Schlachtwertansatz bei Zuchtsauen?

Schlachtwertansatz bei Zuchtsauen?

Kernaussage
Für Tiere des Anlagevermögens, für die die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch genommen wird, ist die Höhe der Gewinnminderung nicht durch einen zu erwartenden Schlachtwert begrenzt, wenn sie vor ihrem Verkauf nicht extra aufgemästet werden.

Sachverhalt
Der Kläger ist Landwirt und betreibt einen Schweinezuchtbetrieb. Er ermittelt den Gewinn des abweichenden Wirtschaftsjahres durch Betriebsvermögensvergleich. Die im Betrieb gehaltenen Sauen werden zunächst zur Zucht eingesetzt. Lässt die Eignung der Sauen für Zuchtzwecke nach und wird die Zucht mit ihnen unwirtschaftlich, werden sie unverzüglich nach dem Absetzen der Ferkel bzw. dem Umrauschen der Schlachtung zugeführt. Der Kläger ergriff keine Maßnahmen zur Förderung der Verkaufsfähigkeit oder der Steigerung des Verkaufswerts der entsprechenden Sauen. Die Tiere wurden bis zur Schlachtung, die regelmäßig nur wenige Tage später erfolgte, auf herkömmliche Weise gefüttert und versorgt. Der Landwirt bewertete in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2003) zunächst den dem Anlagevermögen zugerechneten Schweinebestand mit den Richtwerten für die Gruppenbewertung. Er unterteilte seine Schweine dabei nach dem jeweiligen Aufzuchtstadium in Zuchteber, Ferkel, Jungsauen und Sauen; den Sauenbestand unterteilte er nochmals in Neuzugänge und Zuchtsauen. Diejenigen Sauen, die im Laufe eines Jahres von Jungsauen zu Sauen versetzt wurden, schrieb er im Jahr ihres Zugangs auf einen Erinnerungswert von 1 EUR ab. Bei einer für die Jahre 1999 bis 2001 durchgeführten Betriebsprüfung nahm das Finanzamt (FA) eine Gewinnkorrektur vor, indem es für die Zuchtsauen einen Schlachtwert von jeweils 150 EUR anstelle des Erinnerungswerts von 1 EUR ansetzte. Der dagegen eingelegte Einspruch des Landwirts hatte keinen Erfolg. Daraufhin erhob der Landwirt Klage beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht (FG), das dem Kläger Recht gab. Die Revision des FA beim Bundesfinanzhof (BFH) blieb erfolglos.

Entscheidung
Der BFH gab dem Kläger Recht. Die Inanspruchnahme des § 6 Abs. 2 EStG bis auf einen Erinnerungswert von jeweils 1 EUR in Höhe der vollen Herstellungskosten sei zulässig und der Betriebsausgabenabzug nicht durch einen zu berücksichtigenden Schlachtwert im Sinne eines Restwerts begrenzt. Eine kurzfristige Fütterung der Sauen vor dem Abverkauf führe zu keinem Umwidmungsakt. Etwas anderes ergab sich nach dem BFH auch nicht daraus, dass der Schlachtwert von 150 EUR pro Tier nicht wesentlich geringer ist als dessen Herstellungskosten von 180 EUR. Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die unter den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 2 EStG fallen, sei ausgeschlossen, dass noch ein wesentlicher Restwert im Zeitpunkt der Umwidmung existiert.

Konsequenz
Der BFH stellt in seinem Urteil klar, dass eine Umwidmung von Anlagevermögen in Umlaufvermögen nicht gegeben ist, wenn Zuchtsauen lediglich aus Wirtschaftlichkeitsgründen aus dem Zuchtbetrieb genommen werden und anschließend zeitnah der Schlachtung zugeführt werden. Eine kurzfristige Fütterung habe nicht zur Folge, dass Wirtschaftsgüter anderer Marktgängigkeit entstanden sind.