Sanktionen gegen Russland: Verbot „mittelbarer“ Dienstleistungen – z. B. Abschlussprüfungsleistungen – für in Russland niedergelassene juristische Personen

Zur Frage, ob das Verbot des Art. 5n Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 „mittelbar“ greift, wenn ein WP/vBP Dienstleistungen – zum Beispiel Abschlussprüfungsleistungen – für deutsche Unternehmen erbringt, die ein russisches Mutterunternehmen haben, ist auf die FAQ der EU-Kommission zur Verordnung (EU) Nr. 833/2014 (und Nr. 269/2014) zu verweisen.

Dort heißt es:

Does the prohibition on providing services “indirectly” in Article 5n prohibit an EU auditing services provider from providing auditing services to subsidiaries of an entity established in Russia?
Last update: 24 June 2022

No. It is not prohibited to provide services to non-Russian entities, that is entities not established in Russia, even if they are subsidiaries of entities established in Russia.

The use of the term “indirectly” in paragraph 1 of Article 5n means for example that it is prohibited for an EU auditing services provider to provide services to EU or other non-Russian entities that are subsidiaries of entities established in Russia if those services would actually be for the benefit of the parent company established in Russia.

Article 12 prohibits knowing and intentional participation in activities the object or effect of which is to circumvent prohibitions in the Regulation.

Übersetzt:

Verbietet das Verbot der „indirekten/mittelbaren“ Erbringung von Dienstleistungen in Artikel 5n einem EU-Abschlussprüfungsdienstleister die Erbringung von Prüfungsdienstleistungen für Tochtergesellschaften eines Unternehmens mit Sitz in Russland?
Letzte Aktualisierung: 24. Juni 2022

Nein. Es ist nicht verboten, Dienstleistungen für nicht-russische Unternehmen zu erbringen, das heißt Unternehmen, die nicht in Russland ansässig sind, auch wenn es sich um Tochtergesellschaften von Unternehmen mit Sitz in Russland handelt.

Die Verwendung des Begriffs „indirekt/mittelbar“ in Artikel 5n Absatz 1 bedeutet zum Beispiel, dass es einem EU-Wirtschaftsprüfungsdienstleister untersagt ist, Dienstleistungen für EU- oder andere nicht-russische Unternehmen zu erbringen, die Tochterunternehmen von in Russland ansässigen Unternehmen sind, wenn diese Dienstleistungen tatsächlich der in Russland ansässigen Muttergesellschaft zugutekämen.

Artikel 12 verbietet die wissentliche und vorsätzliche Beteiligung an Handlungen, mit denen die Umgehung von Verboten der Verordnung bezweckt oder bewirkt wird.

Diese Frage/Antwort deutet auf den Kern des Problems: Dienstleistungen, wie zum Beispiel Abschlussprüfungsleistungen, sind verboten, wenn sie dem russischen Unternehmen zugutekommen, wenn es also davon profitiert.

WP/vBP muss „mittelbar“ wirkende Effekte prüfen

Führt der WP/vBP die Abschlussprüfung für eine deutsche Gesellschaft durch und erteilt er einen Bestätigungsvermerk, ist regelmäßig zu erwarten, dass die Bonität dieser deutschen Gesellschaft gesichert wird und sie (weiter) Kredite erhält. Es ist im Bereich des Möglichen, dass diese dadurch gesicherte Liquidität der deutschen Gesellschaft an die darüber befindliche russische Muttergesellschaft fließt, diese also dadurch „mittelbar“ profitiert.

Kann der WP/vBP derartige Effekte bei der Erbringung seiner Abschlussprüfungsleistungen sicher ausschließen, kann er seine Dienstleistungen nach den FAQ der Europäischen Kommission wohl erbringen. Dies hat der WP/vBP im Einzelfall zu prüfen.

Zuständige Stellen für die Auslegung von EU-Sanktionsrecht sind in Deutschland das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und speziell für Finanzsanktionen die Deutsche Bundesbank (vgl. § 13 Außenwirtschaftsgesetz). Nur die zuständigen Stellen können rechtsverbindliche Auskünfte oder Ausnahmegenehmigungen erteilen (vgl. Art. 5n Abs. 10 und 11 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014).

Quelle: WPK, Mitteilung vom 03.11.2022