Steuerpflichtige Entnahme eines Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters einer landwirtschaftlich tätigen GbR nach Hofübergabe

Überträgt eine landwirtschaftlich tätige GbR ein von ihr nach Hofübergabe zum Buchwert übernommenes Grundstück des Gesamthandsvermögens unentgeltlich auf einen ihrer Gesellschafter und wird das Grundstück wegen der Nutzungsüberlassung an die GbR zu dessen Sonderbetriebsvermögen, hat eine private Bebauung des Grundstücks durch den Gesellschafter innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) zur Folge, dass das Grundstück rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung zum Teilwert anzusetzen und die Übertragung insoweit als Entnahme zu behandeln ist.

Sachverhalt

Der Landwirt A und seine Ehefrau Z übertrugen ihren landwirtschaftlichen (Verpachtungs-) Betrieb „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge“ durch notariellen „Hofübergabevertrag“ vom 16. Juni 2015 auf eine aus ihren (leiblichen) Söhnen S und T bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Klägerin). Die Hofübergabe gegen einen Übergabepreis von 20.000 Euro sowie gegen Schuldübernahme und Versorgungsleistungen (Altenteil bzw. Leibgeding) umfasste auch Grundstücke. Ein knappes Jahr später übertrug die Klägerin mit notariellem „Schenkungsvertrag“ vom 9. Mai 2016 zwei (neu aufgeteilte bzw. gebildete) Flurstücke unentgeltlich auf S. Die Flurstücke waren mit einer Scheune überbaut. In der gleichzeitig vereinbarten „Nutzungsvereinbarung“ war festgelegt: „Der Nutzende ist berechtigt die gesamte Fläche für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen. … Das Nutzungsrecht hat eine unbestimmte Laufzeit. Das Nutzungsrecht endet spätestens mit der Bebauung durch den Eigentümer S“. Die auf den Flurstücken befindliche Scheune wurde in der Folge abgerissen und S errichtete darauf ein selbst genutztes Wohnhaus. Das Finanzamt (FA) besteuerte die in den streitigen Grundstücken (bis zur Übertragung auf S) aufgelaufenen stillen Reserven. Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.

Aus den Gründen

Die innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG erfolgte Bebauung durch S habe zur Folge, dass die Grundstücke rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung zum Teilwert anzusetzen und die Übertragung insoweit als Entnahme zu behandeln sei. Die Grundstücke hätten nach der Hofübergabe des elterlichen Betriebs auf die Klägerin und der anschließenden schenkweisen Übertragung der Grundstücke durch die Klägerin auf den S als Sonderbetriebsvermögen des S zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Klägerin gehört.

Auch ein ruhender (Verpachtungs-) Betrieb ist Übertragungsgegenstand des § 6 Abs. 3 EStG

Die streitigen Flurstücke seien ursprünglich Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens der Eltern der Gesellschafter der Klägerin gewesen. Durch den notariellen Hofübergabevertrag vom 16. Juni 2015 sei der landwirtschaftliche (Verpachtungs-) Betrieb mit allen Aktiven und Passiven im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich im Sinne des § 6 Abs. 3 EStG auf die Klägerin übergegangen. Auch ein ruhender, verpachteter und noch nicht aufgegebener Betrieb könne Übertragungsgegenstand des § 6 Abs. 3 EStG sein.

Unentgeltlicher Betriebsübergang (Einheitsbetrachtung)

Die Übertragung eines Betriebs gegen Versorgungsleistungen sei einer unentgeltlichen Übertragung gleichzustellen. Versorgungsleistungen seien weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten. Auch die Hofübergabe der Eltern auf die GbR ihrer Söhne sei steuerrechtlich als ein insgesamt unentgeltlicher Betriebsübergang zu behandeln. Die Vereinbarung von Versorgungsleistungen im Rahmen einer Vermögensübergabe falle unter das Sonderrecht des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG, stelle aber kein Entgelt dar. Dies gelte ebenso für die übernommenen betrieblichen Schulden (in Höhe von 11.000 Euro) sowie das vom Übergeber vorbehaltene (im Privatvermögen befindliche) Wohnrecht. Soweit wegen der Hofübergabe ein Gleichstellungsgeld in Höhe von 20.000 Euro an ein Adoptivkind gezahlt worden sei, liege zwar Entgelt vor. Das Gleichstellungsgeld sei aber niedriger als der nach § 55 EStG zu ermittelnde Buchwert des landwirtschaftlichen Betriebs.

Die Grundstücke waren weiterhin (Sonder-) Betriebsvermögen

Die streitigen Grundstücke gehörten daher zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Klägerin, die in die Rechtsstellung der Übergeber eingetreten sei und gemäß § 6 Abs. 3 EStG die Buchwerte fortzuführen hatte. Die Klägerin habe in der Folge die Grundstücke durch Schenkungsvertrag vom 9. Mai 2016 unentgeltlich an S übertragen, der die Grundstücke der Klägerin durch die Nutzungsvereinbarung vom 9. Mai 2016 weiterhin zur Nutzung für landwirtschaftliche Zwecke zur Verfügung gestellt habe. Dies hätte zur Folge, dass die Grundstücke nunmehr Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens des S gewesen seien.

Entnahme durch private Bebauung innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG

S habe die streitigen Grundstücke innerhalb der Sperrfrist mit einem selbst genutzten Wohnhaus bebaut und dadurch aus seinem Sonderbetriebsvermögen entnommen. Die Entnahme sei mit Beginn der Bebauung im Sommer 2016 und nicht erst durch den tatsächlichen Bezug im Jahr 2017 erfolgt. Die Entnahme der Grundstücke aus dem (Sonder-) Betriebsvermögen des S vor Ablauf der Sperrfrist (Behaltefrist) habe zur Folge, dass die Grundstücke rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung zum Teilwert anzusetzen waren. Entsprechend habe das FA die unentgeltliche Übertragung im Wirtschaftsjahr 2016 zu Recht als Entnahme behandelt und den Entnahmegewinn gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG zutreffend zur Hälfte im Kalenderjahr 2015 angesetzt.

Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, das eine Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers keine Entnahme darstelle, weil der betriebliche Funktionszusammenhang nicht gelöst werde. Denn die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG knüpfe wie § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG maßgeblich an einen zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel an, der auch ohne gleichzeitige Entnahme denkbar sei. Die Begünstigung der in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG angeordneten Buchwertfortführung solle nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers in den Fällen ausgeschlossen sein, in denen die frühere Übertragung nicht der Umstrukturierung unter Erhaltung der Betriebsstruktur, sondern der Vorbereitung und steuerlich günstigen Gestaltung einer Veräußerung oder – wie im Streitfall – einer Entnahme diene.

Kein Entnahmeprivileg gemäß § 13 Abs. 5 EStG

Der Entnahmegewinn bleibe auch nicht gemäß § 13 Abs. 5 EStG außer Ansatz. Nach dem in dieser Vorschrift geregelten Entnahmeprivileg unterliege ein Entnahmegewinn nicht der Besteuerung, wenn Grund und Boden dadurch entnommen wird, dass auf diesem Grund und Boden die Wohnung des Steuerpflichtigen errichtet wird. Die Anwendung dieses Entnahmeprivilegs käme im Streitfall aber nur insoweit in Betracht, als sich der Wert der streitbefangenen Grundstücke zwischen dem Zeitpunkt der Übertragung am 9. Mai 2016 und der kurz darauf erfolgten Entnahme durch Bebauung erhöht hätte, wofür keine Anhaltspunkte bestünden.

Das Entnahmeprivileg des § 13 Abs. 5 EStG ist nicht anteilig anwendbar

Der hilfsweise vertretenen Auffassung der Klägerin, der streitbefangene Entnahmegewinn sei jedenfalls nur zur Hälfte zu besteuern, folgte das FG nicht. Der Besteuerung unterliege der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt. Es könne daher nicht (zugunsten der Klägerin) unterstellt werden, die schenkweise Übertragung der Grundstücke sei nicht erfolgt und der Entnahmegewinn unterliege deshalb nur in Höhe der dem Gesellschafter T zuzuordnenden stillen Reserven der Besteuerung und in Bezug auf den Gesellschafter S komme § 13 Abs. 5 EStG zur Anwendung.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 22.12.2020 zum Gerichtsbescheid 13 K 378/19 vom 07.08.2020 (nrkr – BFH-Az.: VI R 37/20)