Steuerfreie Veräußerung nach vorheriger Teilwertabschreibung

Steuerfreie Veräußerung nach vorheriger Teilwertabschreibung

Kernproblem

Ein bei einer Kapitalgesellschaft durch die Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen entstehender Gewinn ist grundsätzlich zu 95 % steuerbefreit. Die Steuerbefreiung greift jedoch ausnahmsweise nicht, wenn und soweit die Beteiligung an der zu veräußernden Kapitalgesellschaft zuvor steuerwirksam abgeschrieben wurde. Die frühere Abschreibung wird somit bis zur Höhe des Veräußerungspreises de facto gewinnerhöhend berücksichtigt. Zur Vermeidung dieser steuerpflichtigen „Zuschreibung“ wurden in der Praxis diverse Gestaltungsmodelle diskutiert, von denen nunmehr eine einer erstmaligen finanzgerichtlichen Prüfung unterlag.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, die im Streitjahr 2001 jeweils alleiniger Gesellschafter von 2 weiteren GmbHs (GmbH 1 und GmbH 2) war. Auf die Beteiligung an der GmbH 1 wurden in den Vorjahren insgesamt Abschreibungen von fast 17 Mio. EUR steuerwirksam vorgenommen. Mit Wirkung zum 31.12.2001 wurde GmbH 1 steuerneutral auf GmbH 2 verschmolzen. Anschließend veräußerte die Klägerin die Anteile an der übernehmenden GmbH 2. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat die Finanzverwaltung unter Hinweis auf das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) die Auffassung, dass in Höhe der früher vorgenommenen steuerwirksamen Abschreibung ein steuerpflichtige Hinzurechnung bei der Klägerin vorzunehmen sei. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren reichte die GmbH Klage beim Finanzgericht (FG) Münster ein.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter ist die Klage begründet, so dass eine Hinzurechnung bei der Mutter-GmbH zu unterbleiben hat. Die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung sei durch den Gesetzeswortlaut nicht gedeckt. Auch im Wege einer extensiven Auslegung sei keine andere Interpretation möglich. Vielmehr stände eine solcher Auslegung das Verbot der steuerverschärfenden Analogie entgegen.

Konsequenz

Das Urteil erging noch zum alten Umwandlungssteuergesetz, dass nur noch für Übertragungen, die vor dem 13.12.2006 erfolgt sind, gilt. Die Verschmelzung einer Verlustgesellschaft auf eine Schwestergesellschaft ist seitdem steuerlich deutlich nachteiliger, da Verlustvorträge der übertragenen Gesellschaft grundsätzlich untergehen. Entsprechende Gestaltungen dürften daher neuerdings an Attraktivität verloren haben. Auch ist das letzte Wort im Streitfall noch nicht gesprochen, da die Richter die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen haben.