Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Bewerbung?
Werden Frauen im Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt, weil sie Kinder im Grundschulalter haben, stellt dies eine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes dar. Dieses Motiv muss aber eindeutig festgestellt werden, so das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Fall.
Im Einstellungsverfahren dürfen Bewerber nicht aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden. Das betrifft nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Benachteiligungen. Bei einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts kann die besondere Benachteiligung des einen Geschlechts durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden. Die herangezogene Statistik muss aussagekräftig, d. h. für die umstrittene Fallkonstellation gültig sein.
Hintergrund
Die Beklagte betreibt einen lokalen Radiosender und suchte im Frühjahr 2012 für eine Vollzeitstelle eine Buchhaltungskraft mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung. Die Klägerin bewarb sich auf diese Stelle im April 2012, im beigefügten Lebenslauf wies sie auf ihre Ausbildungen als Verwaltungsfachfrau und zur Bürokauffrau hin. Außerdem gab sie dort an „Familienstand: verheiratet, ein Kind“.
Anfang Mai 2012 erhielt die Klägerin eine Absage, auf dem zurückgesandten Lebenslauf war der Angabe zum Familienstand hinzugefügt „7 Jahre alt!“, dies und die von der Klägerin stammende Angabe „ein Kind“ war unterstrichen. Die Klägerin sieht sich als Mutter eines schulpflichtigen Kindes, die eine Vollzeitbeschäftigung anstrebt, benachteiligt.
Die Notiz der Beklagten auf ihrem Lebenslauf spreche dafür, dass die Beklagte Vollzeittätigkeit und die Betreuung eines 7-jährigen Kindes nicht oder nur schlecht für vereinbar halte. Die Beklagte hat eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts abgelehnt. Sie hat darauf verwiesen, eine junge verheiratete Frau eingestellt zu haben, die über eine höhere Qualifikation verfüge.
Entscheidung
Die Revision der Beklagten, die vom Landesarbeitsgericht wegen mittelbarer Benachteiligung der Klägerin zu einer Entschädigung in Höhe von 3.000 EUR verurteilt worden war, hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.
Die vom Berufungsgericht herangezogene Statistik (Mikrozensus) für den Anteil von Ehefrauen mit Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten lässt keine Aussagen für den Fall der Klägerin zu. Das Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht wird aber zu prüfen haben, ob in dem Verhalten der Beklagten nicht eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin als Frau zu sehen ist, was eine Auslegung des Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf erfordert.