BFH: Keine Berichtigung bei Übernahme elektronisch übermittelter Lohndaten anstelle des vom Arbeitnehmer erklärten Arbeitslohns

Gleicht das Finanzamt (FA) bei einer in Papierform abgegebenen Einkommensteuererklärung den vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Arbeitslohn nicht mit den Angaben des Steuerpflichtigen zu seinem Arbeitslohn in der Erklärung ab und werden die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit im Einkommensteuerbescheid infolgedessen zu niedrig erfasst, kann das FA den Fehler nicht im Nachhinein berichtigen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 16. Januar 2018 VI R 41/16 zur offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 der Abgabenordnung (AO) entschieden.

Die Klägerin war im Streitjahr (2011) zunächst bei der X GmbH und später bei der Y GmbH beschäftigt. Ihren aus diesen beiden Arbeitsverhältnissen bezogenen Arbeitslohn erklärte sie gegenüber dem FA zutreffend. Die Erklärung wurde in Papierform eingereicht. Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid lediglich den Arbeitslohn aus dem Arbeitsverhältnis mit der Y GmbH. Nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids stellte das FA fest, dass die X GmbH erst im Nachhinein die richtigen Lohndaten für die Klägerin übermittelt hatte und diese deshalb im Bescheid nicht enthalten waren. Das FA erließ einen Änderungsbescheid, gegen den die Klägerin erfolglos Einspruch einlegte. Das FA sah sich als nach § 129 Satz 1 AO änderungsbefugt an. Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Demgegenüber gab das Finanzgericht der Klage statt.

Dies hat der BFH bestätigt. Nach seinem Urteil liegt keine offenbare Unrichtigkeit vor. Entscheidend war hierfür, dass die Klägerin ihren Arbeitslohn zutreffend erklärt, das FA diese Angaben aber ignoriert hatte, weil es darauf vertraute, dass die vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Daten zutreffend waren. Kommt es bei dieser Vorgehensweise zu einer fehlerhaften Erfassung des Arbeitslohns, liegt nach dem BFH kein mechanisches Versehen, sondern vielmehr ein Ermittlungsfehler des FA vor. Eine spätere Berichtigung nach § 129 AO ist dann nicht möglich.

Wird infolge einer fehlerhaften Meldung des Arbeitgebers zu viel Arbeitslohn erfasst, kann sich der Steuerpflichtige in vergleichbaren Fällen ebenfalls nicht im Nachhinein auf § 129 AO berufen, wenn er den Fehler erst nach Ablauf der Einspruchsfrist bemerkt.

Nicht zu berücksichtigen war im Streitfall die seit 1. Januar 2017 geltende Neuregelung in § 175b AO. Danach ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 14/18 vom 14.03.2018 zum Urteil VI R 41/16 vom 16.01.2018

 

BFH: Einlösung von Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen ist nicht steuerbar

Die Einlösung von Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen, die dem Inhaber ein Recht auf die Auslieferung von Gold gewähren, unterliegt nicht der Einkommensteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 6. Februar 2018 IX R 33/17 entschieden.

Bei Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen handelt es sich um börsenfähige Wertpapiere. Diese gewähren dem Inhaber das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold, das jederzeit unter Einhaltung einer Lieferfrist von zehn Tagen gegenüber der Bank geltend gemacht werden kann. Daneben besteht die Möglichkeit, die Wertpapiere an der Börse zu handeln. Zur Besicherung und Erfüllbarkeit der Auslieferungsansprüche war die Inhaberschuldverschreibung jederzeit durch physisch eingelagertes Gold zu mindestens 95 % gedeckt.

Die Kläger erwarben Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen und ließen sich das verbriefte Gold innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb physisch aushändigen. Das Finanzamt (FA) besteuerte die Wertsteigerung im Zeitraum zwischen dem Erwerb der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen und der Auslieferung des physischen Goldes als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. von § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die dagegen erhobene Klage war vor dem Finanzgericht erfolgreich.

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen.

Nach dem Urteil des BFH haben die Kläger durch die innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen erfolgte Einlösung mit Auslieferung des physischen Goldes keine Veräußerung i. S. des § 22 Nr. 2 EStG i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verwirklicht. Es fehlt an der entgeltlichen Übertragung der angeschafften Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen, weil die Kläger lediglich ihren verbrieften Anspruch auf Lieferung des Goldes eingelöst und gegen Rückgabe der Inhaberschuldverschreibungen ihr Gold empfangen haben. Hierdurch habe sich ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gesteigert, da sie auch danach das Risiko eines fallenden Goldpreises trugen. Das ausgelieferte Gold befand sich im Eigentum der Kläger und wurde in ihrem Bankdepot verwahrt. Eine Veräußerung des gelieferten Goldes habe nicht stattgefunden.

Die zwischen dem Erwerb der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen und der Auslieferung physischen Goldes eingetretenen Wertsteigerungen führten auch nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen, da die Schuldverschreibungen keine Kapitalforderungen verbrieften, sondern Ansprüche auf die Lieferung physischen Goldes.

Nicht zu entscheiden hatte der BFH im Streitfall über die Veräußerung oder Verwertung der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen an der Börse oder an andere Erwerber.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 15/18 vom 14.03.2018 zum Urteil IX R 33/17 vom 06.02.2018

 

Kindergeld ist auch bei Unterbrechung der Ausbildung wegen dauerhafter Erkrankung des Kindes weiterzuzahlen

Mit Urteil vom 20. Februar 2018 (Az. 2 K 2487/16) hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) entschieden, dass der Anspruch auf Kindergeld fortbesteht, wenn ein Kind zwar seine Ausbildung wegen einer dauerhaften Erkrankung unterbrechen muss, aber weiterhin ausbildungswillig ist.

Der Klägerin wurde für die Zeit von März 2014 bis November 2016 für ihre Tochter (geb. am 26. Januar 1994) Kindergeld bewilligt. In dieser Zeit sollte sie eine Ausbildung bei einer staatlich anerkannten Berufsfachschule für Mode absolvieren. Im April 2015 teilte die Klägerin der beklagten Familienkasse mit, dass ihre Tochter die Ausbildung zum 31. März 2015 krankheitsbedingt abbrechen müsse. Sie legte ein Attest einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vor, in dem ausgeführt wird, dass die Tochter aus Krankheitsgründen nicht am Schulbesuch teilnehmen könne und nicht absehbar sei, wann die Wiederaufnahme der Ausbildung möglich sei. Seit Juli 2015 befand sich die Tochter in ärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung.

Ab diesem Zeitpunkt (Juli 2015) stellte die Beklagte die Kindergeldzahlung ein. Dagegen wehrte sich die Klägerin und ließ ihre Tochter – wie von der Beklagten gefordert – amtsärztlich untersuchen. Mit Bescheinigung vom 12. Oktober 2016 teilte die Amtsärztin mit, dass bei der Tochter der Klägerin eine Erkrankung aus dem psychosomatischen Formenkreis mit notwendiger fachärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung vorliege. Aus amtsärztlicher Sicht sei nachvollziehbar, dass sie aus diesen Gründen die Ausbildung habe unterbrechen müssen. Eine Nachuntersuchung in einem Jahr werde empfohlen. Die Klägerin und ihre Tochter teilten der Beklagten anschließend (im Oktober 2016) mit, dass eine Ausbildung oder ein Studium voraussichtlich im Jahr 2017 aufgenommen bzw. fortgesetzt werde.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von Kindergeld dennoch mit der Begründung ab, die Tochter habe die Ausbildung abgebrochen. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gab der dagegen erhobenen Klage allerdings statt, weil nur eine Unterbrechung der Ausbildung vorliege. Es fehle an Anhaltspunkten für die Annahme, die Tochter der Klägerin habe wegen ihrer Erkrankung die Absicht aufgegeben, ihre Ausbildung nach der Genesung fortzusetzen. Dass die Dauer der Unterbrechung noch nicht absehbar sei, sei unschädlich. Maßgeblich sei nur, dass die Ausbildung aus krankheitsbedingten und damit objektiven Gründen unterbrochen worden sei. Solche Gründe seien auch in anderen Fällen unschädlich, z. B. (kraft Gesetzes) bei einer Schwangerschaft bzw. während der Mutterschutzzeiten oder (nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes) bei einer unberechtigten Untersuchungshaft.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 14.03.2018 zum Urteil 2 K 2487/16 vom 20.02.2018 (nrkr)

 

Finanzminister kommen im Kampf gegen aggressive Steuerplanung und Steuerflucht voran

Die EU-Finanzminister haben am 13.03.2018 eine politische Einigung auf die von der Kommission vorgeschlagenen Transparenzvorschriften für Intermediäre wie Banken, Steuerberater und Anwälte erzielt. „Die heute vereinbarten neuen Regeln zeigen, dass die EU weltweit führend ist in Sachen Steuertransparenz“, sagte Pierre Moscovici, EU-Kommissar für Wirtschaft, Finanzen, Steuern und Zoll. „In Zukunft müssen die Intermediäre die Steuermodelle, die sie an ihre Kunden verkaufen, mit den Steuerverwaltungen teilen. Die Steuerverwaltungen haben dann Zugang zu den Informationen, die sie benötigen, um den aggressiven Steuerplanungen ein Ende zu setzen.“ Auch die EU-Liste der nicht kooperativen Steuergebiete hat der Rat am 13.03.2018 aktualisiert.

Die gemeinsame EU-Liste der nicht kooperativen Steuergebiete wurde erstmals im Dezember 2017 vereinbart. Heute einigten sich die Minister auf das weitere Vorgehen für acht karibische Länder, die von den Wirbelstürmen des letzten Jahres betroffen waren und denen drei zusätzliche Monate Zeit gegeben worden war, um ihre Steuerregelungen zu verbessern. So wurden die Bahamas, St. Kitts und Nevis sowie die US Virgin Islands in die schwarze Liste aufgenommen. Anguilla, Antigua und Barbuda, die Britischen Jungferninseln und Dominica wurden in die graue Liste aufgenommen, nachdem sie sich verpflichtet hatten, ihre Steuersysteme zu ändern. Turk und Caicos wurden gebeten, weitere Informationen zu liefern.

Drei Länder und Gebiete wurden von der schwarzen Liste auf die graue Liste verschoben: Saint Lucia, die Marshallinseln und Bahrain. Der Rat hält ihre Zusagen für zufriedenstellend. Allerdings müssen sie bis Ende des Jahres konkrete Schritte nachweisen, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen, oder sie laufen Gefahr, wieder auf die schwarze Liste gesetzt zu werden. Insgesamt stehen derzeit neun Länder auf der schwarzen Liste der EU und 62 Länder auf der grauen Liste.

„Die positive Dynamik im Steuerbereich setzt sich fort, indem drei neue Drittländer auf die schwarze Liste und sieben Länder auf die graue Liste gesetzt werden. Die Rechenschaftspflicht funktioniert! Insgesamt befinden sich nun 71 Länder auf dem europäischen Steuerradar und müssen ihre Steuergesetze ändern“, sagte Moscovici.

„Die Verpflichtungen der 62 Länder, die auf der grauen Liste stehen, müssen eingehalten werden. Die Kommission wird ihre Rolle in vollem Umfang wahrnehmen und die von diesen Ländern vorgenommenen Änderungen bewerten“, so Moscovici weiter.

„Ich forderte Transparenz bei den Verpflichtungen der Länder, die auf der grauen Liste stehen, damit die Bürger, die Nichtregierungsorganisationen, die Medien und die Parlamente die Fortschritte verfolgen und den notwendigen Druck ausüben können. 25 Länder haben sich bereits bereit erklärt, diese Verpflichtungen zu veröffentlichen. Das ist ein guter Anfang, aber wir müssen schneller und weiter gehen, um volle Transparenz zu gewährleisten.“

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 13.03.2018

 

BMF-Entwurf zur Kassen-Nachschau: DStV weist auf dringenden Klarstellungsbedarf hin

Die Kassen-Nachschau dient seit 01.01.2018 zur Prüfung von bargeldintensiven Branchen. In der Praxis herrschen große Unsicherheiten, wie die Finanzverwaltung mit dem neuen Werkzeug umgehen wird. Das BMF gab nun mit einem Entwurf für ein Schreiben zur Änderung des Anwendungserlasses (AEAO) zu § 146b AO erste Anhaltspunkte. Nach Auffassung des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) bleiben aber noch einige Fragen ungeklärt. Er adressierte unter anderem folgende Aspekte in seiner Stellungnahme S 04/18 vom 26.02.2018.

Störungen des Geschäftsbetriebs des Steuerpflichtigen möglichst gering halten

Die Kassen-Nachschau kann während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten stattfinden. Das Entwurfsschreiben erweitert bzw. konkretisiert diese Zeiten: Danach könne sie auch außerhalb der Geschäftszeiten vorgenommen werden, wenn im Unternehmen noch oder schon gearbeitet wird. Zudem könne der Amtsträger zur Prüfung der ordnungsgemäßen Kassenaufzeichnungen einen sog. „Kassensturz“ verlangen, es sei denn, dies sei unangemessen.

Der DStV weist in seiner Stellungnahme auf mögliche, für den Unternehmer belastende, ja teilweise verheerende Praxisauswirkungen hin: Die Maßnahmen könnten sicher leicht zu einer erheblichen Störung des Geschäftsbetriebs des Steuerpflichtigen auswachsen. Zudem sei zu befürchten, dass Kunden durch die Kassen-Nachschau einen schlechten Eindruck von dem Betrieb erhielten. Völlig inakzeptabel seien Situationen, in denen der Unternehmer deutliche finanzielle Einbußen erleidet. Zudem könnten Prüfungshandlungen vor der Öffnung des Geschäfts die Betriebsabläufe in hohem Maße behindern. Beispielsweise duldeten manche Vorbereitungshandlungen in bestimmten Branchen (z. B. in einer Bäckerei) keinen Aufschub. Schließlich sei das Klima bei Prüfungen rund um die Kasse in der Regel ohnehin schon höchst angespannt, was nicht noch verschärft werden sollte.

Der DStV erachtet es daher als zwingend notwendig, dass der Prüfer bei der Durchführung der Kassen-Nachschau die Verhältnismäßigkeit sorgfältig beachtet und wahrt. Der Verband fordert eine entsprechende Klarstellung im AEAO. Sie solle dem Kassen-Nachschau-Prüfer deutlicher, als es der Entwurf vorsieht, vor Augen führen, dass er sich in einem höchst sensiblen Bereich der Unternehmensführung bewegt.

Trickbetrügereien verhindern

Der Amtsträger hat sich auszuweisen, sobald er den Steuerpflichtigen zur Duldung der Kassen-Nachschau auffordert oder mit einer anderen, im Entwurf aufgezählten offenen Amtshandlung, wie beispielsweise der Aufforderung zur Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern oder den für die Führung des elektronischen Aufzeichnungssystems erheblichen Organisationsunterlagen, beginnt. Der Entwurf stellt klar, dass die Aufforderung zur Duldung der Kassen-Nachschau ein Verwaltungsakt ist, der formlos erlassen werden kann.

Aus der Praxis ist zu vernehmen, dass die Dienstausweise von Prüfern meist von so minderer Qualität seien, dass sie leicht fälschbar sind. Der DStV weist darauf hin, dass Steuerpflichtige deshalb eine sehr ausgeprägte Angst vor Trickbetrügern hätten, die sich mit entsprechenden Dokumenten den Inhalt der Kasse erschleichen wollen. Sollten solche Fälle in Abwesenheit des Steuerpflichtigen eintreten, wäre zudem das Arbeitsverhältnis belastet: Der zur Mitwirkung aufgeforderte Mitarbeiter müsste sich anschließend gegenüber seinem Arbeitgeber rechtfertigen. Dabei werde er regelmäßig nicht belegen können, dass er sich durch einen vermeintlich echten Amtsträger in einem Moment der Überrumpelung und der Verunsicherung habe täuschen lassen.

Um die Ängste der Steuerpflichtigen und ihrer Mitarbeiter sowie die tatsächliche Gefahrenlage zu reduzieren, sind aus Sicht des DStV folgende Maßnahmen erforderlich:

  • Der Sicherheitsstandard für Prüferausweise muss deutlich erhöht werden.
  • Im AEAO sollte festgeschrieben werden, dass dem Steuerpflichtigen bzw. seinem Berater Musterausweise zur Verfügung gestellt werden, damit sie die Echtheit des Prüferausweises überprüfen können.
  • Der Prüfer sollte im AEAO dazu verpflichtet werden, bei Beginn der offenen Amtshandlungen den Prüfungsauftrag nebst einer Anlage mit allen Rechten und Pflichten auszuhändigen. Ein entsprechendes Vorgehen deckt sich mit dem Rechtsschutzgedanken des § 119 Abs. 2 Satz 2 AO. Danach ist ein mündlicher Verwaltungsakt – wie die Aufforderung zur Duldung der Kassen-Nachschau – schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt.

Mitwirkungspflichten bei Abwesenheit des Steuerpflichtigen?

Wenn der Steuerpflichtige selbst nicht anwesend ist, hat der Amtsträger nach dem Entwurfsschreiben Personen zur Mitwirkung aufzufordern, von denen er annehmen kann, dass sie über alle wesentlichen Zugriffs- und Benutzungsrechte des Kassensystems des Steuerpflichtigen verfügen. Diese Personen haben dann die Pflichten des Steuerpflichtigen zu erfüllen, soweit sie hierzu rechtlich und tatsächlich in der Lage sind (§ 35 AO).

Was aber passiert, wenn der Steuerpflichtige oder sein gesetzlicher Vertreter abwesend sind und der zur Duldung der Kassen-Nachschau aufgeforderte Mitarbeiter die Pflichten rechtlich oder tatsächlich nicht erfüllen kann? Diese Situation lässt das Entwurfsschreiben ungeklärt. Der DStV zeigt in seiner Stellungnahme auf, welche Fragen sich dann in der Praxis stellen: Wie wird gewährleistet, dass ein unbefugter Mitarbeiter in dem Moment der Überrumpelung und der Verunsicherung sich nicht dazu gezwungen sieht, seine rechtlichen und tatsächlichen Befugnisse zu überschreiten? Welche Einwände kann ein solcher Mitarbeiter, beispielsweise eine Aushilfskraft, dem Amtsträger entgegenhalten? Welche Dokumente muss er beibringen?

Zum Schutz des Steuerpflichtigen und seiner Mitarbeiter fordert der DStV nachdrücklich, eindeutige Hinweise in den AEAO aufzunehmen, welche Vorgaben der Amtsträger in diesen Fällen zu beachten hat.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 12.03.2018

 

BMF-Entwurf zur gesetzlichen Einzelaufzeichnungspflicht: Wird endlich gut, was lange währt?

Seit Ende Dezember 2016 gelten die gesetzlichen Regelungen über die Einzelaufzeichnungspflicht und ihre Ausnahmen. Viele Fragen belasteten seither die Praxis. Fragen, die der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) bereits in seiner Stellungnahme S 05/17 vom 21.04.2017 vortrug. Jüngst gab nun das BMF mit einem Entwurf für ein Schreiben zur Änderung des Anwendungserlasses (AEAO) zu § 146 AO erste Antworten auf diese Fragen. Der DStV identifizierte manch positive Klarstellung. Dennoch adressierte er in seiner Stellungnahme S 03/18 vom 26.02.2018 weiteren Klarstellungsbedarf.

Schritte in die richtige Richtung

Einige Passagen des Entwurfs tragen zur Rechtsklarheit bei. Sie entschärfen somit das Klima bei Betriebsprüfungen wie auch bei Kassen-Nachschauen und reduzieren die Risiken für Steuerpflichtige und deren Berater. Nach Auffassung des DStV sollten beispielsweise folgende Hinweise aus dem Entwurf unbedingt Eingang in den AEAO finden:

  • Die Klarstellung, dass es nicht beanstandet wird, wenn in einem Einzelhandelsgeschäft oder einem vergleichbaren Dienstleistungsunternehmen mit hohem Anteil an Laufkundschaft die Kundendaten nicht aufgezeichnet werden. Diese werden im Regelfall im typischen Einzelhandel nicht zur Nachvollziehbarkeit des Geschäftsvorfalls benötigt.
  • Eine Aufzeichnung auf Papier ist zulässig, wenn zur Erfassung von aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfällen ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet wird und dieses Gerät z. B. wegen eines Stromausfalls oder eines technischen Defekts ausfällt.
  • Der Entwurf sieht einen Ausnahmekatalog von der Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen vor. Er gibt beispielweise Hinweise, welche Anforderungen bei der Benutzung von Waagen gelten.
  • Im Falle der Verwendung von offenen Ladenkassen ist die Ausnahmeregelung für den Verkauf von Waren aus Zumutbarkeitsgründen nach § 146 Abs. 1 Satz 3 AO grundsätzlich auch auf Dienstleistungen übertragbar.

Erforderliche Mindestangaben an Umsatzsteuerrecht anpassen

Der BMF-Entwurf bestimmt in einer Aufzählung die Mindestangaben, die der Steuerpflichtige zu einem einzelnen Geschäftsvorfall aufzeichnen muss. Danach muss der Steuerpflichtige beispielsweise neben dem endgültigen Einzelverkaufspreis den dazugehörigen Umsatzsteuersatz und -betrag aufzeichnen.

Der DStV begrüßt grundsätzlich die Konkretisierung der erforderlichen Angaben. Dies fördert die Rechtssicherheit in der Praxis. Kritisch sieht er allerdings, dass der Wortlaut nahelegt, dass zu jedem einzelnen Posten ausnahmslos der konkrete Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen werden muss. Diese Anforderung entspricht nicht der gelebten Praxis und findet sich zudem nicht in den umsatzsteuerlichen Vorgaben wieder. Nach dem Umsatzsteuergesetz muss eine Rechnung zwar grundsätzlich den anzuwendenden Steuersatz sowie den Steuerbetrag, der auf das Entgelt entfällt, enthalten. Allerdings ist der Ausweis des Steuerbetrags in einer Summe in Ausnahmefällen zulässig.

Der DStV regt in seiner Stellungnahme zur Klarstellung an: Wenigstens die Ausnahmen für Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV) und für Rechnungen über Lieferungen oder sonstige Leistungen, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen und bei denen der Steuerbetrag durch Maschinen automatisch ermittelt wird (§ 32 UStDV), sollten in den AEAO übernommen werden.

Ausnahme aus Zumutbarkeitsgründen auch für Dienstleister geboten

Der DStV hat frühzeitig, unter anderem in seiner Stellungnahme S 05/17 , darauf hingewiesen, dass neben Warenverkäufern auch Dienstleister unter die Ausnahme aus Zumutbarkeitsgründen nach § 146 Abs. 1 Satz 3 AO fallen müssen. Dies gebietet insbesondere der verfassungsrechtlich geltende Gleichheitsgrundsatz. Das BMF stellt in seinem Entwurf nunmehr erfreulicherweise klar, dass die Erleichterung grundsätzlich auch auf Dienstleister übertragbar ist.

Allerdings soll die Ausnahme nur für eine bestimmte Kategorie von Dienstleistern gelten: Deren Geschäftsbetrieb müsse auf eine Vielzahl von Kundenkontakten ausgerichtet sein. Zudem dürfe sich der Kundenkontakt im Wesentlichen nur auf die Bestellung und den kurzen Bezahlvorgang beschränken. Die Ausnahme gelte hingegen nicht, wenn der Kundenkontakt in etwa der Dauer der Dienstleistung entspreche und der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung individuell Einfluss nehmen könne.

Dem DStV erscheint diese Zweiteilung auf Basis eines aktuellen BFH-Beschlusses nicht nachvollziehbar. Nach dem BFH hat die Rechtsprechung die gewährten Erleichterungen niemals ausdrücklich auf Warenlieferanten beschränkt, sondern stets aus dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgeleitet (vgl. BFH-Beschluss v. 12.07.2017, Az. X B 16/17, Rz. 69, 71). Insoweit könnte laut BFH bei Klein-Dienstleistern dieselbe Interessenlage wie bei kleinen Warenlieferanten bestehen. Der DStV fordert daher in seiner Stellungnahme zugunsten von Klein-Dienstleistern, dass der Grundgedanke des BFH im AEAO deutlicher zum Ausdruck kommen muss.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 12.03.2018

 

Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern in Deutschland 2017 bei 21 %

Im Jahr 2017 blieb der allgemeine Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern – also der unbereinigte Gender Pay Gap – im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 18. März anhand fortgeschriebener Ergebnisse mitteilt, verdienten Frauen mit einem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von 16,59 Euro 21 % weniger als Männer (21,00 Euro).

Nach wie vor bestehen dabei deutliche Unterschiede zwischen dem früheren Bundesgebiet und den neuen Ländern. Der unbereinigte Gender Pay Gap ist im früheren Bundesgebiet im Jahr 2017 um einen Prozentpunkt auf 22 % gesunken, während er in den neuen Ländern mit 7 % unverändert blieb. Über einen längeren Zeitraum betrachtet, zeigt sich ein langsamer aber stetiger Rückgang des unbereinigten Gender Pay Gap.

Entwicklung des unbereinigten Gender Pay Gap
Jahr Deutschland Früheres
Bundesgebiet
Neue Länder
%
2017 21 22 7
2016 21 23 7
2015 22 23 8
2014 22 24 9
2013 22 23 8
2012 23 24 8
2011 22 24 7
2010 22 24 7
2009 23 24 6
2008 23 24 6
2007 23 24 6
2006 23 24 6

 

Untersuchungen der ursächlichen Faktoren des Gender Pay Gap sind alle vier Jahre auf Basis der Verdienststrukturerhebung möglich. Derzeit liegen Ergebnisse für das Jahr 2014 vor. Da diese Faktoren jedoch nur langfristigen Veränderungsprozessen unterliegen, dürften die Ursachen im Jahr 2017 weitgehend dieselben sein. Demnach sind die wichtigsten messbaren Gründe für den unbereinigten Gender Pay Gap unterschiedliche Branchen und Berufe, in denen Frauen und Männer tätig sind, sowie ungleich verteilte Arbeitsplatzanforderungen hinsichtlich Führung und Qualifikation. Darüber hinaus sind Frauen häufiger als Männer teilzeit- oder geringfügig beschäftigt.

Durch die genannten Ursachen können rund drei Viertel des Unterschieds in den durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten erklärt werden. Das verbleibende Viertel des Verdienstunterschieds entspricht dem bereinigten Gender Pay Gap. Demnach verdienten Arbeitnehmerinnen im Durchschnitt auch unter der Voraussetzung vergleichbarer Tätigkeit und äquivalenter Qualifikation im Jahr 2014 pro Stunde 6 % weniger als Männer.

Hier muss berücksichtigt werden, dass der ermittelte Wert eine Obergrenze ist. Er wäre geringer ausgefallen, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analysen zur Verfügung gestanden hätten, wie vor allem Angaben zu Erwerbsunterbrechungen.

Methodische Hinweise:
Der Gender Pay Gap ist die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes der Männer und Frauen im Verhältnis zum Bruttostundenverdienst der Männer. Es stehen dabei zwei Indikatoren mit unterschiedlicher Intention zur Verfügung: Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerinnen in allgemeiner Form miteinander. Mithilfe des unbereinigten Gender Pay Gap wird auch der Teil des Verdienstunterschieds erfasst, der durch schlechtere Zugangschancen von Frauen hinsichtlich bestimmter Berufe oder Karrierestufen verursacht wird, die möglicherweise ebenfalls das Ergebnis benachteiligender Strukturen sind. Der bereinigte Gender Pay Gap hingegen misst den Verdienstabstand von Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien. Aufgrund umfassenderer Datenanforderungen kann der bereinigte Gender Pay Gap nicht jährlich, sondern nur alle vier Jahre ermittelt werden.

Weiterführende Informationen zu dem auf Grundlage der Verdienststrukturerhebung 2014 berechneten Gender Pay Gap finden sich im WISTA-Aufsatz: Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen.

Allgemeine Hinweise zur Berechnungsweise des Gender Pay Gap lassen sich hier abrufen.

Angaben zum unbereinigten Gender Pay Gap in den EU-Mitgliedsstaaten sind in der Eurostat Datenbank abrufbar.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 15.03.2018

Preisindex: Verbraucherpreise Februar 2018: +1,4 % gegenüber Februar 2017

Inflationsrate schwächt sich weiter ab

Verbraucherpreisindex, Februar 2018

  • +1,4 % zum Vorjahresmonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)
  • +0,5 % zum Vormonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)

Harmonisierter Verbraucherpreisindex, Februar 2018

  • +1,2 % zum Vorjahresmonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)
  • +0,5 % zum Vormonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)

Die Verbraucherpreise in Deutschland lagen im Februar 2018 um 1,4 % höher als im Februar 2017. Damit schwächte sich die Inflationsrate – gemessen am Verbraucherpreisindex – den dritten Monat in Folge ab. Im Januar 2018 hatte sie bei +1,6 % gelegen. Im Vergleich zum Januar 2018 stieg der Verbraucherpreisindex im Februar 2018 um 0,5 %. Das Statistische Bundesamt bestätigt somit seine vorläufigen Gesamtergebnisse vom 27. Februar 2018.

Im Februar 2018 lagen die Energiepreise insgesamt mit +0,1 % nur knapp über dem Vorjahresniveau und wirkten damit dämpfend auf die Gesamtteuerung. Im Januar 2018 hatte die Teuerungsrate für Energie noch bei +0,9 % gelegen. Von Februar 2017 bis Februar 2018 verteuerten sich Strom (+1,5 %) sowie Umlagen von Zentralheizung und Fernwärme (+1,3 %). Hingegen verbilligten sich im gleichen Zeitraum Gas (-1,4 %), feste Brennstoffe (-0,6 %) und Mineralölprodukte (-0,5 %, davon Kraftstoffe: -0,6 %; leichtes Heizöl: -0,2 %). Ohne Berücksichtigung der Energiepreise hätte die Inflationsrate im Februar 2018 bei +1,5 % gelegen.

Ein weiterer wesentlicher Grund für die moderate Entwicklung der Inflation war die Preisentwicklung bei Nahrungsmitteln. Mit +1,1 % hat sich der Preisanstieg binnen Jahresfrist im Februar 2018 deutlich abgeschwächt (Januar 2018: +3,1 %). Teurer als ein Jahr zuvor waren im Februar 2018 vor allem Molkereiprodukte und Eier (+10,2 %), Speisefette und Speiseöle (+8,9 %) sowie Obst (+6,7 %). Gegenläufige Preisentwicklungen gab es zum Beispiel bei Gemüse, hier gingen die Preise mit -17,1 % auffällig stark zurück. In erster Linie war dies durch die hohen Gemüsepreise vor einem Jahr aufgrund der damals niedrigen Temperaturen in Südeuropa bedingt. Ohne Berücksichtigung der Preise für Energie und Nahrungsmittel hätte die Inflationsrate im Februar 2018 bei +1,6 % gelegen.

Gemessen an der Gesamtteuerung erhöhten sich die Preise für Waren insgesamt von Februar 2017 bis Februar 2018 mit +1,0 % unterdurchschnittlich, maßgeblich bestimmt durch die geringen Preisanstiege bei Energie (+0,1 %) und Nahrungsmitteln (+1,1 %). Einige Waren verteuerten sich binnen Jahresfrist auch deutlicher, insbesondere Zeitungen und Zeitschriften (+4,7 %) sowie Tabakwaren (+4,5 %). Billiger hingegen wurden zum Beispiel Informationsverarbeitungsgeräte (-3,0 %) und Geräte der Unterhaltungselektronik (-2,4 %).

Die Preise für Dienstleistungen insgesamt erhöhten sich im Februar 2018 gegenüber dem Vorjahresmonat um 1,6 % und damit deutlich stärker als die Preise für Waren. Diese Teuerung wurde im Wesentlichen durch die Erhöhung bei der Nettokaltmiete bestimmt, die im Februar 2018 im Vergleich zum Vorjahresmonat ebenfalls bei +1,6 % lag. Daneben verteuerten sich zum Beispiel Wartung und Reparatur von Fahrzeugen (+3,1 %) sowie Dienstleistungen für Verpflegung in Restaurants, Cafés und Straßenverkauf (+2,2 %) etwas stärker. Einige Dienstleistungen waren hingegen günstiger, unter anderem Telekommunikationsdienstleistungen (-0,8 %).

Veränderung im Februar 2018 gegenüber dem Vormonat Januar 2018

Im Vergleich zum Januar 2018 stieg der Verbraucherpreisindex im Februar 2018 um 0,5 %. Dieser Anstieg war zu einem erheblichen Teil auf höhere Preise für Pauschalreisen (+10,3 %) zurückzuführen. Binnen Monatsfrist stiegen zudem die Preise für Schnittblumen (+4,9 %), Bekleidungsartikel (+3,4 %) und Bier (+1,8 %) deutlich.

Energie insgesamt verbilligte sich hingegen im Februar 2018 um 0,5 % gegenüber Januar 2018. Hierfür war maßgeblich der deutliche Preisrückgang bei leichtem Heizöl (-5,0 %) verantwortlich. Die Preise für alle anderen Energieprodukte blieben im Vergleich zum Vormonat nahezu unverändert (zum Beispiel Gas: -0,2 %; Strom und Kraftstoffe jeweils: +0,1 %).

Nahrungsmittel insgesamt verbilligten sich im Februar 2018 im Vergleich zum Vormonat um 0,1 %. Hier gingen vor allem die Preise für Speisefette und Speiseöle (-5,3 %) zurück, insbesondere kostete im Februar 2018 Butter 9,7 % weniger als im Vormonat. Auch für Gemüse (-1,4 %) sowie Fisch und Fischwaren (-1,2 %) mussten die Verbraucher weniger bezahlen.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 14.03.2018

Sozialversicherung:  Geschäftsführer einer GmbH sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig

Geschäftsführer einer GmbH sind regelmäßig als Beschäftigte der GmbH anzusehen und unterliegen daher der Sozialversicherungspflicht. Ein Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter der GmbH ist, ist nur dann nicht abhängig beschäftigt, wenn er die Rechtsmacht besitzt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn er mehr als 50 % der Anteile am Stammkapital hält (Mehrheitsgesellschafter). Ist der Geschäftsführer kein Mehrheitsgesellschafter, ist eine abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht ausnahmsweise auch dann anzunehmen, wenn er exakt 50 % der Anteile hält oder bei einer noch geringeren Kapitalbeteiligung kraft ausdrücklicher Regelungen im Gesellschaftsvertrag (Satzung) über eine umfassende („echte“/qualifizierte) Sperrminorität verfügt, sodass es ihm möglich ist, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Damit hat das Bundessozialgericht seine bisherige Rechtsprechung bekräftigt und entsprechende Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt (Az. B 12 KR 13/17 R und B 12 R 5/16 R).

Im ersten Fall verfügte der klagende Geschäftsführer lediglich über einen Anteil von 45,6 % am Stammkapital. Eine mit seinem Bruder als weiterem Gesellschafter der GmbH getroffene „Stimmbindungsabrede“ änderte an der Annahme von Sozialversicherungspflicht ebenso wenig etwas, wie dessen Angebot an den Kläger, künftig weitere Anteile zu erwerben. Im zweiten Fall verfügte der klagende Geschäftsführer lediglich über einen Anteil von 12 % am Stammkapital.

In beiden Fällen betonte das Bundessozialgericht, dass es nicht darauf ankomme, dass ein Geschäftsführer einer GmbH im Außenverhältnis weitreichende Befugnisse habe und ihm häufig Freiheiten hinsichtlich der Tätigkeit, zum Beispiel bei den Arbeitszeiten, eingeräumt würden. Entscheidend sei vielmehr der Grad der rechtlich durchsetzbaren Einflussmöglichkeiten auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung.

Quelle: BSG, Pressemitteilung vom 15.03.2018 zu den Urteilen B 12 KR 13/17 und B 12 R 5/16 vom 15.03.2018

Hinweise zur Gesetzeslage

§ 7 Absatz 1 SGB IV

Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Spanische Berufsunfähigkeitsrente ist mit gleichzeitiger Altersrente eines anderen Mitgliedstaates oder der Schweiz vereinbar

Die Zulage zur Rente, die in Spanien den dauerhaft vollständig berufsunfähigen Arbeitnehmern gewährt wird, ist mit dem Bezug einer Altersrente eines anderen Mitgliedstaats oder der Schweiz vereinbar. Obwohl diese Leistungen als Leistungen gleicher Art anzusehen sind, ist die nach den spanischen Rechtsvorschriften vorgesehene Ruhebestimmung auf diese Zulage nicht anwendbar.

Herr José Blanco Marqués bezieht eine spanische Rente wegen dauerhafter vollständiger Berufsunfähigkeit. Für die Berechnung der Höhe dieser Rente wurden nur die in das spanische System der sozialen Sicherheit eingezahlten Beiträge berücksichtigt. Da Herr Blanco Marqués zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entscheidung, mit der ihm der Rentenanspruch zuerkannt wurde, älter als 55 Jahre war, wurde ihm eine Zulage in Höhe von 20 % der für die Festsetzung der Höhe der Rente herangezogenen Bemessungsgrundlage gewährt. Die spanischen Rechtsvorschriften sehen nämlich eine solche Erhöhung der Rente wegen dauerhafter vollständiger Berufsunfähigkeit vor, wenn der Arbeitnehmer mindestens 55 Jahre alt ist. Als Herr Blanco Marqués das 65. Lebensjahr vollendete, erhielt er ab März 2008 eine Altersrente aus der Schweizer Sozialversicherung. Diese Altersrente wurde ihm unter ausschließlicher Berücksichtigung der Beiträge gewährt, die er im Rahmen des Schweizer Pflichtversicherungssystems eingezahlt hatte. Im Februar 2015 strich das Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS) (Nationales Institut für soziale Sicherheit, Spanien) die von Herrn Blanco Marqués bezogene Zulage in Höhe von 20 % mit der Begründung, dass diese Zulage nicht mit dem Bezug einer Altersrente vereinbar sei. Das INSS forderte von Herrn Blanco Marqués die Rückzahlung eines Betrags von 17 340,95 Euro, der den an Zulagen ausgezahlten Beträgen entsprach.

Herr Blanco Marqués erhob gegen diesen Bescheid Klage beim Juzgado de lo Social n° 1 de Ponferrada (Arbeitsgericht Nr. 1 von Ponferrada, Spanien), der zu seinen Gunsten entschied. Dieses Gericht war nämlich der Ansicht, dass die Zulage in Höhe von 20 % nicht unvereinbar mit dem Bezug einer Schweizer Altersrente sei, da gemäß der Verordnung über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Erwerbstätige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern1, eine Unvereinbarkeit nur dann vorliegen könne, wenn die nationalen Rechtsvorschriften zu diesem Zweck die Berücksichtigung der im Ausland erworbenen Leistungen und der dort erzielten Einkünfte vorsähen. Eine solche Norm gebe es aber im spanischen Recht nicht.

Das INSS legte gegen dieses Urteil Rechtsmittel beim Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Obergericht für Kastilien und León, Spanien) ein. Das INSS führt aus, dass nach der Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberstes Gericht, Spanien) die Zulage in Höhe von 20 % nicht nur zum Ruhen gebracht werde, wenn der Empfänger eine Beschäftigung ausübe, sondern auch dann, wenn er eine Altersrente in einem anderen Mitgliedstaat oder in der Schweiz beziehe, da eine solche Altersrente ein Ersatzeinkommen für die Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit darstelle. In Anbetracht der Uneinigkeit zwischen den nationalen Gerichten ersucht das Tribunal Superior de Justicia de Castilla y Léon den Gerichtshof, die Verordnung auszulegen.

Mit seinem Urteil vom 15.03.2018 entscheidet der Gerichtshof, dass die dem Arbeitnehmer in Spanien gewährte Zulage in Höhe von 20 % und die von demselben Arbeitnehmer in der Schweiz erworbene Altersrente als Leistungen gleicher Art im Sinne der Verordnung anzusehen sind, was ihre Unvereinbarkeit nach sich ziehen könnte. Der Gerichtshof betont, dass diese Zulage eine Gruppe besonders schutzbedürftiger Arbeitnehmer schützen soll – nämlich Arbeitnehmer im Alter von 55 bis 65 Jahren, die eine dauerhafte vollständige Berufsunfähigkeit erleiden und Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz in einem anderen Beruf als dem vorher von ihnen ausgeübten zu finden. Der Gerichtshof fügt hinzu, dass die Zulage in Höhe von 20 % sowie die Rente wegen dauerhafter vollständiger Berufsunfähigkeit Merkmale aufweisen, die den Leistungen bei Alter entsprechen, da sie darauf abzielen, diesen Arbeitnehmern während des Zeitraums ab der Feststellung der dauerhaften vollständigen Berufsunfähigkeit bis zum Rentenalter Existenzmittel zu sichern.

Außerdem erklärt der Gerichtshof, dass die spanische Bestimmung, die das Ruhen der Zulage in Höhe von 20 % vorsieht, eine nationale Antikumulierungsregelung, die eine Kürzungsbestimmung im Sinne der Verordnung darstellt, auf diese Zulage nicht anwendbar ist, da diese nicht in einem Anhang dieser Verordnung (nämlich Anhang IV Teil D) aufgeführt ist. Diese Verordnung sieht nämlich u. a. vor, dass die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats vorgesehenen Kürzungsbestimmungen auf eine von dem nationalen Träger allein nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften berechnete Leistung (wie dies sowohl bei der Berechnung der Höhe der spanischen Rente wegen dauerhafter vollständiger Berufsunfähigkeit als auch bei der Schweizer Altersrente der Fall war) angewandt werden, dies aber nur, wenn zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind: (i) Die Höhe der Leistung muss von der Dauer der zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten unabhängig sein (was das Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León im Hinblick auf die Zulage in Höhe von 20 % zu prüfen hat) und (ii) die Leistung muss im oben genannten Anhang der Verordnung aufgeführt sein.

Fußnote

1Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, geändert und aktualisiert durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1), in der durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 (ABl. 2008, L 177, S. 1) geänderten Fassung.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 15.03.2018 zum Urteil C-431/16 vom 15.03.2018

 

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