Pflichten des Anwalts bei Überwachung von Validierungsfristen für Patente

Pflichten des Anwalts bei Überwachung von Validierungsfristen für Patente

Kernaussage
Durch allgemeine interne Anweisungen muss ein Rechtsanwalt sicherstellen, dass sein Büropersonal nicht eigenmächtig im Fristenkalender eingetragene Fristen ändert oder löscht, was insbesondere für den Fall gilt, dass eine außergewöhnliche Verfahrensgestaltung Anlass zur Prüfung gibt, ob die bereits eingetragenen Fristen maßgeblich bleiben oder nicht. Diese für Rechtsmittelfristen entwickelten Maßstäbe gelten auch für eine Frist zur Validierung eines Patents. Hierfür reicht es nicht aus, wenn der Rechtsanwalt seine mit der Fristüberwachung betrauten Mitarbeiter der Kanzlei anweist, alle erkennbaren Probleme und Fragen mit dem verantwortlichen Anwalt zu klären.

Sachverhalt
Die Inhaberin eines in der Verfahrenssprache Englisch erteilten europäischen Patents wurde mit Schreiben vom 20.12.2006 vom Deutsche Patent- und Markenamt darauf hingewiesen, dass binnen 3 Monaten eine deutsche Übersetzung einzureichen und eine Veröffentlichungsgebühr in Höhe von 150,00 EUR zu entrichten sei. Das Patentamt stellte mit Bescheid vom 19.9.2007 fest, dass die Wirkungen des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten, weil die genannten Erfordernisse nicht erfüllt worden waren. Daraufhin reichte die Patentinhaberin am 26.11.2007 beim Patentamt eine deutsche Übersetzung der Patentschrift ein und entrichtete die verlangte Gebühr. Sie beantragte außerdem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Antrag wurde vom Patentamt zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel blieben erfolglos.

Entscheidung
Es gelang der Patentinhaberin nicht, glaubhaft zu machen, dass die Frist ohne Verschulden ihrer inländischen Vertreter versäumt worden war. Die Berechnung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen darf ein Rechts- oder Patentanwalt zwar einem gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Mitarbeiter überlassen. Durch geeignete organisatorische Maßnahmen ist jedoch sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Unerlässlich sind in diesem Zusammenhang eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die zumindest stichprobenartige Kontrolle des Angestellten. Der Anwalt muss durch allgemeine Anweisungen sicherstellen, dass sein Büropersonal nicht eigenmächtig im Fristenkalender eingetragene Fristen ändert oder löscht. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass eine außergewöhnliche Verfahrensgestaltung Anlass zur Prüfung gibt, ob die bereits eingetragenen Fristen maßgeblich bleiben oder nicht. Diese für Rechtsmittelfristen entwickelten Maßstäbe gelten auch für eine Frist zur Validierung eines Patents. Die Tatsache, dass es in patentrechtlichen Verfahren viele zu beachtenden Fristen geben könne und ein Patentanwalt zahlreiche Patente betreue, rechtfertige keine andere Beurteilung und keine Abmilderung der Sorgfaltspflichten, so das Patentgericht. Eine Anweisung, alle erkennbaren Probleme und Fragen mit dem verantwortlichen Anwalt zu klären, genüge diesen Anforderungen nicht. Es sei unklar, unter welchen Voraussetzungen eine Vorlage an den Anwalt zwingend erforderlich sei. Damit werde dem mit der Überwachung der Fristen betrauten Mitarbeiter ermöglicht, eine Frist ohne Rücksprache zu löschen, ohne Vorgabe klarer und im Einzelfall zweifelsfrei zu beurteilender Kriterien. Angesichts der weitreichenden Folgen einer unberechtigten Friststreichung, sei dies nicht ausreichend. Da der Umstand, dass es in der Kanzlei bisher zu keinem Fristversäumnis trotz langjähriger und umfangreicher Tätigkeit gekommen war, keinen Beleg für eine ausreichende Kanzleiorganisation darstellt, wurde er vom Gericht nicht berücksichtigt.

Konsequenz
Die Anforderungen der Rechtsprechung an organisatorische Maßnahmen, die sicherstellen, dass Fristen durch Büropersonal zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden, sind sehr hoch. Bei der Ausgestaltung der Maßnahmen ist insbesondere darauf zu achten, dass den mit der Fristenkontrolle betrauten Mitarbeitern kein Ermessenspielraum eingeräumt wird, wann Fristen zu löschen sind.