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Sind Einzahlungen auf ein so genanntes Zeitwertkonto eines Geschäftsführers als Zufluss zu bewerten?

Sind Einzahlungen auf ein so genanntes Zeitwertkonto eines Geschäftsführers als Zufluss zu bewerten?

Kernproblem

Arbeitgeber können mit ihren Arbeitnehmern in der Arbeitsphase die Einrichtung von Zeitwertkonten vereinbaren, die bei einer vollen oder teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung während des noch fortbestehenden Dienstverhältnisses ausgezahlt werden. Erst die Auszahlung des Guthabens während der Freistellung löst Zufluss von Arbeitslohn und damit eine Besteuerung beim Arbeitnehmer aus. In der Zeit der Arbeitsfreistellung ist dabei das angesammelte Guthaben um den Vergütungsanspruch zu vermindern, der dem Arbeitnehmer in der Freistellungsphase gewährt wird. Der steuerliche Begriff des Zeitwertkontos entspricht insoweit dem Begriff der Wertguthabenvereinbarungen im Sinne des Sozialgesetzbuches (sog. Lebensarbeitszeit- bzw. Arbeitszeitkonto). Keine Zeitwertkonten in diesem Sinne sind so genannte Flexi- oder Gleitzeitkonten. Die Finanzverwaltung möchte die nachgelagerte Besteuerung bei Organen von Körperschaften und beherrschenden Anteilseignern für Zuführungen ab dem 1.2.2009 nicht mehr gewähren. Das Bundesfinanzministerium hat hierzu ein Schreiben erlassen. Ist diese Ansicht rechtens?

Sachverhalt

Eine beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführerin hatte mit ihrer GmbH die Ansammlung von Wertguthaben auf einem Zeitwertkonto vereinbart. Alle von der Finanzverwaltung geforderten formalen Voraussetzungen für eine nachgelagerte Besteuerung (z. B. Zeitwertkontengarantie) waren erfüllt, aber die Organstellung lag vor. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer 2009 der Geschäftsführerin auf Basis des BMF-Schreibens unter Besteuerung der Zeitgutschriften fest. Hiergegen klagte die Geschäftsführerin.

Entscheidung

Das Hessische Finanzgericht gab der Klage statt. Trotz ihrer Beherrschung habe die Geschäftsführerin als Arbeitnehmerin nichtselbstständige Einkünfte erzielt, für die das Zuflussprinzip gelte. Die einzelnen Beträge des Zeitwertkontos seien weder bar ausgezahlt, noch einem Bank- oder Verrechnungskonto gutgeschrieben worden. Das gelte unabhängig von einem bilanziellen Verbindlichkeitsausweis der GmbH. Die Geschäftsführerin habe weder frei auf das Zeitwertkonto zugreifen können, noch das wirtschaftliche Risiko eines Verlustes getragen. Vielmehr sei das dortige Guthaben zum vertragsgemäßen Ersatz in Zeiten der Arbeitsfreistellung bestimmt gewesen.

Konsequenz

Das Urteil widerspricht der im BMF-Schreiben verfügten Verwaltungsauffassung. Die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ist bereits eingelegt. Der geschilderte Sachverhalt ist von dem grundsätzlichen Verbot der Überstundenvergütung für Gesellschafter-Geschäftsführer zu unterscheiden, weil das Zeitwertkonto kein Arbeitszeitguthaben, sondern Arbeitsentgelt ansammelt.