer Zugang zu wichtigen Rohstoffen, klimafreundliche Technologien und Vorprodukte, Chancen für neue Arbeitsplätze sowie idealerweise niedrigere Preise.

Quelle: Bundesregierung, Mitteilung vom 26.01.2023

Entwurf eines BMF-Schreibens zum Nullsteuersatz für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen

Das BMF hat am 26.01.2023 den Entwurf eines BMF-Schreibens zum Nullsteuersatz für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen (§ 12 Abs. 3 UStG) veröffentlicht.

Durch das Jahressteuergesetz 2022 (BStBl I 2023 S. 2294) wurde der Nullsteuersatz für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen (§ 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG) eingeführt. Nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 0 Prozent für die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister (MAStR) nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt oder betragen wird.

Die Regelung ist am 01.01.2023 in Kraft getreten. Auch die Einfuhr, der innergemeinschaftliche Erwerb und die Installation unterliegt dem Nullsteuersatz, wenn es sich um begünstigte Solarmodule, Speicher oder wesentliche Komponenten i. S. des § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG handelt.

Das BMF geht in diesem Entwurf auf Fragen der Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe ein:

  • Ein Unternehmer konnte eine vor dem 01.01.2023 angeschaffte Photovoltaikanlage voll seinem Unternehmen zuordnen (vgl. Abschnitt 2.5 Abs. 13 UStAE). Wenn er auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG verzichtet hat, ist er zum vollen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung berechtigt. Der dezentral (privat) verbrauchte Strom unterliegt dann der Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, wodurch der rechtlich zunächst zulässige Vorsteuerabzug systemgerecht nachgelagert ausgeglichen wird. Auch nach dem 31.12.2022 ist in diesen Fällen wie bisher weiterhin grundsätzlich eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern.
  • Erwirbt ein Unternehmer ab dem 01.01.2023 eine Photovoltaikanlage unter Anwendung des Nullsteuersatzes, erübrigt sich mangels Steueranfall (Steuersatz 0 %) ein Vorsteuerabzug. Anders als in den Altfällen ist daher für ein systemgerechtes Ergebnis kein Ausgleich eines Vorsteuerabzuges erforderlich. Die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG liegen nicht vor. Anders als bisher erfolgt in diesen Fällen daher keine Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe. Auch die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer Photovoltaikanlage, die ab dem 01.01.2023 unter Anwendung des Nullsteuersatzes erworben wurde, stellt keine unentgeltliche Wertabgabe dar.
  • Die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer Photovoltaikanlage, die vor dem 01.01.2023 erworben wurde und die zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, unterliegt nach § 3 Abs. 1b UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer. Eine Entnahme ist nur möglich, wenn mindestens 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Unter den übrigen Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG unterliegt diese unentgeltliche Wertabgabe dem Nullsteuersatz.

Die Regelungen des Schreibens sollen erstmals auf Umsätze anzuwenden sein, die nach dem 31. Dezember 2022 bewirkt werden.

Quelle: BMF, Entwurf eines Schreibens III C 2 – S-7220 / 22 / 10002 :010 vom 26.01.2023

Anwendungsfragen zur Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art (BgA) und Eigengesellschaften von jPdöR

Das BMF hat am 26.01.2023 ein Schreiben zu Anwendungsfragen zu den Regelungen im JStG 2009 zur Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art (BgA) und Eigengesellschaften von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) veröffentlicht.

Darin wird die zeitliche Übergangsregelung des BMF-Schreibens vom 15.12.2021 (Az. IV C 2 – S 2706/19/10008 :001, BStBl I 2021 S. 2483) zu den Auswirkungen des BFH-Urteils vom 10.12.2019 (Az. I R 58/17, BStBl II 2021 S. 945) für jPdöR bis zum 31.12.2024 verlängert.

Diese Verlängerung gilt allerdings nur, wenn die Norm des § 2b UStG für die juristische Person des öffentlichen Rechts noch keine Anwendung findet und für den betreffenden Verpachtungs-BgA bereits bis zum 31.12.2022 von der bisherigen Übergangregelung des BMF-Schreibens vom 15.12.2021 (a. a. O.) Gebrauch gemacht wurde.

Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 2 – S-2706 / 19 / 10008 :001 vom 26.01.2023

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