Stimmverhältnisse in der Erbengemeinschaft

Stimmverhältnisse in der Erbengemeinschaft

Kernfrage

Die Entscheidung über den Umgang mit dem Nachlass und seinen Bestandteilen ist bei Erbengemeinschaften oft ein Streitpunkt. Eine solche Entscheidung betrifft im Kern – wenn sie nur gerichtlich geklärt werden kann – regelmäßig die Frage, ob eine Maßnahme eine Verwaltungsmaßnahme ist, die mehrheitlich entschieden werden kann, oder ob es sich um eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand handelt, was Einstimmigkeit erfordert. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in einer vor Kurzem bekannt gewordenen Entscheidung im Hinblick auf die Frage der mehrheitlich beschlossenen Kündigung eines Kontos zu diesem Fragenkomplex Stellung genommen.

Sachverhalt

Bei einer aus 10 Mitgliedern bestehenden Erbengemeinschaft hatten 3 Miterben, die zusammen 3/4 des Nachlasses vertraten, beschlossen, einen Girokontovertrag und einen Sparvertrages zu kündigen, um das Geld bei einer anderen Bank zu einem höheren Zinssatz anzulegen. Die beklagte Bank weigerte sich, das Guthaben an die Erbengemeinschaft auszuzahlen, weil die Erben mit der Kündigung über den Nachlass verfügten und die Entscheidung nicht einstimmig beschlossen worden sei.

Entscheidung

Das Gericht gab der Erbengemeinschaft Recht. Zwar sei die Kündigungserklärung auf eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand (hier die beiden Kontenverträge) gerichtet; die Kündigung selber stelle aber eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung dar. Denn Nachlassverwaltung liege insbesondere dann vor, wenn es sich um eine Maßnahme zur Sicherung, Verwahrung, Erhaltung oder Vermehrung des Nachlasses handele. Vor diesem Hintergrund überwiege, insbesondere angesichts des Ziels bei einer anderen Bank einen besseren Zinssatz zu erzielen, der Verwaltungscharakter der Kündigung. Damit war hier ein mehrheitlich getroffener Beschluss der Erbengemeinschaft ausreichend.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt, dass die Abgrenzung über Verfügung oder Verwaltung über den Nachlass Streitthema bleiben wird. Allerdings fügt sich die Entscheidung in eine Reihe anderer Entscheidungen ein, so dass – jedenfalls bezogen auf die Kündigung von Vertragsverhältnissen – zumindest ein Katalog von Verwaltungsmaßnahmen erkennbar ist. So sind z. B. auch die Kündigung von Mietverträgen und die Kündigung eines Darlehensvertrages Maßnahmen der Nachlassverwaltung.