BFH: Umsatzsteuerbefreiung für medizinische Hotline bei Gesundheitstelefon und Patientenbegleitprogrammen zweifelhaft

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel, ob telefonische Beratungsleistungen, die eine GmbH im Auftrag von gesetzlichen Krankenkassen durch „Gesundheitscoaches“ ausführt, als Heilbehandlungen gelten können. Er hat mit Beschluss vom 18. September 2018 XI R 19/15 den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung gebeten.

Im Streitfall betrieb die Klägerin im Auftrag gesetzlicher Krankenkassen ein sog. Gesundheitstelefon zur Beratung von Versicherten in medizinischer Hinsicht. Sie führte zudem Patientenbegleitprogramme durch, bei denen bestimmte Versicherte auf der Basis von Abrechnungsdaten und Krankheitsbildern über eine medizinische Hotline situationsbezogene Informationen zu ihrem Krankenbild erhielten. Die telefonischen Beratungsleistungen wurden durch Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte erbracht, die größtenteils auch als „Gesundheitscoach“ ausgebildet waren. In ca. einem Drittel der Fälle wurde ein Arzt hinzugezogen, der die Beratung übernahm bzw. bei Rückfragen Anweisungen oder eine Zweitmeinung erteilte.

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie 2006/112/EG) sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden, steuerfrei. Dem entspricht § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes, der entsprechend der Richtlinie auszulegen ist.

Der BFH vertritt in dem Vorlagebeschluss die Auffassung, dass die im Rahmen des Gesundheitstelefons erbrachten Leistungen bei engem Verständnis der Befreiungsvorschriften nicht in deren Anwendungsbereich fallen: Es stehe weder fest, ob sich an die Beratung eine ärztliche Heilbehandlung anschließt noch ob sie als Erstberatung Bestandteil einer komplexen Heilbehandlung werden; außerdem erfolge die Information der Anrufenden im Gegensatz zu den Patientenbegleitprogrammen nicht auf der Grundlage vorheriger medizinischer Feststellungen oder Anordnungen. Ferner sei fraglich, ob die für herkömmliche Heilbehandlungen von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten Qualifikationsmerkmale eines ärztlichen und arztähnlichen Berufs (Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG) auch für solche Heilbehandlungen gelten, die ohne persönlichen Kontakt erbracht werden, oder ob es – z. B. für Leistungen im Bereich der Telemedizin – zusätzlicher Anforderungen bedarf.

Mit dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH soll damit vom EuGH geklärt werden, ob eine steuerbefreite Tätigkeit vorliegt, wenn ein Steuerpflichtiger (Unternehmer) im Auftrag von Krankenkassen Versicherte zu verschiedenen Gesundheits- und Krankheitsthemen telefonisch berät. Außerdem ist die Frage zu beantworten, ob es für den erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweis ausreicht, dass die telefonischen Beratungen von „Gesundheitscoaches“ (medizinischen Fachangestellten, Krankenschwestern) durchgeführt werden und (nur) in ca. einem Drittel der Fälle ein Arzt hinzugezogen wird.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 3/19 vom 23.01.2019 zum Beschluss XI R 19/15 vom 18.09.2018

Steuerfreiheit von Jobtickets und Dienstfahrrädern sowie weitere Förderung der E-Mobilität

Am 11. Dezember 2018 wurden mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl. I S. 2338) unterschiedliche Maßnahmen zur gezielten Förderung der umweltfreundlichen Mobilität umgesetzt. Sie betreffen die Steuerfreiheit von Jobtickets und Dienstfahrrädern sowie die weitere Förderung der Elektromobilität.

Jobtickets

Mit der Steuerbefreiung für Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr zwischen der Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte sowie für entsprechende Sachbezüge wurde ab 2019 eine Steuerbefreiungsvorschrift wieder eingeführt. Die Steuerbegünstigung gilt nunmehr auch für private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr.

Die Steuerbefreiung hat zum Ziel, die Arbeitgeber zu diesen ökologisch sinnvollen Leistungen zusätzlich zum ohnehin vereinbarten Arbeitslohn zu animieren. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen verstärkt zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr veranlasst werden, um die durch den motorisierten Individualverkehr entstehenden Umwelt- und Verkehrsbelastungen sowie den Energieverbrauch zu senken.

Fahrräder

Die Nutzung von Fahrrädern und Elektrofahrrädern ist aus ökologischer Sicht sinnvoll. Um auch hier steuerliche Anreize zu setzen, wird die private Nutzung eines betrieblichen Fahrrades oder Elektrofahrrads nicht besteuert.

Diese neue Steuerbefreiung gilt jedoch nicht für solche Elektrofahrräder, die verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen sind (wie z. B. Elektrofahrräder, deren Motor auch Geschwindigkeiten über 25 km/h unterstützt). Für diese gelten die Regelungen der Dienstwagenbesteuerung.

Dienstwagenbesteuerung

Wenn ein Steuerpflichtiger ein betriebliches Kraftfahrzeug auch für private Zwecke nutzt, muss er diesen Nutzungsvorteil als Entnahme oder geldwerten Vorteil versteuern. Die Höhe dieses Vorteils wird mit der sog. Listenpreisregelung ermittelt und beträgt grundsätzlich ein Prozent des inländischen Brutto-Listenpreises des Kraftfahrzeuges im Zeitpunkt der Erstzulassung für jeden Monat der Nutzung/Nutzungsmöglichkeit.

Zur Förderung von Elektro- und extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen wird der Vorteil aus der Nutzung solcher Fahrzeuge nur noch zur Hälfte besteuert. Das gilt für Hybridelektrokraftfahrzeuge nur dann, wenn diese eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer haben oder deren rein elektrische Reichweite mindestens 40 Kilometer beträgt (Fahrzeuge im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 des EmoG). Führt der Steuerpflichtige ein Fahrtenbuch, werden die Aufwendungen, die auf die Anschaffung entfallen (z. B. Abschreibungen oder Leasingraten) bei der Ermittlung der Gesamtkosten nur zur Hälfte berücksichtigt. Der Anreiz wird für Fahrzeuge gewährt, die im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2021 angeschafft, geleast oder erstmalig zur privaten Nutzung überlassen werden.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 21.01.2019

Lohnsteuer: Sachbezugswert für arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten

Zur Anwendung der Regelungen von R 8.1 Abs. 7 Nr. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) zu Kantinenmahlzeiten und Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) bei arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

1. Ansatz des maßgebenden amtlichen Sachbezugswerts

Bestehen die Leistungen des Arbeitgebers in einem arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeitsrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarten Anspruch des Arbeitnehmers auf arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten, ist als Arbeitslohn nicht der Zuschuss, sondern die Mahlzeit des Arbeitnehmers mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) anzusetzen, wenn sichergestellt ist, dass

  1. tatsächlich arbeitstäglich eine Mahlzeit (Frühstück, Mittag- oder Abendessen) durch den Arbeitnehmer erworben wird. Lebensmittel sind nur dann als Mahlzeit anzuerkennen, wenn sie zum unmittelbaren Verzehr geeignet oder zum Verbrauch während der Essenpausen bestimmt sind,
  2. für jede Mahlzeit lediglich ein Zuschuss arbeitstäglich (ohne Krankheitstage, Urlaubsage und – vorbehaltlich Buchst. e) – Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer eine Auswärtstätigkeit ausübt) beansprucht werden kann,
  3. der Zuschuss den amtlichen Sachbezugswert der Mahlzeit um nicht mehr als 3,10 Euro übersteigt,
  4. der Zuschuss den tatsächlichen Preis der Mahlzeit nicht übersteigt und
  5. der Zuschuss nicht von Arbeitnehmern beansprucht werden kann, die eine Auswärtstätigkeit ausüben, bei der die ersten drei Monate (§ 9 Abs. 4a Satz 6 und 7 EStG) noch nicht abgelaufen sind (BMF-Schreiben vom 5. Januar 2015, BStBl I Seite 119).

Dies gilt auch dann, wenn keine vertraglichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und dem Unternehmen (Gaststätte oder vergleichbarer Einrichtung), das die bezuschusste Mahlzeit abgibt, bestehen. Die Regelungen von R 8.1 Abs. 7 Nr. 4 Buchst. a Satz 3 und 4 (sog. 15er-Regelung) sowie Buchst. b und c LStR sind entsprechend anzuwenden. Die 15er-Regelung gilt für maximal 15 Zuschüsse zu Mahlzeiten (insgesamt für Frühstück, Mittag- und Abendessen) im Kalendermonat.

Der Arbeitgeber hat die vorstehenden Voraussetzungen nachzuweisen; der Nachweis der Verwendung des Zuschusses ausschließlich zum Erwerb einer Mahlzeit im Sinne des Buchstaben a) kann dabei auch durch Vorlage entsprechender vertraglicher Vereinbarungen zwischen dem Unternehmen, das die bezuschusste Mahlzeit abgibt, und dem Arbeitgeber oder dem mit der Verwaltung der Zuschüsse beauftragten Unternehmen geführt werden.

Dem Arbeitgeber bleibt es unbenommen, entweder die ihm vom Arbeitnehmer vorgelegten Einzelbelegnachweise manuell zu überprüfen oder sich entsprechender elektronischer Verfahren zu bedienen (z. B. wenn ein Anbieter die Belege vollautomatisch digitalisiert, prüft und eine monatliche Abrechnung an den Arbeitgeber übermittelt, aus der sich dieselben Erkenntnisse wie aus Einzelbelegnachweisen gewinnen lassen). Der Arbeitgeber hat die Belege oder die Abrechnung zum Lohnkonto aufzubewahren.

2. Pauschalierung der Lohnsteuer

Es bestehen bei Vorliegen der Voraussetzungen der Tz. 1 keine Bedenken, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer entsprechend § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG pauschal erhebt, auch wenn keine vertraglichen Beziehungen zu dem Unternehmen bestehen, das die bezuschusste Mahlzeit abgibt.

3. Arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten für Home Office-Mitarbeiter und für Teilzeitkräfte

Arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten sind bei Vorliegen der Voraussetzungen der Tz. 1 auch dann mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert anzusetzen, wenn sie an Arbeitnehmer geleistet werden, die ihre Tätigkeit in einem Home Office verrichten oder nicht mehr als sechs Stunden täglich arbeiten, auch wenn die betriebliche Arbeitszeitregelung keine entsprechenden Ruhepausen vorsieht.

4. Einzelkauf von Bestandteilen einer Mahlzeit

Arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten sind bei Vorliegen der Voraussetzungen der Tz. 1 auch dann mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert anzusetzen, wenn der Arbeitnehmer einzelne Bestandteile seiner Mahlzeit bei verschiedenen Akzeptanzstellen erwirbt.

5. Erwerb auf Vorrat

Je Arbeitstag und je bezuschusster Mahlzeit (Frühstück, Mittag- oder Abendessen) kann nur ein Zuschuss mit dem amtlichen Sachbezugswert angesetzt werden. Erwirbt der Arbeitnehmer am selben Tag weitere Mahlzeiten für andere Tage auf Vorrat, sind hierfür gewährte Zuschüsse als Barlohn zu erfassen. Gleiches gilt für den Einzelkauf von Bestandteilen einer Mahlzeit auf Vorrat.

Dieses Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 24. Februar 2016 (BStBl I Seite 238) und ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2334 / 08 / 10006-01 vom 18.01.2019

Grundsteuer: Allgemeinverfügung zur Zurückweisung der Einsprüche zur Einheitsbewertung des Grundvermögens

Das BMF hat die Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder zur Zurückweisung der wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung des Grundvermögens eingelegten Einsprüche und gestellten Änderungsanträge veröffentlicht.

Aufgrund

  • des § 367 Absatz 2b und des § 172 Abs. 3 der Abgabenordnung sowie
  • des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12 – (BGBl I S. 531) und
  • der Urteile des Bundesfinanzhofs vom 16. Mai 2018 – II R 16/13 – (BStBl II S. 690), – II R 37/14 – (BStBl II S. 692) und – II R 14/13 – (BFH/NV S. 1245)

ergeht folgende Allgemeinverfügung:

Am 18. Januar 2019 anhängige und zulässige Einsprüche gegen die Feststellung des Einheitswerts für inländischen Grundbesitz oder die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags werden hiermit zurückgewiesen, soweit mit den Einsprüchen geltend gemacht wird, die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens (§ 19 Abs. 1, §§ 68 und 70, § 129 Abs. 2 BewG) verstoßen gegen das Grundgesetz.

Entsprechendes gilt für am 18. Januar 2019 anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte und zulässige Anträge auf Aufhebung oder Änderung der Feststellung eines Einheitswerts für inländischen Grundbesitz sowie für Anträge auf Fortschreibung des Einheitswerts (§ 22 BewG) und für Anträge auf Aufhebung oder Änderung der Festsetzung eines Grundsteuermessbetrags oder auf Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags (§ 17 GrStG).

Zusatz der obersten Finanzbehörden der Länder Berlin, Bremen und Hamburg:

Vorstehende Regelung gilt entsprechend für Einsprüche gegen die Grundsteuerfestsetzung sowie Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Grundsteuerfestsetzung.

Quelle: FinMin Baden-Württemberg, Erlass (koordinierter Ländererlass) 3 – S-0625 / 6 vom 18.01.2019

 

Verwaltungsregelung zur Anwendung des Umsatzsteuergesetzes – Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE)

Auf Grund der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Aufhebung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Umsatzsteuergesetzes (Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 – UStR 2008) vom 6. Oktober 2010 (Bundesanzeiger Nr. 165 vom 29. Oktober 2010, BStBl I S. 769) werden die UStR 2008 mit Wirkung vom 1. November 2010 aufgehoben. An ihre Stelle tritt der – zeitlich nicht befristete – Umsatzsteuer-Anwendungserlass.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des Umsatzsteuergesetzes die im Schreiben aufgeführte Regelung (Umsatzsteuer-Anwendungserlass – UStAE).

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7015 / 10 / 10002 vom 14.12.2018

Solizuschlag-Freigrenze soll 2021 steigen

Die Freigrenze beim steuerlichen Solidaritätszuschlag soll 2021 angehoben werden. Dies teilt die Bundesregierung unter Berufung auf eine entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag in ihrer Antwort ( 19/6780 ) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ( 19/6382 ) mit. Derzeit beträgt diese Freigrenze 972 Euro bei Einzelveranlagung und 1.994 Euro bei Zusammenveranlagung. Diese Freigrenze war zuletzt ab 2002 umgestellt und geglättet worden. Zuvor hatte sie 1.836 Deutsche Mark bei Einzelveranlagung (3.672 Mark bei Zusammenveranlagung) betragen. Etwa sechs Millionen Steuerpflichtige würden unter die Freigrenze fallen, geht aus der Antwort hervor. Die jährlichen Steuermindereinnahmen würden auf 260 Millionen Euro geschätzt. Eine Anhebung der Freigrenze um 30 Prozent wurde zu jährlichen Steuermindereinnahmen von 145 Millionen Euro führen. Bei einer Anhebung um 50 Prozent wären es 255 Millionen Euro und bei einer Verdoppelung rund 580 Millionen Euro.

Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 17.01.2019Deutscher Bundestag, hib-Nr. 61/2019

Aufhebung der gleich lautenden Erlasse zur vorläufigen Einheitswertfeststellung und zur vorläufigen Festsetzung des Grundsteuermessbetrags vom 18. Mai 2015

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12, 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14 und 1 BvL 1/15 – (BGBl. I S. 531) die §§ 19, 20, 21, 22, 23, 27, 76 79 Abs. 5, § 93 Abs. 1 Satz 2 BewG in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 22. Juli 1970 (BGBl. I S. 1118), soweit sie bebaute Grundstücke außerhalb des Bereichs der Land- und Forstwirtschaft und außerhalb des in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiets betreffen, für Zeiträume nach dem 31. Dezember 2001 für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Es hat den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die als unvereinbar mit dem Grundgesetz festgestellten Regeln über die Einheitsbewertung weiter angewandt werden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 angewandt werden.

Von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht betroffen ist die Regelung des § 129 Abs. 2 BewG. Weitere die Verfassungsmäßigkeit des § 129 Abs. 2 BewG betreffende Verfahren sind jedoch nicht anhängig.

Die gleich lautenden Erlasse vom 18. Mai 2015 (BStBl I S. 439) werden daher mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.

Quelle: FinMin Baden-Württemberg, Erlass (koordinierter Ländererlass) 3 – S-0338 / 66 vom 17.01.2019

Besondere Ergebnisbeteiligung beim Eintritt in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft

Einem Gesellschafter, der unterjährig in eine vermögensverwaltende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eintritt, kann der auf ihn entfallende Einnahmen- oder Werbungskostenüberschuss für das gesamte Geschäftsjahr zuzurechnen sein. Allerdings muss dies mit Zustimmung aller Gesellschafter bereits im Vorjahr vereinbart worden sein, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 25. September 2018 IX R 35/17 entschieden hat.

Im Streitfall waren an einer GbR mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung drei Gesellschafter zu jeweils einem Drittel beteiligt. Einer der Gesellschafter veräußerte seinen Anteil an einen neu eintretenden Gesellschafter. Nach dem im Oktober 1997 geschlossenen notariellen Vertrag sollte die Übertragung der Gesellschafterrechte mit Kaufpreiszahlung noch in diesem Jahr erfolgen. Der Kaufpreis wurde aber erst am 30. Juni 1998 gezahlt. Deshalb kam es erst zu diesem Zeitpunkt zum Gesellschafterwechsel.

Im Jahr 1998 entstand bei der GbR ein Verlust in Höhe von ca. 0,6 Mio. Euro. Das Finanzamt verteilte diesen Verlust zu jeweils einem Drittel auf die verbleibenden Gesellschafter und zu je einem Sechstel auf den ausgeschiedenen und den neu eingetretenen Gesellschafter. Die vom neu eingetretenen Gesellschafter beim Finanzgericht (FG) erhobene Klage, mit der dieser eine Zurechnung eines Drittels des Verlusts des gesamten Geschäftsjahres begehrte, hatte Erfolg.

Der BFH hat die Entscheidung des FG bestätigt und dem neu eingetretenen Gesellschafter den seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verlust des gesamten Geschäftsjahres 1998 zugesprochen. Grundsätzlich richtet sich die Verteilung des Ergebnisses bei einer vermögensverwaltenden GbR nach den Beteiligungsverhältnissen. Danach wäre der Kläger nur zu einem Sechstel beteiligt gewesen, weil seine Beteiligung von einem Drittel nur für ein halbes Jahr bestand.

Von dieser gesetzlichen Regelung können die Gesellschafter jedoch in engen Grenzen auf vertraglicher Grundlage abweichen. Voraussetzung ist, dass die von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Verteilung für zukünftige Geschäftsjahre getroffen wird und dass ihr alle Gesellschafter zustimmen. Sie muss zudem ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis haben und darf nicht rechtsmissbräuchlich sein. Werden diese Voraussetzungen eingehalten, können auch während des Geschäftsjahres eintretende Gesellschafter an dem vor ihrem Eintritt erwirtschafteten Ergebnis beteiligt werden. Der BFH hat seine bisherige Rechtsauffassung insoweit gelockert. Nicht entschieden hat der BFH, ob bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft eine Änderung der Ergebnisverteilung auch während des laufenden Geschäftsjahres mit schuldrechtlicher Rückbeziehung auf dessen Beginn steuerrechtlich anzuerkennen ist.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 2/19 vom 16.01.2019 zum Urteil IX R 35/17 vom 25.09.2018

Kommission plädiert für schrittweise Abkehr von einstimmiger EU-Steuerpolitik

Die Kommission hat am 15.01.2019 die Debatte über die Reform des Beschlussfassungsverfahrens in der EU-Steuerpolitik angestoßen. Gegenwärtig müssen die Mitgliedstaaten in diesem Bereich einstimmig beschließen. Oftmals kann jedoch bei wichtigen Steuerinitiativen keine Einstimmigkeit erzielt werden, und wenn doch, führt sie mitunter zu kostspieligen Verzögerungen und suboptimalen politischen Ergebnissen. „Unsere zunehmend globalisierten Volkswirtschaften sind auf moderne und ehrgeizige Steuersysteme angewiesen“, erklärte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. „Ich bin weiterhin nachdrücklich dafür, bei künftigen Fragen der Besteuerung in unserer Union zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit überzugehen und dem Europäischen Parlament eine stärkere Stimme zu geben.“

In der am 15.01.2019 veröffentlichten Mitteilung schlägt die Kommission einen Fahrplan vor, um in bestimmten Bereichen der gemeinschaftlichen Steuerpolitik schrittweise und gezielt zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit (BQM) im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens überzugehen, wie es bereits in den meisten anderen Politikbereichen der EU üblich ist. Diese Möglichkeit ist in den EU-Verträgen vorgesehen.

Bei der Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit wären die Mitgliedstaaten in der Lage, schnellere, wirksamere und demokratischere Kompromisse in Steuerangelegenheiten zu finden, sodass das volle Potenzial dieses Politikbereichs ausgeschöpft würde. Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren würde darüber hinaus sicherstellen, dass das Europäische Parlament einen konkreten Beitrag zu steuerpolitischen Beschlüssen leisten könnte, wodurch die Ansichten der Bürger besser vertreten und die Rechenschaftspflicht erhöht würde.

Die Kommission schlägt nicht vor, die Zuständigkeiten der EU im Bereich der Besteuerung zu ändern oder das Recht der Mitgliedstaaten, nach eigenem Ermessen Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuersätze festzulegen, anzutasten. Vielmehr geht es darum, die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, auf effizientere Weise ihre bereits gebündelte Steuerhoheit auszuüben, um auf diese Weise schneller auf gemeinsame Herausforderungen reagieren zu können.

Kommissionspräsident Juncker hatte sich in seiner letzten Rede zur Lage der Union für einen Übergang zur qualifizierten Mehrheit in Steuerangelegenheiten ausgesprochen. Der Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll, Pierre Moscovici, fügte heute seinerseits hinzu: „Seit der Entstehung der Gemeinschaft vor 60 Jahren ist die EU auf dem Gebiet der Steuerpolitik tätig. Während in den 1950er Jahren die Einstimmigkeit in diesem Bereich mit sechs Mitgliedstaaten noch sinnvoll war, so ist dies heute nicht mehr der Fall. Die Einstimmigkeitsregel im Steuerbereich erscheint zunehmend als politisch anachronistisch, rechtlich problematisch und wirtschaftlich kontraproduktiv. Ich bin mir vollkommen darüber im Klaren, wie heikel dieses Thema ist, aber deswegen dürfen wir die Diskussion nicht tabuisieren. Lassen Sie uns daher heute diese Debatte eröffnen.“

Das Einstimmigkeitsprinzip hat dazu geführt, dass einige wichtige Vorschläge für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Steuergerechtigkeit im Binnenmarkt seit Jahren festgefahren sind. Hinzu kommt, dass das demokratisch gewählte Europäische Parlament in diesem Beschlussfassungsverfahren bislang nur eine beratende Funktion hat.

Der vorgelegte Ansatz würde eine neue Dynamik in der EU-Steuerpolitik entfachen und die Beschlussfassung in diesem Bereich in einer Zeit neu beleben, in der die Zukunft der Steuerpolitik für die internationale Gemeinschaft zu einem brennenden Thema geworden ist. Die Behebung der mit dem derzeitigen Rechtsrahmen verbundenen Schwierigkeiten würde den Ruf der EU als weltweit führende Kraft, wenn es um realistische Lösungen für die steuerpolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts geht, festigen.

In der am 15.01.2019 vorgelegten Mitteilung fordert die Kommission die Staats- und Regierungschefs der EU, das Europäische Parlament und sonstige Akteure auf, zu prüfen, ob ein allmählicher, in vier Schritten erfolgender Übergang zu einem Beschlussfassungsverfahren mit qualifizierter Mehrheit möglich ist. Dieser könnte wie folgt aussehen (weitere Einzelheiten siehe Factsheet):

  • In einem ersten Schritt würden sich die Mitgliedstaaten darauf einigen, bei Maßnahmen, die die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung zwischen den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung verbessern, sowie bei verwaltungsrechtlichen Initiativen zugunsten von Unternehmen in der EU (z. B. harmonisierte Meldepflichten) zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit überzugehen (Schritt 1). Diese Maßnahmen werden in der Regel von allen Mitgliedstaaten begrüßt, sie werden jedoch aus Gründen, die nichts mit der Steuerpolitik zu tun haben, oftmals blockiert.
  • In gleicher Weise sollte in einem zweiten Schritt die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit als nützliches Instrument für die Durchführung von steuerpolitischen Maßnahmen eingesetzt werden, die anderen politischen Zielen zugutekommen, z. B. der Bekämpfung des Klimawandels, dem Umweltschutz oder der Verbesserung der öffentlichen Gesundheit (Schritt 2).

In der am 15.01.2019 vorgelegten Mitteilung wird vorgeschlagen, dass sich die Mitgliedstaaten rasch auf einen Beschluss zur Ausgestaltung der Schritte 1 und 2 einigen.

  • In einem dritten Schritt soll der Rückgriff auf die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit dazu beitragen, die Modernisierung bereits harmonisierter EU-Vorschriften, etwa im Bereich des Mehrwertsteuer- oder Verbrauchsteuerrechts, voranzubringen (Schritt 3). Durch eine raschere Beschlussfassung in diesen Bereichen könnten die Mitgliedstaaten besser auf technologische Entwicklungen und Marktveränderungen reagieren, was sowohl den EU-Ländern als auch den Unternehmen zugutekäme.
  • In einem vierten Schritt würde auch bei großen Steuerprojekten wie der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit übergegangen und ein neues System zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft eingeführt werden (Schritt 4). Beide Maßnahmen müssten dringend umgesetzt werden, um eine faire und wettbewerbsfähige Besteuerung in der EU zu garantieren. So kommt insbesondere die GKKB aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips weiterhin nur sehr langsam voran.

In der am 15.01.2019 vorgelegten Mitteilung wird vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten die Schritte 3 und 4 gegebenenfalls bis Ende 2025 ausgestalten.

Die Maßnahmen in den genannten Bereichen wären im Rahmen der sog. „Überleitungsklausel“ (Artikel 48 Absatz 7 EUV) möglich, wonach unter bestimmten Umständen ein Übergang zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit und zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren möglich ist. Eine Änderung des EU-Vertrags ist hierfür nicht notwendig.

Nächste Schritte

Die Kommission fordert nun die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und alle Interessenträger auf, in einen konstruktiven Dialog über die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit in der Steuerpolitik der EU einzutreten und zeitnah einen pragmatischen Ansatz für eine entsprechende Umsetzung auszuarbeiten.

Insbesondere sind die Staats- und Regierungschefs der EU aufgefordert, den am 15.01.2019 vorgelegten Fahrplan zu billigen und zeitnah Beschlüsse über die Anwendung der in den Verträgen festgelegten einschlägigen Rechtsvorschriften zu treffen.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 15.01.2019

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin