Schlagwort-Archive: Eigenkapitalersatzrecht

Wann ist eine GmbH nach Eigenkapitalersatzrecht überlassungsunwürdig?

Wann ist eine GmbH nach Eigenkapitalersatzrecht überlassungsunwürdig?

Rechtslage

Nach früherem Eigenkapitalersatzrecht ist im Fall der eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung von einer Überlassungsunwürdigkeit im Zusammenhang mit der Insolvenzreife die Rede. Hierbei ist zu untersuchen, ob ein vernünftig und wirtschaftlich handelnder Dritter dazu bereit wäre, der Gesellschaft den Gegenstand zu überlassen. Für die Bestimmung der Überlassungsunwürdigkeit ist die Bonität der Gesellschaft entscheidend und nicht, ob der vereinbarte Mietzins für den Vermieter günstig ist.

Sachverhalt

Der Kläger war als alleiniger Gesellschafter über eine GmbH mittelbar an der Schuldnerin, einer weiteren GmbH, beteiligt. Er vermietete der Schuldnerin seit 1994 das ihm gehörende Betriebsgrundstück sowie bewegliches Anlagevermögen. Der Mietzins wurde von der Schuldnerin bis einschließlich April 2005 bezahlt. Im Mai 2005 geriet die Schuldnerin in Insolvenz und der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger verlangt Zahlung der rückständigen Mietzinsen bis Juni 2006. Der Beklagte fordert widerklagend die Rückzahlung der zwischen November 2004 bis April 2005 gezahlten Mietzinsen wegen eigenkapitalersetzender Nutzungsüberlassung. Der Kläger hatte in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

Entscheidung

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Überlassungsunwürdigkeit verneint. Überlassungsunwürdigkeit besteht, wenn ein Dritter einen entsprechenden Nutzungsüberlassungsvertrag über die Betriebseinrichtungen unter den gegebenen Umständen mit der Gesellschaft nicht schließen würde. Für die Bestimmung der Überlassungsunwürdigkeit ist die Bonität der Gesellschaft als Mieter oder Pächter entscheidend und nicht, ob der vereinbarte Miet- oder Pachtzins für den Vermieter oder Verpächter günstig ist, die Vermietung oder Verpachtung demnach vorteilhaft ist. Überlassungsunwürdigkeit liegt nicht vor, wenn die Gesellschaft über die Mittel verfügt oder sich diese im Kapitalmarkt verschaffen kann, um den betreffenden Gegenstand selbst zu erwerben.

Konsequenz

Die Entscheidung bezieht sich auf Altfälle, in denen das Insolvenzverfahren vor dem 23.10.2008 eröffnet worden ist. Insolvenzreife, d. h. Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung und Kredit- bzw. Überlassungsunwürdigkeit sind eigenständige Tatbestände der Krise im Sinne des Eigenkapitalersatzrechts, welches durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) entfallen ist.

Eigenkapitalersatzrecht bei Darlehensvergabe

Eigenkapitalersatzrecht bei Darlehensvergabe

Kernaussage

Ist eine Kapitalgesellschaft in der Krise und benötigt zusätzliches Kapital, können die Gesellschafter dieses entweder als zusätzliches Eigenkapital einbringen oder der Gesellschaft Fremdkapital in Form eines Gesellschafterdarlehens zur Verfügung stellen. Nach den von der Rechtsprechung zum alten GmbH-Recht entwickelten Regeln durften Gesellschafterdarlehen, die zu einem Zeitpunkt gewährt wurden, in denen ein ordentlicher Kaufmann der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt hätte, in der Krise der Gesellschaft nicht zurückgezahlt werden. In der alten Gesetzesfassung wurde ein Gesellschafterdarlehen in ein Eigenkapitalersetzendes Darlehen umqualifiziert, wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft ein Darlehen in einem Zeitpunkt gewährt hatte, in dem ordentliche Kaufleute der Gesellschaft Eigenkapital zur Verfügung gestellt hätten. Tilgte die GmbH das Darlehen innerhalb eines Jahres vor der Insolvenz, traf den Gesellschafter eine Rückzahlungspflicht an die GmbH. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied nun, dass die alten Eigenkapitalersatzvorschriften auch bei Darlehen zwischen Schwestergesellschaften Anwendung finden können. Sollte der Gesellschafter zu „nur“ 50 % an der Darlehensgeberin (GmbH) beteiligt sein, ist erforderlich, dass er daneben alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen einer GmbH, die bis Dezember 2004 einen Alleingesellschafter hatte. Im November 2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Die Beklagte ist eine Schwestergesellschaft, an der Alleingesellschafter der GmbH ebenfalls mit einem Geschäftsanteil von 50 % beteiligt war und deren alleiniger und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer er war. Die Beklagte hatte gegen die insolvente GmbH zum 31.12.2003 einen Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von rund 510.000 EUR, der schließlich mit einer abgetretenen Drittforderung gegen die Beklagte von der GmbH aufgerechnet wurde. Die Klägerin sieht in der Aufrechnung eine verbotene Rückführung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens und verlangt die Rückzahlung in Höhe der Unterbilanz. Die Klage war zunächst erfolglos.

Entscheidung

Der BGH gab ihr statt. Das Eigenkapitalersatzrecht in Gestalt der Rechtsprechungsregeln findet auf den Altfall noch Anwendung. Die Eigenkapitalersatzregeln sind zum Schutz vor Umgehungen auch auf Finanzierungshilfen Dritter anwendbar, wenn dieser bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichsteht. Ist ein Gesellschafter hiernach an der darlehensnehmenden und der darlehensgebenden Gesellschaft maßgeblich beteiligt, wird eine derartige Verbindung statuiert. Für die Maßgeblichkeit genügt eine Beteiligung an der darlehensgewährenden GmbH von mehr als 50 %. Eine maßgebliche Beteiligung ist auch bei einem Anteil von „nur“ 50 % gegeben, wenn der Gesellschafter zugleich deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist.

Konsequenz

Durch das am 1.11.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) wurde das Eigenkapitalersatzrecht in Gestalt der Rechtsprechungsregeln abgeschafft und in modifizierter Form in das Insolvenzrecht überführt. Auch insolvenzrechtlich können Forderungen Dritter den Gesellschafterforderungen gleichgestellt werden, so dass die Grundsätze des Urteils auch nach neuem Recht Bedeutung erlangen können.