Steuerbefreiung bei Ausfuhrlieferungen: BMF konkretisiert Nachweispflichten nach EuGH-Missbrauchsrechtsprechung

Neuer koordinierter Ländererlass vom 01.07.2025 bringt wichtige Klarstellungen für Exporteure

Mit Schreiben vom 1. Juli 2025 (Az. III C 3 – S 7134/00025/002/012) hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder die Anforderungen für die Steuerbefreiung bei Ausfuhrlieferungen konkretisiert. Im Fokus steht dabei die Umsetzung der sogenannten Missbrauchsrechtsprechung des EuGH unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.


Hintergrund: EuGH-Urteile und nationale Umsetzung

Bereits mit Schreiben vom 25. Juni 2020 hatte das BMF erste Schritte zur Umsetzung der EuGH-Urteile in den Rechtssachen Cartrans Spedition (C-495/17), Vinš (C-275/18) und Unitel Sp (C-653/18) unternommen. Diese Rechtsprechung betont, dass formale Mängel beim Ausfuhrnachweis nicht automatisch zum Verlust der Steuerbefreiung führen dürfen, wenn die materiellen Voraussetzungen objektiv erfüllt sind.

Die aktuellen Änderungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) schaffen nun zusätzliche Klarheit und definieren alternative Nachweismöglichkeiten für den Exportnachweis.


Neue Nachweismöglichkeiten: Auch ohne Ausgangsvermerk anerkannt

Kern der Neuregelung ist, dass Unternehmer auch dann in den Genuss der Steuerbefreiung kommen können, wenn kein formeller Ausfuhrnachweis (z. B. durch Ausgangsvermerk der Grenzzollstelle) möglich ist – sofern die tatsächliche Ausfuhr zweifelsfrei objektiv belegt werden kann.

In bestimmten Fällen können geeignete Ersatzbelege anerkannt werden, etwa:

  • bei Ausfuhren, bei denen ein Ausgangsvermerk unmöglich ist (z. B. keine Zollpräsenz),
  • bei Ausfuhren durch das Auswärtige Amt, die Bundeswehr oder Stationierungstruppen,
  • bei Reiseverkehrsausfuhren unter bestimmten Wertgrenzen.

Als Ersatznachweise gelten insbesondere:

  • Bescheinigungen deutscher Auslandsvertretungen oder des Auswärtigen Amts,
  • Belege über Verzollung durch Drittlandszollstellen,
  • Transportdokumente der Bundeswehr oder Stationierungstruppen,
  • Abwicklungsscheine.

Zahlungsnachweise oder Rechnungen hingegen reichen grundsätzlich nicht aus.


Sprachregelungen und Übersetzungen

Nachweise in ausländischer Sprache müssen in der Regel durch eine amtlich anerkannte Übersetzung ergänzt werden. Eine Ausnahme besteht für Einfuhrverzollungsbelege in englischer Sprache – hier kann im Einzelfall auf die Übersetzung verzichtet werden.


Anwendung und Übergangsregelung

Die neuen Vorgaben gelten für alle Ausfuhrlieferungen ab Veröffentlichung des Schreibens. Für Umsätze vor dem 1. Januar 2026 wird es nicht beanstandet, wenn Unternehmer sich auf die Unzumutbarkeit der Nachweise nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d UStDV berufen und objektive Belege vorlegen.


Praxistipp für Unternehmer

Exporteure sollten ihre internen Prozesse für die Belegführung bei Ausfuhrlieferungen überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Die neuen Regelungen eröffnen mehr Flexibilität, setzen aber weiterhin zweifelsfreie Nachweise voraus. Besonders bei Ausfuhren ohne Grenzzollstellenkontakt ist eine präzise Dokumentation entscheidend.


Fazit

Das BMF setzt mit dem Schreiben vom 01.07.2025 ein wichtiges Zeichen für Rechtssicherheit und Verhältnismäßigkeit bei der Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhren. Steuerpflichtige profitieren von mehr Klarheit und praktikablen Alternativen, müssen aber sorgfältig dokumentieren und gegebenenfalls amtliche Ersatzbelege beibringen.


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Quelle: Bundesministerium der Finanzen, BMF-Schreiben vom 01.07.2025