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Aufhebung der Vollziehung eines dinglichen Arrest ohne Sicherheitsleistung möglich

Aufhebung der Vollziehung eines dinglichen Arrest ohne Sicherheitsleistung möglich

Kernaussage
Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Anordnung des dinglichen Arrestes, kann das Finanzgericht (FG) die Vollziehung im Einzelfall, insbesondere wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist, auch ohne Sicherheitsleistung aufheben.

Sachverhalt
Mit Bescheid vom 23.1.2012 ordnete das Finanzamt (FA) zur Sicherung eines Anspruchs den dinglichen Arrest an. Das FA begründete dies damit, dass der Steuerpflichtige für verkürzte Umsatzsteuer zugunsten der OHG, an der er zu 49,44 % beteiligt ist, in Anspruch genommen werden soll. Der Steuerpflichtige erhob Anfang Februar 2012 Sprungklage und beantragte wegen der bereits andauernden Vollstreckung gleichzeitig beim FG die Aufhebung der Vollziehung der Arrestanordnung. Das FG lehnte den Antrag ab, da die Aufhebung der Vollziehung grundsätzlich nur gegen Sicherheitsleistung erfolgen könne. Die dagegen gerichtete Beschwerde legte das FG dem Bundesfinanzhof (BFH) vor.

Entscheidung
Der BFH gab der Beschwerde statt. Das FG hat den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ohne Sicherheitsleitung zu Unrecht abgelehnt. Wenn es das Sicherungsinteresse des Steuergläubigers nach dem Willen des Gesetzgebers zulässt, dass die Vollziehung eines Steuerbescheids auch ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt bzw. aufgehoben werden kann, so muss dies erst recht gelten, wenn der Steueranspruch noch nicht in einem Steuerbescheid, vorliegend einem Haftungsbescheid, festgesetzt worden ist. Der BFH teilt in diesem Zusammenhang nicht die vom FG vertretene Auffassung, dass die Aufhebung der Vollziehung grundsätzlich nur gegen Leistung einer Sicherheit in Betracht kommt. Die Auffassung des FG entspricht nicht der einschlägigen Norm der Finanzgerichtsordnung, die nicht besagt, dass eine Aussetzung grundsätzlich nicht ohne Sicherheitsleistung angeordnet werden kann. Die Ansicht des FG entspricht ferner nicht den grundgesetzlichen Anforderungen an die gebotene Gewährung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes. Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung war hier auch begründet, da der Arrestgrund ernstlich zweifelhaft war. Es fehlten konkrete Angaben, warum die Gefahr bestand, dass später die Beitreibung nicht mehr erfolgsversprechend sei.

Konsequenz
Der Beschluss zeigt einerseits, dass das Vermögen eines Steuerpflichtigen nicht anhand allgemeiner Erwägungen arrestiert werden kann und anderseits, dass der dingliche Arrest auch ohne Sicherheitsleistung aufgehoben werden kann.

Zur rückwirkenden Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung

Zur rückwirkenden Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung

Rechtslage

Eltern steht die Zahlung von Kindergeld zu, wenn die gesetzlichen Tatbestände (§ 32 EStG) vorliegen. Eine positive Kindergeldfestsetzung bildet die Rechtsgrundlage für die fortlaufende monatliche Zahlung des Kindergeldes. Haben sich die Verhältnisse, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, geändert, so ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben oder zu ändern.

Sachverhalt

Aufgrund der Meldung der Kläger, dass ihre Tochter die Schulausbildung voraussichtlich im März 2007 abschließen werde, setzte die Familienkasse antragsgemäß Kindergeld bis März 2007 fest. Die Tochter vollendete im Oktober 2004 ihr 18. Lebensjahr und besuchte die Schule bis Januar 2005. Im März 2005 bewarb sich die Tochter für ein freiwilliges soziales Jahr. Gegenüber der Familienkasse gab der Kläger an, seine Tochter werde voraussichtlich ab Mai 2005 ein freiwilliges soziales Jahr ableisten. Auf Anfragen der Familienkasse teilte der Kläger im Juli 2005 mit, dass seine Tochter das freiwillige soziale Jahr nicht aufgenommen hatte. Im September 2005 wurde gemeldet, dass die Tochter weder Arbeit noch Ausbildungsplatz suchend ist. Daraufhin wurde die Kindergeldzahlung rückwirkend aufgehoben und das für die Monate Februar bis September 2005 bereits gezahlte Kindergeld zurückgefordert. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision der beklagten Familienkasse hob der Bundesfinanzhof das Urteil auf und wies die Klage ab.

Entscheidung

Die rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung durch die Familienkasse war zu Recht erfolgt. Aufgrund des abgebrochenen Schulbesuchs der Tochter im Januar 2005 stand dem Kläger ab Februar 2005 kein Kindergeld mehr zu; der rechtliche Grund für die Zahlung war weggefallen. Das überzahlte Kindergeld war vom Kläger ab August 2005 zurückzuzahlen, da die Familienkasse im Juli 2005 davon Kenntnis erlangte, dass die Tochter das freiwillige soziale Jahr nicht angetreten hatte.

Konsequenz

Die rückwirkende Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung ist auch dann rechtmäßig, wenn der Begünstigte seiner Mitwirkungspflicht regelmäßig zeitnah nachkommt und der Familienkasse alle veränderten Umstände mitteilt. Dabei kommt es auch nicht darauf an, dass die Familienkasse trotz Kenntnis des veränderten Sachverhalts weitere Kindergeldzahlungen vornimmt. Die bloße Weiterzahlung schließt eine spätere Rückforderung nicht aus.