Wann können Eltern oder Ehegatten Schenkungen wegen Notbedarfs zurückfordern?

Wann können Eltern oder Ehegatten Schenkungen wegen Notbedarfs zurückfordern?

Schenkungen, auch im Rahmen vorweggenommener Erbfolge, sind für alle Beteiligten riskant, soweit es um eine umfassende Vermögensübertragung geht. Der Schenker riskiert die finanzielle Abhängigkeit vom Ehepartner und den Kindern, schlimmstenfalls Altersarmut. Wann kann in einem solchen Fall die Schenkung wiederrufen werden?

Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt selbst zu bestreiten, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks fordern.

Gesetzliches Rückforderungsrecht
Der Anspruch auf Rückgewähr des Geschenks wegen Notbedarfs setzt nur voraus, dass die Schenkung vollzogen ist und die schenkende Person nach Abschluss des Schenkungsvertrags nicht in der Lage ist, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Es kommt nicht darauf an, ob der Notbedarf vor oder nach Vollziehung der Schenkung entstanden ist. Eine Rückforderung kommt auch bei gemischter Schenkung in Betracht.

Das Rückforderungsrecht besteht gegenüber jedem Beschenkten, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad.

Abwendung der Herausgabe des Geschenks
Der Beschenkte kann die Herausgabe des Geschenks durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Der Rückforderungsanspruch ist auf die regelmäßig wiederkehrenden Leistungen zur Bedarfsdeckung beschränkt.

Wann ist der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen?
Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks ist aber ausgeschlossen, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen (gegenwärtig) außerstande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten gefährdet wird.

Rückforderung eines Grundstücks
Macht der verarmte Schenker den Rückforderungsanspruch bezüglich eines Rechts an einem Grundstück geltend, kann der Beschenkte seiner auf Zahlung entsprechend der Bedürftigkeit des Schenkers gerichteten Zahlungspflicht dadurch entgehen, dass er die Rückübertragung des Geschenks anbietet.

Nach Ablauf der 10-Jahres-Frist ist eine Rückforderung nicht mehr möglich
Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Eintritts der Bedürftigkeit des Schenkers seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes 10 Jahre verstrichen sind.

Die 10-Jahres-Frist beginnt mit Vollzug der Schenkung zu laufen. Wird ein Grundstück ohne Gegenleistung übertragen, ist dies bereits dann der Fall, wenn der Beschenkte auf der Basis eines formgerechten Schenkungsvertrags und der Auflassung einen Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung beim Grundbuchamt gestellt hat.

Nur wenn eine notariell Rückforderungsklauseln zugunsten des Schenkers vereinbart worden sind, ist das Rückforderungsrecht nicht auf 10 Jahre beschränkt.

Vorauszahlung von Zahnbehandlungskosten als Gestaltungsmissbrauch

Vorauszahlung von Zahnbehandlungskosten als Gestaltungsmissbrauch

Die Vorauszahlung der gesamten Kosten einer sich über mehrere Jahre erstreckenden Zahnbehandlung zum Zwecke des Abzugs der Gesamtkosten im Zahlungsjahr als außergewöhnliche Belastung kann gestaltungsmissbräuchlich sein.

Hintergrund
Streitig war, ob im Streitjahr 2009 vorausbezahlte Kosten einer Zahnbehandlung in Höhe von 45.000 EUR in diesem Jahr als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind. Die Behandlung erstreckte sich über 2 Jahre. Die Zahlung erfolgt nicht aufgrund einer Festkostenvereinbarung, sondern als Vorauszahlung auf die anfallenden Gesamtkosten, bevor der größte Teil der Behandlung sowie die erforderlichen prothetischen Maßnahmen durchgeführt wurden. Der Steuerpflichtige erhielt im Streitjahr von seinem früheren Arbeitgeber eine Abfindung in Höhe von 250.000 EUR für die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2008.

Das Finanzamt sah in der Geltendmachung des vorausgezahlten Betrags einen Gestaltungsmissbrauch und berücksichtigte im Schätzwege lediglich die Kosten, die in 2009 auf bereits angefallene Zahnbehandlungen entfielen.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage des Steuerpflichtigen ab. Zwangsläufig entstandene Krankheitskosten sind grundsätzlich im Veranlagungszeitraum der Verausgabung, vermindert um zu erwartende Ermäßigungen, zu berücksichtigen. Ein zum Abzug im Jahr der Verausgabung in voller Höhe berechtigender Zahlungsabfluss liegt jedoch dann nicht vor, wenn zum Steuerabzug berechtigende Kosten ohne wirtschaftlich vernünftigen Grund vorausgezahlt werden, weil die Vorauszahlung in diesem Fall einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten darstellt.

Im Streitfall lag kein wirtschaftlich vernünftiger außersteuerrechtlicher Grund dafür vor, dass der Steuerpflichtige die gesamten Kosten der sich über einen Zeitraum von fast 2 Jahren erstreckenden Zahnbehandlung bereits bei Beginn der Behandlung im Dezember 2009 vorausbezahlt hat. Einzig verbleibender Grund für die Vorauszahlung im Dezember 2009 war daher die Erzielung eines maximalen Steuervorteils, der sich vor allem daraus ergab, dass der Steuerpflichtige wegen der im Streitjahr erhaltenen Abfindung in Höhe von 250.000 EUR einer hohen Steuerprogression unterlag. Entsprechend war daher als außergewöhnliche Belastung nur der Teil der Kosten der Zahnbehandlung im Streitjahr abzugsfähig ist, der im Fall einer angemessenen Gestaltung entstanden wäre.

Erfassung von Ausgleichzahlungen zwischen ehemaligen Eheleuten

Erfassung von Ausgleichzahlungen zwischen ehemaligen Eheleuten

Fließen zwischen ehemaligen Eheleuten zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs Ausgleichszahlungen, sind diese Zahlungen beim Empfänger steuerlich nicht zu erfassen.

Hintergrund
Die Klägerin ist seit dem Jahr 2006 in zweiter Ehe wieder verheiratet und wurde in den Streitjahren 2006 und 2007 mit ihrem zweiten Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Zuge des Scheidungsverfahrens bez. der im Jahr 1994 geschlossenen ersten Ehe hatte die Klägerin mit ihrem ehemaligen, ersten Ehemann im Februar 2006 zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs eine notariell beurkundete und vom Familiengericht genehmigte Ausgleichsvereinbarung getroffen. Nach dieser Vereinbarung übertrug der ehemalige Ehemann im Jahr 2006 an die Klägerin einen Bausparvertrag mit einem Wert von ca. 30.000 EUR und zahlte einen Geldbetrag in Höhe von 5.000 EUR. In den Jahren 2007 bis 2010 waren nach der Vereinbarung vom Februar 2006 zugunsten der Klägerin durch den ehemaligen Ehemann zudem weitere Zahlungen in Höhe von 32.000 EUR (2007), 23.000 EUR (2008) und jeweils 20.000 EUR (2009 und 2010) zu erbringen.

Während das Finanzamt den zwischen den ehemaligen Eheleuten vereinbarten und durchgeführten finanziellen Ausgleich in den Jahren 2006 und 2007 zu Lasten der Klägerin als sonstige Einkünfte in Form von wiederkehrenden Bezügen der Besteuerung unterwarf, stellte sich die Klägerin auf den Standpunkt, dass die Ausgleichzahlungen mangels Rechtsgrundlage nicht steuerbar sind.

Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Hessische Finanzgericht entschied, dass die von der Klägerin erhaltenen Ausgleichzahlungen keiner Einkunftsart zuzuordnen sind. Entschädigungen seien zu verneinen, weil die Klägerin durch den Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht auf zukünftige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit verzichtet habe. Bei den Ausgleichszahlungen handele es sich auch nicht um den Ersatz für Renteneinkünfte sondern vielmehr um Ersatzleistungen für Verluste oder Wertminderungen im nicht steuerverhafteten Privatvermögen. Solche Ersatzleistungen unterlägen aber nicht dem Anwendungsbereich des Einkommensteuergesetzes und könnten damit auch nicht der Einkommensteuer unterliegen. Schließlich habe die Klägerin als ausgleichsberechtigter Ehegatte mit dem Verzicht auf den Versorgungsausgleich gegen Abfindung einen Vermögenswert – nämlich das Recht auf Bildung einer Versorgungsanwartschaft – in seiner Substanz endgültig aufgegeben. Dabei handele es sich um einen veräußerungsähnlichen Vorgang, der auch nicht der Besteuerung unterliege.

Kindergeld für die nicht verheiratete Tochter mit eigenem Kind

Kindergeld für die nicht verheiratete Tochter mit eigenem Kind

Ab 2012 ist der Unterhaltsanspruch, der der nicht verheirateten Tochter gegen den Vater ihres Kindes zusteht, für den Kindergeldanspruch ohne Bedeutung.

Hintergrund
X ist Vater einer Tochter (T), für die er Kindergeld bezog. T ist Mutter eines 2010 geborenen Kindes. Sie befand sich in einer Berufsausbildung.

Die Familienkasse hob gegenüber V die Festsetzung des Kindergelds für T ab Januar 2013 auf, weil nicht mehr die Eltern gegenüber T unterhaltspflichtig seien, sondern der Vater des Kindes.

Das Finanzgericht gab der Klage mit der Begründung statt, nach der Rechtslage ab 2012 komme es auf etwaige Unterhaltsansprüche gegen den Vater des Kindes nicht mehr an.

Entscheidung
Ebenso wie das Finanzgericht ist auch der Bundesfinanzhof der Auffassung, dass der Unterhaltsanspruch, der T gegen den Vater ihres Kindes zusteht, für die Kindergeldberechtigung des X ohne Bedeutung ist. Damit steht X für die in 1992 geborene (über 18-jährige, noch nicht 25 Jahre alte) T Kindergeld zu, da sie sich in Berufsausbildung befand und noch keine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen hatte.

Der Bundesfinanzhof beruft sich auf den Gesetzeswortlaut. Danach ist ab 2012 die Höhe der Einkünfte und Bezüge des Kindes – im Gegensatz zu der bis Ende 2011 geltenden Rechtslage – ohne Bedeutung. Der Bundesfinanzhof hatte bereits in einem früheren Urteil unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass die Verheiratung eines Kindes der kindergeldrechtlichen Berücksichtigung nicht entgegensteht, weil dafür keine typische Unterhaltssituation vorausgesetzt wird. Der Unterhaltsanspruch eines verheirateten Kindes gegenüber seinem Ehegatten wirkt sich auf den Kindergeldanspruch nicht aus. Wie der Bundesfinanzhof in dem aktuellen Fall nun entschieden hat, gilt Entsprechendes auch für den Unterhaltsanspruch einer nicht verheirateten Tochter gegen den Vater ihres Kindes.

Mieter muss Arbeiten tagsüber dulden

Mieter muss Arbeiten tagsüber dulden

Die Pflicht des Mieters, Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten in der Wohnung zu dulden, bezieht sich zeitlich auf die üblichen Arbeitszeiten an Werktagen. Dabei muss der Vermieter auf die Belange des Mieters Rücksicht nehmen.

Hintergrund
Der Vermieter einer Wohnung verlangt vom Mieter, den Austausch vorhandener Heizkostenverteiler sowie Wasserzähler gegen Geräte auf der Basis von Funktechnik zu dulden. Die Arbeiten sollen tagsüber an einem Werktag stattfinden.

Der Mieter lehnt eine Ausführung der Arbeiten vor 18 Uhr ab, da er berufstätig ist.

Entscheidung
Der Mieter muss den Austausch der Heizkostenverteiler und der Zähler an einem Werktag zwischen 10 und 13 Uhr oder 15 bis 18 Uhr nach vorheriger schriftlicher Ankündigung mit einer Frist von 2 Wochen dulden.

Beim Austausch der Geräte handelt es sich um eine Bagatellmaßnahme, die keiner detaillierten Ankündigung bedurfte.

Der Vermieter ist nicht gehalten, für Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten ausschließlich die Terminwünsche des Mieters zu beachten. Die Duldungspflicht des Mieters bezieht sich in zeitlicher Hinsicht auf die üblichen Arbeitszeiten an Werktagen. Zwar muss der Vermieter auf die Belange des Mieters Rücksicht nehmen. Hier war aber nicht erkennbar, warum es dem Mieter nicht möglich sein soll, die relativ kurz dauernden Arbeiten tagsüber ausführen zu lassen. Der pauschale Hinweis des Mieters, er sei berufstätig, reicht nicht aus. Auch war nicht ersichtlich, wieso es dem Mieter unzumutbar sein soll, dem Vermieter den Zugang zu der Wohnung zu ermöglichen oder einen Dritten damit zu beauftragen.

Grundstückskosten für einen behindertengerechten Neubau sind nicht abziehbar

Grundstückskosten für einen behindertengerechten Neubau sind nicht abziehbar

Bei der Errichtung eines behindertengerechten Bungalows sind auch die auf die zusätzliche Grundstücksfläche entfallenden Anschaffungskosten nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Hintergrund
Die Eheleute X errichteten in 2009/2010 einen Bungalow. Die Ehefrau leidet an Multipler Sklerose und ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 80). Aufgrund der behinderungsbedingten Anforderungen an die Wohnfläche entschlossen sie sich für die eingeschossige Bauweise. Diese erforderte im Vergleich zu einer mehrgeschossigen Bauweise aufgrund des Bebauungsplans den Erwerb einer um 152 qm größeren Grundstücksfläche. Dadurch ergaben sich Mehrkosten für den Baugrund von rund 13.000 EUR.

Die Eheleute machten diese Mehrkosten vergeblich als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzgericht vertrat einen großzügigeren Standpunkt und gab der Klage statt. Es ging davon aus, die behindertengerechte Gestaltung (Wendeflächen für den Rollstuhl, breitere Türen, größerer Sanitärbereich usw.) habe eine um 46 qm größere Grundfläche erfordert mit der Folge, dass die Eheleute aufgrund der Bauvorschriften (Grundflächenzahl) zur Anschaffung eines größeren Baugrundstücks gezwungen gewesen seien.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Das Finanzgerichtsurteil wurde auf die Revision des Finanzamts aufgehoben. Die Klage wurde abgewiesen.

Der Bundesfinanzhof bekräftigt zunächst den Grundsatz, dass die Mehraufwendungen für die behinderungsgerechte Gestaltung des Wohnumfelds regelmäßig zwangsläufig erwachsen. Das gilt auch für behinderungsbedingte Mehrkosten für einen Umbau oder Neubau. Denn eine schwerwiegende Behinderung begründet eine tatsächliche Zwangslage, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht.

Anders ist es jedoch bei den Anschaffungskosten für ein Grundstück. Hier fehlt es an der Zwangsläufigkeit. Das gilt selbst dann, wenn der Betreffende infolge Krankheit oder Unfall in seiner bisherigen Wohnung oder in seinem bisherigen Haus nicht weiterhin wohnen kann. Denn die Anschaffungskosten für ein Grundstück weisen zunächst keinen Bezug zur Krankheit oder Behinderung auf, da sie einem Gesunden ebenfalls entstanden wären.

Dies gilt auch für die Mehrkosten für ein größeres Grundstück, das erforderlich ist, um die persönlichen Wohnvorstellungen behinderten- oder krankheitsgerecht zu verwirklichen. Denn dieser Mehraufwand ist – anders als behinderungsbedingte bauliche Maßnahmen – nicht in erster Linie der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern Folge des frei gewählten Wohnflächenbedarfs. Der Aufwand wird von der Abgeltungswirkung des Grundfreibetrags erfasst und kann nicht nochmals als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Der gesetzliche Zinssatz von 6 % pro Jahr ist nicht verfassungswidrig

Der gesetzliche Zinssatz von 6 % pro Jahr ist nicht verfassungswidrig

Der Bundesfinanzhof hält den gesetzlichen Zinssatz von 6 % pro Jahr nicht für verfassungswidrig und sieht deshalb von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ab.

Hintergrund
Zu entscheiden war, ob der typisierte gesetzliche Zinssatz von 0,5 % pro Monat (= 6 % pro Jahr) für Aussetzungszinsen noch verfassungsgemäß ist.

Eheleute veräußerten im April 2002 eine im November 1996 erworbene Eigentumswohnung. Im Einkommensteuerbescheid 2002 unterwarf das Finanzamt den Veräußerungsgewinn von rund 62.000 EUR der Einkommensteuer. Mit ihrem Einspruch beriefen sich die Eheleute auf die Verfassungswidrigkeit der rückwirkenden Verlängerung der Spekulationsfrist. Auf ihren Antrag gewährte das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung in Höhe der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer (rund 30.000 EUR).

Nach Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in 2010, dass die Verlängerung der Spekulationsfrist von 2 auf 10 Jahre teilweise verfassungswidrig und nichtig ist, behandelte das Finanzamt nur noch einen Teil (rund 34.000 EUR) des Veräußerungsgewinns als steuerpflichtig und setzte die Einkommensteuer entsprechend niedriger fest. Die Aussetzung der Vollziehung wurde aufgehoben. Für den Zeitraum der Aussetzung (11.11.2004 bis 21.3.2011 = 76 Monate) setzte das Finanzamt im März 2011 die strittigen Aussetzungszinsen in der gesetzlichen Höhe (0,5 % pro Monat) mit 6.023 EUR fest.

Die dagegen gerichtete Klage, mit der die Eheleute vortrugen, es habe sich mittlerweile ein Niedrigzinsniveau stabilisiert, wies das Finanzgericht mit der Begründung ab, dem Gesetzgeber stehe eine gewisse Beobachtungszeit zu, bevor eine Anpassung an geänderte Verhältnisse notwendig werde.

Entscheidung
Auch vor dem Bundesfinanzhof war den Eheleuten kein Erfolg beschieden. Der Bundesfinanzhof verneint – jedenfalls für den Streitzeitraum bis März 2011 – verfassungsrechtliche Bedenken gegen den typisierten Zinssatz. Er lehnte daher eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ab und wies die Revision zurück.

Zunächst verweist der Bundesfinanzhof auf den weitreichenden Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers im Bereich des Steuerrechts. Um das Massenverfahren praktikabel zu handhaben, sind Typisierungen und Vereinfachungen unerlässlich. Zwar lag der Effektivzinssatz für Einlagen privater Haushalte deutlich unter dem gesetzlichen Zinssatz. Für den Vergleich ist jedoch auch der Darlehenszinssatz (Finanzierung von Steuernachzahlungen) heranzuziehen. Bei dem Vergleich mit diesem Zinssatz hält sich der gesetzliche Satz (6 % pro Jahr) noch in einem angemessenen Rahmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Forderungen des Finanzamts regelmäßig nicht besichert sind, sodass der (höhere) Zinssatz für unbesicherte Darlehen heranzuziehen wäre.

Sodann betont der Bundesfinanzhof, dass sich der Marktzins erst nach dem streitgegenständlichen Verzinsungszeitraum (März 2011) auf relativ niedrigem Niveau stabilisiert hat. Der Bundesfinanzhof hatte daher im Streitfall nicht zu entscheiden, ob sich die wirtschaftlichen Verhältnisse für die Folgezeit so entscheidend geändert haben, dass die gesetzgeberische Entscheidung durch neue, im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses noch nicht abzusehende Entwicklungen entscheidend in Frage gestellt wird.

Einspruch durch einfache E-Mail ist unwirksam

Einspruch durch einfache E-Mail ist unwirksam

Mit einer einfachen E-Mail kann der Bescheid einer Behörde nicht wirksam angefochten werden. Betroffene müssen damit rechnen, dass der Bescheid, gegen den sie sich wenden wollen, deshalb mangels wirksamer Anfechtung zu ihren Ungunsten bestandskräftig wird.

Hintergrund
Im Streitfall hatte die Mutter eines volljährigen Kindes gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Familienkasse lediglich mit einfacher E-Mail Einspruch eingelegt. Die Familienkasse wertete die einfache E-Mail zwar als wirksamen Einspruch, wies diesen Einspruch jedoch in der Sache als unbegründet zurück.

Entscheidung
Die hiergegen erhobene Klage der Mutter hatte keinen Erfolg. Das Hessische Finanzgericht entschied, dass der mit der einfachen E-Mail angegriffene Bescheid – entgegen der übereinstimmenden Auffassung der Klägerin und der Familienkasse – bereits mangels wirksamer Anfechtung bestandskräftig geworden ist. Denn ein lediglich mittels einfacher E-Mail eingelegter Einspruch genüge den gesetzlichen Erfordernissen nicht. Eine Entscheidung zu der Frage, ob der Bescheid inhaltlich rechtmäßig war, sei deshalb nicht mehr zu treffen.

Im Einzelnen hat das Hessische Finanzgericht darauf hingewiesen, dass eine elektronische Einspruchseinlegung zwingend mit einer sog. qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen sei. Hierdurch werde sichergestellt, dass die besonderen Zwecke der bisher üblichen Schriftform im Zeitpunkt der Rechtsbehelfseinlegung auch im modernen elektronischen Rechtsverkehr erfüllt werden. Nur durch die qualifizierte elektronische Signatur könne gewährleistet werden, dass der E-Mail neben dem Inhalt der Erklärung auch die Person, von der sie stammt, hinreichend zuverlässig entnommen werden könne. Außerdem werde sichergestellt, dass es sich hierbei nicht nur um einen Entwurf handele, sondern dass die E-Mail mit dem Wissen und dem Willen des Betroffenen der Behörde zugeleitet worden sei. Dies werde auch durch die gesetzlichen Regelungen des ab dem 1.8.2013 in Kraft getretenen sog. E-Government-Gesetzes belegt. Denn der Gesetzgeber habe dort bewusst auf die Versendung elektronischer Dokumente nach dem De-Mail-Gesetz und eben nicht auf die allgemein gebräuchliche E-Mail-Kommunikation zurückgegriffen.

Schließlich könne sich die Klägerin nicht darauf stützen, dass Finanzbehörden und Familienkassen in der Praxis bisher auch einfache E-Mails als formwirksamen Einspruch angesehen hätten. Denn der Verwaltung stehe es aufgrund des Prinzips der Gewaltenteilung nicht zu, mittels Richtlinien (hier: des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung) die gesetzlichen Formerfordernisse außer Kraft zu setzen. Weil im konkreten Streitfall seit der Einspruchseinlegung durch einfache E-Mail mehr als ein Jahr vergangen war, könne sich die Klägerin schließlich auch nicht auf mangelndes Verschulden im Rahmen eines sog. Widereinsetzungsantrags berufen.

Eigentümer können Stellplätze zugelassenen Fahrzeugen vorbehalten

Eigentümer können Stellplätze zugelassenen Fahrzeugen vorbehalten

Eine Regelung, dass auf den gemeinschaftlichen Stellplätzen einer Wohnungseigentumsanlage nur angemeldete Fahrzeuge parken dürfen, entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Hintergrund
Ein Wohnungseigentümer wendet sich mit einer Anfechtungsklage gegen mehrere Beschlüsse, die die Eigentümer in einer Eigentümerversammlung gefasst haben.

Die Eigentümer fassten unter anderem den Beschluss, dass auf den gemeinschaftlichen Stellplätzen nur angemeldete Pkw abgestellt werden dürfen. Anhänger sowie Wohnwagen dürfen dem Beschluss zufolge dort längstens für 14 Tage geparkt werden.

Ein Wohnungseigentümer hat gegen den Beschluss Anfechtungsklage erhoben. Der Beschluss führe dazu, dass einzelne Eigentümer privilegiert würden, während andere faktisch von der Mitbenutzung ausgeschlossen würden. Dies sei hier der Fall, weil er auf einem der Stellplätze ein Wohnmobil abstellen wolle, das im Winter abgemeldet sei.

Entscheidung
Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg. Die beschlossene Nutzungsregelung, dass auf den Stellplätzen nur angemeldete Fahrzeuge abgestellt werden dürfen, entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die gemeinschaftlichen Stellplätze sind nicht nur den Wohnungseigentümern, sondern auch Dritten zugänglich, wie etwa den Fahrzeugen der städtischen Reinigungsbetriebe, Postfahrzeugen oder Fahrzeugen von Besuchern. Auch wenn es sich nicht um eine öffentliche Fläche im Rechtssinne handelt, ist es daher geboten, dafür zu sorgen, dass dort nur zugelassene Fahrzeuge stehen, damit bei Schadensfällen eine Pflichtversicherung eintritt, jedenfalls dann, wenn die Fahrzeuge bewegt werden.

Ebenfalls ist es nicht zu beanstanden, dass Anhänger, Wohnwagen usw. nicht länger als 14 Tage auf den Stellplätzen abgestellt werden dürfen. Die Stellplätze sind keine Dauerparkeranlage, sondern müssen allen Wohnungseigentümern gleichmäßig zur Verfügung stehen. Dementsprechend ist auch zu gewährleisten, dass die Eigentümer im Wechsel dort parken können.

Die beschlossene Regelung stellt keine Privilegierung anderer Eigentümer dar. Vielmehr stellte die bisherige Praxis, dass der Kläger ein nicht angemeldetes Wohnmobil abstellte, eine Privilegierung des Klägers dar. Dadurch wurde von ihm nämlich praktisch ein Dauernutzungsrecht ausgeübt. Dies müssen die anderen Eigentümer, die die Stellplätze auch nutzen wollen, nicht hinnehmen. Die Regelung ist daher nicht zu beanstanden.

Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Bewerbung?

Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Bewerbung?

Werden Frauen im Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt, weil sie Kinder im Grundschulalter haben, stellt dies eine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes dar. Dieses Motiv muss aber eindeutig festgestellt werden, so das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Fall.

Im Einstellungsverfahren dürfen Bewerber nicht aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden. Das betrifft nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Benachteiligungen. Bei einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts kann die besondere Benachteiligung des einen Geschlechts durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden. Die herangezogene Statistik muss aussagekräftig, d. h. für die umstrittene Fallkonstellation gültig sein.

Hintergrund
Die Beklagte betreibt einen lokalen Radiosender und suchte im Frühjahr 2012 für eine Vollzeitstelle eine Buchhaltungskraft mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung. Die Klägerin bewarb sich auf diese Stelle im April 2012, im beigefügten Lebenslauf wies sie auf ihre Ausbildungen als Verwaltungsfachfrau und zur Bürokauffrau hin. Außerdem gab sie dort an „Familienstand: verheiratet, ein Kind“.

Anfang Mai 2012 erhielt die Klägerin eine Absage, auf dem zurückgesandten Lebenslauf war der Angabe zum Familienstand hinzugefügt „7 Jahre alt!“, dies und die von der Klägerin stammende Angabe „ein Kind“ war unterstrichen. Die Klägerin sieht sich als Mutter eines schulpflichtigen Kindes, die eine Vollzeitbeschäftigung anstrebt, benachteiligt.

Die Notiz der Beklagten auf ihrem Lebenslauf spreche dafür, dass die Beklagte Vollzeittätigkeit und die Betreuung eines 7-jährigen Kindes nicht oder nur schlecht für vereinbar halte. Die Beklagte hat eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts abgelehnt. Sie hat darauf verwiesen, eine junge verheiratete Frau eingestellt zu haben, die über eine höhere Qualifikation verfüge.

Entscheidung
Die Revision der Beklagten, die vom Landesarbeitsgericht wegen mittelbarer Benachteiligung der Klägerin zu einer Entschädigung in Höhe von 3.000 EUR verurteilt worden war, hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.

Die vom Berufungsgericht herangezogene Statistik (Mikrozensus) für den Anteil von Ehefrauen mit Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten lässt keine Aussagen für den Fall der Klägerin zu. Das Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht wird aber zu prüfen haben, ob in dem Verhalten der Beklagten nicht eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin als Frau zu sehen ist, was eine Auslegung des Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf erfordert.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin