Umsatzsteuerliche Behandlung von Bitcoin und anderen sog. virtuellen Währungen

 

Mit Urteil vom 22. Oktober 2015 hat der EuGH entschieden, dass es sich bei dem Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der sog. virtuellen Währung Bitcoin und umgekehrt um eine Dienstleistung gegen Entgelt i. S. d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSysRL handelt, die unter die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSysRL fällt.

Daneben können den Urteilsgrundsätzen auch generelle Ausführungen zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von sog. virtuellen Währungen entnommen werden, die wie der Bitcoin als vertragliches unmittelbares Zahlungsmittel zwischen Wirtschaftsteilnehmern akzeptiert werden und die keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen.

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes:

I. Umsätze, die sich auf Bitcoin beziehen

Der Umtausch von Bitcoin

Bei dem Umtausch von konventionellen Währungen in Bitcoin und umgekehrt handelt es sich um eine steuerbare sonstige Leistung, die im Rahmen einer richtlinienkonformen Gesetzesauslegung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei ist.

Die Verwendung von Bitcoin als Entgelt

Die Verwendung von Bitcoin wird der Verwendung von konventionellen Zahlungsmitteln gleichgesetzt, soweit sie keinem anderen Zweck als dem eines reinen Zahlungsmittels dienen. Die Hingabe von Bitcoin zur bloßen Entgeltentrichtung ist somit nicht steuerbar.

Bei Zahlung mit Bitcoin bestimmt sich das Entgelt beim Leistenden grundsätzlich nach dem Gegenwert in der Währung des Mitgliedsstaates, in dem die Leistung erfolgt und zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Leistung ausgeführt wird. In analoger Anwendung des Art. 91 Abs. 2 MwStSystRL soll die Umrechnung zum letzten veröffentlichten Verkaufskurs (z. B. auf entsprechenden Umrechnungsportalen im Internet) erfolgen. Dieser ist vom leistenden Unternehmer zu dokumentieren.

Folgefragen hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Bitcoin in Bezug auf weitere Umsätze

a) „Mining“

Die sog. „Miner“ erfüllen in dem auf mathematischen Algorithmen beruhenden Programm des Bitcoin-Systems eine zentrale Aufgabe, da die Leistung ihrer Rechnernetzwerke Grundvoraussetzung für die Aufrechterhaltung des Systems ist. Miner stellen für das „Schürfen“ von Bitcoin dem sog. Miningpool ihre Rechnerleistung zur Verfügung, zeichnen Transaktionen in einem sog. „Block“ auf und transferieren diesen anschließend in die sog. „Blockchain“.

Bei den Leistungen der Miner handelt es sich um nicht steuerbare Vorgänge. Die sog. Transaktionsgebühr, welche die Miner von anderen Nutzern des Systems erhalten können, wird freiwillig gezahlt und steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Leistungen der Miner. Auch die Entlohnung in Form des Erhalts neuer Bitcoin durch das System selbst ist nicht als Entgelt für die Minerleistungen anzusehen, da die Minerleistungen nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses erbracht werden. Dieses setzt neben dem Leistenden das Vorhandensein eines identifizierbaren Leistungsempfängers voraus.

b) „Wallet“

Die „Wallets“ (elektronische Geldbörsen) werden auf dem Computer, Tablet oder Smartphone gespeichert und dienen der Aufbewahrung der sog. virtuellen Währung. Eine Wallet kann z. B. eine App für ein Smartphone sein, die aus einem Appstore heruntergeladen werden kann. Soweit Anbieter für die digitalen Wallets eine Zahlung von Gebühren verlangen, liegen auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen i. S. d. § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG vor, die nach Maßgabe des § 3a Abs. 2 bzw. Abs. 5 Satz 1 UStG steuerbar und steuerpflichtig sind, soweit der Leistungsort im Inland liegt (vgl. hierzu auch Abschnitt 3a.9a Abs. 1 bis 8 UStAE).

c) Handelsplattformen

Stellt der Betreiber einer Handelsplattform seine Internetseite als technischen Marktplatz zum Erwerb bzw. Handel von Bitcoin den Marktteilnehmern zur Verfügung, handelt es sich um die Ermöglichung der rein EDV-technischen Abwicklung. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG kommt hierfür nicht in Betracht.

Soweit der Betreiber der Plattform allerdings den Kauf und Verkauf von Bitcoin als Mittelsperson im eigenen Namen vornimmt, kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG in Betracht.

II. Umsätze, die sich auf andere sog. virtuelle Währungen beziehen

Angesichts der Urteilsgründe und unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes werden auch andere sog. virtuelle Währungen den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt, soweit diese Währungen von den an der Transaktion Beteiligten als alternatives vertragliches und unmittelbares Zahlungsmittel akzeptiert worden sind und keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen.

Dementsprechend ist der Umtausch solcher sog. virtuellen Währungen in gesetzliche Zahlungsmittel und umgekehrt steuerbefreit. Dies gilt nicht für virtuelles Spielgeld (sog. Spielwährungen oder Ingame-Währungen, insbesondere in Onlinespielen), da dieses kein Zahlungsmittel i. S. d. MwStSystRL darstellt.

III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Im Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 7. Februar 2018 – III C 3 – S 7433/15/10001 (2018/0108025), BStBl I Seite xxx, geändert worden ist, wird in Abschnitt 4.8.3 nach Absatz 3 folgender neuer Absatz 3a eingefügt:

„(3a) 1Sog. virtuelle Währungen (Kryptowährungen, z.B. Bitcoin) werden den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt, soweit diese sog. virtuellen Währungen von den an der Transaktion Beteiligten als alternatives vertragliches und unmittelbares Zahlungsmittel akzeptiert worden sind und keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen (vgl. EuGH-Urteil vom 22. Oktober 2015, C-264/14, Hedqvist, BStBl 2018 II S. xxx). 2Dies gilt nicht für virtuelles Spielgeld (sog. Spielwährungen oder Ingame-Währungen, insbesondere in Onlinespielen).“

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

EuGH-Urteil vom 22. Oktober 2015, C-264/14, Hedqvist

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7160-b / 13 / 10001 vom 27.02.2018

Doppelbesteuerungsabkommen: Neues DBA Tunesien unterzeichnet

Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Das in Tunis am 8. Februar 2018 unterzeichnete Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen wird das geltende Doppelbesteuerungsabkommen vom 23. Dezember 1975 ersetzen, welches nicht mehr dem Stand der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Staaten entspricht.

Doppelbesteuerungen stellen bei internationaler wirtschaftlicher Betätigung ein erhebliches Hindernis für Handel und Investitionen dar. Durch das neue Abkommen sollen zur Förderung und Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik derartige steuerliche Hindernisse besser abgebaut werden, als es nach dem geltenden Abkommen möglich ist. Zusätzlich wird insbesondere die Zusammenarbeit der Finanzbehörden durch die Einführung eines erweiterten Informationsaustausches entsprechend dem OECD-Musterabkommen 2005 und einer Amtshilfe bei der Erhebung von Steuern gefördert.

Das unterzeichnete Abkommen bedarf zu seinem Inkrafttreten noch der Ratifikation, d.h. nach Abschluss der Gesetzgebungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik sind die Ratifikationsurkunden auszutauschen. Es wird nach seinem Inkrafttreten in beiden Vertragsstaaten ab dem 1. Januar des Kalenderjahres anzuwenden sein, das dem Jahr folgt, in dem das Abkommen in Kraft tritt.

 DBA Tunesien (Fassung vom 08.02.2018)

Quelle: BMF, Schreiben vom 08.02.2018

 

Jährliche Inflation im Euroraum auf 1,2 % gesunken

Die jährliche Inflation im Euroraum im Februar 2018 wird auf 1,2 % geschätzt, gegenüber 1,3 % im Januar 2018. Dies geht aus einer von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, veröffentlichten Schnellschätzung hervor.

Im Hinblick auf die Hauptkomponenten der Inflation im Euroraum wird erwartet, dass Energie im Februar die höchste jährliche Rate aufweist (2,1 %, gegenüber 2,2 % im Januar), gefolgt von Dienstleistungen (1,3 %, gegenüber 1,2 % im Januar), Lebensmitteln, Alkohol und Tabak (1,1 %, gegenüber 1,9 % im Januar) und Industriegütern ohne Energie (0,7 %, gegenüber 0,6 % im Januar).

Quelle: Eurostat, Pressemitteilung vom 28.02.2018

 

Geldwäschegesetz: Bekämpfung der Geldwäsche: Befreiung von der Pflicht zur Dokumentation der Risikoanalyse (§ 5 Abs. 4 GwG)

Die WPK kann auf Antrag von der Pflicht zur Dokumentation der Risikoanalyse nach § 5 GwG befreien, wenn der antragstellende WP/vBP darlegen kann, dass die im Bereich der ausgeübten beruflichen Tätigkeit bestehenden konkreten Risiken klar erkennbar sind und sie verstanden werden (§ 5 Abs. 4 GwG). Als Ausnahmegenehmigung wird die Befreiung im Regelfall nur befristet erteilt werden können.

Erste Anträge nach § 5 Abs. 4 GwG sind eingegangen und werden derzeit bearbeitet. Die WPK möchte in diesem Zusammenhang auf Folgendes hinweisen:

WP/vBP sollten prüfen, ob die praxisinterne Dokumentation der Risikoanalyse in den betroffenen einfach gelagerten Konstellationen nicht die weniger aufwendige Lösung darstellt als das Durchlaufen eines Antragsverfahrens nach § 5 Abs. 4 GwG, welches im Regelfall auch nur zu einer befristeten Befreiung führen kann.

Im Übrigen bleibt auch bei einer Befreiung von der Pflicht zur Dokumentation die Pflicht zur Durchführung und regelmäßigen Aktualisierung der Risikoanalyse bestehen (§ 5 Abs. 1 GwG). Für die WPK als Aufsichtsbehörde muss erkennbar sein, dass der WP/vBP diese Pflicht erfüllt hat. Dies wird der Fall sein, wenn aus der Dokumentation nach § 8 Abs. 1 GwG (risikoangemessene Erfüllung der Sorgfaltspflichten) hervorgeht, dass die bestehenden Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zutreffend ermittelt und bewertet wurden.

Quelle: WPK, Mitteilung vom 05.03.2018

 

Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur“ nach weiterbildendem Masterstudiengang möglich

Das Oberverwaltungsgericht hat am 05.03.2018 in einer Grundsatzentscheidung geklärt, dass die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ in Nordrhein-Westfalen neben weiteren Voraussetzungen auch führen darf, wer ein zweijähriges weiterbildendes technisches oder naturwissenschaftliches Masterstudium an einer deutschen Hochschule mit der Masterprüfung bestanden und insgesamt mindestens drei Studienjahre erfolgreich in einer technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtung an einer deutschen Hochschule studiert hat. Ob zuvor ein Bachelorstudium absolviert worden ist, ist dann unerheblich.

Geklagt hatten in den am 05.03.2018 verhandelten, gegen die Ingenieurkammer-Bau NRW gerichteten Verfahren ein Feuerwehrmann aus Haltern (4 A 480/14) und ein langjähriger Beschäftigter bei einem Bauunternehmen aus dem Kreis Borken (4 A 542/15). Sie waren ohne vorheriges Bachelorstudium aufgrund ihrer Berufserfahrung zu weiterbildenden technischen Masterstudiengängen an der Fachhochschule Kaiserslautern zugelassen worden. Dies setzte in den gewählten Studiengängen bei Studienbewerbern ohne Bachelorabschluss voraus, dass die Hochschule die Gleichwertigkeit der anderweitig erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten mit denen eines grundständigen Studiums feststellte. Nach zweijähriger Studiendauer und erfolgreichem Masterabschluss verweigerte die Ingenieurkammer-Bau NRW den Klägern die Aufnahme in ihr Mitgliederverzeichnis als freiwillige Mitglieder, weil sie kein einheitliches technisches Grundstudium mit einem Mindestanteil an ingenieurspezifischen Inhalten und einer Mindestdauer von drei Jahren absolviert hätten.

Der Senat hat klargestellt, dass sich derartige Erfordernisse dem geltenden Landesrecht nicht entnehmen ließen. Erforderlich sei danach (nur) das Studium einer technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtung an einer deutschen Hochschule mit der Dauer von mindestens drei Studienjahren. Bei Änderung des Ingenieurgesetzes im Jahr 2013 habe der Gesetzgeber inländische Studienbewerber gegenüber EU-Ausländern nicht benachteiligen wollen. Deshalb müsse auch deutschen Absolventen entsprechend der seinerzeit maßgeblichen Fassung der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG die Möglichkeit eröffnet werden, bei Vorliegen eines berufsqualifizierenden Abschlusses nach einer kürzeren Studiendauer die fehlende Studienzeit in einem gesonderten technischen Studiengang abzuleisten. Dies sei beim Kläger im Verfahren 4 A 542/15 bereits erfolgt, weil er ein weiteres einjähriges technisches Weiterbildungsstudium an der Fachhochschule Köln absolviert habe. Beim Kläger im Verfahren 4 A 480/14 habe es an einem entsprechenden zusätzlichen technischen Studium gefehlt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vorsitzende ergänzend darauf hingewiesen, dass die Länder derzeit im Interesse bundesweit vergleichbarer Regelungen ein Muster-Ingenieurgesetz abstimmten. Erwogen werde dabei, künftig zusätzlich einen Mindestanteil des Studiums der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) zu verlangen. Dies entspreche aber noch nicht dem geltenden Recht in Nordrhein-Westfalen.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Beschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Quelle: OVG Münster, Pressemitteilung vom 06.03.2018 zu den Urteilen 4 A 542/15 und 4 A 480/14 vom 05.03.2018

 

Haftung für Hundebiss

Ein Hundehalter ist unter Umständen gut beraten, eine Tierhaftpflichtversicherung abzuschließen. Denn er haftet grundsätzlich für Schäden, die das Tier jemandem zufügt, aus dem Gesichtspunkt der sog. Tierhalterhaftung. Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hatte jetzt über einen solchen Fall zu entscheiden.

Die Klägerin, eine Frau aus Dissen am Teutoburger Wald, war bei einem Bekannten in Osnabrück zur Feier seines 75. Geburtstages eingeladen. Dort lief ein Hund, den der Bekannte drei Wochen vorher aus einem Tierheim in Rumänien mitgebracht hatte, frei herum. Der Hund biss der Klägerin ins Gesicht, als sie sich zu ihm herunterbeugte. Sie erlitt schmerzhafte Biss,- Riss- und Quetschwunden, musste notärztlich behandelt werden und wurde mehrfach operiert. Später verklagte sie ihren Bekannten auf Schadensersatz.

Dieser lehnte jede Verantwortung ab. Die Frau hätte auf eigene Gefahr gehandelt und den Hund begrüßt. Dabei sei sie ausdrücklich darum gebeten worden, dem Hund kein Leckerli zu geben und ihn nicht anzufassen. Zumindest treffe sie ein erhebliches Mitverschulden.

Das Landgericht Osnabrück hatte den Mann zu vollem Schadensersatz verurteilt, was der Senat jetzt bestätigt hat. Mit dem plötzlichen Biss des Hundes habe sich eine typische Tiergefahr verwirklicht. In einen solchen Fall müsse der Halter nur dann nicht haften, wenn sich jemand ohne triftigen Grund bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begebe. Dies könne vorliegend nicht festgestellt werden. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Frau den Hund nicht gefüttert oder gestreichelt, sondern sich lediglich zu ihm heruntergebeugt habe. Angesichts der Tatsache, dass der Hund auf der Feier frei herumlief, habe sie nicht damit rechnen müssen, dass hierdurch bereits ein Beissreflex ausgelöst werde. Ein Gast dürfe bei einem freilaufenden Haustier nach Treu und Glauben damit rechnen, dass bei einem normalen Herunterbeugen zu einem Haustier, dieses nicht bereits zu einem Angriff gereizt werde.

Der Klägerin sei auch kein Mitverschulden zuzurechnen. Wer einen Hund auf einer Feier frei herumlaufen lasse, könne sich nicht auf ein Mitverschulden eines Geschädigten berufen, wenn dieser bei der bloßen Zuwendung zu dem Tier gebissen werde. Es handele sich um einen adäquaten Umgang mit einem Tier. Die bloße Warnung, den Hund nicht zu füttern und nicht zu streicheln, ändere an dieser Beurteilung nichts, so der Senat.

Der Hundehalter hat nach einem entsprechenden Hinweis des Senats seine Berufung zurückgenommen.

Quelle: OLG Oldenburg, Pressemitteilung vom 06.03.2018 zum Hinweisbeschluss 9 U 48/17 vom 08.11.2017

 

KfZ: Nicht immer Mietwagen nach Verkehrsunfall

Bei einer geringen Fahrleistung kann das Anmieten eines Ersatzwagens nach einem Verkehrsunfall nicht erforderlich sein. Dem Geschädigten steht dann nur eine Nutzungsausfallentschädigung zu. Das hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 23. Januar 2018 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bielefeld (Az. 2 O 203/16 LG Bielefeld) bestätigt.

Der seinerzeit 76 Jahre alte Kläger aus Bielefeld erlitt am 09.02.2016 auf dem Ostwestfalendamm in Bielefeld einen Verkehrsunfall, für den – dies ist im Verlauf des Rechtsstreits geklärt worden – allein die Beklagte aus Bielefeld verantwortlich ist. In dem vor dem Oberlandesgericht Hamm in der Berufungsinstanz geführten Rechtsstreit streiten der Kläger und die Beklagten – der Kläger hat die Unfallverursacherin mit ihrem Haftpflichtversicherer verklagt – darüber, ob die Beklagten dem Kläger auch Mietwagenkosten in Höhe von ca. 1.230 Euro zu erstatten haben.

Der Kläger mietete am 22.02.2016 einen Toyota Aygo als Ersatzfahrzeug an. Mit der Reparatur seines beim Unfall beschädigten Toyota Yaris beauftragte er eine Kfz-Werkstatt in Lemgo. Der von dort aus mit der Schadensbegutachtung beauftragte Kfz-Sachverständige ermittelte Reparaturkosten in Höhe von ca. 4.300 Euro, einen Wiederbeschaffungswert von 3.900 Euro und eine Reparaturdauer von 4-5 Arbeitstagen. Der Kläger beauftragte die Kfz-Werkstatt mit der Instandsetzung des Fahrzeugs. Nach Abschluss der Reparaturarbeiten hatte er den Mietwagen 11 Tage in Anspruch genommen. In dieser Zeit legte der Kläger mit dem Mietwagen 239 km zurück.

Die Beklagten lehnten die Erstattung der Mietwagenkosten ab, weil sie das Anmieten eines Ersatzfahrzeugs bei der geringen Fahrleistung des Klägers nicht für erforderlich erachteten. Dieser Rechtsauffassung schloss sich das Landgericht in seinem erstinstanzlichen Urteil an. Der Kläger habe nach dem eingeholten Gutachten, so das Landgericht, nur mit einer Wiederherstellungsdauer von 4 bis 5 Tagen zu rechnen gehabt. Für diese wenigen Tage sei es ihm zuzumuten gewesen, für anstehende Fahrten ein Taxi zu benutzen, zumal er den beschädigten Pkw nicht für berufliche Zwecke gebraucht habe.

Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Entscheidung des Landgerichts zu den Mietwagenkosten bestätigt und dem Kläger – anstelle der Mietwagenkosten – nur einen Nutzungsausfallschaden in Höhe von 115 Euro, 5 Tage zu je 23 Euro, zugesprochen.

Das Anmieten eines Ersatzwagens durch den Kläger sei zur Schadensbehebung nicht erforderlich gewesen, so der Senat. Der Toyota des Klägers sei nach dem Unfall noch fahrbereit gewesen. Er habe dem Kläger deswegen nur für die tatsächliche Dauer der Reparatur nicht zur Verfügung gestanden. Die Reparatur habe nach den Feststellungen des Sachverständigen in 5 Tagen durchgeführt werden können. Dass sie dann tatsächlich länger gedauert habe, könne der Senat nicht feststellen, weil der Beginn der Reparaturarbeiten nicht mehr zu ermitteln sei.

Unter dem Gesichtspunkt eines von dem Schädiger zu tragenden Prognoserisikos könne der Kläger nicht die Kosten für das elftägige Anmieten des Ersatzfahrzeuges beanspruchen. Nach dem Prognoserisiko schulde ein Schädiger dem Geschädigten nur die Mehrkosten, die ohne eigenes Verschulden des Geschädigten durch die von ihm beauftragte Werkstatt infolge unwirtschaftlicher oder unsachgemäßer Maßnahmen entstanden seien. Dieser Gesichtspunkt komme im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, weil der Kläger die Schadensabwicklung vollständig aus der Hand gegeben und somit selbst gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen habe.

Bei der Beurteilung der Mietwagenkosten sei zudem zu berücksichtigen, dass der Kläger in den elf Tagen nur 239 km gefahren sei. Abzüglich der einmalig zurückgelegten Strecke von seinem Wohnhaus zur Kfz-Werkstatt sei er damit nur ca. 16 km pro Tag gefahren. Der Senat gehe davon aus, dass ein tägliches Fahrbedürfnis von weniger als 20 km am Tag ein Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstelle, weil der Geschädigte dann nicht darauf angewiesen sei, ständig ein Fahrzeug zur Verfügung zu haben. Anderes habe der insoweit – auch – darlegungspflichtige Kläger nicht vorgetragen. Bei dieser Situation habe sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass Mietwagenkosten von ca. 111 Euro pro Tag die bei seinen Fahrten voraussichtlich anfallenden Taxikosten um ein Mehrfaches übersteigen würden.

Hinzu komme, dass der Kläger bei der Reparatur – zulässig – unter Wahren seines Integritätsinteresses im Rahmen der 130 %-Grenze seinen Wagen habe reparieren lassen. Entschließe sich der Geschädigte bei einer derartigen Situation zur Reparatur seines Fahrzeugs, müsse er die 130 %-Grenze beim Anmieten seines Ersatzfahrzeugs reflektieren. Das habe der Kläger im vorliegenden Fall nicht ausreichend getan, weil die von ihm geltend gemachten Reparaturkosten von ca. 4.300 Euro und die Mietwagenkosten von ca. 1.230 Euro die 130 %-Grenze von 5.070 Euro überschritten.

In der Gesamtschau dieser Faktoren sei das Anmieten eines Ersatzfahrzeuges durch den Kläger nicht erforderlich gewesen und ihm deswegen nur ein Nutzungsausfallschaden zuzusprechen.

Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung vom 05.03.2018 zum Urteil 7 U 46/17 vom 23.01.2018 (rkr)

 

50 Euro monatliches Taschengeld sind nicht auf Hartz IV anzurechnen

Ein 24-jähriger Kläger aus Krefeld war vor dem Sozialgericht Düsseldorf mit seiner Klage gegen das Jobcenter wegen der Berücksichtigung von Taschengeld in Höhe von 50 Euro erfolgreich.

Der Kläger erzielte Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit und erhielt darüber hinaus 110 Euro monatlich von seiner Mutter und weitere 50 Euro monatlich von seiner Großmutter. Das Jobcenter bewilligte aufstockende Grundsicherungsleistungen und berücksichtigte dabei alle Einnahmen. Dagegen wandte sich der Kläger. Er forderte, dass das Taschengeld seiner Großmutter in Höhe von 50 Euro nicht angerechnet werden dürfe, da dies grob unbillig sei.

Die 12. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf folgte der Argumentation des Klägers. Grundsätzlich seien alle Einnahmen auf Grundsicherungsleistungen anzurechnen. Eine Ausnahme gelte, soweit ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen würden, dass daneben Leistungen nicht gerechtfertigt wären. Im vorliegenden Fall sei die Berücksichtigung bereits grob unbillig. Das Taschengeld der Großmutter sei dazu gedacht gewesen, Bewerbungskosten zu finanzieren und nicht den Lebensunterhalt davon zu bestreiten. Eine Anrechnung würde die Bemühungen des Klägers, „auf eigene Füße“ zu kommen, beeinträchtigen. Außerdem sei ein Taschengeld in Höhe von 50 Euro so gering, dass daneben ein Leistungsbezug noch gerechtfertigt sei. 50 Euro entsprächen lediglich etwa einem Achtel des Regelbedarfs.

Quelle: SG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 01.03.2018 zum Urteil S 12 AS 3570/15 vom 07.06.2017 (rkr)

 

Kein Anspruch auf Sachleistungen bei Pflegebedürftigkeit im Ausland

Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Klage eines dauerhaft in Spanien lebenden Rentners auf Feststellung eines Sachleistungsanspruchs aus der privaten Pflegeversicherung abgewiesen.

Der 73-jährige Kläger begehrt von der beklagten privaten Pflegeversicherung die Feststellung, dass er im Fall des Eintritts der Pflegebedürftigkeit einen Sachleistungsanspruch (z. B. Erstattung von Rechnungen eines Pflegedienstes, Hilfsmittelrechnungen oder Pflegeheimrechnungen) gegen die Beklagte hat, da dieser einen etwa doppelt so hohen Wert im Vergleich zu einem Pflegegeldanspruch habe. Die Beklagte hatte dem Kläger für den Fall anerkannter Pflegebedürftigkeit lediglich die Zahlung von Pflegegeld avisiert.

Die 5. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf begründet die Abweisung der Klage damit, dass das Pflegegeld uneingeschränkt an Versicherte mit Wohnsitz im EU-Ausland zu transferieren sei, ein Anspruch auf Pflegesachleistungen bzw. auf den entsprechenden Erstattungsanspruch sei hingegen nicht exportfähig. Sachleistungen seien grundsätzlich nur vom Wohnortsozialversicherungsträger zu gewähren. Eine Ausnahme gelte lediglich für Ruhestandsbeamte und ihnen Gleichgestellte. Der Kläger sei jedoch weder Ruhestandsbeamter noch ihnen gleichgestellt.

Dieses Ergebnis widerspreche insbesondere nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz, da das Versicherungssystem für Beamte und das für sonstige privat oder gesetzlich pflegepflichtversicherte Personen erhebliche Unterschiede aufweise. Sachlicher Grund für die Begrenzung auf Pflegegeld seien die auf das Inland beschränkten Kontrollmöglichkeiten der Leistungsvoraussetzungen sowie der Qualitätskontrolle.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: SG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 01.03.2018 zum Urteil S 5 P 281/13 vom 16.07.2017 (nrkr)

 

Krefeld Pinguine müssen Risikozuschläge für Unfallversicherung zahlen

Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Klage der KEV Pinguine Eishockey GmbH gegen die Erhebung eines Beitragszuschlags abgewiesen.

Die Krefeld Pinguine sind als Profisportverein unfallversichertes Mitglied bei der beklagten Verwaltungsberufsgenossenschaft. Die Beklagte hat von der Klägerin zusätzlich zu dem anhand von Gefahrentarifen erhobenen Beitrag einen Beitragszuschlag für das Jahr 2012 in Höhe von über 15.000 Euro gefordert. Die Klägerin ist der Ansicht, dass dies rechtswidrig sei, da die Beklagte zwar Zuschläge erhebe, jedoch keine Nachlässe gewähre. Überdies sei lediglich ein Versicherungsfall als Basis für den erhobenen Zuschlag zugrunde gelegt worden. Außerdem habe die Klägerin als professioneller Eishockeyverein keine Möglichkeit, präventiv Gefährdungsrisiken – namentlich Fouls gegnerischer Spieler – entgegenzuwirken und damit Beitragszuschläge zu verhindern.

Die 6. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf wies die Klage ab mit der Begründung, dass der Beitragszuschlag zutreffend festgesetzt worden sei. Die Berufsgenossenschaften dürften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge auferlegen und Nachlässe bewilligen. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin könnten die Berufsgenossenschaften sich auch für nur eines von beiden oder eine Kombination entscheiden. Auch sei die Erhebung eines Zuschlags aufgrund eines einzigen Unfalls im Jahr, der in den Verantwortungsbereich des Unternehmens falle, möglich. Dass die Klägerin in Bezug auf Prävention in dieser Sportart chancenlos sei, führe ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit, da das Gericht nur überprüfen könne, ob die Handhabung im Hinblick auf die Gesamtheit aller Mitgliedsunternehmen geeignet ist, den verfolgten Zielen zu dienen. Der Gesetzgeber habe dabei den Berufsgenossenschaften einen weiten Spielraum eingeräumt.

Quelle: SG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 01.03.2018 zum Urteil S 6 U 460/14 vom 14.11.2017 (rkr)

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin