Ehe für Alle – Splittingtarif rückwirkend für alle Jahre seit 2001

Mit Urteil vom 31. Juli 2018 hat der 1. Senat des Finanzgerichts (FG) Hamburg (1 K 92/18) der Klage eines gleichgeschlechtlichen Ehepaares stattgegeben, das die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer begehrte, und zwar rückwirkend ab dem Jahr 2001.

Die Kläger hatten nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz) am 1. August 2001 im Jahr 2001 eine Lebenspartnerschaft begründet, die sie nach Inkrafttreten des Eheöffnungsgesetzes (EheöffnungsG) im November 2017 in eine Ehe umwandelten. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft nach der Umwandlung in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Partner maßgeblich. Weil die Zusammenveranlagung nach dem Splittingtarif in vielen Fällen zu einer Verringerung der Steuerlast führt, beantragten die Kläger, die für Eheleute vorgesehene Zusammenveranlagung nachträglich für alle Jahre seit Beginn ihrer Lebenspartnerschaft, also ab 2001. Weil beide Partner bis in das Jahr 2012 bereits mit bestandskräftigen Bescheiden jeweils einzeln zur Einkommensteuer veranlagt worden waren, lehnte das Finanzamt die – rückwirkende – Zusammenveranlagung ab.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Das EheöffnungsG bestimme in Art. 3 Abs. 2, dass nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Lebenspartner der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebend sei. Nach der Umwandlung seien die Lebenspartner so zu stellen, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Das EheöffnungsG sei ein außersteuerliches Gesetz und damit grundsätzlich geeignet, ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung darzustellen, das eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide ab 2001 rechtfertige. Diese Rückwirkung sei direkt aus Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG herzuleiten. Die Bestandskraft sei kein derart tragendes Prinzip des Rechts, dass eine Änderung bestandskräftiger Bescheide infolge einer Gesetzesänderung in jedem Fall einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung der Rückwirkung bedürfe.

Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Hamburg, Pressemitteilung vom 20.08.2018 zum Urteil 1 K 92/18 vom 31.07.2018

100 Jahre Umsatzsteuer. Am 1. August 1918 wurde die Umsatzsteuer eingeführt.

„Die Umsatzsteuer wird 100 Jahre alt. Sie ist die zweitstärkste Einnahmequelle für den Freistaat. Im Jahr 2017 wurden 33,26 Prozent des gesamten Steueraufkommens in Thüringen durch die Einnahmen aus der Umsatzsteuer realisiert“, sagt Finanzministerin Heike Taubert. In Thüringen wurden im vergangenen Jahr Umsatzsteuern in Höhe von 2.287.629.607,05 Euro von den Finanzämtern eingenommen.

Am 1. August 1918 wurde das erste eigenständige deutsche Umsatzsteuergesetz eingeführt. Der bis dahin verwendete Warenumsatzstempel hatte ausgedient. Im Laufe eines Jahrhunderts hat sich die Steuer immer wieder verändert und weiterentwickelt. Lag 1918 der Steuersatz noch bei 0,5 Prozent, wurde er 1919 für ausgewählte Güter bereits auf 15 Prozent angehoben. Heute beträgt der Regelsteuersatz 19 Prozent. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich im unteren Drittel. Die Spannweite reicht von 17 Prozent in Luxemburg bis 27 Prozent in Ungarn.

Die Umsatzsteuer, auch Mehrwertsteuer genannt, wird auf den Verbrauch von Waren und Dienstleistungen erhoben. Im Rückblick ist das von den Finanzämtern vereinnahmte Aufkommen stark gestiegen. So betrug das Umsatzsteueraufkommen Thüringens im Jahr 1991 nur 181,7 Millionen Euro und stieg auf 1.424,6 Millionen Euro im Jahr 2001.

Thüringer Finanzministerium

Steuerverwaltung hilft Landwirten wegen Dürre

Die Thüringer Finanzministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Heike Taubert (SPD) hat auf steuerliche Erleichterungen für die von der Dürreperiode betroffenen Landwirte hingewiesen.

Finanzministerin Heike Taubert sagte: „Ich rate betroffenen Bauern, Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen oder Anpassung der Vorauszahlungen bei ihren zuständigen Finanzämtern zu stellen. Die Finanzbehörden werden schnell entscheiden und dabei im Rahmen der gegebenen Ermessensspielräume die besondere Situation der Landwirtschaft angemessen berücksichtigen. Die Betroffenen sollten frühzeitig den Kontakt mit dem jeweils zuständigen Finanzamt suchen.“

Laut Finanzministerin werden weitere Hilfsmaßnahmen geprüft. Auch in Thüringen sind durch die anhaltende Dürreperiode in der Landwirtschaft Schäden entstanden. Auch wenn die Ernteausfälle noch nicht zu beziffern sind, werden sie in der Landwirtschaft zu finanziellen Belastungen führen.

Thüringer Finanzministerium

Thüringer Finanzämter bereiten Einkommensteuerbescheide mit zusätzlicher Steuererstattung für etwa 100.000 Thüringer Steuerzahler vor.

„In den nächsten Wochen können etwa 100.000 Thüringer Steuerzahler, die Krankheits- und Pflegekosten in ihrer Steuererklärung geltend machten, mit Post vom Finanzamt rechnen. Auf Grund eines Urteils des Bundesfinanzhofs werden Einkommensteuerbescheide von Amts wegen zugunsten der Steuerzahler geändert“, kündigt Finanzministerin Taubert an.

Die Finanzverwaltung setzt damit das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19.Januar 2017 um. Der Bundesfinanzhof hatte entschieden, dass Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen (wie Krankheits- und Pflegekosten) weitergehend als bisher steuerlich geltend machen können.

Steuerbescheide, die insoweit vorläufig ergangen sind, werden nunmehr im Rahmen einer Sonderaktion von Amts wegen zugunsten der Steuerzahler geändert. Bürgerinnen und Bürger müssen sich nicht beim Finanzamt melden. „Betroffene müssen keinen Antrag stellen oder aktiv werden“, so Taubert. Die konkrete Höhe der Steuerminderung für den Steuerzahler ist dabei vom jeweiligen Einzelfall abhängig.

In den seit Juni 2017 erstellten Steuerbescheiden werden die Grundsätze des Urteils vom Bundesfinanzhof bereits bei der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt.

Die Entscheidung vom 19.Januar 2017 kann beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 75/14 nachgelesen werden.

https://www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen/entscheidungen-online

Thüringer Finanzministerium

Formulare Kirchensteuer

Erklärung zur gesonderten Feststellung der Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer nach Art. 13a Abs. 3 Kirchensteuergesetz

Seit 2015 behalten die Kreditinstitute und Versicherungen die auf die Kapitalerträge entfallende Kirchensteuer neben der staatlichen Kapitalertragsteuer ein. Hierzu fragen sie beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die Religionszugehörigkeit ihrer Kunden ab. Der Bürger kann die Weitergabe dieser persönlichen Daten durch die Einlegung eines Sperrvermerks verhindern. In einem solchen Fall wird die Kirchenkapitalertragsteuer regelmäßig im Veranlagungsverfahren durch die Kirchensteuerämter nacherhoben. Beantragt der kirchensteuerpflichtige Bürger in seiner Einkommensteuererklärung jedoch keine Änderung der staatlichen Kapitalertragsteuer, wird in Bayern die Bemessungsgrundlage für die Kirchenkapitalertragsteuer vom Finanzamt in einem besonderen Verfahren festgestellt und dem Kirchensteueramt gesondert mitgeteilt.

Dateiformat PDF – Druckversionen

Die Formulare können lediglich ausgedruckt werden, eine Dateneingabe am PC ist nicht möglich.

2017

2016

2015

Sperrvermerk, § 51a Abs. 2e EStG

Hinweise zur Körperschaftsteuererklärung 2017

Das elektronische Formular für die Körperschaftsteuererklärung 2017 ist seit dem 24.07.2018 über das Online-Portal „Mein ELSTER“ verfügbar und damit nach dem allgemeinen Abgabetermin. Deswegen wird die Abgabefrist bis zum 31.08.2018 verlängert.

Die sog. ERiC-Schnittstelle steht den Programmanbietern erst seit Ende Mai 2018 zur Verfügung. Ursächlich hierfür sind umfassende Änderungen im Bereich der Körperschaftsteuererklärung.

Ausnahmsweise ist auch eine Abgabe in Papierform bis 31. August möglich.

In diesem Zusammenhang werden  auch die Fristen für die Umsatz- und Gewerbesteuer  bis zum 31.08.2018 verlängert. Diese Erklärungen sind elektronisch abzugeben.

Quelle:  OFD Karlsruhe, Mitteilung v. 31.07.2018

Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses ist bei der Schenkungsteuer nicht abzugsfähig

Mit Urteil vom 21. Juni 2018 (Az. 3 K 621/16 Erb) hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses bei Schenkung eines Erbbaurechts nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden darf.

Die Kläger erhielten – jeweils zur ideellen Hälfte – ein Erbbaurecht an einem unbebauten Grundstück geschenkt. Nach Besitzübergang traf sie die Pflicht, den jährlichen Erbbauzins an die Grundstückseigentümer zu zahlen. Sie beantragten, die Erbbauzinsverpflichtung von der Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer abzuziehen, da es sich um eine Gegenleistung oder Auflage handele. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses mit der Bewertung des Erbbaurechts abgegolten sei. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster führte aus, dass die Übertragung des Erbbaurechts insgesamt eine unentgeltliche Zuwendung an die Kläger darstelle. Es handele sich nicht um eine gemischte Schenkung oder um eine Schenkung unter Leistungsauflage, denn das Erbbaurecht könne nicht in seine einzelnen Bestandteile aufgespalten werden, sondern sei als Ganzes zu betrachten. Die im Grundbuch als Reallast eingetragene Erbbauzinsverpflichtung hafte dem Erbbaurecht – ähnlich wie die Pflichten bei Übertragung eines Personengesellschaftsanteils – untrennbar an. Der Erbbauzins sei keine Gegenleistung für den Erwerb des Erbbaurechts, sondern ein Nutzungsentgelt, das den Grundstückseigentümern zustehe.

Darüber hinaus sei die Erbbauzinsverpflichtung mit der Bewertung des Erbbaurechts abgegolten, weil § 193 Abs. 3 BewG einen Abzug des kapitalisierten Erbbauzinses vom Bodenwert vorsehe. Ein nochmaliger Abzug würde zu einer Doppelberücksichtigung führen.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.08.2018 zum Urteil 3 K 621/16 vom 21.06.2018

Körperschaftsteuer: Hinzurechnung von Aktienverlusten im Jahr 2003 keine unzulässige Rückwirkung

Der 10. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 20. Juni 2018 (Az. 10 K 3981/16 K) entschieden, dass die in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i. d. F. des Korb-II-Gesetzes vom 22. Dezember 2003 angeordnete Hinzurechnung von Verlusten aus Aktiengeschäften für das Jahr 2003 keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung darstellt. Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einem Wertpapier-Sondervermögen sind danach nicht abzugsfähig. Nach der früheren Rechtslage waren entsprechende Gewinne steuerfrei, während sich Verluste steuermindernd auswirken.

Die Klägerin veräußerte im Jahr 2003 – vor Einbringung des Gesetzesentwurfs des Korb-II-Gesetzes in den Bundestag – Anteilsscheine an mehreren Spezialfonds und erlitt hieraus Verluste. Das Finanzamt rechnete diese Verluste bei der Körperschaftsteuerveranlagung für 2003 unter Anwendung der Neuregelung dem zu versteuernden Einkommen hinzu. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass die rückwirkende Anordnung der Hinzurechnung für 2003 verfassungsrechtlich unzulässig sei.

Dem folgte der Senat nicht und wies die Klage ab. Die Anwendungsregelung stelle für 2003 eine verfassungsrechtlich zulässige Rückwirkung dar. Da die Körperschaftsteuer bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung Ende Dezember 2003 noch nicht entstanden war, handele es sich um eine sog. unechte Rückwirkung. Das Vertrauen der Klägerin in die bisherige Gesetzesfassung sei nicht schutzwürdig gewesen, weil die Rechtslage schon vorher umstritten gewesen sei und zu späteren Zeitpunkten divergierende finanzgerichtliche Entscheidungen zu dieser Frage ergangen seien. Teilweise sei die Auffassung vertreten worden, dass der in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG a. F. enthaltene Verweis auf § 8b Abs. 2 KStG weiter zu verstehen sei und auch die Abzugsbeschränkung für Gewinnminderungen umfasse. Danach hätte die Neuregelung lediglich deklaratorische Bedeutung gehabt. Diese Auffassung sei gut vertretbar gewesen, weil die reine Wortlautauslegung negative Wertentwicklungen in systemwidriger und unbilliger Weise gegenüber positiven Wertentwicklungen steuerlich begünstigt habe. Das schutzwürdige Vertrauen der Anleger trete gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der Systemwidrigkeit zurück.

Die vom Senat zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen I R 22/18 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.08.2018 zum Urteil 10 K 3981/16 vom 20.06.2018 (nrkr – BFH-Az.: I R 22/18)

Inflationsrate: Verbraucherpreise Juli 2018: +2,0 % gegenüber Juli 2017

Inflationsrate hat sich erneut leicht abgeschwächt

Verbraucherpreisindex, Juli 2018

  • +2,0 % zum Vorjahresmonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)
  • +0,3 % zum Vormonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)

Harmonisierter Verbraucherpreisindex, Juli 2018

  • +2,1 % zum Vorjahresmonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)
  • +0,4 % zum Vormonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)

Die Verbraucherpreise in Deutschland lagen im Juli 2018 um 2,0 % höher als im Juli 2017. Damit hat sich die Inflationsrate – gemessen am Verbraucherpreisindex – erneut leicht abgeschwächt. In den beiden Vormonaten hatte die Inflationsrate knapp über zwei Prozent gelegen (Juni 2018: +2,1 %; Mai 2018: +2,2 %). Im Vergleich zum Vormonat Juni 2018 stieg der Verbraucherpreisindex im Juli 2018 um 0,3 %. Das Statistische Bundesamt bestätigt somit seine vorläufigen Gesamtergebnisse vom 30. Juli 2018.

Maßgeblich beeinflusst wurde die Inflationsrate im Juli 2018 durch die Preisentwicklung der Energieprodukte. Der Preisanstieg bei Energie gegenüber dem Vorjahresmonat fiel im Juli 2018 mit +6,6 % etwas höher aus als im Juni 2018 (+6,4 %). Verantwortlich für den Preisanstieg sind hauptsächlich die vergleichsweise niedrigen Preise vor einem Jahr (statistischer Basiseffekt). Insbesondere verteuerte sich binnen Jahresfrist leichtes Heizöl um 28,5 %. Erheblich teurer als ein Jahr zuvor waren auch Kraftstoffe (+12,0 %). Die Preisänderungen für die anderen Energieprodukte fielen deutlich schwächer aus (zum Beispiel Umlagen von Zentralheizung und Fernwärme: +1,5 %; Strom: +1,0 %; Gas: -1,3 %). Ohne Berücksichtigung der Preise für Energie hätte die Inflationsrate im Juli 2018 bei +1,5 % gelegen.

Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich von Juli 2017 bis Juli 2018 mit +2,6 % überdurchschnittlich. Die Teuerungsrate für Nahrungsmittel hatte in den letzten drei Monaten sogar bei jeweils über drei Prozent gelegen. Die Preiserhöhungen im Juli 2018 gegenüber dem Vorjahresmonat betrafen alle Nahrungsmittelgruppen. Teurer als ein Jahr zuvor waren vor allem Speisefette und Speiseöle (+6,4 %) sowie Obst (+5,5 %). Auch für Molkereiprodukte und Eier (+4,0 %) sowie für Gemüse (+3,1 %) mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher binnen Jahresfrist deutlich mehr bezahlen. Ohne Berücksichtigung der Preise für Nahrungsmittel und Energie hätte die Inflationsrate im Juli 2018 bei +1,4 % gelegen.

Die Preise für Waren insgesamt lagen im Juli 2018 um 2,4 % über dem Niveau des Vorjahresmonats, maßgeblich bestimmt durch die Preisanstiege bei Energie (+6,6 %) und bei Nahrungsmitteln (+2,6 %). Auch andere Waren verteuerten sich binnen Jahresfrist deutlich, zum Beispiel Zeitungen und Zeitschriften (+4,8 %), Bier (+4,0 %) sowie Tabakwaren (+3,5 %). Günstiger für die Verbraucherinnen und Verbraucher wurden unter anderem Geräte der Unterhaltungselektronik (-5,5 %), Informationsverarbeitungsgeräte (-4,2 %) und Bekleidungsartikel (-2,0 %).

Die Preise für Dienstleistungen insgesamt erhöhten sich im Juli 2018 gegenüber dem Vorjahresmonat um 1,6 % und damit weniger stark als die Preise für Waren. Bedeutsam für die Preiserhöhung bei Dienstleistungen waren die Nettokaltmieten (+1,6 %), da private Haushalte einen großen Teil ihrer Konsumausgaben dafür aufwenden. Zudem gab es nennenswerte Preiserhöhungen bei Pauschalreisen (+4,2 %), bei Wartung und Reparatur von Fahrzeugen (+3,0 %) sowie bei Dienstleistungen für Verpflegung in Restaurants, Cafés und Straßenverkauf (+2,2 %). Deutlich billiger waren hingegen Flugtickets (-6,9 %).

Veränderung im Juli 2018 gegenüber dem Vormonat Juni 2018

Im Vergleich zum Juni 2018 stieg der Verbraucherpreisindex im Juli 2018 um 0,3 %. Im Ferienmonat Juli zogen vor allem die Preise für Pauschalreisen (+19,3 %, davon ins Ausland: +20,2 %; ins Inland: +8,3 %) und Flugtickets (+4,4 %) an.

Hingegen gab es im Juli 2018 deutliche Preisrückgänge im Vormonatsvergleich bei Bekleidungsartikeln (-6,9 %) sowie bei Schuhen und Schuhzubehör (-4,1 %). Diese Entwicklung erklärt sich vorrangig durch saisonale Preisnachlässe für Sommerartikel.

Zudem gingen im Juli 2018 die Preise für Nahrungsmittel insgesamt (-0,5 %) und Energie insgesamt (-0,1 %) leicht zurück. Unter den Nahrungsmitteln sind im Juli 2018 die saisonalen Preisrückgänge bei Obst (-2,2 %) und Gemüse (-1,2 %) nennenswert. Bei der Energie mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher im Juli 2018 für leichtes Heizöl (-0,8 %) weniger bezahlen. Die Preise für Kraftstoffe gingen gegenüber dem Vormonat nur leicht zurück (-0,2 %, darunter Superbenzin: -0,2 %; Dieselkraftstoff: -0,4 %).

Verbraucherpreisindex für Deutschland
Gesamtindex
________

Jahr / Monat

Index
2010 = 100
Veränderung
gegenüber
Vorjahres-
zeitraum
Veränderung
gegenüber
Vormonat
in %
JD = Jahresdurchschnitt
– = nichts vorhanden
2016 JD 107,4 0,5
2017 JD 109,3 1,8
2017 Juli 109,4 1,7 0,4
August 109,5 1,8 0,1
September 109,6 1,8 0,1
Oktober 109,6 1,6 0,0
November 109,9 1,8 0,3
Dezember 110,6 1,7 0,6
2018 Januar 109,8 1,6 -0,7
Februar 110,3 1,4 0,5
März 110,7 1,6 0,4
April 110,7 1,6 0,0
Mai 111,2 2,2 0,5
Juni 111,3 2,1 0,1
Juli 111,6 2,0 0,3
Verbraucherpreisindex für Deutschland Juli 2018
Gesamtindex / Teilindex Gewichtung Index
2010 = 100
Veränderung
gegenüber
Vorjahres-
zeitraum
Veränderung
gegenüber
Vormonat
in ‰ in %
Gesamtindex 1 000,00 111,6 2,0 0,3
Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke 102,71 118,8 2,5 -0,4
Nahrungsmittel 90,52 119,1 2,6 -0,5
Fleisch und Fleischwaren 20,76 117,8 1,8 0,2
Obst 8,76 135,0 5,5 -2,2
Gemüse 11,26 108,1 3,1 -1,2
Alkoholische Getränke und Tabakwaren 37,59 123,7 3,3 0,2
Bekleidung und Schuhe 44,93 101,8 -1,5 -5,9
Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe 317,29 111,7 2,0 0,1
Nettokaltmiete 209,93 111,6 1,6 0,1
Haushaltsenergie 68,19 112,8 3,9 -0,1
Strom 26,21 129,3 1,0 0,0
Gas 14,46 101,9 -1,3 0,0
Leichtes Heizöl 11,11 103,3 28,5 -0,8
Möbel, Leuchten, Geräte und anderes Haushaltszubehör 49,78 104,9 0,7 -0,2
Gesundheitspflege 44,44 108,5 1,2 0,1
Verkehr 134,73 111,7 4,3 0,3
Kraftstoffe 38,37 104,4 12,0 -0,2
Superbenzin 28,38 104,3 10,8 -0,2
Dieselkraftstoff 9,19 105,6 16,2 -0,4
Nachrichtenübermittlung 30,10 89,1 -0,4 -0,1
Freizeit, Unterhaltung und Kultur 114,92 113,8 2,0 4,5
Pauschalreisen 26,83 130,3 4,2 19,3
Bildungswesen 8,80 98,0 2,8 -0,1
Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen 44,67 118,3 2,0 0,0
Andere Waren und Dienstleistungen 70,04 110,5 0,8 0,1
Gesamtindex
ohne Nahrungsmittel und Energie 802,92 111,0 1,4 0,5
ohne Energie (Haushaltsenergie und Kraftstoffe) 893,44 111,8 1,5 0,3
ohne Heizöl und Kraftstoffe 950,52 112,0 1,4 0,3
Waren 479,77 110,6 2,4 -0,6
Verbrauchsgüter 307,89 115,2 3,8 -0,2
Energie 106,56 109,8 6,6 -0,1
Dienstleistungen 520,23 112,5 1,6 1,1

Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 14.08.2018

Grundsicherung nach SGB II: Trunkenheitsfahrt ist kein sozialwidriges Verhalten

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die Privatfahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss mit Verlust von Fahrerlaubnis und Arbeitsplatz keinen spezifischen Bezug zur Herbeiführung seiner Hilfebedürftigkeit hat. Sie löst deshalb keinen Kostenersatzanspruch des Jobcenters bei sozialwidrigem Verhalten aus.

Im zugrundeliegenden Verfahren wandte sich der damals 59-jährige Kläger gegen die Rückforderung von Grundsicherungsleistungen durch das Jobcenter. Der Kläger war als Kraftfahrer bei einer Spedition in Salzgitter beschäftigt. An einem Samstag feierte er die Geburt seines ersten Enkelkindes und trank dabei Alkohol. Als die Zigaretten ausgingen, wollte er mit seinem Pkw an einer Tankstelle neue besorgen und wurde von einer Polizeistreife angehalten. Die Polizei stellte einen Blutalkoholgehalt von mehr als 2,3 Promille fest. Der Kläger erhielt einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr mit einer Geldstrafe. Ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen, und die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, dem Kläger vor Ablauf von noch 9 Monaten keine neue zu erteilen. Wegen des Entzugs der Fahrerlaubnis kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Im Anschluss bezog der Kläger aufstockende Grundsicherungsleistungen („Hartz IV“).

Das Jobcenter machte gegen den Kläger einen Ersatzanspruch in Höhe von rund 2.600 Euro geltend, weil der Kläger die Hilfebedürftigkeit sozialwidrig herbeigeführt habe. Durch eine besonders schwere Verletzung der beruflichen Sorgfaltspflichten habe er seinen Arbeitsplatz und damit das existenzsichernde Einkommen verloren.

Dem ist das LSG nicht gefolgt. Bei der Fahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss in der Freizeit bestehe grundsätzlich kein spezifischer Bezug zur Herbeiführung einer Hilfebedürftigkeit, wie er insbesondere bei der Verschwendung von Vermögen in Betracht komme. Deshalb stelle das Verhalten des Klägers zwar eine rechtlich zu missbilligende Tat dar. Es sei aber nicht als sozialwidrig einzustufen, sodass der Kläger die „Hartz IV“-Leistungen nicht zu erstatten habe. Das Gericht hat sich dabei der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angeschlossen, die eine Sozialwidrigkeit selbst bei Straftaten verneint, die absehbar zu einer Inhaftierung und damit zum Wegfall von Erwerbsmöglichkeiten führen.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Pressemitteilung vom 13.08.2018 zum Urteil L 6 AS 80/17 vom 05.07.2018

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin