Schwerbehindertenausweis: Fortgeltung bei gerichtlicher Überprüfung?

Schwerbehindertenausweis: Fortgeltung bei gerichtlicher Überprüfung?

Kernaussage
Die Herabsetzung des Grades der Behinderung von 80 oder mehr auf weniger als 50 ist einkommensteuerrechtlich ab dem im Bescheid genannten Zeitpunkt zu berücksichtigen, so dass Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung ab diesem Zeitpunkt nur noch mit der Entfernungspauschale und nicht mehr mit den tatsächlich entstandenen Kosten zu berücksichtigen sind.

Sachverhalt
Der Kläger wurde mit Bescheid von Mai 1994 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 80 anerkannt. Dieser Bescheid wurde durch den Bescheid aus Dezember 1999 aufgehoben, in dem ein Grad der Behinderung von 20 festgestellt wurde. Den sozialgerichtlichen Rechtsweg hat der Kläger erfolglos ausgeschöpft. In den Streitjahren bis zum Jahr 2007 war der Kläger weiterhin Inhaber eines Schwerbehindertenausweises, in dem ein Grad der Behinderung von 80 ausgewiesen wurde. Im Jahr 2005 erließ das beklagte Finanzamt (FA) geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen es die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur noch im Rahmen der Entfernungspauschale und nicht wie zuvor mit den tatsächlichen Kosten berücksichtigte. Im Rahmen der Klage ist der Kläger der Ansicht, dass die Herabsetzung des Grades der Behinderung erst mit Abschluss des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundessozialgericht im Jahr 2007 bestandskräftig geworden ist.

Entscheidung
Die Klage sowie die Nichtzulassungsbeschwerde haben keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits hinreichend geklärt, dass trotz Fortgeltung des Schwerbehindertenausweises bis zur Bestandskraft des Neufeststellungsbescheids einkommensteuerrechtlich der herabgesetzte Grad der Behinderung ab der Neufeststellung zu berücksichtigen ist. Dem Feststellungsbescheid wird somit Vorrang gewährt. Er bindet die Finanzbehörde. Der Vorrang der Neufeststellung beruht auf einer steuerspezifischen Betrachtungsweise, die den Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit zugrunde legt. Behinderungsbedingt erhöhte Wegekosten sind damit ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Neufeststellung nicht mehr zu erwarten.

Konsequenz
Die über den Neufeststellungszeitpunkt hinausgehende Inanspruchnahme der tatsächlichen Fahrtkosten ist nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Denn der Grund für die steuerliche Begünstigung bei einem erheblichen Grad der Behinderung, nämlich die fehlende Möglichkeit zur Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel, ist im Neufeststellungszeitpunkt tatsächlich entfallen.