Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Saunaleistungen

Aufteilung eines Gesamtentgeltes für Übernachtungsleistungen und Saunanutzung – Änderung des Abschnitts 12.16 Umsatzsteuer-Anwendungserlass

I. Vereinfachungsregelung zur Rechnungsausstellung
Nach dem BMF-Schreiben vom 28. Oktober 2014, BStBl I, S. 1439, sind Saunaleistungen, die nach dem 30. Juni 2015 erbracht werden, mit dem Regelsteuersatz zu besteuern.

Werden nach diesem Zeitpunkt Beherbergungsleistungen, die gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ermäßigt zu besteuern sind, zusammen mit Saunaleistungen zu einem pauschalen Gesamtentgelt erbracht, ist das einheitliche Entgelt sachgerecht auf die einzelnen Leistungen aufzuteilen. Dabei kann der Anteil des Entgelts, der auf die nicht ermäßigte Leistung entfällt, im Wege der Schätzung ermittelt werden. Schätzungsmaßstab kann beispielsweise der kalkulatorische Kostenanteil zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags sein.

Zu Übernachtungsleistungen, die mit verschiedenen anderen Leistungen zu einem Pauschalpreis angeboten werden, enthält Abschnitt 12.16 Abs. 12 UStAE eine Vereinfachungsregelung. Danach wird es nicht beanstandet, wenn die in einem Pauschalangebot enthaltenen nicht begünstigten Leistungen in der Rechnung zu einem Sammelposten (z. B. „Business-Package“, „Servicepauschale“) zusammengefasst und der darauf entfallende Entgeltanteil in einem Betrag ausgewiesen werden. Diese Vereinfachungsregelung gilt auch für Saunaleistungen, die nach dem 30. Juni 2015 erbracht werden.

II. Änderung des Anwendungserlasses
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch BMF-Schreiben vom 14. Oktober 2015 – IV C 5 – S-2332 / 15 / 10001 (2015/0581477) – geändert worden ist, in Abschnitt 12.16 Abs. 12 Satz 1 nach dem fünften Spiegelstrich folgender Spiegelstrich eingefügt:

„- Nutzung von Saunaeinrichtungen;“.

III. Anwendungsregelung
Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2015 ausgeführt werden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 – S-7243 / 07 / 10002-03 vom 21.10.2015

 

Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Feier des Geburtstags und der Bestellung zum Steuerberater

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 8. Juli 2015 entschieden, dass Aufwendungen eines Arbeitnehmers für eine Feier aus beruflichem und privatem Anlass hinsichtlich der Gäste aus dem beruflichen Umfeld als Werbungskosten abziehbar sein können.
Der Kläger wurde im Februar des Streitjahres zum Steuerberater bestellt. Im April desselben Jahres war sein 30. Geburtstag. Zur Feier beider Ereignisse lud er Kollegen, Verwandte und Bekannte in die Stadthalle seines Wohnorts ein. Er teilte die für Hallenmiete und Bewirtung entstandenen Aufwendungen nach Köpfen auf und begehrte den Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie auf die dem beruflichen Bereich zugeordneten Gäste entfielen.

Der BFH entschied, dass der als Werbungskosten abziehbare Betrag im Falle einer Feier aus beruflichem und privatem Anlass anhand der Herkunft der Gäste aus dem beruflichen oder privaten Umfeld des Steuerpflichtigen abgegrenzt werden kann, wenn die Einladung der Gäste aus dem beruflichen Umfeld (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst ist. Hiervon kann insbesondere dann auszugehen sein, wenn nicht nur ausgesuchte Gäste aus dem beruflichen Umfeld eingeladen werden, sondern die Einladungen nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien (z. B. alle Auszubildenden, alle Zugehörigen einer bestimmten Abteilung) ausgesprochen werden.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 73/15 vom 21.10.2015 zum Urteil VI R 46/14 vom 08.07.2015

 

Kein Abzug tatsächlich nicht angefallener Gewerbesteuer bei der Bemessung des Solidaritätszuschlags

Bereits mit Urteilen vom 28. April 2014 – 13 K 1894/13 – und vom 26. Juni 2014 – 12 K 1045/13 – haben sowohl der 13. Senat als auch der 12. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg entschieden, dass ein Abzug „fiktiver“ Gewerbesteuer von anderen Einkünften als denen aus Gewerbebetrieb bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags nicht in Betracht kommt.

Die Kläger der beiden Streitfälle erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Gewerbesteuer – die ausschließlich bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anfällt – hatten sie auf diese Erträge nicht zu zahlen. Die Kläger begehrten beim Finanzamt dennoch – soweit es um den Solidaritätszuschlag ging – die Anrechnung einer fiktiven Gewerbesteuerbelastung nach § 35 EStG mit der Begründung, dass Steuerpflichtige mit nichtgewerblichen Einkünften anderenfalls gegenüber Gewerbetreibenden benachteiligt seien. Nach § 35 Abs. 1 EStG vermindert sich die tarifliche Einkommensteuer – und damit nach § 3 Abs. 2 SolZG auch die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag – um einen bestimmten Prozentsatz des Gewerbesteuermessbetrags.

Beide Senate des FG haben die Klagen abgewiesen. Sie sehen in dem Umstand, dass die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG nicht auf andere Einkunftsarten anwendbar ist, eine Kompensation für die Zusatzbelastung, die bei Steuerpflichtigen mit gewerblichen Einkünften mit der Erhebung der Gewerbesteuer einhergeht. Dass die Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei und dass dies ausdrücklich auch für die an die Minderung der Einkommensteuer anknüpfende Minderung der Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag gelte, habe der BFH bereits entschieden (BFH-Urteil vom 21. Juli 2011 – II R 52/10, BStBl II 2012, 43).

Der BFH hat gegen beide Urteile inzwischen die Revision zugelassen (Az. der Revision gegen das Urteil des 13. Senats: VIII R 25/15; Az. der Revision gegen das Urteil des 12. Senats: X R 22/15).

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 20.10.2015 zu den Urteilen 13 K 1894/13 vom 28.04.2014 und 12 K 1045/13 vom 26.06.2014

 

Hinzurechnungsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz ernstlich zweifelhaft

Der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 12. August 2015 – 3 V 4193/13 – in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ernstliche Zweifel daran angemeldet, ob die sog. Hinzurechnungsbesteuerung bei Einkünften aus in der Schweiz ansässigen Zwischengesellschaften europarechtskonform ist.

Der in Deutschland wohnende Antragsteller hielt Anteile an einer schweizerischen AG, deren Geschäftsführer er auch war. Die AG betrieb in der Schweiz ein Maklerbüro, das sich mit dem An- und Verkauf, der Vermittlung und der Vermietung von Geschäftsimmobilien in Fußgängerzonen befasste. Das Finanzamt sah die AG als sog. Zwischengesellschaft an und rechnete deren Einkünfte dem Antragsteller persönlich zu. Den Gegenbeweis des Antragstellers, dass die AG in der Schweiz einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachging (sog. Motivtest), ließ das Finanzamt nicht zu. Auch Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Steuerforderung wollte das Finanzamt für die Dauer des Einspruchsverfahrens nicht gewähren.

Diese Verfahrensweise hält der 3. Senat für problematisch. Die Vereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung mit den einschlägigen EU-Grundfreiheiten sei höchstrichterlich noch nicht geklärt. Soweit es um die Kapitalverkehrsfreiheit mit der Schweiz gehe, sei dazu vor dem BFH ein Revisionsverfahren anhängig (Az. des BFH: I R 78/14; Vorinstanz: Finanzgericht Münster, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 K 618/11 F), bis zu dessen Abschluss das Einspruchsverfahren des Antragstellers ruhen könne. Außerdem sei im Verhältnis zur Schweiz das 2002 in Kraft getretene Freizügigkeitsabkommen zu beachten, zu dessen Bedeutung für das Steuerrecht bislang nur wenige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ergangen seien. Nach Auffassung des Senats ist daher eine Vorlage der streitigen Rechtsfrage an den EuGH in Betracht zu ziehen.

Mit dieser Begründung hat das Finanzgericht die auf die Hinzurechnungsbesteuerung entfallende Einkommensteuer des Antragstellers von der Vollziehung ausgesetzt. Die dagegen zugelassene Beschwerde zum BFH hat die Finanzverwaltung nicht eingelegt.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 20.10.2015 zum Beschluss 3 V 4193/13 vom 12.08.2015

 

Lohnsteuererhebung bei verschiedenartigen Bezügen/Lohnarten im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale ab 2016

In den BMF-Schreiben vom 25. Juli 2013, BStBl I 2013 S. 943, Tz. III. 5, vom 7. August 2013, BStBl I 2013 S. 951, Rz. 104-106, sowie vom 23. Oktober 2014, BStBl I 2014 S. 1411, wird aus Vereinfachungsgründen auf die Möglichkeit einer besonderen Lohnsteuererhebung bei verschiedenartigen Bezügen hingewiesen (Nichtbeanstandungsregelung). Diese Regelung gilt bisher nur für die Kalenderjahre 2013 bis 2015.

Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens (Stand: 26. August 2015) sieht eine gesetzliche Regelung vor, wonach der Arbeitgeber während des Kalenderjahres die Lohnsteuer für verschiedenartige Bezüge für den zweiten und weiteren Bezug ohne Abruf weiterer elektronischer Lohnsteuerabzugsmerkmale nach der Steuerklasse VI erheben darf, wenn er u. a. die verschiedenartigen Bezüge bei Beendigung des Dienstverhältnisses oder am Ende des Kalenderjahres zusammenfasst (Wahlmöglichkeit, § 39e Abs. 5a – neu – EStG in der Fassung des o. g. Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens).

Aufgrund dieses Regelungsentwurfs wird nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die o. g. Nichtbeanstandungsregelung aus Billigkeitsgründen für das Kalenderjahr 2016 verlängert.

Folglich kann der Arbeitgeber solche Bezüge weiterhin wie Bezüge aus unterschiedlichen Dienstverhältnissen behandeln und die abgerufenen ELStAM nur für einen der gezahlten Bezüge anwenden. Für den anderen Bezug ist die Steuerklasse VI ohne weiteren Abruf von ELStAM zu Grunde zu legen. Wird für einen Versorgungsbezug die Lohnsteuer nach der Steuerklasse VI erhoben, ist § 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen, wonach kein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag anzusetzen ist. Die Lohnsteuerbescheinigung ist jeweils für den getrennt abgerechneten Bezug auszustellen und an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Im Übrigen wird auf die o. g. Regelungen in den BMF-Schreiben vom 25. Juli 2013 und vom 7. August 2013 verwiesen.

Diese Verlängerung gilt für die Lohnsteuererhebung auf den laufenden Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume, die vor dem 1. Januar 2017 enden, und für die Lohnsteuererhebung auf sonstige Bezüge, die vor dem 1. Januar 2017 zufließen. Nach Abschluss des o. g. Gesetzgebungsverfahrens kann mit keiner weiteren Billigkeitsregelung mehr gerechnet werden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2363 / 13 / 10003 vom 19.10.2015

 

Kein Freibetrag für Betriebserben

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung lehnt die Einführung einer Freibetragsregelung an Stelle der geplanten Verschonungsregelung für Erben großer Betriebsvermögen ab. Wie es in einer Antwort der Regierung (18/6277) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/5952) heißt, führt die geplante Prüfschwelle dazu, dass Erwerber großer Vermögen (über der Prüfschwelle) nur dann eine vollständige Verschonung erhalten, „wenn der Bedarf für die Verschonung nachgewiesen wird“. Bei unterhalb der Schwelle liegenden Erwerben gebe es im Wesentlichen keine Prüfung des Verschonungsbedarfs. „Durch eine Regelung als Freibetrag statt einer Prüfschwelle würde bei Erwerben begünstigten Vermögens, die oberhalb des Freibetrages lägen, eine Verschonung in Höhe des Freibetrags vorgenommen, ohne zu prüfen, ob es einer solchen Verschonung überhaupt bedarf“ erläutert die Bundesregierung.

Die Bundesregierung weist zudem darauf hin, dass Steuerschuldner der Erbschaft zuerst der Erwerber ist und nicht das erworbene Unternehmen. Der Erwerber müsse auch die Steuer bezahlen. „Aus welchem Vermögen die Tilgung der Erbschaft- und Schenkungsteuer erfolgt, ist unerheblich“, teilt die Regierung mit.

Quelle: Deutscher Bundestag

Solidaritätszuschlag: Finanzgericht gewährt vorläufigen Rechtsschutz

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat mit Beschluss vom 22. September 2015 – Az. 7 V 89/14 – die Vollziehung eines Bescheides über die Festsetzung des Solidaritätszuschlages für das Jahr 2012 aufgehoben.

Nach Auffassung des Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, weil der Senat von der Verfassungswidrigkeit des der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Solidaritätszuschlaggesetzes überzeugt ist. Der Senat hatte deshalb das Verfahren 7 K 143/08, in welchem um die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 gestritten wird, mit Beschluss vom 21. August 2013 gem. Art. 100 Grundgesetz (GG) ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob das Solidaritätszuschlaggesetz verfassungsgemäß ist. Das Verfahren ist beim BVerfG noch anhängig (Az. 2 BvL 6/14).

Soweit die Rechtsprechung ein besonderes berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes fordert, geht sie dabei von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis aus. Bei Bestehen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts sei dessen Vollziehung im Regelfall auszusetzen oder im Fall eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts die Vollziehung wieder aufzuheben (§ 69 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 FGO). In besonders gelagerten Ausnahmefällen könne aber trotz Vorliegens solcher Zweifel ausnahmsweise die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt werden.

Allerdings lassen einige Senate des BFH die Frage ausdrücklich offen, ob für die Gewährung der Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung ein besonderes berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erforderlich ist. Auch der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts konnte im Streitfall diese Frage offen lassen, weil nach seiner Auffassung ein besonderes berechtigtes Interesse der Antragsteller an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorliegt.

Allein der Umstand, dass dem Fiskus durch die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung von Bescheiden über die Festsetzung des Solidaritätszuschlags erhebliche Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe drohen, lässt nach Auffassung des Senats das individuelle Interesse der Antragsteller an einem effektiven Rechtsschutz nicht hinter das öffentliche Interesse des Staates an einer geordneten Haushaltsführung zurücktreten. Die Wahrnehmung und Erfüllung der öffentlichen Aufgaben sei durch den drohenden Einnahmeausfall nicht gefährdet. Der Staat verfüge auch für den Fall, dass der Solidaritätszuschlag bis zur Entscheidung des BVerfG über den Vorlagebeschluss des Senats nicht vollzogen werden könne, gerade in jüngster Zeit über ausreichende Steuereinnahmen. Er erziele Rekordsteuereinnahmen und könne sich im Zweifel am Kapitalmarkt zu historisch niedrigen Zinsen refinanzieren, sodass die Wahrnehmung und Erfüllung der öffentlichen Aufgaben nicht gefährdet erscheine.

Weiter führt der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts aus: „Der Senat verkennt nicht, dass das Steueraufkommen aus dem Solidaritätszuschlag von mehr als 13 Milliarden Euro jährlich keine zu vernachlässigende Größe darstellt, deren Ausgleich erhebliche Anstrengungen des Staates nach sich ziehen würde. Jedoch hat der Anspruch des Steuerpflichtigen auf einen effektiven Rechtsschutz nicht schon dann zurückzutreten, wenn dem Staat nicht unerhebliche Einnahmeausfälle drohen.“

Es sei auch für die Senate des BFH, die eine Interessenabwägung fordern, unbestritten, dass bei Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids dieser in der Regel von der Vollziehung auszusetzen ist. Nur im Ausnahmefall sei von einer Vollziehungsaussetzung wegen vorrangiger Interessen des Staates an einer geordneten Haushaltsführung abzusehen. Dieses Regel-Ausnahmeverhältnis würde aber in sein Gegenteil verkehrt, wenn schon nicht unerhebliche Einnahmeausfälle einer Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung entgegenstünden. Vielmehr sei dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Haushaltsführung erst der Vorrang vor dem Individualinteresse an der Aussetzung bzw. Aufhebung des fraglichen Steuerbescheids einzuräumen, wenn durch die damit drohenden Einnahmeausfälle die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben konkret gefährdet sei.

Der Senat hat die Beschwerde zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH liegt noch nicht vor.

Quelle: FG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 19.10.2015 zum Beschluss 7 V 89/14 vom 22.09.2015

 

Unterhaltszahlungen an Angehörige im Kosovo sind nur unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich abzugsfähig

Mit Urteil vom 17. September 2015 (Az. 4 K 2254/14) hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) entschieden, dass ein Kellner Unterhaltszahlungen an seine im Kosovo lebenden volljährigen erwerbsfähigen Kinder nicht als sog. „außergewöhnliche Belastungen“ i. S. des § 33a Einkommensteuergesetz (EStG) steuermindernd geltend machen kann, wenn er nicht nachweist, dass sich seine Kinder bemüht haben, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden. Ein Rechtsmittel gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.

Der aus dem Kosovo stammende Kläger wohnt im Rhein-Lahn-Kreis und war im Streitjahr 2013 als Kellner beschäftigt. Außerdem bezog er eine Witwerrente. In seiner Einkommensteuererklärung machte er Unterstützungszahlungen an seine vier im Kosovo lebenden volljährigen Kinder in Höhe von 4.200 Euro als sog. „außergewöhnliche Belastungen“ geltend. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte die Zahlungen im Einkommensteuerbescheid allerdings nicht mit der Begründung, die Kinder seien im erwerbsfähigen Alter.

Die dagegen erhobene Klage des Klägers blieb erfolglos. Das FG verwies auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) und vertrat die Auffassung, dass die im Ausland lebenden Kinder des Klägers zwar grundsätzlich zum Kreis der unterhaltsberechtigten Personen zählten. Da sie alle im arbeitsfähigen Alter gewesen seien, habe ein Unterhaltsanspruch allerdings nur dann bestanden, wenn sie auch tatsächlich unterhaltsbedürftig, d. h. nicht in der Lage gewesen seien, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Im Kosovo habe zwar seinerzeit (2013) nachweislich Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung geherrscht. Dies rechtfertige es jedoch nicht, ohne Weiteres darauf zu schließen, dass man dort keine Arbeit bzw. zumindest „Gelegenheitsarbeit“ finden könne. Der Kläger sei daher verpflichtet gewesen, nachzuweisen, dass seine Kinder unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel tatsächlich nachhaltig eine angemessene Tätigkeit gesucht hätten. Entsprechende Nachweise habe der Kläger jedoch nicht bzw. nicht in ausreichender Form erbracht.

Das FG ließ die Revision gegen das Urteil nicht zu, weil die Frage der Erwerbsobliegenheit bei Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Unterhaltsempfänger höchstrichterlich bereits geklärt sei.

Quelle: FG Rheinland Pfalz, Pressemitteilung vom 19.10.2015 zum Urteil 4 K 2254/14 vom 17.09.2015

 

Neue Musterklage des BdSt: Kinderfreibetrag war 2014 zu gering

Der Bund der Steuerzahler unterstützt die Klage eines Familienvaters vor dem Finanzgericht München gegen den zu niedrigen Kinderfreibetrag 2014 (Az.: 8 K 2426/15). Mit dem Freibetrag soll das Existenzminimum für Kinder im Steuerrecht freigestellt werden. „Der Gesetzgeber hat das steuerfreie Existenzminimum wissentlich unterschritten und damit verfassungsrechtliche Vorgaben missachtet“, kritisiert BdSt-Präsident Reiner Holznagel. „Bei diesem Verfahren geht es ums Prinzip!“ Damit macht Holznagel sein in den Medien geäußertes Versprechen wahr, betroffene Familien mit einer Musterklage unterstützen zu wollen.

Darum geht es: Mit dem Kinderfreibetrag soll Eltern ein bestimmter Teil des Einkommens steuerfrei belassen werden, um das Existenzminimum ihrer Kinder abzusichern. Dies schreibt das Bundesverfassungsgericht vor. Statt 4.440 Euro gewährte der Gesetzgeber im Jahr 2014 nur einen Kinderfreibetrag in Höhe von 4.368 Euro. Deswegen haben viele Eltern im vergangenen Jahr mehr Steuern gezahlt als sie müssten. Betroffene Eltern können in jedem Fall von dem Musterklageverfahren profitieren, denn die Steuerbescheide für das Jahr 2014 bleiben in puncto Kinderfreibetrag automatisch offen. Die Steuerbescheide erhalten einen so genannten Vorläufigkeitsvermerk und können dadurch bei einem Erfolg des Musterverfahrens noch zugunsten der Eltern geändert werden.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 14.10.2015

 

Steuerabkommen mit Irland, Jersey und Frankreich erneuert

Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 15. Oktober dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Protokoll vom 3. Dezember 2014 zur Änderung des Abkommens vom 30. März 2011 mit Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (18/6369) angenommen. Damit wird die Aktualisierung des Musterabkommens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von 2010 vor allem hinsichtlich der Besteuerung von Unternehmensgewinnen umgesetzt.

Gegen die Stimmen der Linken bei Enthaltung der Grünen hat der Bundestag am 15. Oktober den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Abkommen vom 7. Mai 2015 mit der Regierung der zu Großbritannien gehörenden Kanalinsel Jersey über die Zusammenarbeit in Steuersachen und die Vermeidung der Doppelbesteuerung bei bestimmten Einkünften (18/6157) angenommen. Das bisherige Doppelbesteuerungsabkommen mit Jersey war seit dem 29. August 2014 außer Kraft. Das Abkommen wurde auf Wunsch Jerseys verlängert.

Bei Enthaltung der Linken befürwortete der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zusatzabkommen vom 31. März 2015 zum Abkommen vom 21. Juli 1959 mit Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (18/6158). Damit wird das Abkommen an die gegenwärtigen wirtschaftlichen Beziehungen beider Staaten angepasst. Es enthält ferner einen Fiskalausgleich in Bezug auf die Grenzgängerregelung und regelt die Rentenbesteuerung neu. Zu beiden Gesetzen liegt eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vor (18/6369).

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 16.10.2015

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin