Einlagen in Kapitalgesellschaften sind nicht nur gesellschafts- und ertragsteuerlich relevant – sie können auch schenkungsteuerliche Folgen haben. Hintergrund ist § 7 Abs. 8 ErbStG: Danach wird eine Schenkung fingiert, wenn durch die Leistung eines Gesellschafters die Anteile anderer Gesellschafter im Wert steigen.
Mit Urteilen aus April 2024 und Juni 2025 sowie einem Beschluss im Juni 2025 hat der BFH erstmals ausführlich Stellung zu dieser Vorschrift genommen.
Was regelt § 7 Abs. 8 ErbStG?
- Leistung eines Gesellschafters (z. B. Einlage, Abtretung, Verzicht) → führt zu einer Werterhöhung der Anteile anderer Gesellschafter.
- Das Gesetz fingiert hier eine Schenkung, auch wenn kein Zuwendungswille vorliegt.
- Die Werterhöhung wird nach § 11 BewG bewertet.
- Steuerbefreiungen nach §§ 13a, 13b ErbStG greifen nicht, da es sich nicht um eine Übertragung von Anteilen handelt, sondern lediglich um eine Werterhöhung.
Erste BFH-Urteile (2024/2025)
- BFH, Urteile v. 10.4.2024 – II R 22/21 und II R 23/21:
- Bestätigung: Zuwendungswille nicht erforderlich.
- Leistung i. S. d. § 7 Abs. 8 ErbStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das zur Hingabe von Vermögen führt.
- Auch verdeckte Einlagen oder schuldrechtliche Vereinbarungen fallen darunter.
- Das FG Münster hatte zuvor anders entschieden und einen Zuwendungswillen verlangt – dieser Ansicht hat der BFH eine klare Absage erteilt.
Aktuelle Entwicklung: BFH-Beschluss vom 6.6.2025
In einem AdV-Verfahren (II B 43/24) zeigt sich der BFH zurückhaltender:
- Zweifel, ob Leistungen in die Kapitalrücklage einer GmbH automatisch eine steuerbare Werterhöhung bei Mitgesellschaftern auslösen.
- Wesentlich: Haben die Gesellschafter vereinbart, dass die Einzahlungen dem jeweils leistenden Gesellschafter zugeordnet werden, liegt keine Schenkung vor.
- Der BFH hält es für möglich, dass Kapitalgesellschaften eine personenbezogene Kapitalrücklage bilden – ggf. erfordert dies eine satzungsmäßige Grundlage („Öffnungsklausel“).
Damit bestätigt der BFH auch seine Urteile vom 19.6.2024 (II R 40/21 und II R 41/21): Eine klare Zuordnung der Einlage zum einzahlenden Gesellschafter kann die Schenkungsteuerpflicht verhindern.
Praxisfolgen
Für Gesellschafter und Gesellschaften ergeben sich wichtige Konsequenzen:
- Einlagen klar regeln: Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern sollten ausdrücklich festlegen, wem die Einlage zugerechnet wird.
- Satzungsregelung prüfen: Eine „Öffnungsklausel“ in der Satzung kann helfen, personenbezogene Kapitalrücklagen rechtssicher zu bilden.
- Gestaltungsrisiken beachten: Ohne klare Zuordnung besteht die Gefahr, dass das Finanzamt eine Schenkung an die Mitgesellschafter annimmt.
- Steuerliche Beratung einbeziehen: Einlagen können ungewollt Schenkungsteuer auslösen – sorgfältige Gestaltung ist unverzichtbar.
Fazit
Die BFH-Entscheidungen bringen mehr Klarheit, aber auch neue Fragen. Einerseits steht fest: Ein Zuwendungswille ist nicht erforderlich. Andererseits hat der BFH klargestellt, dass durch eine personenbezogene Zuordnung von Einlagen eine Schenkungsteuerpflicht verhindert werden kann.
👉 Für die Praxis heißt das: Gesellschaftsverträge prüfen und Einlagen sauber dokumentieren. Wer hier sorgfältig vorgeht, kann unnötige Schenkungsteuerbelastungen vermeiden.