Rechtfertigt Arbeitszeitbetrug eine verhaltensbedingte Kündigung?

Rechtfertigt Arbeitszeitbetrug eine verhaltensbedingte Kündigung?

Kernfrage

Täuscht der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über die tatsächlich abgeleistete Arbeitszeit, begeht er einen Arbeitszeitbetrug, also eine Straftat, die den Arbeitgeber in der Regel zur verhaltensbedingten Kündigung berechtigt. In besonders schweren Fällen kann die Kündigung auch fristlos erfolgen. Dies setzt voraus, dass dem Arbeitgeber durch die Täuschung über die Arbeitszeit ein Schaden entstanden ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte jüngst über die Frage zu entscheiden, unter welchen Umständen ein solcher Schaden entstanden ist.

Sachverhalt

Der langjährig bei dem beklagten Arbeitgeberunternehmen beschäftigte Arbeitnehmer hatte an vier Arbeitstagen das Betriebsgebäude für jeweils eine Viertelstunde verlassen, ohne sich im automatischen elektronischen Zeiterfassungssystem auszuloggen. Der Kläger hatte in diesem Monat eine Überstundenzahl von 6 Stunden erreicht. Sein Arbeitsvertrag sah vor, dass er zur Ableistung von 10 Überstunden verpflichtet war. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis wegen Arbeitszeitbetrugs, unterlag jedoch zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung

Unabhängig davon, ob im konkreten Fall die weiteren Voraussetzungen für eine Kündigung vorgelegen hätten, sei dem Arbeitgeber jedenfalls kein Schaden entstanden, so die Richter. Da der Kläger verpflichtet gewesen sei, bis zu 10 Überstunden ohne zusätzliche Vergütung zu leisten und diese Anzahl noch nicht erreicht gewesen sei, konnte dem Arbeitgeber kein Schaden in Form einer ungerechtfertigten zusätzlichen Vergütung entstehen. Bei Fehlen einer entsprechenden Überstundenregelung sei zudem lediglich von einem Schaden in Höhe des Bruttolohns für eine Arbeitsstunde auszugehen; auch insoweit sei kein eine Kündigung tragender Schaden entstanden.

Konsequenz

Hat der Arbeitnehmer Überstunden angesammelt, werden diese aber nicht gesondert vergütet, ist eine verhaltensbedingte Kündigung wegen eines Arbeitszeitbetrugs jedenfalls so lange ausgeschlossen, wie die zu viel erfasste Arbeitszeit durch die Überstunden kompensiert wird. Danach muss jedenfalls eine Zuvielerfassung vorliegen, die im Bereich über einer Arbeitsstunde liegt.