Rückübertragung von GmbH-Anteilen aufgrund von Falschberatung als rückwirkendes Ereignis

Die Rückübertragung von GmbH-Anteilen aufgrund einer Falschberatung kann steuerrechtlich als rückwirkendes Ereignis eingestuft werden. Dies hat das Finanzgericht Niedersachsen in seinem Urteil vom 14. Dezember 2022 (9 K 162/21) entschieden, welches nun zur Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen IX R 4/23 vorliegt.

1. Hintergrund

Die Rückabwicklung oder Modifikation von Verträgen wirft sowohl zivil- als auch steuerrechtliche Fragen auf. Während auf zivilrechtlicher Ebene die Gründe und Konsequenzen einer Vertragsanpassung oder -rückabwicklung geklärt werden müssen, stellt sich steuerrechtlich die Frage, ob und wie solche Änderungen rückwirkend berücksichtigt werden können.

2. Sachverhalt

Im konkreten Fall wechselte ein Ehepaar von der Zugewinngemeinschaft zur Gütertrennung, um erbschaftsteuerliche Vorteile zu nutzen. Der Zugewinnausgleich sollte durch die Übertragung von GmbH-Anteilen erfolgen. Die Eheleute wurden vor Vertragsschluss steuerlich beraten und gingen aufgrund dieser Beratung davon aus, dass die Übertragung steuerlich keine Folgen hätte. Als sie später erkannten, dass die Übertragung doch steuerliche Konsequenzen nach sich zog, passten sie ihren Ehevertrag an und vereinbarten die Rückübertragung der Anteile.

3. Entscheidungsgründe

Das Finanzgericht Niedersachsen sah in der Rückübertragung ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO). Das Gericht argumentierte, dass die Gründe für die Rückübertragung bereits im ursprünglichen Rechtsgeschäft „angelegt“ waren, auch wenn sie sich nicht unmittelbar aus der Vertragsurkunde ergaben. Die Fehlvorstellung über die steuerlichen Folgen war demnach entscheidend für den Abschluss des Ehevertrags.

4. Relevanz für die Praxis

Dieses Urteil könnte weitreichende Bedeutung für die steuerliche Gestaltungs- und Abwehrberatung haben. Es zeigt, dass eine steuerliche Rückwirkung in Betracht kommt, wenn eine gemeinsame Fehlvorstellung der Vertragsbeteiligten über die steuerlichen Folgen Geschäftsgrundlage des Vertrags war. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Fehlvorstellung nur eine der Vertragsparteien betrifft.

Fazit

Das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen unterstreicht die Bedeutung einer präzisen und korrekten steuerlichen Beratung im Rahmen von Vertragsabschlüssen. Es zeigt auch, dass steuerliche Rückwirkungen möglich sind, wenn die Vertragsgrundlage auf einer gemeinsamen Fehlvorstellung beruht. Die endgültige Klärung dieser Rechtsfrage bleibt jedoch die Entscheidung des BFH abzuwarten.