Spekulationsgeschäft: BFH bejaht Veräußerungsgewinn bei Grundstücksübertragung mit Schuldenübernahme

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat ein wichtiges Urteil gefällt: Wird ein Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung übertragen und übernimmt der Erwerber die darauf lastenden Schulden, liegt ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft vor. Damit widerspricht das Gericht der steuerzahlerfreundlichen Auffassung des FG Niedersachsen.

Hintergrund: Streit um teilentgeltliche Übertragungen

Das Niedersächsische FG hatte 2023 entschieden: Bei teilentgeltlichen Übertragungen sei § 23 EStG nicht anwendbar, solange das Entgelt die historischen Anschaffungskosten nicht übersteigt. Ein fiktiver Veräußerungsgewinn ohne realen Mittelzufluss verletze das Leistungsfähigkeitsprinzip.

Der BFH sieht das anders und wendet die strenge Trennungstheorie an. Danach wird eine Übertragung stets in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt – im Verhältnis von Gegenleistung zu Verkehrswert.

Der entschiedene Fall

  • Vater kauft Grundstück für 150.000 € (davon teils fremdfinanziert).
  • Fünf Jahre später überträgt er das Grundstück (Wert 200.000 €) an seine Tochter.
  • Die Tochter übernimmt Schulden in Höhe von 100.000 €.
  • Ergebnis: 50 % entgeltlicher Erwerb (Schuldenübernahme), 50 % Schenkung.

Das Finanzamt setzte für den entgeltlichen Teil ein privates Veräußerungsgeschäft an. Der BFH bestätigte:

  • Entgeltlicher Teil = 100.000 €
  • Anteilig zuzurechnende Anschaffungskosten = 75.000 €
  • Veräußerungsgewinn = 25.000 € (steuerpflichtig nach § 23 EStG).

Konsequenzen für Erwerber

  • Für den entgeltlichen Teil entstehen neue Anschaffungskosten (z. B. AfA-Bemessungsgrundlage bei Vermietung).
  • Für den unentgeltlichen Teil tritt der Erwerber in die Fußstapfen des Rechtsvorgängers (§ 11d EStDV). Es entstehen zwei AfA-Reihen.

Übertragbar auf andere Wirtschaftsgüter

Der BFH stellt klar: Die Grundsätze gelten nicht nur für Grundstücke, sondern auch für andere Wirtschaftsgüter – etwa GmbH-Anteile nach § 17 EStG.

Praxis-Tipp

  • Schenkungen mit Schuldübernahme sind steuerlich riskant: Sie können teilweise als steuerpflichtige Veräußerung gewertet werden, wenn die 10-Jahres-Frist nicht abgelaufen ist.
  • Dokumentation ist entscheidend, um die Aufteilung in entgeltlichen/unentgeltlichen Teil nachvollziehbar darzustellen.
  • Prüfen Sie vor Übertragungen stets, ob die Spekulationsfrist nach § 23 EStG eingehalten ist – oder ob eine steueroptimierte Gestaltung (z. B. spätere Übertragung) sinnvoll ist.

Fazit

Mit der Entscheidung zur strengen Trennungstheorie bestätigt der BFH die Linie der Finanzverwaltung: Teilentgeltliche Übertragungen lösen im entgeltlichen Teil ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft aus, auch wenn das Entgelt die historischen Anschaffungskosten nicht erreicht.