An Verwaltungsratsmitglieder gezahlte Entschädigungen für Zeitaufwand sind steuerpflichtig

Entschädigungen, die an Verwaltungsratsmitglieder für die Abgeltung von Zeitaufwand gezahlt werden, sind steuerpflichtig. Dies hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster mit am 17. Dezember 2018 veröffentlichtem Urteil vom 31. Oktober 2018 (Az. 7 K 1976/17 E) entschieden.

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er war im Streitjahr 2015 Mitglied bzw. alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates einer Krankenkasse und Mitglied der Vertreterversammlung einer weiteren Körperschaft des öffentlichen Rechts. Aufgrund dieser Eigenschaften erhielt der Kläger pauschale Entschädigungen für Zeitaufwand für die Sitzungsteilnahme und für Tätigkeiten im Rahmen der Sitzungsvor- und -nachbereitung von insgesamt rund 7.000 Euro. Das Finanzamt behandelte die Entschädigungen als steuerpflichtige Einnahmen aus selbständiger Arbeit. Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem Argument, dass die an ehrenamtliche Richter gezahlten Entschädigungen für Zeitversäumnis nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht steuerbar seien und deshalb auch die an ihn gezahlten Entschädigungen nicht steuerbar seien.

Der 7. Senat folgte dem Kläger nicht und wies die Klage ab. Die Tätigkeit des Klägers als Mitglied der Selbstverwaltungsorgane der Krankenkasse und der weiteren Körperschaft des öffentlichen Rechts sei ihrer Art nach mit der Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds vergleichbar, da zu seinen Aufgaben insbesondere die Überwachung der Geschäftsführung der jeweiligen Körperschaft gehört habe. Die gewährten Entschädigungen stellten außerdem im Sinne eines Leistungsaustauschs eine Gegenleistung für den vom Kläger erbrachten Arbeitsaufwand bei der Vor- und Nachbereitung sowie der Durchführung der Sitzungen dar. Insofern bestehe keine Vergleichbarkeit mit den Entschädigungen für ehrenamtliche Richter, die nur eine (wesentlich geringere) Entschädigung für die Zeitversäumnis der Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, nicht aber für Tätigkeiten außerhalb ihrer Heranziehung erhielten.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 17.12.2018 zum Urteil 7 K 1976/17 vom 31.10.2018

Enteignung ist keine Veräußerung

Ordnet eine öffentlich-rechtliche Körperschaft (Stadt) die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück auf sich selbst gegen Zahlung einer Entschädigung an, enteignet sie also den Grundstückseigentümer, ist ein hieraus erzielter Gewinn nicht steuerpflichtig. Dies hat der 1. Senat des Finanzgerichts Münster mit am 17. Dezember 2018 veröffentlichtem Urteil vom 28. November 2018 (Az. 1 K 71/16 E) entschieden.

Die miteinander verheirateten Kläger wurden im Streitjahr gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erwarb im Jahr 2005 das Alleineigentum an einem unbebauten Grundstück. Im Jahr 2008 führte die Stadt ein Bodensonderungsverfahren durch und erließ dabei in Bezug auf das Grundstück einen sog. Sonderungsbescheid gegenüber dem Kläger, infolgedessen das Eigentum auf die Stadt übergehen sollte. Als Entschädigung für den Eigentumsübergang zahlte die Stadt einen Betrag von 600.000 Euro an den Kläger.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Enteignung des Grundstücks durch die Stadt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft darstelle, da zwischen Erwerb und Enteignung weniger als zehn Jahre vergangen seien und deshalb ein Veräußerungsgewinn (sog. „Spekulationsgewinn“) von rund 175.000 Euro von den Klägern zu versteuern sei.

Der 1. Senat gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Die hoheitliche Übertragung des Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundstück auf die Stadt sei nicht als Veräußerungsgeschäft anzusehen. Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft setze voraus, dass die Eigentumsübertragung auf eine wirtschaftliche Betätigung des Veräußernden zurückzuführen sei. Hierzu müsse ein auf die Veräußerung gerichteter rechtsgeschäftlicher Wille des Veräußernden vorhanden sein. Ein solcher Wille fehle, wenn ein Grundstück – wie im Streitfall – enteignet werde.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 17.12.2018 zum Urteil 1 K 71/16 vom 28.11.2018

Brexit: Viertes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes verabschiedet

Nachdem der Deutsche Bundestag bereits am 13.12.2018 ein Viertes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes beschlossen hat, hat dieses am 14.12.2018 auch den Bundesrat passiert. Das Gesetz kann damit unmittelbar am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Katarina Barley, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz:

„Es ist nach wie vor unklar, wie sich die innenpolitische Lage in Großbritannien weiterentwickelt. Ein harter Brexit ist nicht ausgeschlossen. Die Unternehmen in Deutschland und Europa müssen daher Vorsorge treffen. Gerade kleinen Unternehmen und Existenzgründern, die sich in der Vergangenheit für die Gründung einer ‚Limited‘ entschieden haben, wollen wir dabei helfen. Deshalb erweitern wir die Möglichkeiten für eine Umwandlung in eine Rechtsform nach deutschem Recht. Die betroffenen Unternehmen müssen eine Umwandlung allerdings noch vor dem Brexit notariell absichern lassen.“

Hintergrund:

Mit den neuen Vorschriften soll Unternehmen in bestimmten englischen Rechtsformen, die ihren Sitz in Deutschland haben, ein erleichterter Wechsel in das deutsche Recht ermöglicht werden. Dazu werden die gegenwärtig bestehenden Möglichkeiten für eine grenzüberschreitende Verschmelzung erweitert. So soll es künftig möglich sein, eine Verschmelzung unmittelbar auf eine Personenhandelsgesellschaft vorzunehmen. Dies soll insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen den Übergang in eine deutsche Rechtsform erleichtern.

Hintergrund des Vorschlags ist, dass Gesellschaften in der Rechtsform der sog. Limited („private company limited by shares“) und solche in der Rechtsform der PLC („public limited company“) mit dem Wirksamwerden des Brexits ihre Rechtsfähigkeit als Limited bzw. PLC zu verlieren drohen. Das kann für die Gesellschafter gravierende Folgen haben. Diese können im Ernstfall eine persönliche Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen auch für Altschulden der Gesellschaft bedeuten. Es wird davon ausgegangen, dass in Deutschland etwa 8.000 bis 10.000 Unternehmen in der Rechtsform einer Limited tätig sind.

Mit dem Gesetzentwurf soll diesen Gesellschaften die Möglichkeit gegeben werden, sich unter Nutzung eines Verschmelzungsverfahrens in eine Kommanditgesellschaft (KG) umzuwandeln. Das kann auch eine GmbH & Co. KG oder eine UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG sein. Letztere bietet den Vorteil, dass in der verbleibenden kurzen Zeit bis zum Brexit nicht das Mindestkapital von 25.000 Euro aufgebracht werden muss, das für eine GmbH-Gründung erforderlich ist.

Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf eine Übergangsvorschrift: Um eine Verschmelzung in eine Rechtsform deutschen Rechts vorzunehmen, ist es ausreichend, wenn die beteiligten Gesellschaften ihren Verschmelzungsplan rechtzeitig vor Wirksamwerden des Brexit notariell beurkunden lassen. Die übrigen Schritte des mehraktigen Verschmelzungsverfahrens können noch danach durchgeführt werden. Der Vollzug durch das Handelsregister muss spätestens nach zwei Jahren beantragt werden. Durch die zusätzlich zur Verfügung stehende Zeit werden Unternehmen und Registergerichte entlastet. Die Übergangsvorschrift gilt sowohl im Fall eines „Hard Brexit“ im März nächsten Jahres, als auch im Fall eines Austrittsabkommens zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich. Kommt es zu einem Austrittsabkommen mit Übergangszeitraum, verlängert sich entsprechend der Zeitraum für eine rechtzeitige notarielle Beurkundung des Verschmelzungsplans bis zum Ablauf der Übergangszeitraum.

Quelle: BMJV, Pressemitteilung vom 14.12.2018

Bausparkasse darf kein Kontoentgelt verlangen

vzbv klagt erfolgreich gegen die LBS Nord

  • Bausparkasse hatte in mehreren Tarifen ein jährliches Kontoentgelt von 18 Euro in der Sparphase eingeführt.
  • Landgericht Hannover: Dem Entgelt steht keine Leistung für den Kunden gegenüber.
  • LBS Nord soll betroffenen Sparern die Unwirksamkeit des Kontoentgelts mitteilen oder das Geld erstatten.

Eine Bausparkasse darf kein jährliches Kontoentgelt dafür verlangen, dass sie Kundeninnen und Kunden die Anwartschaft auf ein Bauspardarlehen verschafft. Das hat das Landgericht Hannover nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen die Landesbausparkasse (LBS) Nord entschieden. Nach Auffassung der Richter steht dem Kontoentgelt keine echte Gegenleistung für Kunden gegenüber.

„Nach der Rechtsprechung war bisher nur klar, dass Bausparkassen keine Kontogebühren für ihre Bauspardarlehen verlangen dürfen“, sagt Jana Brockfeld, Rechtsreferentin beim vzbv. „Das Landgericht Hannover hat jetzt entschieden, dass auch ein Kontoentgelt in der Sparphase eines Bausparvertrags unzulässig ist. Das ist auch für Kunden anderer Bausparkassen wichtig, die vergleichbare Entgelte oder Servicepauschalen zahlen.“

Kontoentgelt nachträglich eingeführt

Die LBS Nord hatte ihre Kunden Ende 2017 über Änderungen der Vertragsbedingungen in mehreren Bauspartarifen informiert. Ab Januar 2018 sollten die Kunden ein Kontoentgelt von 18 Euro im Jahr zahlen. Als Gegenleistung erbringe die Bausparkasse „alle Leistungen, die für eine Verschaffung der Anwartschaft auf das zinssichere Bauspardarlehen erforderlich sind.“

Die Richter schlossen sich der Auffassung des vzbv an, dass das Kontoentgelt die Bausparer unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist. Die Verwaltung der Bausparmittel sowie die Bewertung und Zuteilung von Bausparverträgen seien wesentliche Aufgaben, zu denen eine Bausparkasse gesetzlich und vertraglich verpflichtet sei. Dafür dürfe sie kein Entgelt verlangen. Die Klausel erfasse außerdem den gesamten Verwaltungs- und Kontrollaufwand der Bausparkasse. Solche allgemeinen Betriebskosten könnten generell nicht auf die Kunden abgewälzt werden.

Zinsentwicklung rechtfertigt keine neue Gebühr

Die LBS Nord hatte die Einführung des Entgelts mit der Zinsentwicklung am Kapitalmarkt begründet. Dadurch könne sie die ursprünglich angenommenen Erträge in Tarifen mit relativ hoher Guthabenverzinsung nicht mehr erwirtschaften. Diese Begründung ließen die Richter nicht gelten. Die Bausparkasse dürfe keine Kosten dafür erheben, dass sich ihre Grundannahmen bei der Tarifkalkulation als unzutreffend erwiesen haben. Mit ihrer Zinszusage sei sie ein wirtschaftliches Risiko eingegangen, dass sie nicht auf den Kunden abwälzen könne.

LBS Nord soll betroffene Kunden anschreiben oder Geld erstatten

Die Richter verpflichteten die LBS Nord, betroffene Kunden darüber zu informieren, dass die angekündigte Einführung des Kontoentgelts unwirksam ist. Davon darf die Bausparkasse nur absehen, wenn sie die zu Unrecht eingezogenen Beträge zuzüglich Zinsen erstattet.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Bausparkasse hat die Möglichkeit, Berufung beim Oberlandesgericht Celle einzulegen.

Verbraucherzentrale Sachsen klagt erfolgreich gegen Debeka

Auch die Debeka Bausparkasse AG verliert im Streit um die Servicepauschale vor dem Landgericht Koblenz (Az. 16 O 113/17). Die Verbraucherzentrale Sachsen hatte in zwei Tarifen gegen eine jährliche Servicepauschale in Höhe von 12 bzw. 24 Euro geklagt und Recht bekommen. Betroffene Bausparer können ihre zu Unrecht gezahlten Beträge jetzt zurückfordern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: vzbv, Pressemitteilung vom 18.12.2018 zum Urteil 74 O 19/18 des LG Hannover vom 08.11.2018 (nrkr)

Urteil des LG Hannover vom 08.11.2018, Az. 74 O 19/18 – nicht rechtskräftig

AdV wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Verzinsung nach § 233 AO i. V. m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO für VZ ab 1. April 2012

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs hat am 25. April 2018, IX B 21/18, BStBl II S. 415, in einem Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz Zweifel an der Verfassungskonformität des Zinssatzes nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 geäußert und deshalb die Vollziehung eines Bescheides über Nachforderungszinsen nach § 233a AO gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ausgesetzt.

Nach Auffassung des IX. Senats des Bundesfinanzhofs begegnet die Zinshöhe in § 233a AO in Verbindung mit § 238 Abs. 1 Satz 1 AO durch ihre realitätsferne Bemessung im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz und das Übermaßverbot für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifeln. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz gemäß § 238 Abs. 1 Satz 1 AO überschreite angesichts einer zu dieser Zeit bereits eingetretenen strukturellen und nachhaltigen Verfestigung des niedrigen Marktzinsniveaus den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität in erheblichem Maße.

Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass bei Kreditkartenkrediten für private Haushalte Zinssätze von rund 14 Prozent oder bei Girokontenüberziehungen Zinssätze von rund 9 Prozent anfallen würden. Hierbei handele es sich um Sonderfaktoren, die nicht als Referenzwerte für ein realitätsgerechtes Leitbild geeignet seien und damit einem typisierten Zinssatz nicht zu Grunde gelegt werden dürften.

In seiner Entscheidung vom 3. September 2018, VIII B 15/18, BFH/NV S. 1279, hat sich der VIII. Senat des BFH diesen Erwägungen angeschlossen. Die Aussetzung der Vollziehung müsse sich auf der Grundlage der Entscheidung vom 25. April 2018, a. a. O., auch auf die vorangehenden streitigen Verzinsungszeiträume ab November 2012 erstrecken, da die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes für Verzinsungszeiträume nach 2009 bereits Gegenstand zweier Beschwerdeverfahren vor dem BVerfG sei (1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17). Daher sei unbeachtlich, dass ein anderer Senat des BFH noch mit Urteil vom 9. November 2017 (III R 10/16, BStBl II 2018 S. 255) die Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes für in das Kalenderjahr 2013 fallende Verzinsungszeiträume bestätigt hatte.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

I.

Die BFH-Beschlüsse vom 25. April 2018, a. a. O. und vom 3. September 2018, a. a. O. sind für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2012 (nur) auf Antrag des Zinsschuldners in allen Fällen anzuwenden, in denen gegen eine vollziehbare Zinsfestsetzung, in der der Zinssatz nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO zugrunde gelegt wird, Einspruch eingelegt wurde. Unerheblich ist dabei, zu welcher Steuerart und für welchen Besteuerungszeitraum die Zinsen festgesetzt wurden.

Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes soll nach § 361 Absatz 2 Satz 2 AO grundsätzlich ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Die angeordnete Gewährung der Aussetzung der Vollziehung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2012 ist nicht dahingehend zu verstehen, dass die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder die Verfassungsmäßigkeit des § 238 Abs. 1 Satz 1 AO bezweifeln. Angesichts der bisherigen Nichtannahmebeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Verzinsungsregelung (vgl. Beschlüsse vom 3. September 2009, 1 BvR 2539/07, BFH/NV S. 2115 sowie 1 BvR 1098/08, HFR 2010 S. 66) ist ungewiss, ob das Bundesverfassungsgericht in den Verfahren 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 den Zinssatz von 0,5 Prozent pro Monat bei einer neuerlichen Prüfung unter Berücksichtigung der weiteren Marktzinsentwicklung in den letzten Jahren nun als verfassungswidrig einstufen wird.

II.

Für Verzinsungszeiträume vor dem 1. April 2012 ist Aussetzung der Vollziehung nach § 361 Abs. 2 Satz 2 AO nur zu gewähren, wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte und im Einzelfall ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers zu bejahen ist.

Bei der Prüfung, ob ein solches berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen besteht, ist dieses mit den gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Dabei kommt es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Zinsbescheids eintretenden Eingriffs beim Zinsschuldner und andererseits auf die Auswirkungen einer Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung hinsichtlich des Gesetzesvollzugs und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung an (vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. November 2013, II B 46/13, BStBl II 2014 S. 263; vom 27. August 2002, XI B 94/02, BStBl II 2003 S. 18; vom 20. Juli 1990, III B 144/89, BStBl II 1991 S. 104, und vom 20. Mai 1992, III B 100/91, BStBl II S. 729).

Dem bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestehenden Geltungsanspruch der formell verfassungsmäßig zustande gekommenen Zinsvorschriften ist für Verzinsungszeiträume vor dem 1. April 2012 der Vorrang einzuräumen. Denn die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung würde im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung dieser Zinsvorschriften führen, die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids im Einzelfall eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen sind als eher gering einzustufen und der Eingriff hat keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen (vgl. BFH-Beschluss vom 1. April 2010, II B 168/09, BStBl II S. 558).

III.

Dieses Schreiben tritt mit sofortiger Wirkung an die Stelle des BMF-Schreibens vom 14. Juni 2018 – IV A 3 – S-0465 / 18 / 10005-01 – (BStBl I S. 722).

Es wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

BFH-Beschlüsse vom 25. April 2018 – IX B 21/18 – und vom 3. September 2018 – VIII B 15/18 –

Quelle: BMF, Schreiben IV A 3 – S-0465 / 18 / 10005-01 vom 14.12.2018

Grünes Licht für Lohnkostenzuschüsse beim beruflichen Wiedereinstieg

Staatlich geförderte Jobs sollen Langzeitarbeitslosen ab Beginn des nächsten Jahres den Wiedereinstieg ins Berufsleben erleichtern. Der Bundesrat hat am 14. Dezember 2018 einen Gesetzesbeschluss des Bundestages gebilligt, der zwei neue Arbeitsmarktinstrumente einführt.

Teilhabe am Arbeitsmarkt

Das Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ richtet sich an Personen, die in den vergangenen sieben Jahren mindestens sechs Jahre Hartz IV bezogen haben und mindestens 25 Jahre alt sind. Arbeitslose, die ein minderjähriges Kind haben oder schwerbehindert sind, können den Lohnkostenzuschuss schon nach fünf Jahren Hartz-IV-Bezug gelten machen. Der Zuschuss wird fünf Jahre gewährt. Er beträgt in den ersten zwei Jahren 100 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns. Dann sinkt er um zehn Prozentpunkte pro Jahr. Um den Betroffenen den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben zu erleichtern, erhalten sie von den Jobcentern außerdem ein begleitendes Coaching.

Eingliederung von Langzeitarbeitslosen

Hartz-IV-Empfänger, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind, können über das Instrument „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ Lohnkostenzuschüsse geltend machen. Sie erhalten als staatliche Förderung im ersten Jahr 75 und im zweiten Jahr 50 Prozent des gezahlten Lohnes. Auch für sie ist ein begleitendes Coaching vorgesehen. Außerdem soll es eine Nachbeschäftigungspflicht des Arbeitsgebers nach Ende der Förderung von sechs Monaten geben.

Verkündung und Inkrafttreten

Der Bundespräsident muss das Teilhabechancengesetz noch unterzeichnen, bevor es im Bundesgesetzblatt verkündet werden kann. Es soll zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 14.12.2018

Erbenhaftung des Fiskus für Wohngeldschulden in einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Der Bundesgerichtshof hat am 14.12.2018 entschieden, dass der Fiskus (die öffentliche Hand), der zum gesetzlichen Alleinerben eines Wohnungseigentümers berufen ist, für die nach dem Erbfall fällig werdenden oder durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft begründeten Wohngeldschulden in aller Regel nur mit dem Nachlass haftet.

Sachverhalt:

Die Beklagte ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Das klagende Land (im Folgenden: Kläger) ist gesetzlicher Alleinerbe eines im Juni 2006 verstorbenen Wohnungseigentümers (§ 1936 BGB). Bis Januar 2007 zog der Kläger die Mieten des seinerzeitigen Mieters der Wohnung ein und zahlte an die Beklagte Wohngeld für Januar bis März 2007. Ab Februar 2007 stand die Wohnung leer. Mit Schreiben vom 5. Juni 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, die Wohnung bis zur Veräußerung selbst zu verwalten. Auf seinen Antrag eröffnete das Insolvenzgericht im Juli 2009 das Insolvenzverfahren über den Nachlass des Erblassers. Der eingesetzte Insolvenzverwalter gab die Eigentumswohnung im August 2009 aus der Insolvenzmasse frei. Das Insolvenzverfahren wurde im Mai 2010 aufgehoben. Auf Antrag der Beklagten wurde die Wohnung im April 2011 zwangsversteigert.

Unterdessen erwirkte die Beklagte gegen den Kläger drei Anerkenntnisurteile betreffend das Wohngeld für einen Zeitraum ab September 2009. Aus diesen Urteilen, in denen dem Kläger jeweils die beschränkte Erbenhaftung vorbehalten wurde, betreibt die Beklagte die Zwangsvollstreckung. Mit der Klage (Vollstreckungsgegenklage) möchte der Kläger gestützt auf die sog. Dürftigkeitseinrede gemäß § 1990 Abs. 1 BGB erreichen, dass die Zwangsvollstreckung in sein nicht zum Nachlass gehörendes Vermögen für unzulässig erklärt wird.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat der Revision stattgegeben und das Urteil des Landgerichts aufgehoben. Bei den titulierten Wohngeldschulden handelt es sich nicht um Eigenverbindlichkeiten des Klägers, sondern um Nachlassverbindlichkeiten, die den Kläger grundsätzlich zur Erhebung der Dürftigkeitseinrede gemäß § 1990 Abs. 1 BGB berechtigen.

Andere Erben als der Fiskus haften nach der Rechtsprechung des Senats für die nach dem Erbfall fällig werdenden Wohngeldschulden spätestens dann auch mit ihrem eigenen Vermögen, wenn sie die Erbschaft angenommen haben oder die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist. Dies lässt sich auf die Haftung des zum gesetzlichen Alleinerben berufenen Fiskus nicht übertragen, weil ihm gemäß § 1942 Abs. 2 BGB das Recht versagt ist, die Erbschaft auszuschlagen. Ob ein Verhalten des Fiskus die Qualifizierung der Wohngeldschulden als Eigenverbindlichkeit rechtfertigt, muss deshalb unter Berücksichtigung des Zwecks und der Besonderheiten des Fiskalerbrechts nach anderen Kriterien bestimmt werden. Hiernach stellen Wohngeldschulden in aller Regel nur Nachlassverbindlichkeiten dar. Der Fiskus nimmt eine Ordnungsfunktion wahr. Herrenlose Nachlässe sollen vermieden und eine ordnungsgemäße Nachlassabwicklung soll gesichert werden. In aller Regel wird der Fiskus deshalb bei seinen Handlungen nur seiner gesetzlichen Aufgabe nachkommen, den Nachlass abzuwickeln. Nur wenn der Fiskus seine Rolle als Nachlassabwickler verlässt, er also zu erkennen gibt, die Wohnung zu eigenen Zwecken nutzen zu wollen, ist es gerechtfertigt, die Wohngeldschulden als Eigenverbindlichkeiten zu qualifizieren, bei denen eine Haftungsbeschränkung ausgeschlossen ist. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird durch die Annahme einer Nachlassverbindlichkeit nicht unangemessen benachteiligt. Sie kann nämlich in der Regel ihre Rechte im Wege der Zwangsversteigerung effektiv durchsetzen, weil die Wohngeldansprüche in dem Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigt sind und den Rechten der nachfolgenden Rangklassen – insbesondere denjenigen von Kreditgebern und Vormerkungsberechtigten – vorgehen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze fehlt es hier an einem Verhalten des Klägers, das über die Wahrnehmung der Aufgaben der Verwaltung und der Abwicklung des Nachlasses hinausgeht und den Schluss zulässt, der Kläger wolle die Wohnung für eigene Zwecke nutzen.

Die Sache wurde an das Landgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Dieses hat die von ihm bislang offen gelassene Frage zu klären, ob der Nachlass tatsächlich dürftig i. S. d. § 1990 Abs. 1 BGB ist.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 1936 BGB Gesetzliches Erbrecht des Staates

Ist zur Zeit des Erbfalls kein Verwandter, Ehegatte oder Lebenspartner des Erblassers vorhanden, erbt das Land, in dem der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen letzten Wohnsitz oder, wenn ein solcher nicht feststellbar ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Im Übrigen erbt der Bund.

§ 1942 BGB Anfall und Ausschlagung der Erbschaft

(1) […]

(2) Der Fiskus kann die ihm als gesetzlichen Erben angefallene Erbschaft nicht ausschlagen. entschieden, dass die in einem Landpachtvertrag von dem Pächter als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellte Klausel, wonach ihm „ein Vorpachtrecht“ eingeräumt wird, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist.

§ 1990 BGB Dürftigkeitseinrede des Erben

(1) Ist die Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht tunlich oder wird aus diesem Grunde die Nachlassverwaltung aufgehoben oder das Insolvenzverfahren eingestellt, so kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass nicht ausreicht. Der Erbe ist in diesem Fall verpflichtet, den Nachlass zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben.

(2) […]

§ 10 ZVG Rangordnung der Rechte

(1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1. (…)

1a. (…)

2. bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet.

Quelle: BGH, Pressemitteilung vom 14.12.2018 zum Urteil V ZR 309/17 vom 14.12.2018

Ermäßigter Umsatzsteuersatz für die steuerpflichtigen Einfuhren von Sammlermünzen

Bekanntmachung des Gold- und Silberpreises für das Kalenderjahr 2019

Auf die steuerpflichtigen Einfuhren von Sammlermünzen aus Edelmetallen ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz anzuwenden, wenn die Bemessungsgrundlage für die Umsätze dieser Gegenstände mehr als 250 Prozent des unter Zugrundelegung des Feingewichts berechneten Metallwerts ohne Umsatzsteuer beträgt (§ 12 Abs. 2 Nr. 12 UStG i. V. m. Nr. 54 Buchst. c Doppelbuchst. cc der Anlage 2 zum UStG).

Für die Anwendung der Umsatzsteuerermäßigung im Kalenderjahr 2019 gilt Folgendes:

1. Goldmünzen

Für steuerpflichtige Einfuhren von Goldmünzen muss der Unternehmer zur Bestimmung des zutreffenden Steuersatzes den Metallwert von Goldmünzen grundsätzlich anhand der aktuellen Tagespreise für Gold ermitteln. Maßgebend ist der von der Londoner Börse festgestellte Tagespreis (Nachmittagsfixing) für die Feinunze Gold (1 Feinunze entspricht 31,1035 Gramm). Dieser in US-Dollar festgestellte Wert muss anhand der aktuellen Umrechnungskurse in Euro umgerechnet werden.

Nach Tz. 174 Nummer 1 des Bezugsschreibens kann der Unternehmer aus Vereinfa-chungsgründen jedoch auch den letzten im Monat November festgestellten Goldtagespreis für das gesamte folgende Kalenderjahr zu Grunde legen. Für das Kalenderjahr 2019 ist die Metallwertermittlung dabei nach einem Goldpreis (ohne Umsatzsteuer) von 34.461 Euro je Kilogramm vorzunehmen.

2. Silbermünzen

Bei der Ermittlung des Metallwerts von Silbermünzen kann der Unternehmer nach Tz. 174 Nummer 2 des Bezugsschreibens statt der jeweiligen Tagesnotierung aus Vereinfachungs-gründen den letzten im Monat November festgestellten Preis je Kilogramm Feinsilber für das gesamte folgende Kalenderjahr zu Grunde legen. Für das Kalenderjahr 2019 ist die Wertermittlung dabei nach einem Silberpreis (ohne Umsatzsteuer) von 403 Euro je Kilogramm vorzunehmen.

Diese Bekanntmachung wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 – S-7246 / 14 / 10002 vom 04.12.2018

Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) 2019

Das BMF gibt die für das Jahr 2019 geltenden Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) bekannt:

Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) für das Kalenderjahr 2019

Vorbemerkungen

  1. Die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben werden auf der Grundlage der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Aufwendungen privater Haushalte für Nahrungsmittel und Getränke festgesetzt.
  2. Sie beruhen auf Erfahrungswerten und bieten dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die Warenentnahmen monatlich pauschal zu verbuchen. Sie entbinden ihn damit von der Aufzeichnung einer Vielzahl von Einzelentnahmen (§ 148 Satz 1 Abgabenordnung).
  3. Diese Regelung dient der Vereinfachung und lässt keine Zu- und Abschläge zur Anpassung an die individuellen Verhältnisse (z. B. individuelle persönliche Ess- oder Trinkgewohnheiten, Krankheit oder Urlaub) zu.
  4. Der jeweilige Pauschbetrag stellt einen Jahreswert für eine Person dar. Für Kinder bis zum vollendeten 2. Lebensjahr entfällt der Ansatz eines Pauschbetrages. Bis zum vollendeten 12. Lebensjahr ist die Hälfte des jeweiligen Wertes anzusetzen. Tabakwaren sind in den Pauschbeträgen nicht enthalten. Soweit diese entnommen werden, sind die Pauschbeträge entsprechend zu erhöhen (Schätzung).
  5. Die pauschalen Werte berücksichtigen im jeweiligen Gewerbezweig das allgemein übliche Warensortiment.
  6. Bei gemischten Betrieben (Fleischerei/Metzgerei oder Bäckerei mit Lebensmittelangebot oder Gaststätten) ist nur der jeweils höhere Pauschbetrag der entsprechenden Gewerbeklasse anzusetzen.

Die einzelnen Steuersätze für die jeweiligen Gewerbezweige finden Sie im Schreiben.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 4 – S-1547 / 13 / 10001-06 vom 12.12.2018

Schiffsfondsbeteiligung: Vergleichssumme unterliegt nicht der Kapitalertragssteuer

Ein Abzug von Kapitalertragssteuer durch das Kreditinstitut von einer Vergleichszahlung wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung bei der Zeichnung eines Schiffsfonds ist nicht gerechtfertigt. Das hat der 34. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 23.10.2018 entschieden und damit eine noch in erster Instanz vor dem Landgericht Essen (Az. 6 O 358/17) erfolgreiche Klage eines Kreditinstituts aus Essen abgewiesen.

Die Beklagte hatte das jetzt klagende Kreditinstitut zunächst in einem Vorprozess vor dem Landgericht Essen wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Sie verlangte unter anderem die Erstattung des von ihr mit 8.407 Euro bezifferten Anlageschadens gegen Rückübertragung der Beteiligung an dem Schiffsfonds, zu der ihr das Kreditinstitut geraten hatte. Dieser Schiffsfond basierte darauf, dass der Anleger als Mitunternehmer einzustufen war und als solcher Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Zur Verfahrensbeendigung schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, wonach das Kreditinstitut an die Beklagte eine Zahlung von 4.000 Euro leisten und die Beteiligung an dem Schiffsfonds bei der Beklagten verbleiben sollte.

Das Kreditinstitut zahlte an die Beklagte lediglich 3.248,16 Euro. Den Restbetrag behielt es als Kapitalertragssteuer ein und führte sie ab. Die Beklagte verlangte allerdings weiterhin den Restbetrag, weil nach ihrer Auffassung die Vergleichszahlung nicht der Kapitalertragssteuer unterlag.

Hiergegen hat sich mit ihrer Klage vor dem Landgericht Essen (Az. 6 O 358/17) das Kreditinstitut gewandt und u. a. die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs gefordert. Es hat sich darauf berufen, dass es zur Abführung der Kapitalertragssteuer auf den Vergleichsbetrag gesetzlich – nach § 20 Abs. 3 EStG – verpflichtet gewesen sei. Das Landgericht ist dieser Auffassung gefolgt. Deshalb hat es die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dem gerichtlichen Vergleich für unzulässig erklärt und sie zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs verurteilt.

Der 34. Zivilsenat hat nun auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Für das Kreditinstitut, so der Senat, sei eindeutig erkennbar gewesen, dass die Vergleichssumme – soweit sie der Abgeltung des Anlageschadens und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gedient habe – nicht der Kapitalertragssteuer unterliege. Die steuerliche Konzeption des Schiffsfonds habe nämlich darauf abgezielt, dass der Anleger als Mitunternehmer einzustufen sei und gewerbliche Einkünfte erziele. Bei einer solchen Gestaltung erhielte der Anleger gerade keine Einkünfte aus einem Kapitalvermögen, so dass auch keine Kapitalertragssteuerpflicht bestehe. Aufgrund der Angaben in dem Verkaufsprospekt zu dem Schiffsfonds hätte dem klagenden Kreditinstitut dies bewusst sein müssen.

Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung vom 13.12.2018 zum Urteil 34 U 10/18 vom 23.10.2018

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