Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer zu dem Entwurf eines Einführungsschreibens zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1. Januar 2014

20.08.2013

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bedanken uns für die Übersendung des o. g. Entwurfs und nehmen die Gelegenheit zur Stellungnahme gern wahr.

Unsere Ausführungen im Einzelnen finden Sie anliegend.

Mit freundlichen Grüßen
i. V.

Jörg Schwenker
Geschäftsführer

Anlage

Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer zu dem Entwurf einesEinführungsschreibens zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1. Januar 2014

Vorbemerkungen

Die bisherigen Regelungen zum steuerlichen Reisekostenrecht wurden mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 umgestaltet. Die Neuregelungen treten zum 1. Januar 2014 in Kraft.

Die vorgeschlagenen Vereinfachungen im steuerlichen Reisekostenrecht sind grundsätzlich positiv zu bewerten. Die gesetzliche Definition der ersten Tätigkeitsstätte kann dazu beitragen, Streitigkeiten zu vermeiden, zumal in erster Linie auf die arbeits- und dienstrechtliche Vereinbarung abgestellt wird. Der Arbeitgeber hat damit die Möglichkeit, seine Arbeitnehmer, soweit möglich, einer Tätigkeitsstätte zuzuordnen. Zu begrüßen ist auch die zweistufige Staffelung bei den Verpflegungsmehraufwendungen, die zu einer Erleichterung bei der Erfassung der Abwesenheitszeiten führt.

Wir halten es für sehr wichtig, eine rechtzeitige Veröffentlichung des Anwendungsschreibens durch das Bundesministerium der Finanzen anzustreben. Eine grundlegende Reform des Reisekostenrechts erfordert zwangsläufig erheblichen Umstellungsaufwand bei Unternehmen und Steuerberatern. Angepasst werden müssen neben den Prozessen in den Unternehmen auch interne Reisekostenrichtlinien sowie die Abrechnungsprogramme und Reisekostenvordrucke.

Wir bedauern es sehr, dass die Zeit nicht für eine Erprobung der Neuregelungen in einer kurzen Testphase ausgereicht hat. Es wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen, ob die Regelungen praxistauglich ausgestaltet worden sind.

Nach kritischer Durchsicht des Einführungsschreibens durch die Bundessteuerberaterkammer ist das Anwendungsschreiben nach unserer Auffassung grundsätzlich gelungen, da viele Dinge klargestellt wurden und die Neuregelungen ausführlich anhand von vielen Beispielen erläutert worden sind.

Folgende grundlegende Punkte möchten wir an dieser Stelle ansprechen:

Wir halten es für erforderlich für die Fälle, in denen sich Regelungen in den Lohnsteuerrichtlinien und im Anwendungsschreiben widersprechen, klarzustellen, dass die Regelungen im Anwendungsschreiben grundsätzlich Vorrang haben. Eine solche Klarstellung fehlt bisher und ist bis zur Einarbeitung der neuen Regelungen in die Lohnsteuerrichtlinien dringend vorzunehmen.

Des Weiteren ist nach Auffassung der Bundessteuerberaterkammer die Orientierung an betragsmäßig fest vorgeschriebene Höchstgrenzen an einigen Stellen im Gesetz und im Anwendungsschreiben als problematisch einzustufen. So wurde im Gesetz beispielsweise eine Beitragsgrenze für übliche Mahlzeiten i. H. v. 60,00 € oder eine Höchstgrenze von 1.000,00 € zur Erstattung von Unterkunftskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung festgelegt. Nach unserer Auffassung wäre es sachgerecht, eine im Gesetz vorgesehene automatische Anpassung an zukünftige Preissteigerungen vorzunehmen.

Dies könnte z. B. bei der Höchstgrenze zur Erstattung der Unterkunftskosten durch einen Bezug (fünffacher Sachbezugswert = 1.060,00 €) zur Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) erreicht werden, die regelmäßig angepasst wird. Das hätte gegenüber einem festen Betrag den Vorteil, dass zukünftig in § 8 ff. EStG keine Beträge geändert werden müssten. Es würde zudem der erwartenden hohen Inflationsrate Rechnung tragen und der neue Verrechnungssatz würde schon frühzeitig vor Beginn eines neuen Jahres feststehen.

In Bezug auf die Details des Anwendungsschreibens sehen wir an einigen Stellen noch Klarstellungsbedarf, den wir nachfolgend erläutern möchten:

1.    Erste Tätigkeitsstätte Rz. 5 bis 12

Im Gesetz heißt es in § 9 Abs. 4 Satz 5 EStG :

„Je Dienstverhältnis hat der Arbeitnehmer höchstens eine erste Tätigkeitsstätte“sowie in § 9 Abs. 4a Satz 4 EStG „ Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte.“

Anhand dieser Formulierungen und auch anhand der Beispiele 14 bis 17 in Rz. 37 ist es auch möglich, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat.

Zur Klarstellung und zur Vermeidung von Missverständnissen sollte dies auch nochmal im Anwendungsschreiben in Rz. 5 bis 12 eindeutig formuliert werden. Wir schlagen folgende Formulierung vor:

Wenn die Voraussetzungen nach § 9 Abs. 4 Satz 1 bis 4 EStG nicht vorliegen, liegt keine erste Tätigkeitsstätte vor.

Eine große Anzahl an Arbeitnehmern ist typischerweise an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig (früherer Begriff der Einsatzwechseltätigkeit). In diesem Zusammenhang halten wir es für sinnvoll, entsprechend R 9.4 Abs. 2 LStR an dieser Stelle klarstellend zu formulieren, dass eine Auswärtstätigkeit vorliegt, wenn der Arbeitnehmer bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig wird.

2.    Tätigwerden „auch nicht in geringem Umfang“, Rz. 6

In Rz. 6 heißt es:

„Die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung allein aus tarifrechtlichen, mitbestimmungsrechtlichen oder organisatorischen Gründen (z. B. Personalaktenführung) ohne dass der Arbeitnehmer in dieser Einrichtung – auch nicht in geringem Umfang – tätig werden soll, ist keine Zuordnung i. S. d. § 9 Abs. 4 EStG.“

In der Praxis wird die Abgrenzung, ob der Arbeitnehmer in dieser Einrichtung im geringen Umfang tätig ist oder nicht, kaum oder nur sehr schwer möglich sein. An dieser Stelle fehlen noch Ausführungen bzw. Beispiele, was mit dieser Formulierung gemeint ist.

Es stellt sich die Frage, ob allein ein regelmäßiges Aufsuchen der betrieblichen Einrichtung, z. B. um ein Kundendienstfahrzeug, Material, Auftragsbestätigungen, Stundenzettel, Krankmeldungen oder ähnliches abzuholen oder abzugeben, als in geringem Umfang tätig werden beurteilt wird oder nicht. An dieser Stelle möchten wir ein Beispiel aus dem Anwendungsschreiben herausgreifen und in modifizierter Form wie folgt darstellen:

Modifiziertes Beispiel 9

Ein Kundendienstmonteur, der von seinem Arbeitgeber einer betrieblichen Einrichtung aus organisatorischen Gründen zugeordnet ist, sucht den Betrieb seines Arbeitgebers regelmäßig auf, um den Firmenwagen samt Material zu übernehmen, die Auftragsbestätigungen in Empfang zu nehmen und die Stundenzettel vom Vortag abzugeben.

Fraglich ist, ob die betriebliche Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte gewertet werden kann. Es ist nicht klar, ob allein das regelmäßige Aufsuchen der betrieblichen Einrichtung als in geringem Umfang tätig werden eingestuft werden kann oder nicht.

Um hier Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, muss klargestellt werden, was mit dieser Formulierung gemeint ist. Ein Bezug zu Rz. 26 wäre hier sinnvoll.

3.    Übliche Mahlzeit – 60,00 €-Grenze

Unseren Bemerkungen möchten wir voranstellen, dass die Grenze um 20,00 € angehoben wurde. Diese Maßnahme war notwendig, weil solche Werte regelmäßig an die Preissteigerungen in Deutschland angepasst werden sollten. Daher unterstützen wir diese Maßnahme in vollem Umfang. Dennoch gibt es bei dieser Regelung noch Klarstellungsbedarf.

In Rz. 62 heißt es:

„Für die Prüfung der 60,00 €-Grenze kommt es auf den Preis (einschließlich Umsatzsteuer) an, den der Dritte dem Arbeitgeber in Rechnung stellt.“

Es ist nicht klar, ob ein freiwillig gezahltes Trinkgeld oder Garderobengelder in die 60,00 €-Grenze einzubeziehen sind oder nicht. Aus Vereinfachungsgründen sollte klargestellt werden, dass Trinkgelder und Garderobengelder nicht in die 60,00 €-Grenze einzubeziehen sind.

Weiter heißt es in Rz. 62:

„Ist der Preis der Mahlzeit in der Rechnung eines Dritten nicht beziffert, weil die Mahlzeit im Rahmen eines Gesamtpreises z. B. mit einer Fortbildungsveranstaltung berechnet wird, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen, ob es sich um eine „übliche“ Beköstigung i. S. d. § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG gehandelt hat oder ob ein höherer Wert der Mahlzeit als 60,00 € anzunehmen ist.“

Nach unserer Auffassung führt diese Regelung in der Praxis immer zu Nachforschungs- und Diskussionsbedarf. Vor dem Hintergrund des Vereinfachungsgedankens, der die Reisekostenreform geprägt hat, regen wir Folgendes an: Wenn die Mahlzeit im Rahmen eines Gesamtpreises berechnet wird, soll aus Vereinfachungsgründen davon ausgegangen werden, dass die 60,00 €-Grenze nicht überschritten wurde.

4.    Rz. 63 – Ausstellung der Bewirtungsrechnung auf den Arbeitgeber

Die Gestellung einer Mahlzeit ist vom Arbeitgeber veranlasst, wenn die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt ist. In der Praxis wird zumindest bei Kleinbetragsrechnungen (bis 150,00 €) der Name und die Anschrift des Arbeitgebers auf der Rechnung fehlen. Erst kürzlich hat der Bundesfinanzhof (Urteil vom 18. April 2012, Az. X R 57/09) Folgendes entschieden:

„Die über Bewirtungen in einer Gaststätte ausgestellten Rechnungen i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG müssen, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i. S. d. UStDV handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten (Anschluss an das BFH-Urteil vom 27. Juni 1990, Az. I R 168/85).“

Um hier eine einheitliche Behandlung auch aus Praktikabilitätsgründen bei unterschiedlichen Steuerarten sicherzustellen, sollte formuliert werden, dass bei Kleinbetragsrechnungen die Rechnung nicht auf den Arbeitgeber ausgestellt werden muss. Die Erstattung der Verpflegungskosten und die Vorlage des Beleges sollten ausreichen, um die Gestellung der Mahlzeit als vom Arbeitgeber veranlasst anzusehen.