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Anrechnungsbegrenzung des § 34c EStG 2002 gemeinschaftsrechtswidrig?

Anrechnungsbegrenzung des § 34c EStG 2002 gemeinschaftsrechtswidrig?

Kernproblem

Erzielen unbeschränkt steuerpflichtige Personen ausländische Einkünfte und zahlen darauf im Ausland Steuern, so können diese Steuern unter bestimmten Voraussetzungen auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden. Hierdurch soll eine doppelte Besteuerung der Einkünfte im In- und Ausland vermieden werden. Die Steueranrechnung ist jedoch der Höhe nach beschränkt. Der Anrechnungshöchstbetrag ergibt sich dabei aus folgender Verhältnisrechnung: Die deutsche Einkommensteuer, die auf das zu versteuernde Einkommen einschließlich der ausländischen Einkünfte entfällt, wird im Verhältnis der ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt. Das hat zur Folge, dass vor allem privat veranlasste Ausgaben der Lebensführung (insbesondere Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen) das Anrechnungsvolumen mindern. Diese Anrechnungsbegrenzung der Höhe nach begegnet europarechtlichen Bedenken.

Sachverhalt

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, die Anteile an Kapitalgesellschaften in EU-Staaten (Niederlanden, Frankreich und Luxemburg) und Nicht-EU-Staaten (Schweiz, USA und Japan) halten. Auf die hieraus erzielten Dividenden wurde im Ausland jeweils Kapitalertragsteuer einbehalten, die – aufgrund der beschriebenen Verhältnisrechnung – im Inland nur beschränkt angerechnet werden kann. Die Eheleute sehen hierin einen Verstoß gegen das höherrangige Europarecht. Sie begehren eine weitergehende Anrechnung der Kapitalertragsteuer, die zu einer entsprechenden Herabsetzung der inländischen Steuerschuld führt. Die Klage beim Finanzgericht blieb erfolglos. Im Revisionsverfahren teilte aber nunmehr der Bundesfinanzhof (BFH) die geäußerten Zweifel an der Europarechtskonformität der Anrechnungsbegrenzung und hat die Frage nunmehr dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung vorgelegt.

Entscheidung

Der BFH begründet seine Zweifel an der Europarechtskonformität der Anrechnungsbegrenzung mit der ständigen Rechtsprechung des EuGH, wonach privat veranlasste Abzugsposten (insbes. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen) vorrangig vom Wohnsitzstaat, nicht aber von demjenigen Staat, in dem die betreffenden Einkünfte erwirtschaftet werden, zu berücksichtigen sind. Die Anrechnungsbegrenzung könne dieser unionsrechtlichen Anforderung ggf. aber nicht standhalten.

Konsequenzen

Die vom BFH geäußerten Zweifel an der Europarechtskonformität der Anrechnungsbegrenzung sind nachvollziehbar. Da nach Auffassung des BFH sogar eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt, betrifft die Frage der Europarechtskonformität nicht nur Einkünfte aus EU-Staaten, sondern auch solche aus Drittstaaten. Die letztendliche Klärung der Frage durch den EuGH darf mit Spannung erwartet werden. In der Praxis sollten entsprechende Bescheide mit Hinweis auf das anhängige Verfahren offen gehalten werden.