Schenkung als Steuerfalle?

Wie eine Schenkung plötzlich zur Steuerfalle wird – und wie Sie das vermeiden können


Einleitung: Schenkung oder doch Verkauf?

Viele Immobilieneigentümer planen eine vorweggenommene Erbfolge und möchten ihre Immobilien steueroptimiert an die nächste Generation übertragen. Wird dabei aber eine Darlehensschuld mitübertragen, stellt sich schnell die Frage: Liegt wirklich eine Schenkung vor – oder doch ein (teilweiser) Verkauf?

Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH vom 11.3.2025, IX R 17/24) bringt Klarheit – und zugleich eine Warnung: Eine Schenkung mit Schulden ist steuerlich regelmäßig keine rein unentgeltliche Übertragung. Das hat besonders im Hinblick auf die zehnjährige Spekulationsfrist (§ 23 EStG) erhebliche Auswirkungen.


Der Fall: Übertragung mit Schulden = teilentgeltlich

Ein Vater übertrug im Jahr 2019 eine vermietete Immobilie auf seine Tochter. Diese übernahm zugleich das noch offene Immobiliendarlehen in Höhe von 115.000 €. Der Verkehrswert der Immobilie lag bei 210.000 €. Das Finanzamt behandelte die Übertragung als teilentgeltlich: Entsprechend des Verhältnisses zwischen Darlehen (Gegenleistung) und Verkehrswert wurde der Vorgang zu 1/3 als entgeltlich eingestuft – und damit als steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft innerhalb der Spekulationsfrist (§ 23 EStG).


Entscheidung des BFH: Entgelt bleibt Entgelt – auch ohne Gewinn

Der BFH bestätigte:
▶️ Die Übernahme einer Schuld durch den Erwerber ist eine Gegenleistung – auch wenn sie unterhalb der ursprünglichen Anschaffungskosten des Veräußerers liegt.
▶️ Ein tatsächlicher Gewinn ist für die Steuerpflicht nach § 23 EStG nicht erforderlich. Entscheidend ist allein, dass ein entgeltlicher Teil vorliegt.
▶️ Der Vorgang ist in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.


Beispiel: Wie die Aufteilung funktioniert

Ein Vater schenkt 2025 seiner Tochter eine Immobilie im Wert von 150.000 €, die noch mit einem Darlehen über 50.000 € belastet ist. Die Tochter übernimmt das Darlehen.

  • Entgeltlicher Teil: 50.000 € / 150.000 € = 1/3
  • Unentgeltlicher Teil: 2/3 = Schenkung

Der entgeltliche Anteil unterliegt der Einkommensteuer als privates Veräußerungsgeschäft, sofern die Immobilie innerhalb von 10 Jahren nach Anschaffung übertragen wird. Der unentgeltliche Teil ist schenkungsteuerlich zu prüfen, aber einkommensteuerlich nicht steuerpflichtig.


Steuerliche Auswirkungen im Überblick

Für den Vater (Veräußerer)

  • Der entgeltliche Teil (1/3) ist steuerpflichtig, wenn die Übertragung innerhalb der 10-Jahresfrist erfolgt.
  • Auch unterhalb der ursprünglichen Anschaffungskosten (hier z. B. 144.000 €) entsteht ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn, wenn der anteilige Verkaufserlös über den anteiligen Anschaffungskosten liegt.
  • Werbungskosten wie anteilige Notar- oder Maklerkosten sind abzugsfähig.

Für die Tochter (Erwerberin)

  • Der entgeltlich erworbene Anteil (1/3) führt zu eigenen Anschaffungskosten, die anteilig auf Grund und Boden sowie Gebäude aufzuteilen sind.
  • Nur der Gebäudeanteil ist abschreibbar (AfA).
  • Beim unentgeltlichen Anteil tritt die Tochter in die steuerliche Fußstapfen des Vaters: AfA-Basis, Anschaffungskosten und Spekulationsfrist werden übernommen.

Praxistipp: Gestaltungen zur Vermeidung der Steuerfalle

Alternative 1: Schenkung ohne Schuldübernahme

  • Die Immobilie wird vollständig unentgeltlich übertragen, das Darlehen verbleibt beim Schenker.
  • ➕ Keine Besteuerung nach § 23 EStG
  • ➖ Schuldzinsen beim Schenker nicht mehr abziehbar (BFH vom 3.12.2024, IX R 2/24)

Alternative 2: Vorbehaltsnießbrauch bis zur Entschuldung

  • Die Immobilie wird unentgeltlich übertragen, aber der Schenker behält sich ein befristetes Nießbrauchsrecht vor (z. B. bis zur Tilgung des Darlehens).
  • ➕ Einnahmen und Werbungskosten (inkl. Schuldzinsen) verbleiben beim Schenker.
  • ➕ Keine Steuerpflicht nach § 23 EStG
  • ➕ Zurechnung der AfA beim Schenker bis zum Ende des Nießbrauchs

Wichtig: Das Nießbrauchsrecht muss zivilrechtlich wirksam und steuerlich nachvollziehbar vereinbart sein.


Fazit: Schenkung mit Tücken

Eine Schenkung mit Schuldübernahme ist keine echte Schenkung, sondern teilweise ein steuerpflichtiger Verkauf. Das gilt auch dann, wenn kein Gewinn erzielt wird oder das übernommene Darlehen unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegt.

Beratung ist unerlässlich, wenn innerhalb der Spekulationsfrist übertragen werden soll. Mit einer durchdachten Gestaltung – etwa per Nießbrauch – lassen sich steuerliche Nachteile vermeiden und gleichzeitig die Familiennachfolge sinnvoll regeln.


Sie planen eine Übertragung Ihrer Immobilie?
Wir unterstützen Sie gerne mit steuerlicher Strukturierung und praxisnahen Lösungen.